Mehr-Wert-Schalter

Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Ob multifunktionaler Streaming-Speaker oder komplexes Sound-Setup aus vielen Einzelkomponenten: Alle Digital-Audio-Wiedergabesysteme oberhalb von Bluetooth gehen eine Verbindung via Netzwerk ein, sind zwangsläufig mit dem Internet vermählt. Dazu stehen sie in Kontakt mit einem vorhandenen Router, der vielfältige Aufgaben erfüllt, seinerseits aber auch Limitierungen hat. Beispielsweise die Anzahl an Ethernet-RJ45-Ports, welche für umfangreiche Media-Setups zu knapp bemessen sind. Hier hilft ein externer Switch, der als Zugangs-Multiplikator fungiert.

Diese Aufgabe ist im Rahmen einer IT-Installation von komplexer Natur. Der Switch stellt die erforderten Zugriffe der an ihm ankernden Geräte sicher, puffert, reorganisiert und verteilt die Daten an die richtigen Adressaten. Alles, was an Informationen zum Streamer, Server, NAS, Computer und DAC gelangt, muss über diese Schwelle. Indem er die Kommunikation unter den Komponenten organisiert, den Datenverkehr regelt und im Idealfall die Audio-Vorgänge vom sonstigen vielfältigen Internet-Datenverkehr separiert, nimmt ein Network-Switch als erste Instanz nach dem Router eine relevante Position im digitalen Musiksystem ein. Und das haben wir schon im analogen HiFi gelernt: Was am Anfang fehlerhaft oder mit Störungen behaftet übermittelt wird, lässt sich am Ende kaum mehr entsprechend kompensieren. Deswegen gilt es, eine gewisse Obacht bereits zu Beginn der digitalen Übertragungskette walten zu lassen. Eben da, wo der Switch regiert.

Leider stehen audiophile Ansprüche bei derartigen Geräten grundsätzlich nicht auf der Agenda. Herkömmliche IT-Elektronik für Consumer-Anwendungen folgt der Prämisse »Größtmögliche Funktionserfüllung bei geringstem Materialeinsatz«. Dieser Fokus auf einfachste Konstruktion und günstigste Bauteile betrifft nicht nur handelsübliche Network-Switches, sondern genauso Router, Netzwerk-Festplatten oder Computer. Daraus resultieren Problemfelder, die beispielsweise in der Übermittlung einer Text-Datei keine Rolle spielen, sich auf die Wiedergabequalität einer digital basierten hochwertigen Musikanlage jedoch negativ auswirken. Denn hier muss in die analoge Welt gewandelt werden – und dort werden etwaige Abweichungen vom Ideal hörbar, die dem D/A-Konverter am Ende des Signalweges die Aufgabe merklich erschweren. Als Hauptunruhestifter haben sich herausgestellt: Rauschen durch überwiegend hochfrequente Störfelder sowie das Auftreten von Jitter, also dem Zeitfehler, der die Verzerrung eines digitalen Signals darstellt.

Hier setzt der Bonn N8 Pro von Silent Angel an. Die chinesische Marke gehört als Tochterunternehmen zum Netzwerkspezialisten Thunder Data, weswegen den dortigen Ingenieuren die zu bearbeitenden Problemfelder wohlbekannt sind. Ihre Expertise haben sie bereits beim Basismodell Bonn N8 bewiesen, mit dem Silent Angel anno 2019 den Markt betrat und das Thema »Audiophile Switch« zum moderaten Kurs von 449 Euro in das Bewusstsein der klanginteressierten Öffentlichkeit rückte. Der jetzt nachgelegte Bonn N8 Pro ist keineswegs bloß eine »aufgebohrte« Version. Vielmehr wurde er auf Grundlage der gesammelten Erkenntnisse mit dem Bonn N8 komplett neu entwickelt. Die Pro-Type ist ab 1.099 Euro in zwei Varianten erhältlich: ohne und mit separatem Word-Clock-Input, der mit 300 Euro Aufpreis zu Buche schlägt und durch den Zusatz »CLK« gekennzeichnet ist. Damit liegt man zwar deutlich über der etablierten Standard-Lösung, erreicht aber noch lange nicht die Sphären mancher Wettbewerber, die ein Mehrfaches für einen audiophilen Switch einfordern. Was im Übrigen bestätigt, dass die Relevanz des Themas in einem High-End-Setup zunehmend erkannt und adressiert wird.

