Höchste Anerkennung

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Wer die Dinge auf die leichte Schulter nimmt, läuft Gefahr, über kurz oder lang zu scheitern. Nicht einmal Vorsatz ist dafür notwendig, das kann auch fahrlässig geschehen. Manchmal liest sich auch ein Erfolgsrezept auf dem Papier schon so gut, dass es bei der Umsetzung nicht mehr wirklich auf etwas ankommt. Wenn man beispielsweise einen Plattenspieler auf den Markt bringen kann, der einen weltweit bekannten Künstler als Patron bekommt, dann muss das doch ein Selbstläufer werden. Muss man da tatsächlich noch Aufwand betreiben? Im Falle der »Al Di Meola Edition« von Clearaudio ist der betriebene Entwicklungsaufwand sogar bis in kleinste Details viel größer als erwartet.

Nach dem Auspacken hält man deutlich erkennbar den Korpus einer E-Gitarre in Händen. Um einiges schwerer als diese allerdings, schließlich soll er die Basis für Laufruhe beim Abtasten von Schallplatten liefern. Das Gewicht ergibt sich durch die Verwendung von mitteldichter Faserplatte, die auf der Unterseite mit einer Stahlplatte und auf der Oberseite mit einer Kunststoffplatte und Platanenfurnier abschließt. Es gibt die »Al Di Meola Edition« in schwarzer und alternativ holzfarbener Ausführung – eine schöner als die andere. Die Verarbeitungsqualität ist perfekt. Dort, wo bei der Gitarre die Lautstärke eingestellt wird, kann am Plattenspieler zwischen den Geschwindigkeiten 33,3 und 45 umgeschaltet werden. Auch eine Feinjustage der Umdrehungszahl ist mit diesem Drehregler möglich. Links daneben findet sich die Unterschrift des amerikanischen Jazz-Gitarristen Al Di Meola. Das Hersteller-Logo und die Nummer des auf 1.000 Stück limitierten Plattenspielers hat Clearaudio an der Stelle platziert, wo bei der Gitarre der Hals am Korpus angesetzt wird. Diesen Plattenspieler zeichnet exzellentes, weil auch dezentes Design aus.

Ein Blick auf den 12-Volt-Antriebsmotor unterstreicht, wie ernst man in Erlangen die Entwicklung dieses Plattenspielers genommen worden ist. Der Motor ist an Gummiseilen eingespannt, heißt, er hat keinen physischen Kontakt zum Gehäuse. Vibrationen des Antriebs finden folglich keinen Kontakt zum Abtaster. Der geschliffene Flachriemen wird übrigens nicht nur über die Spindel, sondern auch um eine auf den ersten Blick nur als Umlenkrolle dienende Welle gelegt. Doch sie ist Teil von Clearaudios »Tacho Speed Control«, welche die eingestellte Drehzahl überwacht und gegebenenfalls korrigiert. Temperaturschwankungen oder die Riemenspannung werden so ihrer negativen Einflussmöglichkeiten beraubt.

Nachdem der Riemen und der CNC-gedrehte Aluminium-Unterteller ein paar Proberunden gedreht haben, wird noch der knapp zwei Kilogramm wiegende und annähernd transparente Plattenteller aufgesetzt. Eine Sonderversion des Profiler-Tonarms, an dessen Ende der hauseigene MM-Tonabnehmer Celebrity montiert ist, komplettiert den Plattenspieler und macht ihn in kürzester Zeit spielbereit. Die Headshell ist optisch ebenfalls an eine Gitarre angelehnt. Die von Clearaudio empfohlene Auflagekraft beträgt 2,2 Gramm, die mit Hilfe einer beiliegenden kleinen Waage auch tatsächlich gut einzustellen ist. Übrigens sind diese 2,2 Gramm ein Richtwert, der sich auch um +/- 0,3 Gramm variieren lässt. Erhöhen Sie das Gewicht, wird der Bass intensiver, beim Verringern wird die Wiedergabe verschlankt.

