Nachdem Bowers & Wilkins kürzlich die überarbeiteten »Signature«-Modelle seiner Referenzserie »800« eingeführt hat, profitiert nun auch die preisgünstige Linie »600« von neuen Erkenntnissen. i-fidelity.net hat den besonders kompakten Regallautsprecher 607 S3 zum Test geordert.

Ein Freund von mir fragte mich vor geraumer Zeit nach einem günstigen, einem wirklich günstigen Plattenspieler. Er habe, so berichtete er mir, ein paar Kisten voller guter alter LPs geerbt. Nun wolle er die Platten aber nicht wegwerfen, sondern selber hören. Er habe sich daher in einigen HiFi-Läden umgesehen, diese aber angesichts der Preise der dort angebotenen Analogmonumente schleunigst wieder verlassen. Nein, es gehe ihm nicht um High End, seine Anlage sei ja auch eher bescheiden. Er wolle die alten Platten nur ab und an mal hören, ohne gleich einen Kult daraus zu machen.

Ich gebe zu, dass mich diese Anfrage leicht überforderte, beschäftige ich mich doch meist mit eben jenen Gerätschaften, die meinen Freund M. so gründlich abschreckten. Andererseits fand ich das Ganze auch wieder spannend, und so begab ich mich auf die Suche nach einem Plattenspieler, der nicht mehr als 500 Euro kosten sollte und mit dem man sich dennoch genussvoll der analogen Musikwiedergabe zuwenden kann. Okay, man könnte natürlich auf Ebay nach einem alten Thorens suchen und diesen in mühevoller Kleinarbeit wieder in Schuss bringen. Allerdings ist nicht jeder von uns technisch begabt genug, um eine solche »Operation« durchzuführen. Und es gibt ja auch Menschen, die einfach nur Musik hören wollen und auf die Bastelei gut verzichten können. Wie mein Freund zum Beispiel.

Gute Gene

»Thorens« ist aber schon ein gutes Stichwort, denn der Vertrieb dieser Laufwerke, die im Badischen beheimatete Firma Sintron, zeichnet sich auch für die Wiederauferstehung der deutschen Traditionsmarke Dual verantwortlich. Und da diese Spieler äußerlich deutliche Ähnlichkeiten mit ihren Ahnen aufweisen, liegt der Verdacht nahe, dass man auch »unter der Haube« Gemeinsamkeiten findet – was durchaus eine Empfehlung sein kann. Für das Projekt meines Freundes gerät der Dual CS 455-1M aus der aktuellen Modellpalette ins Visier. Und der ist natürlich kein komplettes Remake – der Zusatz »1« besagt schon, dass es sich um ein neues Modell handelt. Viele Teile allerdings – sei es die mechanische Steuerung des Tonarmes oder die Aufhängung des Subchassis – stammen aus der bestens gefüllten Technikschublade des angesehenen Herstellers.

Während die letzten Topmodelle in den 80er-Jahren direkt angetrieben waren, bewegt bei den aktuellen Spielern und auch beim CS 455-1M ein elektrisch geregelter DC-Motor den Teller über einen geschliffenen Flachriemen. Das über Spiralfedern straff aufgehängte Subchassis sitzt in einer tadellos lackierten Holzzarge. Unser Testmuster wurde in Klavierlack Schwarz geliefert – eine Ausführung, die dem CS 455-1M ein edles Erscheinungsbild verleiht. Der den alten »ULM«-Typen nachempfundene Tonarm führt Halbzoll-Systeme, allerdings sollte man sich auf die extrem leichten Vertreter konzentrieren. Ortofons OMB-Abtaster ist das vormontierte Mittel der Wahl, das sich im Übrigen bei einem Defekt leicht und überaus kostengünstig ersetzen lässt.

Ein gutes Gefühl: Die Marke ist immer noch da

Ein paar Tage, nachdem wir den CS 455-1M bei Sintron zum Test bestellt hatten, steht er vor mir: »Mein« erster Dual seit 25 Jahren – der letzte war mein Eigentum und hörte auf den Namen CS 741Q. Und tatsächlich gestaltet sich das Auspacken wie eine kleine Heimkehr – nur wenig hat sich auf den ersten Blick verändert. In diesem speziellen Fall erwirbt der Kunde gar ein »Rundum-Sorglos-Paket«, was bedeutet, dass ein bereits installiertes und sorgfältig justiertes MM-Tonabnehmersystem – eben das erwähnte Ortofon OMB – zum Lieferumfang gehört. Allein die Auflagekraft gilt es noch einzustellen, was mit der ebenfalls mitgelieferten Balkenwaage zu einer leichten Aufgabe gerät. Und ganz nebenbei zeigt mir der nur scheinbar antiquierte Gewichtsmesser, dass es auch einmal wieder – und keinesfalls schlechter – ohne das mittlerweile omnipräsente digitale Pendant geht.

