Aufsteigermentalität

Nach der bisher höchst beeindruckenden Performance an »vernünftig« zugeordneter Elektronik stelle ich mir die verlockende Frage, inwieweit sich das Erhörte noch übertreffen lässt. In Gestalt der Vincent SP 20-Hybrid-Endstufe sorgt jetzt ein 2 x 300 Watt lieferndes Kraftwerk für Leistungszuführung und Qualitätssteigerung. Und dieses Mehr führt zu einem großartigen Hörerlebnis.

Die Präsentation des eben schon sehr gut transportierten Joe-Henderson-Titels wirkt noch feinstofflicher, luftig-räumlicher. Der akustische Bass wird jetzt mit einem zusätzlichen Gewicht und einer gelassenen Autorität transportiert, die man dem kompakten Lautsprecher nicht zugetraut hätte. Hier scheint sich die Trennung zwischen Koax-Mittel/Hochtöner und separatem Tiefmitteltöner zu bewähren, denn die heftigen Anforderungen im Bassbereich wirken sich nicht negativ auf die stabile Präsentation des restlichen Frequenzspektrums aus.

Wer große Zimmer bespielen möchte, könnte über die Standboxen-Ausführung Uni-Fi FS U5 nachdenken. In Zimmern bis 25 Quadratmeter jedoch erscheint mir das Tiefton-Potential der Kompaktlautsprecher absolut adäquat – insbesondere wenn man bei der Elektronik nicht geizt. Die unerschöpflichen Reserven der Vincent bekommen der kleinen Kielerin aus Kalifornien jedenfalls ausgezeichnet. Denn gerade in puncto Verstärkerleistung erweist sich die Box nicht als Kostverächter. Bei »Don't Talk« aus dem wunderbaren letzten Melody-Gardot-Album »Currency Of Man« zeigt sich, wie gut die minimal warme Abstimmung des Vincent-Kraftwerks den Elac-Speakern bekommt. Mit Hilfe der hybriden Endstufe stellen beide den Schmelz der sehnsüchtig klingenden Streicher sehr herzerwärmend dar. Gleichsam vergessen die Uni-Fis aber nicht, dass es sich hier um keine uniforme homogene Klangwand, sondern die amorphe Symbiose unterschiedlicher Streichinstrumente handelt. Sehr überzeugend gerät im gleichen Track auch die perspektivische Darstellung eines hereingrätschenden Gitarreneinwurfs im Mittelteil ab 2:03, der sich sowohl weit nach außen als auch tief in den hinteren virtuellen Bühnenrand entwickelt. Mit den Uni-Fi hören wir diesen musikalischen Geistesblitz eindeutig im Sinne des Arrangeurs, ermöglicht durch die ausgezeichnete räumliche Abbildung – und zwar in jede Richtung. Dieses einem Koaxial-Lautsprecher immer wieder zugeschriebene Verhalten kommt hier auffällig positiv zum Tragen.

Tiefenstaffelung

Das bereits angesprochene auffächernde Differenzierungsvermögen der Uni-Fi wird bei den noch komplexeren Streicher-Arrangements von »If I Ever Recall Your Face« aus der gleichen CD erneut deutlich. Ebenso wiederum die Eigenschaft, einen musikalischen Raum sehr weit auszuleuchten. In dieser fragilen Ballade rückt aber zudem die Fähigkeit in den Fokus, die vielschichtige Stimme von Madame Gardot zwischen Verruchtheit, Kraft und Zerbrechlichkeit ausnehmend authentisch abzubilden. Unterstützt durch eine sehr nahe am Mikrofon gewählte Aufnahmeposition erzeugen die Elac-Lautsprecher – zumindest bei geschlossenen Augen – die Illusion des »Hier singt jemand für mich«. Und steht direkt vor mir. Mehr kann man von einem Lautsprecher nicht erwarten – insbesondere wenn er sich wie die Uni-Fi BS U5 im relativ preisgünstigen Bereich bewegt. Als höchstwertiger Koaxial-Kompaktlautsprecher liefert erst eine KEF LS 50 – speziell in Sachen Dreidimensionalität und Selbstverständlichkeit – das gewisse Etwas mehr. Jedoch zum fast doppelten Preis.

Ein leicht bitterer Nachgeschmack entsteht nur durch die Tatsache, dass die Elac-Uni-Fi – genau wie die LS 50 – so gut ist, dass sie von jeder Niveausteigerung der vorgeschalteten Elektronik deutlich hörbar profitiert. Alle beim Lautsprecherkauf gesparten Euros sollte man gleich wieder beim Verstärker investieren – die Klangqualität wächst hörbar mit. Die Uni-Fi BS U5 ist somit eine perfekte Aufsteigerbox.