Diese Fähigkeit zur Auflösung kleinteiligster musikalischer Figuren zeigt sich auch beim überraschenden Auftauchen einer akustischen Gitarre im Outro des Snoop Dogg/Stevie Wonder-Duetts »California Roll«, die ich bisher noch nicht entdeckt hatte. Bei der auf maximale Radiotauglichkeit und Lautheit getrimmten, per se differenzfernen und verdichteten Produktion ist das eine nicht hoch genug zu bewertende Leistung. Und da dieses Mastering-Verständnis bei aktuellen Popmusik-Titeln beinahe die Regel darstellt, kann die nuVero in Sachen Alltagstauglichkeit beträchtlich Pluspunkte sammeln.

Detailfreude und Harmonie

Klangtechnisch weniger Restriktionen unterlegen war man 1970 bei der Komposition »Communion« vom Erich Kleinschuster Sextett auf der zweiten Ausgabe der fantastischen Sampler-Reihe »Spiritual Jazz«. Auffällig war hier die schlackenlos übertragene, hyperaktive Schlagzeugarbeit und eine im Mix zwar zurückgenommene, aber dennoch gut zu verfolgende Wiedergabe des akustischen Basses, die im starken Kontrast zum vorher gehörten Snoop-Dogg-Kosmos steht. Bei dem österreichischen Posaunisten regiert eine komplett andere Klang-Philosophie, was die große Nubert-Kompaktbox entsprechend getreu abbildet. Auffällig bleibt die Fähigkeit der nuVero 60, feine Details freizulegen. So werden die tonalen Charakteristika der einzelnen Mitglieder des machtvoll klingenden Chores der Wiener Staatsoper auf faszinierende Weise aufgefächert, während die musikalische Gesamtwirkung erhalten bleibt. Das klingt genau und präzise – aber ohne wie bei einer Lupe alles andere der Präzision unterzuordnen.

Im folgenden Titel »Varie« des Albert Mangelsdorff Quintetts verblüffen einmal mehr die Luftigkeit und Ansatzlosigkeit der Wiedergabe – sehr auffällig bei den elaborierten Bläser-Arrangements. Im Verlauf des Stücks erschien mir die Hi-Hat doch einen Hauch zu frisch; ein leichtes Absenken am Hochtonschalter auf der Rückseite in die Position »Sanft« löste diese kleine Unbehaglichkeit umgehend auf, ohne die sonstige Performance zu beeinflussen. Für Raumanpassungen, Geschmacksvorlieben oder Geräteharmonisierungen sind die Klangregelmöglichkeiten der nuVero-Reihe wirklich ein Segen (um mal in der kirchlichen Begrifflichkeit der »Spiritual Jazz«-Reihe zu bleiben).

Und da wir gerade bei individuellen Gegebenheiten sind: Obgleich Nubert das verbesserte Rundstrahlverhalten der neuen nuVero-Serie und somit ein optimales Hören auch deutlich außerhalb eines Sweetspots preist, ändert das nichts daran, dass manche Positionierungen besser funktionieren als andere; für meinen Geschmack und Raum erweist sich ein leichtes Einwinkeln (etwa 15 Grad) in Richtung Hörplatz als perfekt.

Beim wegen der ausgezeichneten Aufnahmequalität gerne herangezogenen Album »Casting Nets« von Distance, Light & Sky erspielt sich die nuVero weitere Meriten. Sie versteht es erneut, den Hörer soghaft in das musikalische Geschehen miteinzubeziehen; die Stimmen auf dem Titel »Son« klingen, als ob Sänger und Sängerin sich zum Greifen nah direkt vor einem befänden, während weit im Hintergrund eine Schlagzeug-Untermalung kreist. Und trotzdem hört man bei der entfernten Stand-Trommel nicht nur den Anschlag des Fells, sondern auch das nachfolgende Mitschwingen.

Auch im anschließend gespielten Track »Across The Crystal Sea« von Claus Ogerman/Danilo Perez fasziniert die Räumlichkeit der Wiedergabe; die Perkussions-Arbeit scheint förmlich aus der ganzen Breite des Zimmers zu kommen, weit über die physische Größe der Boxengehäuse hinweg. Und die besonders seidige Abbildung des Streicher-Arrangements ist einfach nur von erlesener Qualität.