In den 1980er-Jahren hatte die englische Firma Audiolab mit ihrem Vollverstärker 8000A ein wahrhaft heißes Eisen im Feuer, wenn es um die Gunst des audiophilen Publikums ging. In Deutschland wurden die Audiolab-Komponenten seinerzeit unter dem Namen Camtech verkauft. Und so hieß der mit dem 8000A baugleiche Verstärker hierzulande V100 und kostete damals um die 2.000 Mark. Er war nicht nur hervorragend ausgestattet – der V100 besaß ausreichend Eingänge, volle Hinterbandkontrolle für alle Eingänge, eine abschaltbare Klangregelung sowie eine überragende MM/MC-Phonovorstufe –, sondern zeichnete sich auch durch ein sehr ansprechendes, schlichtes Design aus, war ordentlich verarbeitet und klang richtig gut. Für den aufgerufenen Preis war damals weit und breit kaum etwas Feineres zu bekommen.
Audiolab modifizierte den Verstärker sehr behutsam bis zur Version V102 und konnte somit noch einiges an Klangpotential herauskitzeln. Der Erfolg dieses legendären Amps, der vor allem in seiner Heimat Großbritannien ein veritabler Verkaufsschlager war, rief schließlich Investoren auf den Plan: Ende der 90er-Jahre übernahm das Formel-1-Team TAG McLaren Audiolab, um auch im HiFi-Sektor Fuß zu fassen und seine technische Expertise gewinnbringend zu transformieren. Das Design wurde windschnittiger und damit beliebiger, ein paar Hightech-Bauteile wurden in die Schaltung eingepflanzt und der Preis explodierte. Das war dann recht schnell das Ende dieses tollen Verstärkers. Seit 2005 ist Audiolab Teil der chinesischen International Audio Group, zu der mit Wharfedale, Luxman, Mission oder Quad noch weitere renommierte englische HiFi-Unternehmen gehören. Die Chinesen führten Audiolab seither mit viel Einsatz von Ingenieursleistung zu den Wurzeln zurück und bauten wieder top verarbeitete und musikalisch klingende Gerätschaften, die sie zu einem fairen Kurs auf den Markt brachten. Ich hatte viele Jahre einen Audiolab m-dac in meiner Anlage, mit dem ich immer genussvoll Musik genießen konnte. In den letzten Jahren hatte Audiolab mit den Reihen 6000 und 8300 wieder den verdienten Erfolg am Markt.
Mit der Serie 9000 legt das Unternehmen nun eine Flaggschiff-Serie auf, wobei sich auch hier die Bepreisung mit 2.300 Euro wieder in einer sehr kundenfreundlichen Region bewegt. Denn was der 9000A an Ausstattung und vor allem an Verarbeitungsqualität bietet, verorte ich normalerweise nicht in dieser Preisregion. Das Design kann man – vor allem in der silbernen Ausführung – schlicht als elegant bezeichnen, und der Aufbau des Gehäuses ist geeignet, den Mitbewerbern in deutlich höheren Preisklassen die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. Es besteht nicht, wie üblich, aus Stahlblech – was man ja auch sehr gut hinbekommen kann –, sondern aus verschraubten Aluplatten. Das ergibt eine sehr rigide Behausung, in der die Elektronik ungestört werkeln kann. Auch in puncto Ausstattung wurde an keiner Ecke gespart: Der 9000A besitzt Cinch- und XLR-Eingänge, einen Phono-MM-Eingang und insgesamt sechs Digitaleingänge – das ist schonmal nicht von schlechten Eltern. Die Digitalsektion bekam einen Sabre ES9038Pro 32-Bit-Wandler spendiert, einen derzeit sehr angesagten Wandlerbaustein in der höchsten Qualitätsstufe, der bis 24 Bit/192 Kilohertz und DSD512 alles wandelt, was ihm vor die Flinte kommt. Ihm haben die Audiolab-Ingenieure noch fünf unterschiedliche Digitalfilter zur Seite gestellt, damit sich der glückliche Besitzer eines 9000A den Klang der Digitalstrecke feinfühlig an seinen Geschmack anpassen kann.
Ferner besitzt der Verstärker ein richtig feines, hochauflösendes 4,3-Zoll-Display. Hier werden die umfangreichen Einstellmöglichkeiten des Menüs dargestellt, und im Betrieb kann man sich neben der reinen Information von Quelle und Lautstärke auch noch eine Leistungsanzeige in zwei verschiedenen Designs anzeigen lassen; ausschalten lässt sich das Display natürlich auch. Was mir am 9000A besonders gefällt, ist die Möglichkeit, die Empfindlichkeit jedes einzelnen Analogeingangs einzustellen. So kann der Pegel unterschiedlich lauter Quellen angeglichen werden, was ich bei den meisten Verstärkern auch in viel höheren Preisklassen vermisse – danke für dieses Feature.