Also bleibe ich konsequent analog und lasse die elektrische Waage in der Schublade. Da keine weiteren Aufgaben zu erledigen sind, präsentiert sich der kleine Dual nur fünfzehn Minuten nach dem Öffnen des Kartons spielbereit. Auch die Bedienung gibt keinerlei Rätsel auf: Über drei Hebel lassen sich wie in alten Zeiten die Drehzahl sowie die Tonarmbewegungen steuern. Ja, der CS 455-1M ist ein vollautomatischer Plattenspieler und damit eines jeden Technikmuffels Freund. Als Spielpartner stelle ich dem Dreher einen Black Cube-Phonoverstärker von Lehmann Audio (Preis: 450 Euro) zur Seite. Sicherlich eine finanziell grenzwertige, klanglich allerdings hervorragende Kombination.

Mein Freund hat tief in die geerbten Plattenkisten gegriffen, und gemeinsam lauschen wir einer ersten Auswahl. Den Anfang macht die amerikanische Bandleader-Legende Glenn Miller. Der Dual lässt die Suche nach der richtigen Adresse in »Pennsylvania 65000« zur wahren Freude werden. Die Bläser swingen, die Rhythmusgruppe groovt freudig voran, und auch die Stimmen stehen glaubhaft im Raum – in Anbetracht des Alters der Aufnahme ist das allemal beachtlich.

Analoge Musikwiedergabe ist und bleibt ein Erlebnis

Auch der Bass, das musikalische Fundament der Musik, kommt für einen Plattenspieler dieser Klasse überraschend glaubhaft. Und die Trennung der einzelnen Gruppen der Band gelingt überraschend deutlich. Es ist keine Frage, dass hochpreisige Dreher noch mehr Informationen aus dem Vinyl extrahieren. Allerdings soll man hier den Preis im Auge behalten. Bei dem von mir zum Vergleich hinzugezogenen Laufwerk kostet allein der Tonarm das Neunfache des kompletten Dual-Spielers.

Also schwelgen wir weiter in Musik und haben jetzt mit den Bee Gees eine Menge Freude. »Odessa« ist ein – für Nichtkenner dieser Band wie mich – verblüffend vielschichtiges Album, das mit seiner Geschichte der Besiedelung des amerikanischen Kontinents weit über die Sommer-Sonne-Surfen-Mentalität hinausgeht, die ich den Bee Gees bis dato fälschlicherweise ausschließlich attestiert hatte. Und wieder ist es die unkomplizierte Präsentation, mit der unser kleiner Dual begeistert. Er macht auf seine kompakte und leicht grundtönig sympathische Art schlicht Musik, ohne nach den allerfeinsten Details zu forschen, die in dieser Preisklassen meist doch unintegriert im Raum umherschwirren. Kompliment zu dieser Abstimmung.

Noch eine kleine Anmerkung zu den leisen Nebengeräuschen, die man in den ersten Minuten nach dem Auspacken vernehmen kann: Nach kurzer Zeit hat sich die Mechanik des kleinen Spielers »eingelaufen« und man hört – mit dem Ohr direkt an der Zarge – fast nichts mehr. Und vom Sessel aus ist gar nichts zu vernehmen.

Anspruchsvolles Material

Um den CS 455-1M nun doch einmal richtig auf Herz und Nieren zu prüfen, lasse ich das Vinyl-Erbe meines Freundes für eine Weile außer Acht und bediene mich einiger mir wohl bekannter Scheiben. Wir bleiben in der Oldie-Stimmung, und so lege ich zunächst die Háry-János-Suite von Zoltan Kodály in einer wunderbaren alten Tulip-Pressung der Deutschen Grammophon auf (SLPM 138828) auf. Ferenc Fricsay dirigiert »sein« Radio-Symphonie-Orchester Berlin, und ich bin verblüfft, wieviel Verve der Dual aus dieser Platte extrahiert. Dafür ist auch der recht knackige Grundton zuständig, der die Musik ordentlich voranbringt und gleichzeitig die Defizite im tiefsten Frequenzbereich kaschiert. In den Mitten darüber tut sich eine Menge. Zwar baut der Dual die virtuelle Bühne eher breit als tief auf und verweigert sich so in einem gewissen Maße der beliebten High-End-Übung, »um die Instrumente herum« zu hören. Die Menge der gebotenen Informationen geht aber, wie ein schneller Vergleich zeigt, voll in Ordnung. Wieder gerät dieser Bereich kompakt und griffig, sodass man schnell auf Bögen und Melodien fokussiert, was ja kein Fehler ist – im Gegenteil.

Klangfarben gelingen dem CS 455-1M ziemlich gut, wie er am Beispiel der reichhaltigen Instrumentierung der Háry-János-Suite beweist. Selbst ein schwierig darzustellendes Instrument wie das Cymbalon kommt mit dem ihm eigenen Obertonzauber und Biss. Das hätte ich in dieser Preisklasse wirklich nicht erwartet.

