Endlich steht wieder ein Lautsprecher von Epos in meinem Wohnzimmer. Lang, lang ist es her, dass ich selbst Schallwandler dieser Marke besessen hatte. Eine ES11 war mein erster Lautsprecher von Epos, den hatte noch Firmengründer Robin Marshall entwickelt. Die ES11 hat mich sehr lange begleitet und mich immer zum Musikhören verführt, auch wenn sie nicht wirklich verfärbungsfrei war. Mein zweiter Epos-Lautsprecher kam dann aus der Zeit, als Michael Creek die Geschicke bei Epos verantwortete. Es war eine kompakte M5i, die klanglich über sich hinausgewachsen ist, wenn man sie mit Elektronik wie beispielsweise einem Creek- oder Primare-Verstärker verbunden hatte. Nun darf ich mich also mit der kleinen ES-7N beschäftigen, die vom renommierten Lautsprecherspezialisten Karl-Heinz Fink und seinem Team konzipiert wurde.
Bei der Entwicklung seiner Lautsprecher lässt Karl-Heinz Fink an keiner Stelle etwas anbrennen. Das fängt beim Gehäuse an, welches wie die meisten seiner Lautsprecher aus zwei Lagen MDF besteht, die mit einer dauerelastischen Masse verbunden sind. Somit wird von vornherein ausgeschlossen, dass die Boxenwände unschön resonieren. Da das Fink-Team über Laserinterferometer verfügt, sind die Entwickler überdies in der Lage, die Restresonanzen einer Boxenwand zu detektieren und ihnen gezielt mit Punkt-zu-Punkt-Verstrebungen den Garaus zu machen. Das ist auch bei der ES-7N passiert. Beim Gehäuse – auch optisch ein schönes Kleinod – hat das Epos-Team also schonmal alles richtig gemacht.
Bei den Chassis bewegt man sich auf den von Epos bekannten Pfaden mit einem Polypropylen-Tiefmitteltöner und einer Metallkalotte. Aber gemach, die sind kein »alter Hut«, sondern hier wird Material nach neuesten Standards verbaut. Die Polypropmembran des Tiefmitteltöners ist mit Glimmer, also Silicat-Mineralen gefüllt. Das Ergebnis ist eine leichte Membran, sie sich dennoch durch ein gutes Dämpfungsverhalten auszeichnet. Sie ist mit einer 30-Millimeter-Spule ausgestattet, ferner hat man dem Tiefmitteltöner einen doppelten Magneten spendiert. Das verspricht einen schnellen Antrieb mit gutem Wirkungsgrad. Den Hochtöner hat die ES-7N von ihrer größeren Schwester vermacht bekommen. Es handelt sich hierbei um eine Keramik-Aluminium-Kalotte, die sehr leicht und sehr steif ist und somit einen schnellen, verzerrungsarmen Hochton zu liefern in der Lage ist.
In puncto Abstimmung hat sich das Epos-Team grundlegende Gedanken gemacht. So stand die Frage im Raum, ob die ES-7N als Regalbox oder als Lautsprecher, der auf Ständern frei im Raum steht, abgestimmt werden soll. Im Regal wird der Tieftonpegel verstärkt, auch das Abstrahlverhalten verändert sich durch die angrenzenden Flächen. Bei Epos hat man nun entschieden, dass die ES-7N beiden Anwendungen gerecht werden und somit dem Besitzer die Möglichkeit geben soll, je nach Wohnsituation seine ES-7N optimal betreiben zu können: Die gewünschte Abstimmung lässt sich einfach mittels eines Schalters auf der Rückseite auswählen. Dass die Epos über hochwertige und versenkte Bananenbuchsen den Kontakt zur Außenwelt aufnimmt, sei nur am Rande erwähnt – das passt voll und ganz zur hochwertigen Verarbeitungsqualität dieses Lautsprechers, die außer Zweifel steht.
Wie hat das Team um Karl-Heinz Fink nun die verschiedenen Abstimmungen realisiert? Am einfachsten wäre eine Bassabsenkung, um der regalbedingten Bassanhebung entgegenzuwirken. Aber diesen Weg ist man bei Epos zum Glück nicht gegangen, denn eine Bassabsenkung funktioniert im Grunde nicht wirklich – ich habe jedenfalls noch keinen Lautsprecher gehört, bei dem dies zum Erfolg geführt hätte. Stattdessen hat Finks Team zwei separate Abstimmungen entwickelt, welche den Tieftonbereich so lassen, wie er ist. Dafür wird in der Regalversion der Mittelhochtonbereich so angehoben, dass der Lautsprecher auch an diesem Spielort homogen musiziert. Und ich muss sagen, das funktioniert hervorragend. Ich konnte diese Version zwar nicht bei mir zu Hause testen, aber auf der Finest Audio Show in Wien im November letzten Jahres kam ich in den Genuss einer Privatvorführung von Christina Stamms-Klaassen vom Epos-Vertrieb und erlebte verblüfft, wie homogen die ES-7N im Regal aufgespielt hat: Das Klangbild war einen Hauch wärmer als bei der freien Aufstellung und naturgemäß war auch die räumliche Ausdehnung minimal geringer, sie ist aber doch großzügiger ausgefallen als erwartet. Die Aufstellung im Regal funktioniert also klanglich hervorragend. Den Test bei mir habe ich dann im klassischen Setup auf Ständern vorgenommen, den Abstand zur Wand optimiert und den Schalter an der ES-7N auf »free« gestellt.
