Samstag, 19 Uhr, 30 Minuten und 18 Sekunden, hier ist Berlin mit der deutschen Hitparade im Zett-Dee-Eff!« Die Zeiten, als Kultmoderator Dieter Thomas Heck seine Zuschauer noch regelmäßig mit Schlagermusik und Songs der Neuen Deutschen Welle im Zweiten unterhielt, scheinen Lichtjahre her zu sein. Damals rannten die Fans von Roland Kaiser, Chris Roberts und Jürgen Drews am Montag noch in die Geschäfte, um sich die besten Hits auf Schallplatte und Kassette zu besorgen. Frisch gebadet und dick eingepackt in den Frottiermantel, saßen die jungen Anhänger vor dem Fernseher, mit Mikrofon und Kassettenrekorder bewaffnet, um sich auf charmante, aber wenig professionelle Art einen Mitschnitt der Lieblingsstücke anzufertigen. Da fehlte mal der Anfang, dann wieder waren »Hanni und Nanni« direkt nach dem Ende einer Aufnahme präsent, weil das Hörspiel der Zwillinge aufgrund einer gerade nicht verfügbaren Leerkassette herhalten musste.

Musik in den 70er, 80er- und 90er-Jahren: Sie war noch – rein von ihrer Verpackung und ihrer Beschaffung her – ein ganz anderes Erlebnis als heute. Greifbar in Form von überdimensionalen Schallplatten, dem regelmäßigen Bandsalat bei Kassetten und wuchtigen Abspielgeräten. Damals stöberte man noch in Plattenläden und Musikabteilungen, hörte Probe und erlebte den Kauf musikalischen Nachschubs als soziales Ereignis mit unverhofften Glücksmomenten. Die nette neue Sitznachbarin aus der Oberstufe interessierte sich also auch für klassische Musik, gut zu wissen. Der sonst so spießige und strenge Chemielehrer ließ sich mit Michael Jackson auf frischer Tat erwischen, und gestresste Eltern hatten die Möglichkeit, ohne den Protest ihres Nachwuchses in früheren Beatles- oder Rock’n’Roll-Zeiten zu schwelgen. Kurzum: Allein der Weg zum Besitz des neuen Liedguts war ein Erlebnis.