Generation Golf

With the Diamond series, Vincent is launching a special edition of the premium SA-T7MK preamplifier, which was only revised last year and has an excellent sound. Why are they doing this?

Wenn heute über den »Golf« gesprochen wird und damit das gleichnamige, seit 1974 produzierte Auto-Modell gemeint ist, dann ist das nur noch ein Teil dessen, was mit dem Begriff verbunden ist. So gibt es etwa auch die Formulierung »Generation Golf«, sie entstammt dem Titel eines Buchs von Florian Illies aus dem Jahr 2000 und charakterisiert die deutsche Jugend der 1980er-Jahre. Doch zurück zum Auto: Wer sich für einen Golf entschieden hat, schätzte humane Betriebskosten, einen hohen Wiederverkaufswert und das Image, das sich von den Autos auf die Fahrer übertrug. Exakt diese Gedanken hegt der Autor beim Kennenlernen der neuen Townus-Serie – »Taunus« ausgesprochen – von Canton. Denn hinter dem gelungenen Wortspiel verbirgt sich sorgfältige Technik, die in handwerklich ausgezeichneten Gehäusen verbaut ist und preislich in einem Rahmen liegt, den andere Hersteller bereits verlassen haben: die goldene Mitte. Denn auf die Frage nach dem, was der Markt gerade macht, ist die schnoddrig formulierte Antwort »unten und oben geht was, aber die Mitte ist tot« inzwischen leider gängig.

Das heißt aber keinesfalls, dass es die Kunden für dieses Preissegment nicht mehr gibt, sondern vielmehr, dass ihnen wenig bis gar keine Produkte im »Golf-Format« mehr angeboten werden. Es ist also eine Gratwanderung, die man da im Hause Canton mit der Realisierung der Townus-Baureihe beschreitet. Acht Modelle sind entstanden: Von aktiv bis passiv, von Regal- und Standlautsprechern bis Center- und Surroundboxen sowie einem Aktiv-Subwoofer ist alles dabei, um jedes gewünschte Setup von der klassischen Stereo- bis zur smarten Heimkino-Mehrkanal-Anlage realisieren zu können. Für die Einordnung in der Mitte ist der Blick auf die beiden Nachbarserien Vento und GLE aufschlussreich: Ein Pärchen Vento 90 kostet aktuell 3.800 Euro, bei der GLE 90 sind es 1.100 Euro. Für 2.600 Euro bekommt man das Pärchen Townus 90. Preislich liegt es also etwa im mittleren Bereich – und klanglich?

Dafür schauen wir uns die Townus 90 zunächst einmal genauer an. Das 24 Kilogramm schwere, 105 Zentimeter hohe und im Inneren mehrfach versteifte Gehäuse gibt es neben schwarzer und weißer Ausführung auch in Nussbaum. Die Lautsprecher ruhen auf einer Sockelkonstruktion, die zum einen für eine Körperschallentkopplung sorgt und zum anderen den Abstand zwischen der nach unten gerichteten Bassreflexöffnung und der Bodenplatte vorgibt. Mit dieser konstruktiven Maßnahme gelingt die Anregung des Raumes gleichmäßiger, zudem ist die Aufstellung damit unkritischer. Diese kann mit runden Metallfüßen oder Spikes erfolgen, was sich nach der Beschaffenheit des Hörraums richtet. Auf der Rückseite findet sich ein Bi-Wiring-Anschlussterminal, eine Option, die leider vielfach ungenutzt bleibt, weil damit eine höhere Investition in das dafür notwendige Lautsprecherkabel verbunden ist.

Auf der Schallwand finden sich vier Chassis, die optisch in zwei Gruppen unterteilt sind. Am oberen Ende der Schallwand sitzt der 17,4-Zentimeter-Mitteltöner mit einer Membran aus Aluminium, der den Frequenzbereich zwischen 170 und 3.200 Hertz überträgt. Seine Platzierung verdankt er dem Umstand, dass er für die Höhe der Stereo-Bühnenabbildung hauptsächlich verantwortlich ist. Canton-Entwicklungschef Frank Göbl schätzt es nämlich nicht, wenn die Stimme zwar klar und deutlich wiedergeben wird, dies allerdings auf Kniehöhe. Wie bei den beiden vom Durchmesser identischen Tieftonchassis verfügt auch der Mitteltöner über eine dreifach gefaltete Wave-Sicke. Diese ermöglicht größere Hübe bei geringeren Partialschwingungen, oder anders gesagt: Auch bei höheren Pegeln geht nichts von der vorhandenen Abbildungspräzision verloren.

