mit Dali-Geschäftsführer Lars Worre

i-fidelity.net:   Herr Worre, war die Entwicklung der Callisto-Baureihe unter professionellen Gesichtspunkten für Sie und das Dali-Entwicklungsteam »business as usual« oder waren völlig neue Wege zu gehen?
 
Lars Worre:   Bei der Callisto-Entwicklung wussten wir bereits vorher, dass Neuland auf uns wartet. Natürlich haben auch wir in den vergangenen Jahren eine Entwicklungsabteilung für Elektronik aufgebaut. Dass dies alleine für die Konzeption eines aktiven Wireless-Systems nicht ausreicht, wurde uns dann aber peu à peu bewusst. Irgendwann war uns klar, dass wir zum Erreichen der gewünschten Klangqualität, der Funktionalität und auch des Bedienkomforts sehr viel tiefer in die Entwicklung von Software und Elektronik einsteigen müssen. Um Ihnen eine Idee von der Tragweite zu geben: Das mit Callisto beschäftigte Team war am Ende der Entwicklung dreimal so groß wie das Team, welches für die Entwicklung eines passiven Lautsprechers notwendig ist. Angesichts dieses enormen Investments beruhigt meine Nerven allerdings die Tatsache, dass es nicht nur um Callisto, sondern um die Entwicklung eines hochwertigen drahtlosen Systems ging, bei dem wir unabhängig vom Pegel mit 24 Bit Auflösung arbeiten und in dem relevante Streaming-Möglichkeiten enthalten sind. Abschließend kann ich sagen, dass das Callisto-Projekt wirklich gewaltige Ausmaße angenommen hat, alles andere als eine gewöhnliche Entwicklung darstellt und uns Möglichkeiten zum Eingriff in die Wiedergabe gibt, die wir nie zuvor bei Passiv-Lautsprechern hatten. Was sich daraus in puncto Resultat ergibt, kann jeder sofort hören.


i-fidelity.net:   Aktive Lautsprecher samt ihrer vielen technischen Vorteile gibt es ja schon seit Jahrzehnten. Betrachtet man ihren Marktanteil in all diesen Jahren, war der aber verschwindend gering. Glauben Sie, dass wir jetzt am Beginn einer Ära aktiver Lautsprecher stehen?
 
Lars Worre:   Sie haben Recht, die Zeit ist reif für aktive Lautsprecher. Dabei müssen wir aber berücksichtigen, dass ein Aktiv-Lautsprecher für unsere Kunden zunächst einmal keinen gravierenden Unterschied zur passiven Box darstellt. Der eigentliche Grund, jetzt auf Aktiv-Konzepte zu setzen, ist die Möglichkeit der Systemintegration. Dazu gehören für mich Streaming-Clients und eine drahtlose, aber bitte hochwertige Signalübertragung. Das funktioniert mit passiven Schallwandlern schlichtweg nicht. Der Wunsch nach Musik-Streaming und Anlagen, die im Wohnraum wenig Platz beanspruchen, sind Kundenanforderungen, die den Aktiv-Lautsprechern jetzt den Weg bereiten. Eine Notwendigkeit, die es vorher nicht einmal im Ansatz gegeben hat. Aber um es in aller Deutlichkeit klarzustellen: Wer mit Lautsprecherkabeln leben kann, wer ein mit Liebe zusammengestelltes High-End-Audio-System betreibt, wird von Dali auch in den nächsten zehn Jahren mit absoluter Sicherheit mit High-End-Schallwandlern ohne integrierte Verstärkerelektronik versorgt werden.


i-fidelity.net:   Auf der kürzlich erschienenen Dali-CD »Volume 5« präsentieren Sie keine Sammlung von bereits vorhandenen Songs, sondern Ihr Team hat sich auf den Weg nach Kopenhagen gemacht, um die Musik in Eigenregie zu produzieren. Das Ergebnis ist klanglich wie musikalisch überragend. Besteht angesichts dieser technischen Möglichkeiten nicht die Notwendigkeit, der Aufnahmeseite unsere qualitativen Ansprüche klar zu machen?

Lars Worre:   Oh ja, Sie haben vollkommen Recht. Schon bei der Aufnahme ist darauf zu achten, dass die Qualität beim Musiker direkt eingefangen und dann möglichst nah am Original wiedergegeben wird. Im schmutzigen Wettlauf um immer höhere Kompressionsraten ist der Höhepunkt erreicht. Schlimmer als mit aktuell produzierter und auf Kommerz ausgerichteter Musik geht es nicht. Im Rahmen dieser Entwicklung haben sich eine Menge Toningenieure an der Musik und damit auch an den Musikern vergriffen, obwohl sie ihre Arbeit doch viel besser machen können! Sie haben die Ausbildung, sie wissen, wie es korrekt funktioniert. Aber mir ist auch klar, dass jeder, der seinen Job behalten will, tut, was man ihm sagt. Schließlich geht es nicht mehr um Kunst, sondern um Kapital, und da hört dann im wahrsten Sinne des Wortes der Spaß auf.

Erschreckend finde ich, dass es Produktionen aus den 60er-Jahren gibt, die definitiv »audiophiler« klingen als vieles, was uns heute vorgesetzt wird. In dieser Hinsicht war das Jahr 2000 eine echte Zeitenwende, denn wer für Hitlisten produziert, darf in der Musik keine Pause machen und keine Kontraste schaffen, schließlich könnte die Dynamik den Hörer ja mitreißen. Daher resultiert auch diese Eintönigkeit zwischen den Titeln. Hinzu kommt, dass das Hören komprimierter Musik auch noch anstrengend ist. Zur Erholung suchen sich Menschen dann zusehends andere Dinge. Mich würde tatsächlich mal eine wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema interessieren. Wer den lieben langen Tag mit fürchterlicher Radio- und Fernsehwerbung und dynamikfreien, monotonen Hits aus dazu noch minderwertigen Lautsprechern beschallt wird, muss eigentlich krank werden. Die gute Wiedergabequalität einer Musikanlage wird automatisch zu einem wertvollen Stück Lebensqualität. Das ist für mich keine Frage. Wir müssen als Gemeinschaft die Qualität einfordern, uns bei den Sendern zu Wort melden, schließlich war das auch noch nie so einfach wie heute.

Zu der »Vol. 5«-Produktion gibt es eine von Dali in Auftrag gegebene und sehr sehenswerte Videodokumention.

Link:   https://www.youtube.com/watch?v=nhNxjG7kWdo&feature=youtu.be