Musikalischer Edel-Treibstoff

Mit über einem Meter Anschlusskabellänge und soliden Cinchsteckern findet die »Al Di Meola Edition« problemlos Kontakt zu einem externen Phonovorverstärker oder einem Verstärker mit integriertem Phono-MM-Eingang, beide sollten allerdings qualitativ hochwertig sein. Schließlich liegt das, was da vom zum Plattenspieler mutierten E-Gitarren-Korpus an Signalqualität angeliefert wird, deutlich über dem Durchschnitt. Ein letzter Check betrifft die waagerechte Ausrichtung des Clearaudio-Plattenspielers, was dank der höhenverstellbaren Füße ein Kinderspiel ist. Dann kann's mit den Hörtests losgehen. Und was würde sich zum Start besser eignen als Al Di Meolas Album »Elegant Gipsy«, das sich in hochwertiger Neuauflage im Lieferumfang befindet? Die Platte ist 1977 erschienen und eine der kommerziell erfolgreichsten des heute siebzig Jahre alten Musikers.

Mit Jan Hammer am Synthesizer startet Di Meola zum »Flight Over Rio«. Faszinierend, wie sich das präzise Hochgeschwindigkeitsspiel auf den Saiten mit den elektronischen Sounds ergänzt, kontrastiert und nach ruhiger Startphase dann die Hektik der brasilianischen Metropole musikalisch festhält. Das Fundament, das der Clearaudio den Musikern bietet, ist fantastisch. Der den Rhythmus ergänzende Bass ist tief, konturiert und deutlich klarer als auf der zum Vergleich bereitstehenden Original-LP von 1977. Vor allem liefert die Neuauflage auch mehr Dynamik als die Ur-Version. Allerdings profitieren beide Vinyl-Ausführungen von der Qualität dieses Plattenspielers, der auch in puncto Auflösung absolut überzeugend agiert. Eine zauberhaft klingende Zeitreise, wie diese erste Stunde mit dem Clearaudio bereits zeigt.

Ein Jahr nach Al Di Meolas Zweitwerk »Elegant Gipsy« erschien das Album »Blondes Have More Fun« von Rod Stewart. Der Song »Da Ya Think I'm Sexy« kann für das Laufwerk mit einem klaren »Ja« beantwortet werden. Beeindruckend ist die Energie, die der Clearaudio dem Titel mitgibt. Da ist zum Beispiel die pulsierende Basslinie, die ein günstigerer Pro-Ject Debut Pro zwar auch sauber aus der Rille arbeitet, die aber nicht die Durchschlagskraft der »Al Di Meola Edition« erreicht. Zudem spannt diese einen größeren Raum auf und dokumentiert das Aufnahmejahrzehnt korrekt. Was Plattenspieler mit harmonisch passender System-Arm-Bestückung ebenfalls leisten, ist die makellose Stimmenwiedergabe, und hier zeigt der Erlanger seine unbestechlichen Qualitäten. Das hört sich so glaubhaft, so echt an, dass die Illusion einfach perfekt ist.

»Live« zum Leben erweckt

Neben den klanglichen Aspekten vermittelt Vinyl in wunderbarer Weise auch die eingefangene Atmosphäre, je nach Album natürlich in unterschiedlicher Intensität. In die Spitzengruppe gehört hier »An Evening Of New York Songs And Stories« von Suzanne Vega. Mit den ersten Takten von »Marlene On The Wall« sitzt man nicht mehr alleine vor seinen Epos ES-14N-Lautsprechern, sondern ist Gast im New Yorker Café Carlyle. Dem  Celebrity-Laufwerk gelingt es, die Musik frei von jeglicher Distanz, mit natürlichem Charakter und einem nachvollziehbaren Eindruck des Konzertgeschehens zu vermitteln. Diese Qualität übertrifft unsere durch das Preisschild zustande gekommenen Erwartungen – und zwar sehr deutlich.

Zum Schluss wird es Zeit, energetisch noch einmal richtig hinzulangen: Wardrunas Album »Kvitravn« liegt auf dem Plattenteller. Das Titelstück nimmt den Hörer mit in die Natur, ein Rabe treibt sein Unwesen zwischen den Lautsprechern, der Wind pfeift, dann beginnt Einar Selvik mit Gesang und begleitet sich dabei auf einer Sotharpa. Das ist eine sehr alte, mit Bogen gespielte schwedische Leier, die in etwa aus dem 13. Jahrhundert stammt. Die Aufmerksamkeit ist vollständig absorbiert, man ist gefangen in diesem ungewohnten akustischen Szenario. Dann kommen aus dem Nichts Trommeln mit voller Wucht und ein schwarzer elektronischer Klangteppich, der das Fundament des Songs bildet. Das ist jetzt emotionale Qualität in Reinkultur und sicher eine der Säulen des anhaltenden Trends zur Schallplatte.