Für den Hochtonbereich ist eine 25-Millimeter-Kalotte zuständig, deren Membran aus Aluminiumoxidkeramik besteht. Ausgangspunkt des Materials ist Aluminium, das in einem physikalischen Prozess oxidiert wird. Die Folge ist ein Verlust von Gewicht, aber kaum von der Steifigkeit. Mit dem entsprechenden Magnetantrieb folgt diese Membran dem Signal genauer. Auf solche Ideen kommt man natürlich nur, wenn man – wie Canton seit nunmehr fünf Jahrzehnten – das entsprechende Know-how im Bereich technischer Entwicklung besitzt. So wird das akustische Verhalten der beiden Tieftöner zunächst mit Hilfe von Software berechnet und dann mit den Messungen verglichen, die im hauseigenen, reflexionsarmem Raum gemacht werden. Dass sich dieser Aufwand lohnt, zeigen die Townus 90 auch im i-fidelity.net-Messlabor, wo sie zu den wenigen Exemplaren gehören, die diese Station mit der Note »sehr gut« verlassen.

Bei zum Ende denken

Auch wenn ein Lautsprecher auf den ersten Blick wie eine einfache Konstruktion aussieht, gibt es für einen professionellen Serienhersteller viele Details zu beachten. So hat er bei der Innenverkabelung die Wahl zwischen niedrigen Kosten oder hoher Übertragungsqualität. Gleiches gilt auch für die Bauteile auf der Frequenzweiche. In der Townus 90 haben sich die Hessen wie erwartet für die Klangmaximierung entschieden: Hochwertige Kabel stellen den Kontakt zwischen Terminal, Weiche und Chassis her, die Weiche selbst ist mit wenigen, sehr guten Bauteilen bestückt. Dass das in jedem einzelnen Lautsprecher funktioniert, stellt die perfekte Endkontrolle im Werk sicher. Jeder Lautsprecher wird gemessen und mit dem Referenzmodell der Serie abgeglichen. Dabei sind die Toleranzen auf niedrigstem Niveau gehalten.

Im Hörraum ist die Platzierung mit ein Paar Zügen erledigt, die Schallwandler stehen schließlich leicht eingewinkelt in Richtung Hörplatz. Als Antrieb dient der Canor Vollverstärker AI 2.10, ein »perfect match«, wie sich in den folgenden Hörsitzungen herausstellt. Den Hörtest hat i-fidelity.net zweiteilig gestaltet. Im ersten Schritt haben wir die Townus 90 mit normalen Füßen und Single-Wiring-Verkabelung angehört, also vermutlich so, wie sie in den meisten Fällen betrieben wird. In einem zweiten Schritt haben wir die Füße durch Spikes ersetzt und eine Bi-Wiring-Verkabelung verwendet. Oliver Sim ist Mitglied der Band »The xx« und hat in dieser Konstellation musikalisch bereits Aufmerksamkeit erregt. In diesem Jahr ist nun sein erstes Soloalbum »Hideous Bastard« erschienen mit eingängiger Musik und in Bezug auf seine eigene Person schonungslosen Texten. Der »Unreliable Narrator« schleicht sich auf leisen elektronischen Pfoten heran, die dann größere Formen annehmen und sich schließlich mit Oliver Sims Stimme als Mehrfachspur komplett entfalten. Die Townus 90 zeichnet ein breite Stereobühne, versieht die Keyboard-Klänge mit kerniger Energie und leistet den Rhythmus-Computern exakt Folge. Faszinierend ist die Kraftverteilung, die vor allem beeindruckt, weil sich Grenzen nicht einmal erahnen lassen.