Dem klassisch schlichten Design geschuldet, ist das Anwählen der Quelle und die verschiedensten Menü-Einstellungen den beiden Dreh-Drück-Reglern vorbehalten, da außer dem Einschaltknopf und dem Lautstärkeregler auf der Frontplatte keine weiteren Bedienmöglichkeiten toleriert wurden. Doch da der Besitzer die Einstellungen im Menü normalerweise nur einmal vornimmt, ist das ganz sicher kein Beinbruch. Nur das Durchscrollen der Eingänge beim Wechsel der Quellen ist etwas mühsam, da dies auf der Fernbedienung auch nicht anders gelöst wurde.
Audiolab baut den Verstärker im klassischen Class-A/B-Design auf, was ich sehr positiv goutiere. Ein gut gemachtes A/B-Design ist einfach universeller einsetzbar als ein Class-A-Konzept, und Class-D-Verstärker konnten mich klanglich in dieser Preisklasse noch nie hinterm Ofen hervorlocken. Die Audiolab-Ingenieure spendierten dem 9000A zudem ein ordentliches Netzteil mit einem 320-VA-Trafo und Elkos mit einer Speicherkapazität von 60.000 Mikrofarad. Damit kommt der 9000A auf eine Leistung von 97 Watt an 8 Ohm und 152 Watt an 4 Ohm, wie unser Messlabor ermittelt hat. Damit sollte sich eine Vielzahl von Lautsprechern betreiben lassen.
Der Deutschland-Vertrieb von Audiolab hat mir für den Test mit dem 9000CDT noch ein reines CD-Laufwerk ohne eingebauten D/A-Wandler zur Verfügung gestellt. Folglich habe ich mir eine Anlage mit CD-Laufwerk, Streamer und Plattenspieler aufgebaut, um die klanglichen Qualitäten des 9000A zu ergründen. Zur Seite gestellt habe ich dem Verstärker meine Neuerwerbung in Sachen Lautsprecher, der mich wieder zurück zu den Wurzeln meiner HiFi-Sozialisation bringt: ein kleiner, geschlossener Zweiwegemonitor aus dem Profilager vom englischen Hersteller ATC, der sich in der LS 3/5A-Liga verortet, die ja bei vielen Musikliebhabern wieder im Kommen ist. Die SCM7 bereitet mir klanglich extrem viel Freude, denn sie hat das klassische Monitor-Gen und lässt einen sehr tief in die Aufnahme hineinhören. Sie macht jedoch auch musikalisch so vieles richtig, dass man sich einfach nur in den Sessel fallen lassen und Musik genießen, genießen, genießen kann. Was man jedoch nicht unterschlagen darf, ist, dass die ATC SCM7 zwar für den Verstärker eine einfache Last darstellt, aber mit ihrem geringen Wirkungsgrad schon zu den »Leistungsfressern« gehört. Und da sie bei mir auch noch einen 27-Quadratmeter-Raum beschallen muss, ist für gehobene Lautstärken ein potenter Verstärker gefragt.
Als sich die Nadel meines Ortofon SPU ATR Celebration 40 in die Rillen von Stephan Eichers Album »Engelberg« senkte, war der Klangfluss, der die SPUs so begehrenswert macht, vom ersten Ton an vorhanden. Der 9000A schafft es, der Musik Raum zur Entfaltung zu geben und den Hörgenuss in den Vordergrund zu stellen. Er fesselt mich vor der Anlage und ich folge einfach der Musik, Song um Song. Hier ist sie also wieder, die DNA britischer Verstärker aus den 80ern: Musikalität, Fluss, Fußwippfaktor – das alles zeichnet den 9000A aus, und dafür benötigt er nicht einmal hohe Lautstärken. Da der 9000A auch über einen MM-Eingang verfügt, wollte ich natürlich auch ausprobieren, wie sich dieser schlägt. Leider habe ich derzeit nur ein älteres, gut gepflegtes Goldring 920IGC zur Verfügung, welches an meinem 12-Zoll-Jelco-Arm nicht wirklich gut aufgehoben ist. Aber trotz dieser eher suboptimalen Kombi war dieses Musik-Gen auch über den MM-Eingang sofort zu vernehmen. Der Phonoeingang sollte also mit einem modernen MM am richtigen Tonarm auf einem Niveau aufspielen können, das dem Verstärker gerecht wird.
