Pee Wee Ellis gilt als »The Architect of the James Brown Sound« (James McBride). Er hat nicht nur Funk-Klassiker wie »Cold Sweat«, »Say It Loud! I am Black and Proud« und »The Chicken« komponiert und Meisterwerke von Van Morrison und Maceo Parker wesentlich mitgestaltet, er war bereits als Teenager von Sonny Rollins protegiert worden.
Von 1994 stammt dieses sensationelle Live Konzert, analog aufgenommen im legendären Kölner »Schmuckkästchen«. Die klangtechnisch überdurchschnittliche Doppel-CD bietet unter anderem Klassiker von Ellington, Gillespie, Benny Golson, Coltrane und Sonny Rollins. In jeder Hinsicht eine Referenz in der Königsdisziplin des Jazz, dem Tenorsax-Trio.
Das dahinter stehende Label »Rhythm ’n‘ Flow Records« ist ebenso spannend. Es hat seinen Sitz in Wesseling, zwischen Bonn und Köln. Vor vier Jahren gründeten der Jazzproduzent Stephan Meyner und der Sound- und HiFi-Spezialist Elmar Gillet das Label. Neben innovativen Neu-Produktionen planen sie auch die Veröffentlichung bemerkenswerter Archivaufnahmen.
Ende der Neunziger Jahre war Elmar Gillet als Markenrepräsentant für den schottischen High-End-Hersteller Linn unterwegs. Sowohl von der Technik als auch von der Musik verstand er eine Menge. Die Rückkehr seiner Person und seines Sachverstands in die Musik ist eine richtig gute Nachricht und der Grund für i-fidelity.net ihn um ein Interview zu bitten.
i-fidelity.net: Herr Gillet, was treibt Sie dazu an, drei Jahrzehnte nach der ursprünglichen Aufnahme das Live-Album »The Storyteller« von Pee Wee Ellis zu veröffentlichen?
Elmar Gillet: Die Konzerte von Pee Wee Ellis 1993 und 1994 im Kölner Schmuckkästchen waren unvergessliche Erlebnisse. Pee Wee Ellis konnte erstmals die Musik spielen, die er seit seinem Saxophonunterricht bei Sonny Rollins 1957 immer spielen wollte: Jazz. Bekannt wurde er als Funk- und Soulmusiker. Er hat für James Brown berühmte Stücke wie »Cold Sweat« oder die Schwarze Hymne »Say it loud i'm black and proud!« geschrieben. Jazz zu spielen, war für Pee Wee eine Art Befreiung und alle Energie, Leidenschaft und Virtuosität flossen in sein Spiel. Damals wurden Ausschnitte der Konzerte als CD auf Minor Music veröffentlicht. »Twelve and More Blues« und »Yellin‘ Blue« fanden positiven Anklang bei Jazz-Liebhabern und Audiophilen. Ich hatte zum Glück zuvor den Produzenten Stephan Meyner davon überzeugt, dass es besser ist, analog statt 16 Bit digital aufzunehmen. So konnten wir nun die exzellenten live-gemischten 2-Track Aufnahmen in High-Definition überspielen und jede Nuance von Pee Wee hörbar machen. Auf »The Storyteller« ist nun das komplette Konzert vom 21. März 1994. Ich darf verraten, dass der Folgeabend auch aufgezeichnet wurde.
i-fidelity.net: Ist das Album »The Storyteller« ausschließlich als physischer Tonträger erhältlich?
Elmar Gillet: Nein, das Album ist auf allen gängigen digitalen Plattformen erhältlich. Man kann es Streamen und als Download kaufen. Somit hat man direkten Zugriff auf das von mir erstellte 24 Bit/192kHz-Master. Als Audiophiler empfehle ich den Download im Wave-Format. Das Artwork als PDF ist natürlich nicht ganz so ein Erlebnis, wie die CD und das Booklet in der Hand zu halten. Nun so ist aber die heutige Zeit. Wir bei Rhythm ‚n‘ Flow Records sind eigentlich Vinyl-Fans. Aber eine ungekürzte Veröffentlichung von »The Storyteller« als 3-fach LP in guter Qualität würde sehr teuer und Jazz ist leider nicht die populärste Musik derzeit.
i-fidelity.net: Ein Teil Ihrer beruflichen Laufbahn war dem schottischen High-End-Hersteller Linn gewidmet. Ist das Thema Klangqualität in der heutigen Zeit noch von Bedeutung?
Elmar Gillet: Sound matters! Ich denke, schon, dass es nach wie vor ein Bewusstsein für Klangqualität gibt. Das wird auch für einen gewissen Teil der Menschheit immer so bleiben. HD-Streaming eröffnet auch einen einfachen Zugang für ein breites Publikum zu bester Klangqualität.
Meine Zeit bei und mit Linn war für mich sehr prägend und ich habe gelernt, was die wichtigen Kriterien für eine gute und richtige Musikwiedergabe sind, gerade auch dann, wenn diese sich nicht in den höchsten High-End-Preisklassen bewegt. Klangqualität ist mir extrem wichtig, aber ich mag mir trotzdem keine Musik anhören, die schön aufgenommen aber musikalisch inhaltsleer ist. Klangqualität war natürlich auch der Grund, warum ich seit 1999 ein Mastering Studio betreibe. Dabei sehe ich im Mastering nicht den Sinn aus der Musik ein Spektakel zu machen, sondern es gilt unter der Bewahrung der Zeitrichtigkeit die Finessen der Musik herauszuarbeiten. Damit sind wir dann auch wieder ein wenig bei Linn.
i-fidelity.net: Sie haben nun sowohl die Produktionsseite von Musikaufnahmen als auch die Wiedergabeseite intensiv kennengelernt. Ist der technische Aufwand auf beiden Seiten gleichermaßen hoch?
Elmar Gillet: Auf beiden Seiten gibt es High-End und Low-Fi und Menschen, die sich auf der Suche nach guten Klang mächtig in Zeug legen. Insgesamt geht man auf der produktionstechnischen Seite entspannter mit den Dingen um. Letztlich war die Digitalisierung der Musikproduktion eine große Revolution mit überwiegenden Vorteilen. Bestimmte Produktionsprozesse sind deutlich preiswerter geworden, dies ermöglicht auch in Zeiten ökonomischen Drucks eine vielfältige Musikszene jenseits der großen Musikkonzerne. Und mit ein wenig Liebe, Zeit und Know-how macht man mit einem Notebook bessere Aufnahmen als mit einem leiernden Mehrspurkassettendeck. Am Ende geht es darum, vielen Künstlern die Chance zu geben, gehört zu werden und Menschen zu ermöglichen, so nah wie möglich an die Musik zu kommen.
Musikempfehlung:
Pee Wee Ellis »The Storyteller«
Rhythm ’n‘ Flow Records RNF 8002