Deutlich mehr Sein als Schein

Diese Beschreibung zeigt uns zwei Dinge: Die KEF XQ20 ist ein unglaublich detailliert und durchsichtig aufspielender Lautsprecher, der alles zeigt, was »vor ihm« passiert. Zum anderen wächst mit ihm die Lust am Experiment. Da jede Veränderung so deutlich hörbar ist, möchte man sofort verschiedene Kabel ausprobieren, mit der Aufstellung »spielen«, die ganze Anlage optimieren. All das wird mit diesem Lautsprecher nicht zum vagen Rätselraten, sondern zur puren Freude.

Wenn die KEF XQ20 dann auf den Punkt spielt, kann man einiges erleben: Vor allem gut produzierte Pop-Musik nimmt einen über diesen kleinen Lautsprecher gefangen. Marla Glenns wunderbares »The Cost Of Freedom« baut sich in einem weiten und sehr präzise aufgeteilten Raum auf, alle Töne entstehen griffig und plastisch vor einem tiefschwarzen Hintergrund. Diese Griffigkeit verleiht der Musik zudem einen dezenten Swing, der sie sachte, aber stetig nach vorne trägt – Langeweile ist für die KEF ein Fremdwort.

Bei Beethovens »Ich liebe Dich«, gesungen von Hermann Prey, fokussiert die Box minimal zu sehr auf die Atemgeräusche, stellt gerade harte Konsonanten deutlich in den Vordergrund. Dafür verfügt Herr Prey über etwas weniger Stimmvolumen als sonst. Keine Frage, die Eigenheiten der Aufnahme werden schonungslos offenbart, zudem verweigert die KEF mit ihrer durchaus schlanken und informativen Abstimmung eine kuschelige Anreicherung, die auch kritische Aufnahmen gnädig behandelt. Sie zeigt die ungeschminkte Wahrheit und überlässt dann auch den Wohlfühlbonus gerne anderen Lautsprechern – die dann im Zweifel weniger Informationen bieten. Eine Kombination aus beidem bekommt man erst in weitaus höheren Preisregionen.

Bei minimalistisch aufgenommenen Live-CDs (Charlie Haden, »Night And The City«) spielt die KEF dann ihr ganzes Können aus: Die beiden Musiker stehen millimetergenau platziert im Raum, auch kleinste Nebengeräusche (Gläserklappern, Spielgeräusche, leise Unterhaltungen im Hintergrund) werden perfekt eingebunden präsentiert, so dass eine wunderbare Live-Atmosphäre in den eigenen vier Wänden entsteht. Und auch Charlie Hadens Bass wird angemessen dargestellt – mit geschlossenen Augen würde man nicht auf eine so kleine Box tippen!