Danach ist ein übler Stolperstein für alle Plattenspieler an der Reihe: Franz Liszts »12 Etudes d'exécution transcendante« in der Einspielung von Claudio Arrau (Philips 6747 412). An den mächtigen Klavierakkorden zu Beginn des Préludes scheidet sich in Sachen Antrieb meist die Spreu vom Weizen. Und so wacker sich der Dual auch schlägt: Im Vergleich zu den sonst hier spielenden, weit teureren Kollegen muss er nun doch ein paar Federn lassen. Der relativ leichte Teller schafft es in Verbindung mit dem sauber und geradeaus konstruierten Antrieb nicht immer, die Töne in aller Klarheit ohne jede Modulation stehen zu lassen. Im langen Ausklingen verändert sich doch bei einigen Akkorden hörbar die Klangfarbe, hier muss der Spieler offensichtlich zu kräftig arbeiten.

Glaubhafte Musikdarstellung

An dieser Stelle möchte ich aber noch einmal den Preis in Erinnerung rufen und zudem feststellen, dass ich bei dieser Aufnahme schon deutlich highendigere Laufwerke schwitzen hörte. Und immerhin löst der Dual auch hier in den Mitten erstaunlich gut auf, wobei er wieder den unteren Bereich bevorzugt und dem Flügel damit ganz nebenbei einen sehr glaubhaften Holzton verpasst. So ist der Wechsel zur »Frau ohne Schatten« von Richard Strauss in der Aufnahme mit Sir Georg Solti und den Wiener Philharmonikern (Decca) auch kein wirklich ernst gemeinter Test mehr. Wie erwartet, entwirft der CS 455-1M ein eher kompaktes Bild des Geschehens, lotet die Dimensionen der virtuellen Bühne nicht bis in die letzten (hintersten) Winkel aus. Immerhin geraten die einzelnen Sängerdarstellungen sehr glaubhaft, was ich in dieser Qualität nach dem schönen Holzton des Flügels fast schon zu vermuten gewagt hatte.

Und der Dual kann noch mit einem weiteren dicken Plus aufwarten: Da er sich nicht in Details verliert und Informationen durchaus griffig serviert, erreicht die Sprachverständlichkeit ein erstaunlich hohes Niveau. Dieser Versuch war allerdings eher akademischer Natur, denn der Dual CS 455-1M ist sicherlich kein Gerät für Analog-Fetischisten, die mit ihm alle Tiefen ihrer LSC- oder SXL-Schätze ausloten wollen, die im Zweifelsfall mehr kosten als der ganze Plattenspieler. Also zurück zu leichterer Kost. Nun dreht sich noch einmal die LP »Tourist« der Lifstyle-Band St.Germain auf dem Teller, und wieder beweist der Dual, dass die lockere und einladend entspannte Musikdarstellung genau sein Gebiet ist. Die Grooves laufen locker durch den Raum, die Basslinien kommen klar und dennoch nicht überbetont, und sämtliche Effekte in den hohen Frequenzbereichen garnieren das Klangbild, ohne auch nur eine Spur zu nerven. Der Dual wagt sich hier schüchtern in schottisches Territorium vor und lässt die Füße mitwippen. Kompliment. Ach ja, bevor ich es vergesse: Für besten Klang bleibt die mitgelieferte Staubschutzhaube natürlich im Karton.

Dual CS 455-1M
Vollautomatischer Plattenspieler

MM-System Ortofon OMB vormontiert und justiert
Riemenantrieb, geregelter DC-Motor
Hart aufgehängtes Subchassis
Staubschutzhaube

Abmessungen (B x H x T):   44 x 12 x 36 cm
Gewicht:   6,6 kg
Preis:   549 Euro (in Klavierlack Schwarz)
Garantie: 2 Jahre

Ausführungen:   Klavierlack Schwarz, Strukturlack Schwarz/Silber, Klavierlack Schwarz/Gold (teilweise andere Preise)

Sintron Vertriebs GmbH
Südring 14
76473 Iffezheim

Telefon: 0 72 29 / 18 29 - 98
Telefax: 0 72 29 / 18 29 - 99

E-Mail: info@sintron.de
Internet: www.sintron-audio.de

Mein Freund ist glücklich, denn der Dual CD 455-1M bedient seine Bedürfnisse auf den Punkt. Dieser kleine Plattenspieler ist ein unkomplizierter Musikvermittler, der mit jedem Ton seinen Preis Lügen strafen will. Eine so beachtliche (eher breite als tiefe) Raumausleuchtung, einen so straffen und griffigen Oberbass, die leuchtenden Klangfarben, so zahlreiche und bestens ins Klangbild integrierte Details und eine so unkomplizierte Handhabung habe ich persönlich in dieser Preisklasse noch nicht erlebt. Er spielt aus dem Stand lustvoll und zügig, führt direkt in die Musik und bekommt für den vergleichsweise sehr geringen Anschaffungspreis den begehrten i-fidelity.net-»Preistipp«.   Stefan Gawlick

Dual CS 455-1M
Preis: 549 Euro
Garantie: 2 Jahre
sehr gut
gut
gut
gut - sehr gut

TEST

Plattenspieler:
Dual CS 455-1M
Autor:
Stefan Gawlick
Datum:
09.09.2010
Hersteller:
Dual