Wie bei allen Lautsprechern üblich, benötigen sie Einspielzeit, um das volle Potential zu erreichen. Zum Glück lässt sich dieser Prozess beispielsweise mit der Isotek-Einbrenn-CD abkürzen. 48 Stunden später war der Schleier komplett weggezogen und der Lautsprecher eingespielt. Für die Verstärkung zeichnete der Luxman L-505Z verantwortlich, ein hochmusikalisch klingendender Vollverstärker. Beim Kabel entschied ich mich für das van den Hul Magnum Hybrid, weil es in meiner Anlage die beste Auflösung erreichte.
Die Epos ES-7N reagiert also darauf, mit welchen Spielpartnern sie agiert. Erfahrene Hörer wissen, dass das ein klares Zeichen dafür ist, hochwertige Komponenten vor den Ohren zu haben. Passen sollte auch der Lautsprecherständer, wenn die Epos nicht im Regal oder auf dem Sideboard zu stehen kommt. In einem sehr gut gemachten Video, welches auf der Homepage des Vertriebs zur Verfügung steht, erklärt Karl-Heinz Fink die Lautsprecher, was man als gesprochene Bedienungsanleitung verstehen kann. In diesem Video erfährt man beispielsweise, dass die ES-7N auf einen 70 Zentimeter hohen Ständer stehen sollte. Als Abstand zur Rückwand bin ich bei einem halben Meter gelandet, die Lautsprecher waren auf den Hörplatz ausgerichtet. Endlich konnte das Musikhören beginnen. Aber seien Sie versichert, die Beschäftigung mit dem richtigen Setup zahlt Ihnen die Epos ES-7N zigfach zurück.
Einer meiner Standard-Opener bei einem Lautsprechertest ist »The Girl From Ipanema« auf dem Album »Getz/Gilberto feat. A.C. Jobim«. Ich besitze die Platte in einer Polydor-Pressung aus den 80er-Jahren und als Reissue der Originalbänder auf 180 Gramm Vinyl. Die Epos ES-7N hat mir sofort aufgezeigt, aus welchen Gründen ich das Reissue einfach nicht mag. Nicht weil bei dieser Version die Verpolung der beiden Kanäle aufgehoben ist, sondern weil sie schon fast klinisch perfekt klingt. Die alte Pressung lebt von den Emotionen dieser Musik, und die Epos offeriert mir genau diese Emotionen in einer Fülle, die ich nicht erwartet hatte. Dabei macht der Lautsprecher keinen Sound, nein er bringt einfach Klangfarben zum Leuchten und zieht einen wunderbaren, klaren Raum auf, der in allen drei Dimensionen sauber und klar dargestellt ist. Die ES-7N mutiert auch nie zu einem trocken klingenden Monitor, sondern sie flutet den Raum mit Klang, Klang und nochmals Klang. Ganz im Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten habe ich die ganze Platte durchgehört.
Thorens hat sich den Luxus gegönnt und eine eigene Vorführplatte herausgebracht, auf der großartige Musik in einer gelungenen Abmischung und perfekten Pressung kredenzt wird. »Fever« von Elvis Presley hat mich besonders in den Bann gezogen, denn die Epos versteht es einfach, einem die Musik nahe zu bringen – man möchte immer weiter hören. Nach den klassischen HiFi-Kriterien fragt man bei der ES-7N gar nicht mehr, denn die beherrscht sie in einer Qualität, die man bei diesem Preisschild nicht vermuten würde. Was ganz sicher heraussticht ist die Tatsache, dass sie einem die Musik einfach näherbringt. Eva Cassidys »Autumn Leaves«, ebenfalls auf dem Thorens-Sampler zu finden, zeigt, wie die Epos diese schwierig zum Leben zu erweckende Stimme makellos zum Hörer transportiert. Für einen Lautsprecher dieser Größe ist das eine sensationelle Performance.
Hersteller: Epos Loudspeakers, Essen
Vertrieb: IDC-Klaassen, Lünen
Modell: ES-7N
Paarpreis: 1.999 Euro
Garantie: 5 Jahre
Konstruktion: Zwei-Wege-Bassreflex
Bestückung
Übergangsfrequenz: 2 Kilohertz
Impedanz: 4 Ohm
Terminal: Single-Wiring für Bananenstecker geeignet (Adapter für Kabelschuhe im Lieferumfang)
Empfohlene Stative: 70 Zentimeter Bauhöhe
Ausführungen: Schwarz matt, Weiß matt, Nussbaum, Orange matt
Abmessungen Lautsprecher (B x H x T): 20 x 29 x 27 Zentimeter
Gewicht: 7,6 Kilogramm
IDC Klaassen
International Distribution & Consulting oHG
Am Brambusch 22
44536 Lünen
Internet: www.idc-klaassen.com
E-Mail: info@mkidc.eu
Telefon: 02 31 / 22 17 88 22
Die Epos ES-7N will mit der für hochwertige Lautsprecher üblichen Hingabe behandelt werden: Gute Elektronik, der richtige Standfuß oder ein Platz im Regal und passende Kabel sind notwendig. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wächst der Piccolo-Boss über seine Abmessungen hinaus und liefert eine hochqualitative musikalische Darbietung, welche dem Preisschild spottet. Aber auch Musikfreunde, die hochwertige Musikwiedergabe in einem Regal oder auf einem Sideboard realisieren wollen, bekommen mit der Epos ES-7N endlich einen Lautsprecher, der diese Art der Aufstellung erlaubt, ohne auf ein Jota an Klangqualität verzichten zu müssen. Die Epos ES-7N sind kompakt, stark, musikalisch exzellent – und bezahlbar. Stephan Schmid
Epos ES-7N |
Paarpreis: 1.999 Euro |
Garantie: 5 Jahre |