Der Bonn N8 Pro befindet sich in einem abschirmenden Metallgehäuse von typischer Komponentenbreite. Das Gewicht ist für einen Switch erheblich, die Wertigkeitsanmutung hoch. Lediglich die aufklebbaren Gummifüße wollen nicht recht zur avisierten Preisklasse passen. Aber zumindest bietet Silent Angel mit den separat erhältlichen S28-Absorberfüßen eine aufwertende Alternative an. Wie schon beim Bonn N8 sind sämtliche Ethernet-Ports intern galvanisch von der Hauptplatine getrennt – somit lässt sich das »Einschleichen« von außerhalb »mitschwingender« Störsignale vermeiden. Da ein Switch die Signale immer »umpackt«, erfolgt automatisch ein Re-Clocking, also eine Neuorganisation im Zeitverlauf. Hier nutzt Silent Angel die Möglichkeit, durch einen hochwertigen Oszillator diesen für Audio-Zwecke essentiell wichtigen Vorgang zu optimieren. Deshalb setzen die fernöstlichen Konstrukteure einen temperaturkompensierten Taktgeber ein, dessen Genauigkeit der eines im »Wald und Wiesen«-Switch verbauten Standardbauteils laut Hersteller um den Faktor 50 überlegen ist. Ein solcher TCXO (Temperature Compensated Crystal Oscillator) arbeitet mit einer Genauigkeit von 0,1 ppm. Dadurch erzeugt er einen durchschnittlichen Zeitfehler von 0,00001 Prozent des avisierten Frequenzwertes. So mindert Silent Angel den Faktor Jitter in erheblichem Maße. Der TCXO des Bonn N8 Pro entspricht dem bewährten Bauteil aus dem Bonn N8, jedoch wird dieser hier über eine unabhängige Schaltung mit Strom gespeist, was das Rauschen weiter minimiert.

Ambitionierte Konstruktion

Der erste Bonn-Switch musste sich noch auf ein externes Steckernetzteil verlassen. Dagegen hat der N8 Pro eine signifikante Aufwertung erfahren. Für dessen Stromversorgung zuständig ist ein intern realisiertes Schaltnetzteil, welches neu konstruiert und aufwendig gestaltet wurde. Es entspricht militärischen Anforderungen und garantiert durch hocheffiziente Gleichspannungswandler und umfangreiche Filterungsmaßnahmen ein viel saubereres Signal. Spezielle EMV-Absorber arbeiten im Bereich von 1 MHz bis 18 GHz und bewirken zusätzliche Rauschunterdrückung. Trotz dieser ambitionierten Konstruktion des Schaltnetzteils ist nicht auszuschließen, dass sich durch ein externes Linearnetzteil die Performance weiter steigern lässt. Deswegen offeriert Silent Angels N8 Pro eine pragmatische Strategie: Durch einen Schalter auf der Rückseite darf die interne Stromversorgung überbrückt werden. Der Hersteller bietet mit dem vielseitigen Linearnetzteil Forester F2 ein entsprechendes Produkt an, welches die passende Versorgung (12V/1A) bereitstellt.

Bei der Pro-Edition des Bonn N8 hat Silent Angel die acht, für optimalen Kontakt jetzt vergoldeten 100/1000 Base-T-Gigabit-Ports weiter als bisher voneinander entfernt platziert, um die Gefahr des Übersprechens zu minimieren. Positiver Nebeneffekt: Auch schwergängige Stecker und Kabel lassen sich leichter handhaben. Apropos Kabel: Selbstredend spielt die Qualität derselben bei einer Audio-Netzwerk-Installation eine relevante Rolle. Verwenden Sie also bitte nicht die vom letzten 1+1-Router übrig gebliebene RJ45-Strippe, sondern investieren Sie mindestens in ein Produkt auf dem gehobenen Niveau eines für Digital-Audio-Zwecke optimierten »Performance Ethernet Graphite« von QED. Je nach Auflösungsvermögen der gesamten Musikanlage kann sich darüber hinaus der Zugewinn durch höchstklassige Ethernet-Kabel wie dem NA5 der japanischen Spezialisten von AIM bemerkbar machen, welche in diesem Test vorrangig Verwendung fanden.

