Als Bonus wartet auf der Rückseite ein Bi-Amping-Anschlussfeld von weit überdurchschnittlicher Massivität. Dass dieser Lautsprecher im Hochlohnland Dänemark mit dessen ausgeprägter Qualitätsorientierung entstanden ist, merkt man an jeder Stelle. Umso erstaunlicher ist der geringe Preis, den Dali für die Opticon 5 angesetzt hat. Es bleibt rätselhaft, wie die Dänen das realisieren können. Zumal sie auch noch drei Farbausführungen offerieren! Unglaublich…

Breites Abstrahlverhalten

Für den Hörtest servierte ich der schlanken Skandinavierin Gentleman-like bestmögliche Bedingungen. An ihrem Bi-Wiring-Terminal landeten je zwei Stränge des exzellenten, aber dennoch sehr vernünftig ausgepreisten XT 40-Reference-Kabels von QED, die am anderen Ende in den praktischerweise vierfach vorhandenen Lautsprecheranschlüssen meiner Vincent SP 20-Endstufe mündeten. Durch deren 2 x 300 Watt Sinus an 4 Ohm war die Leistungsfrage erschöpfend beantwortet. In meinem 25 Quadratmeter großen Hörraum zeigten sich schnell zwei sehr unterschiedliche Aspekte. Wenn Dali sagt: »Bitte nicht auf den Hörplatz ausrichten« – dann haben sich die Dänen etwas dabei gedacht und wissen, warum sie mahnend den Finger heben. Wie alle Dali-Lautsprecher folgt auch die Opticon 5 der hauseigenen Philosophie einer gleichmäßig und vor allem breit streuenden horizontalen Abstrahlung, um den Hörer nicht einsam auf einen zentralen Platz festzunageln und eine soziale gute Musikerfahrung mit mehreren Genießern zu ermöglichen. Deswegen klingt es stets am ausgewogensten, wenn eine Dali-Box strikt gerade und eben nicht leicht angeschrägt auf die Sitzposition ausgerichtet wird. Zweiter Aspekt der Auffälligkeiten: die Tieftonwiedergabe. Von der schmalen Form mit einem einzigen 165-Millimeter-Chassis sollte man sich nicht fehlleiten lassen – die Opticon 5 hat einiges Potential im Bassbereich. Dieser profitiert gerade im kleinen bis mittelgroßen Raum in puncto Präzision erheblich, wenn die Box in jeder Richtung möglichst wandfern aufgestellt wird. So endete ich letztlich bei einem Abstand von 1,20 Metern zur Seite und 80 Zentimetern zur Rückwand.

Feinste Auflösung

Beim Album »Solo« bündelt der Pianist Nils Frahm mehrere Improvisationen, die er auf einem Monstrum von Klavier eingespielt hat: dem 1,8 Tonnen schweren und 3,70 Meter hohen M 370 des deutsch-lettischen Klavierbauers David Klavins. Die Resonanzbodenfläche dieses gewaltigen Instruments ist fast doppelt so groß wie die eines normalen Konzertflügels, die tiefste Bass-Saite misst über drei Meter!
Kann die schmale Klangsäule die Faszination dieses majestätischen Instruments transportieren? Ja, die Opticon 5 kann. Drei Stärken des Lautsprechers spielen sich beim Abrufen der 24-Bit-Audio-Files besonders in den Vordergrund: Die dänische Standbox vermittelt trotz der schlanken Form und des nicht sonderlich großen Woofers ein erhebliches Maß an grundierendem Tiefton, der dem M 370 die notwendige Fülle zuschreibt, um glaubhaft die Wesensmerkmale, speziell die autoritäre Kraft dieses ungewöhnlichen Klaviers zu übermitteln. Dessen bemerkenswerter körperhafter Ton wird über die Opticon nicht nur mit starker Präsenz, sondern auch in einer unverwaschenen Form dargeboten, sodass man die tiefen Lagen klar »auseinanderhören« kann. An diesen nicht immer leicht dechiffrierbaren Einzelaspekten scheitert so mancher oberflächlich tiefton-affine Lautsprecher kläglich – die Dali Opticon hingegen meistert die Aufgabe mit Bravour.