WBT erhöht die Schlagzahl bei Innovationen

Wolfgang Thörner wird für seine Hartnäckigkeit durch erfolgreiche Entwicklungen belohnt: »Aufgeben ist keine Option für mich, auch wenn diese Haltung mich schon viel Geld und Zeit gekostet hat«, sagt der WBT-Geschäftsführer.

16.11.2021

Mit Einführung der PVD-Technik ist WBT der Abschied von der Galvanik gelungen. Mit diesem neuen Plasma-Protect-Verfahren sind Gold-Beschichtungen in erstklassiger Qualität möglich geworden. Doch WBTs Mastermind Wolfgang Thörner ruht sich nicht auf dem Erreichten aus.

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Neu in der WBT-Fertigung ist das »Höllenfeuer«. Hier können kleinere Bauteile PVD-beschichtet werden.

Eine der Aussagen, die in der Audio-Branche nicht jeden Tag zu hören ist, lautet: »Wir haben etwas Neues entwickelt.« Bei WBT gehört dieser Satz seit vier Jahrzehnten zum festen Repertoire. Erstaunlich ist nur, dass die Geschwindigkeit der Innovationen bei dem Essener Spezialisten für HiFi-Steckverbindungen in den vergangenen Monaten noch zugenommen hat – und das in einer Zeit, in der andere Produzenten neue Farbausführungen schon als »Neuheiten« vermarkten. 
i-fidelity.net ist nach Essen gefahren, um im Rahmen eines Interviews herauszufinden, was sich hinter den Kulissen des Kontaktspezialisten tut.
i-fidelity.net:   Seit über vierzig Jahren steht WBT für hochwertige Steckverbindungen. Innovation war und ist ein wichtiger Bestandteil des Unternehmenserfolgs. Nach unseren Eindrücken ist die Innovationskraft im Hause WBT allerdings in den vergangenen Monaten noch einmal deutlich stärker geworden. Können Sie dem zustimmen?
Wolfgang Thörner:   Ganz eindeutig, ja! Dahinter steckt ein System. Gestartet sind wir 1985 mit Präzisionsdrehteilen aus Messing mit allerlei cleveren Mechanismen mit dem Ziel, die Übertragungsqualität zu verbessern. Das wurde auch international anerkannt, aber man darf natürlich bei der technischen Weiterentwicklung niemals stehen bleiben. Dann kam »nextgen«, das war die Entwicklung hin zu den hybriden Konstruktionen aus spezialisierten Funktionswerkstoffen. In Kurzform gesagt: Nicht mehr Messing oder irgendeine Legierung, sondern reines Kupfer oder alternativ Feinsilber für die Signalleitung sowie Kunststoffe für die Stabilität und die Mechanik kommen hierbei zum Einsatz. Dieses Prinzip hat sich qualitativ bestens bewährt und entspricht auch dem zeitgemäßen Umweltgedanken. Und jetzt kommt der schwierigste Teil der Entwicklung, nämlich die Oberflächenmodifikation, sprich die Vergoldung. Das, was auf den ersten Blick recht einfach erscheint, ist doch deutlich komplexer. Die Hauptaufgabe der Vergoldung ist der Korrosionsschutz. Kontakte müssen einfach sauber sein und bleiben. Das kann Gold gut leisten. Aber die bisher übliche galvanische Vergoldung besteht fast immer aus drei unterschiedlichen Schichten: 1) galvanisch Kupfer, dann 2) Nickel und als Deckschicht 3) mit Kobalt dotiertes Gold. Das Signal muss immer durch diese drei Schichten hindurch. Das ist doch nicht wirklich schlimm, könnte man meinen, aber es sind doch Hürden fürs Signal, und in einer Audio-Übertragungskette gibt es unvermeidbar viele dieser Schnittstellen. Deshalb wollten wir diese Stolperstellen nachhaltig entschärfen. Die Lösung heißt nach wie vor Vergoldung, aber nicht mehr mit der nasschemischen Galvanik, sondern mit der gasphysikalischen PVD-Technologie (Physical Vapor Deposition). Nach einer gründlichen Vorbehandlung mit einer Hochstrom-Polieranlage (600 A – 330 V DC) wird im Hochvakuum mittels PVD reines Gold direkt auf die Signalleiter »geschossen« und dort atomar angebunden (Van-der Waals-Kräfte). Es entsteht zusammen mit unseren nextgen-Hybrid-Steckverbindern ein homogener Materialverbund, der unter dem Namen »PlasmaProtect« einen idealen Signaltransport ermöglicht. Bei den systematischen Entwicklungsschritten hin zu besseren Steckverbindern war dies die vorläufig letzte Etappe – die aufwendigste, aber für WBT als Maschinenbauer gleichzeitig der Eintritt in die wunderbare Welt der Nano-Technologie.
i-fidelity.net:   Verraten Sie uns, woher Sie Ihre tägliche Motivation nehmen? 
Wolfgang Thörner:   Es ist die Neugier auf spannende technische Entwicklungen, der Ehrgeiz, unbedingt technologischer Marktführer zu sein, und die Freude, wenn hin und wieder tatsächlich ein Fortschritt gelingt. 
i-fidelity.net:   High-End-Audio-Komponenten stehen zumindest auf dem Papier für überragende Klangqualität. Geht es jedoch um moderne Forschungen und innovative Entwicklungen, schrumpft die Zahl der Anbieter gewaltig. Woran liegt das?
Wolfgang Thörner:   Forschung und Entwicklung sind aufwendig und sehr teuer. Und wirkliche Fortschritte gelingen eher selten. Das muss man sich leisten können. Die größeren Firmen könnten sich das sicher auch leisten, aber manchmal sind die Entscheider mehr Banker als Techniker.
i-fidelity.net:   Wenn Sie heute das Wort »Wireless« im Kontext von Musikwiedergabe hören, denken Sie dann eher an Komfort oder auch an Qualität?
Wolfgang Thörner:   Eindeutig an Komfort, wobei ich das nicht negativ meine. Die Aufgaben und Verwendungszwecke sind halt unterschiedlich. W-LAN, Bluetooth, NFC  etc. – das sind tolle Entwicklungen, die jederzeit und überall für die kurzzeitige Nutzung zur Verfügung stehen. High End hingegen ist etwas ganz Besonderes. Ich möchte genießen und mich hineinfallen lassen in das Klanggeschehen, und ich möchte mich nicht ablenken lassen von Übertragungsproblemen wie zum Beispiel Phasenfehlern, Dynamiksprüngen oder auch Frequenzgangabweichungen etc. Dafür sind gute Schnittstellen beziehungsweise Steckverbinder unverzichtbar.
                
i-fidelity.net:   Steht WBT mit beiden Beinen in der Audio-Branche oder reicht das Geschäftsfeld darüber hinaus?
Wolfgang Thörner:   Im Wesentlichen sind wir immer noch stark in der Audio-Branche verwurzelt. Aber die Verfahrensentwicklung unserer neuen PVD-Technik »PlasmaProtect«, für die wir erst kürzlich bei einem bundesweiten Wettbewerb den Deutschen Innovationspreis 2021 gewonnen haben, eröffnet für uns weitere Möglichkeiten im Bereich der Medizintechnik, der Raumfahrttechnik und der Mess- und Regeltechnik. Wir arbeiten daran.