Da der 9000A über einen wirklich aufwendigen Digitalzweig verfügt, habe ich die intensive Testphase mit der Digitalsektion durchgeführt, um dem Verstärker wirklich auf die klangliche Spur zu kommen. Das CD-Laufwerk 9000CDT durfte abwechselnd mit meinem Musikserver Bluesound Node 2i, der einmal über den Digital- und einmal über den Analogausgang mit dem 9000A verbunden war, die Musik präsentieren. Den Analogausgang des Node 2i habe ich aber sofort wieder aus dem Spiel genommen, da seine Digital- und Ausgangssektion keinen Stich gegen den Top-Wandler im 9000A machte. Das 1.200 Euro teure CD-Laufwerk, in gleicher Panzerschrank-Qualität wie der Verstärker aufgebaut, spielt CDs auf einem Niveau ab, welches sich nicht vor einem Streamer verstecken muss. Den Klangvergleich habe ich aber trotzdem mit meinem Node 2i am S/PDIF/RCA-Eingang des 9000A gemacht, da der Streamer einfach einen höheren Bedienungskomfort mit Playlisten oder dem Zugang zu Qobuz und anderen Streamingdiensten bietet.
»Oh, Had I A Golden Thread« auf Eva Cassidys Album »Live At Blues Alley« zeigt wieder den schon bei der analogen Wiedergabe bewunderten Fluss der musikalischen Darbietung. Die Musik swingt und Cassidys Gesang wird klar und deutlich in den Raum gestellt. Für einen britischen Verstärker kommen die hohen Lagen wunderbar offen und strahlend – das konnten seine Vorfahren aus der guten alten Zeit nicht im Ansatz so gut. Diese Qualität verleiht auch Amy MacDonald eine sehr gute Durchhörbarkeit und eine räumliche Abgrenzung von Stimme und Instrumenten. Ich bin bekennender Fan von Mark Knopfler, und »Speedway At Nazareth« auf »Sailing To Philadelphia« ist mein absoluter Lieblingssong. Hier ist Knopflers kehlige Stimme sehr gut eingefangen, und die Gitarren-Riffs sind einfach ein Traum. Ich höre diesen Song am liebsten laut bis sehr laut, und da merkt man dem 9000A dann schon an, dass er sich anstrengen muss, um die tiefen Bassläufe über meine kleinen ATC SCM7 zu reproduzieren. Doch der Audiolab-Vertrieb hat mit der Wharfedale Linton 85 oder einer Misson 700 zwei klangstarke Lautsprecher in seinem Portfolio, mit denen der 9000A ganz sicher ein harmonisches Gespann bilden wird.
Messwerte Vollverstärker Audiolab 9000A
Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD): 152 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD): 97 W
Verzerrungen:
Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm): 0,023 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm): 0,062 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm): 0,014 %
Störabstände:
Fremdspannung (- 20 kHz): -97,4 dB
Geräuschspannung (A-bewertet): -99,7 dB
Sonstige:
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm): 159 kHz
Kanaldifferenz: 0,16 dB
Eingangswiderstand: 10,3 kOhm
Hersteller: Audiolab
Vertrieb: IAD GmbH, Korschenbroich
Modell: 9000A
Kategorie: Vollverstärker
Preis: 2.299 Euro
Garantie: 2 Jahre
Eingänge
Ausgänge
Ausführungen: schwarz, silber
Abmessungen (B x H x T): 44,5 x 9 x 35 cm
Gewicht: 9,5 kg
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str. 11
41352 Korschenbroich
Internet: www.audiolab-deutschland.de
E-Mail: service(at)iad-gmbh.de
Telefon: 0 21 61/ 6 17 83-0
Der Audiolab 9000A ist ein sehr gut verarbeiteter Vollverstärker mit breitbandiger Ausstattung, die von digitalen bis zu analogen Eingängen reicht. Plattenspieler- oder Bluetoothverbindung sind dabei möglich. Klarer Pluspunkt ist zudem sein absolut fairer Preis. Wenn seine Mitspieler, vor allem die Lautsprecher, mit Bedacht ausgewählt sind, dann erfreut er seinen Besitzer mit einem wunderbar fließenden, musikalischen Auftritt. Zweifelsfrei erfüllt dieser Amp damit eine der gewünschten Kerntugenden. Im Zusammenspiel mit den passenden Komponenten aus der 9000er-Serie ergibt sich ein harmonisches Gesamtkonzept, was i-fidelity.net voll und ganz empfehlen kann. Stephan Schmid
Audiolab 9000A |
Preis: 2.299 Euro |
Garantie: 2 Jahre |