Interview mit Paolo Tezzon von Diapason

06.05.2025

Der Italiener Paolo Tezzon zählt zu den renommiertesten Konstrukteuren von Lautsprechern. Nachdem er einige Jahre von der highfidelen Klangbühne verschwunden war, kam gestern die überraschende Meldung, dass er die Entwicklungsabteilung bei Diapason übernimmt.

Paolo Tezzon ist ein ruhiges, ein besonnenes Gemüt. Wie komplex die Materie rund um das Thema Lautsprecher auch wird, er bleibt stets sachlich. Was er in der Vergangenheit anfasste, wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg. In seiner Laufbahn hat er dafür bisher 75 Auszeichnungen eingeheimst. Nach einer, nennen wir es Besinnungspause inklusive energetischem Auftanken, ist er jetzt wieder da. Ab sofort leitet Tezzon die Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Diapason. Es gibt also mehr als einen Grund, den Lautsprecherentwickler zum Interview zu bitten.

 

i-fidelity.net:   Herr Tezzon, nach Ihrer erfolgreichen Zeit bei Sonus Faber sind Sie für viele aus dem Blickfeld verschwunden. Wir hatten nicht mit Ihrer Rückkehr gerechnet und freuen uns umso mehr, dass Sie nun die Leitung der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Diapason übernehmen. Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht und warum widmen Sie sich nun wieder dem Thema High-End-Lautsprecher?

Paolo Tezzon:   Zunächst einmal vielen Dank für Ihre Worte, sie bedeuten mir sehr viel. Es ist ziemlich schwierig, meine letzten Jahre in wenigen Worten zusammenzufassen. Ein großer Teil dieser Zeit war sicherlich einer Art »Erholung vom Tempo« gewidmet, würde ich sagen. Die Reise, die ich während meiner beruflichen Laufbahn bei meinem ehemaligen Unternehmen durchlaufen habe, war wunderschön und erstaunlich, aber auch ziemlich dicht und intensiv. Ich brauchte definitiv Ruhe, Entspannung und Meditation. Mit anderen Worten: Ich habe die Gelegenheit genutzt, um das Tempo für eine Weile zu drosseln. Natürlich habe ich diese Zeit immer mit Musik verbracht, so viel wie möglich Bass gespielt und viel Musik gehört. Das war schnell die perfekte Situation, um neue Ideen zu entwickeln, ohne sie am nächsten Tag schon in die Tat umsetzen zu müssen. Nach einer Weile, wenn man von Natur aus mit Leidenschaft bei der Sache ist, verspürt man irgendwann den Wunsch, »wieder ins Spiel zu kommen«, und so bin ich bei Diapason gelandet: Ich habe Kontakt zu Alessandro (Schiavi) aufgenommen, wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, teilen die gleiche Vision, und so ist Diapason mein neues Zuhause geworden.


i-fidelity.net:   Aus Ihrer professionellen Sicht: Welche Eigenschaften muss ein Lautsprecher haben, damit Musik- und Klangliebhaber ihn ernst nehmen?

Paolo Tezzon:   Das ist eine weitere komplizierte Frage, die sich nur schwer mit wenigen Worten beantworten lässt. Die Grundlage jedes ansprechenden Lautsprecherdesigns ist sicherlich ein ernsthaftes und gründlich durchdachtes elektroakustisches Projekt, aber das reicht meiner Meinung nach nicht aus. Die Hauptaufgabe eines Lautsprechersystems ist es, Musik zu vermitteln, was letztendlich bedeutet, Emotionen auszudrücken. Das ist der entscheidende Punkt: Um ernstgenommen zu werden, muss ein High-End-Lautsprecher in der Lage sein, Emotionen perfekt zum Ausdruck zu bringen, und zwar nicht nur durch seine Klangqualität, sondern auch in jeder anderen Hinsicht: Man sollte Emotionen spüren, wenn man ihn auspackt, ihn betrachtet, ihn berührt, ihn anschließt, sogar wenn man ihn riecht.


i-fidelity.net:   Im HiFi- und High-End-Bereich stehen oft niedrige Preise im Vordergrund, während Qualität und Leistung in den Hintergrund gedrängt werden. Welche Partner sind Ihrer Meinung nach notwendig, um die Klangqualität der Diapason-Lautsprecher überzeugend zu präsentieren? Und müssen Hörer bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

Paolo Tezzon:   Wenn ich Ihre Frage richtig verstehe, dann tut sich für mich ein Widerspruch auf: »Niedrige Preise« im High-End-Bereich, das kann bei ernsthaftem Ansinnen nicht funktionieren. Extreme Lösungen in Bezug auf Material und Technik, kleine Produktionszahlen, akribische Liebe zum Detail sowohl beim Design als auch bei der Montage: Das sind alles Besonderheiten eines High-End-Produkts, die einfach nicht mit einem niedrigen Preis zu vereinbaren sind. Mehr noch: High-End-Produkte erfordern leidenschaftliche Verkäufer, die die Produkte bis ins kleinste Detail kennen und in der Lage sind, dem Endkunden das Konzept, die Philosophie und die technischen Merkmale zu vermitteln. Diapason macht da natürlich keine Ausnahme. Die Hörer müssen lediglich einen offenen Geist, offene Ohren und ein offenes Herz mitbringen, zusammen mit einer Vorstellung von ihrem eigenen Musikgeschmack. Aber das gilt nicht nur für Diapason, sondern für jedes Lautsprechersystem und für die Auswahl jedes High-End-Geräts.


i-fidelity.net:   Ihre Rückkehr in die Branche lässt vermuten, dass bei Diapason neue Lautsprecher in der Pipeline sind. Können Sie uns schon etwas Konkretes darüber sagen?

Paolo Tezzon:   Nun, wie zu erwarten, arbeiten wir bei Diapason an etwas Neuem, aber es ist vielleicht noch zu früh, um schon in die Details zu gehen. Nur soviel: Es wird etwas anderes sein als das, was man bisher von der Marke kennt, mit vielen interessanten Ideen, aber gleichzeitig in vielerlei Hinsicht an die Tradition von Diapason anknüpfend. Bleiben Sie dran.


i-fidelity.net:   Wie wichtig sind Hörtests bei der Entwicklung neuer Diapason-Modelle?

Paolo Tezzon:   Sie sind zweifellos der wichtigste Teil der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungsprozesse von Diapason: Trotz des Einsatzes modernster elektroakustischer Instrumente und Simulationssoftware liegt der Mehrwert von Diapason in der Aufmerksamkeit, die dem abschließenden Abstimmungsprozess jedes einzelnen Schallwandlers gewidmet wird. Die über die Jahre hinweg erworbene musikalische Erfahrung und das Gehör machen den Unterschied, wenn es um die Perfektion der Musikwiedergabe durch einen Schallwandler geht.