Für den Hörtest habe ich in meinem heimischen Netzwerk nach dem Fritz!Box-Router mit dem D-Link DGS-105 bewusst zuerst einen herkömmlichen Switch aus dem IT-Sortiment eingebunden. Von dort erfolgte der Kontakt mit dem für Musikwiedergabe optimierten Streamer/Transport Silent Angel Munich M1T. Die Files liefen direkt von der externen SSD über den Munich mittels dessen USB-Ausgang über ein QED »Reference«-Kabel in den Wandler Canor DAC 2.10. Bei dem beliebten Audio-Test-Titel »Just A Little Lovin'« (DSD 64) von Shelby Lynne war nichts offensichtlich falsch, fehlend oder überbetont, aber es klang auf seltsame Art steril und uninvolvierend, unruhig und dennoch dynamisch arm, bar jeder Magie. Die Musik wirkte verschlackt und begrenzt, es tönte wie durch eine Glasglocke. Das änderte sich nach dem Austausch des D-Link gegen den Bonn N8 Pro, der sich gemäß der Empfehlung von Silent Angel am ersten LAN-Port mit dem Router verbandelte. Jetzt öffnete sich der vorher so eng wirkende Raum merklich, die Stimme gewann an Persönlichkeit. Hatte ich beim einfachen IT-Switch noch den Eindruck, dass die Instrumente unmotiviert nebeneinanderher spielten, so klang es bei Verwendung des N8 Pro nach einem kommunikativen Miteinander der Musikanten. Die Performance wirkte in sich geschlossener, stimmiger, lebendiger. Interessanterweise stellten sich diese positiven Effekte bereits ein, obwohl in diesem Fall keinerlei Musikdateien via Netzwerk übermittelt wurden – sie gelangten ja direkt vom Transport in den DAC. Der Switch übermittelte lediglich Steuerungsdaten und reduzierte dabei generell vom Router »eingeschleppte« Störgeräusche. Mit hörbarem Erfolg.

Als danach über meinen Roon Rock-Server von dessen externen USB-Speicher auch die Audio-Files über das Netzwerk an den Munich M1T als Roon-Endpoint gesendet wurden, steigerte sich der Zugewinn an Klangqualität durch den audiophilen Switch weiter. Wieder das gleiche Muster, aber noch eindeutiger in der Ausprägung: Während es mit dem schlichten D-Link müde, flach, eindimensional tönte, erstrahlte das Klangbild nach Einbindung des Bonn N8 Pro regelrecht. Dreidimensionalität und Holographie nahmen spürbar zu. Die Stimme von Gregory Porter aus dem CD-Rip des Albums »Liquid Spirit« hatte mehr Authentizität und somit Überzeugungskraft, die instrumentale Begleitung wirkte stimmiger und zackiger. Über den audiophilen Netzwerk-Switch definierte sich nicht nur der Bass ausgeprägter, auch andere Frequenzbereiche profitierten von der gesteigerten Konturenschärfe. Die feinsilbrige Schlagzeugarbeit auf Hi-Hat und Snare im Reggae-Track »Last Night« von Arooj Aftab kam erst jetzt angemessen zur Geltung. Deren Album »Vulture Prince« (FLAC 24/96) wurde komplett aus der Cloud via Qobuz gestreamt, sodass auch in diesem Anwendungsfall – vielleicht sogar noch mehr als bei allen anderen – der Zugewinn an Qualität durch den Bonn N8 Pro eindeutig zum Tragen kam.