Interessant sind Vergleiche mit Titeln, die man schon oft über ganz unterschiedliche Anlagen gehört hat. Beispielsweise »Swine« von Lady Gaga, ein Titel, dem bei Weitem nicht alle Lautsprecher gewachsen sind. Entweder weil sie die Grenze ihrer Belastbarkeit zu schnell erreichen oder aus dem Eigenleben der Chassis kein zusammenhängendes Ganzes mehr entsteht. Typisch Canton möchte man meinen, denn selbst mit erhöhtem Pegel lässt sich der Taunus-Spross nicht aus der Reserve locken. Im Gegenteil ist die Townus für das Stück wie gemacht, denn sie pumpt den Bass brutal in den Hörraum, bildet die Stimme der Amerikanerin von diesem elektronischen Exzess gänzlich unbeeindruckt im Zentrum zwischen den Lautsprechern ab. Das zeigt vom Niveau klar in Richtung Vento, und damit ist auch klar, dass die Townus 90 bei uns nicht in der Kategorie »HiFi«, sondern »High End« rangieren wird.

Ist noch Luft nach oben?

Zum Testen bietet sich auch Filmmusik an: Wenn »Transformers: The Score« startet, dann steigert sich »Autobots« nach dem dezenten Beginn in ein episches Format. Vergessen darf man dabei nicht, dass man diese Melodien vermutlich erstmals über professionelle Mehrkanalsysteme im Kino gehört hat. Das kann dann bei einer stereophonen Darbietung  in Teilen miniaturisiert wirken, was bei der Townus 90 aber nicht der Fall ist. Nachdem sich das Orchester – der Fokus liegt auf den Bläsern – voll entfaltet hat, gesellt sich ein vielstimmiger Chor darüber. Dabei verschmiert nichts und die Klangfarben sind intensiv. Nächster Schritt: Die Cantons stehen auf Spikes, werden ins Lot gebracht, die Brücken im Terminal müssen weichen und ein Bi-Wiring-Kabel von QED kommt zum Einsatz. Vom Standpunkt eines normalen Hörers aus betrachtet, wird es um eine Kleinigkeit besser, aus unserer Warte ist es der Tropfen, der das klangliche Fass zum Überlaufen bringt. Das ist das Erreichen des Gipfels. Jetzt gelingt es, einzelne Stimmen des Chores zu separieren, die Wucht des Orchestralen nimmt zu, und ein Maximum an Klarheit bleibt auch bei höheren Pegeln erhalten. Dem Eingangsvergleich mit dem Golf folgend, ist das jetzt die GTI-Ausführung.

Laborbericht


Lautsprecher Canton Townus 90


Impedanzminimum:   3,6 Ohm @ 130 Hz

Nennimpedanz (± 20% Toleranz):   4 Ohm

Empfindlichkeit:   90 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

Ausstattung

Hersteller:   Canton, Weilrod

Modell:   Townus 90

Kategorie:   Standlautsprecher

Paarpreis:   2.598 Euro

Garantie:   5 Jahre

Konstruktion:   Drei-Wege-Bassreflex

Bestückung

  • Tiefton:   2 x 174 mm, Titanium mit Wave-Sicke
  • Mittelton:   1 x 174 mm, Titanium mit Wave-Sicke
  • Hochton:   1 x 25-Millimeter-Keramik-Kalotte


Übergangsfrequenzen:   170 / 3.200 Hz

Anschluss:   Bi-Wiring-Terminal

Ausführungen:   weiß Seidenmatt, schwarz Hochglanz, Nussbaum

Abmessungen (B x H x T):   25 x 105 x 36 cm

Gewicht:   24 kg

Kontakt

Canton Elektronik GmbH & Co KG
Neugasse 21 - 23
61276 Weilrod

Internet:   www.canton.de

Canton auf Facebook

Telefon:   0 60 83 / 28 70

Testergebnis

Vom gern zitierten »Verlust der Mitte« kann bei Lautsprechern keine Rede sein, denn die Canton Townus 90 ist die »Goldene Mitte«. Überzeugende Klangqualität, dezentes Design, handwerkliche Qualität und unter dem Strich der respektable Preis machen diesen Lautsprecher sicher nicht nur für die »Generation Golf« interessant. Er ist weder kritisch bei der Aufstellung noch ist er auf allerfeinste Elektronik angewiesen. Investiert man allerdings Zeit in die akkurate Platzierung und wählt den ansteuernden Verstärker mit Sorgfalt aus, dann entsteht ein überragendes Klangresultat, welches es für diesen Paarpreis bisher nicht gegeben hat.   Olaf Sturm

Canton Townus 90
Paarpreis: 2.598 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Canton Townus 90
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
22.11.2022
Hersteller:
Canton