Option Re-Clocking

Weil mir die CLK-Version des Bonn N8 Pro mit zusätzlichem Wordclock-Eingang vorlag, konnte ich dem Network-Switch danach durch meine 10-MHz-Master Clock- REF10 von Mutec einen zentralen Referenztakt liefern. Hierzu bedurfte es eines speziellen BNC/BNC-Kabels mit 50 Ohm Wellenwiderstand, was im HiFi-Bereich eher ungebräuchlich ist, aber im professionellen Studio-Bedarf gängig. So fiel via Musikalienhandel die Wahl pragmatisch auf ein Produkt aus dem Hause Sommer Cable. Als der derart eingebundene Mutec REF10 die Oberherrschaft über die zeitgerechte Verarbeitung aller Audio-Daten übernahm, indem er gleichermaßen die ausgehenden Signale vom Munich M1T via Mutec MC3+USB-Interface neu taktete, war ein erneuter Qualitätssprung zu diagnostizieren. Der Effekt erinnerte mich an das lange zurückliegende Erlebnis, wenn im Kino nach dem Vorfilm für den Hollywood-Blockbuster die Vorhänge noch weiter nach außen gezogen wurden, um Platz zu machen für das »ganz große Bild«. Mit dem externen Re-Clocking öffnete sich die Bühne noch einmal in alle Richtungen, die Hintergründe schwärzten tiefer denn je ein, letzte Schlacken waren Geschichte, alle musikalischen Beiträge standen frei und klar abgezirkelt im Raum. Zudem wirkte es, als ob jemand noch einmal kräftig am Kontrast-Regler gedreht hätte.

Erfahrungsgemäß zeigt sich der Einfluss einer Komponente am besten, wenn man nach Wochen im Gebrauch wieder auf das Ursprungs-Setting rückbaut. Also ersetzte der handelsübliche IT-Switch noch einmal den Silent Angel – und ich darf Ihnen sagen, das war keine Freude. Das Klangbild zog sich zusammen, verwischte, verlor an Leben und Farbe. Alle Magie war perdu. Wer einmal von dieser Frucht des deutlich Besseren genossen hat, der will nicht wieder zurück. Deswegen verbleibt der Bonn N8 Pro CLK permanent in meinem System.

Ausstattung

Hersteller:   Silent Angel

Vertrieb:   IAD GmbH, Korschenbroisch

Modell:   Bonn N8 Pro CLK

Kategorie:
   Network-Switch

Preis:   1.399 Euro (1.099 Euro ohne Wordclock-Input)

Garantie:   3 Jahre Garantie (bei Registrierung)

Anschlüsse:

  • 8 x RJ 45 Ethernet
  • 1 x 12 VDC Eingang extern
  • 1 x Word-Clock (N8 Pro CLK)


Ausführung:   Schwarz

Abmessungen (B x H x T): 
  441 x 52 x 175 mm

Gewicht:  
2,6 kg

Kontakt

Silent Angel
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Straße 11
41352 Korschenbroich

Internet:   https://www.iad-audio.de/

E-Mail:   info@iad-audio.de

Tel.:   08 00 / 2 34 50 07

Testergebnis

Der Switch der Netzwerkspezialisten von Silent Angel löst ein Problem, von dem nicht jeder zeitgenössische HiFi-Konsument wusste, dass er es hat. Doch er hat. An der kritischen Stelle am Anfang des Übertragungsweges von Digital-Audio-Daten direkt nach dem Router sorgt der Bonn N8 Pro CLK dafür, dass diese Informationen am Ende in bestmöglich störungsfreier und Jitter-minimierter Qualität am DAC landen. So kann dieser optimal seiner eigentlichen Wandlungs-Aufgabe nachgehen, statt sich erst um Korrektur- oder Interpretationsarbeiten der gelieferten Daten kümmern zu müssen. Jener die Signale bereinigende und neu sortierende positive Einfluss dieses audiophilen Netzwerk-Switches im Vergleich zur gewöhnlichen IT-Lösung von der Stange ist klanglich eindeutig wahrzunehmen. Dennoch gilt es, die Relationen zu bewahren: In preiswerten Musikanlagen dürfte das hierfür nötige Investment anderenorts zielführender eingesetzt werden. Aber sobald das heimische Audio-System die Schwelle oberhalb der 5.000-Euro-Marke überschritten und ein hohes Niveau an Transparenz, Dynamik und Bühnenabbildung erreicht hat, wäre es fahrlässig, dieses Thema zu ignorieren. Zumal dieser beste Silent-Angel-Switch durch Finetuning-Optionen wie externes Re-Clocking und Stromversorgung interessante Wege bietet, die Qualität sukzessive noch zu steigern. Aber auch in seinem »Ist-Zustand« stellt der Bonn N8 Pro CLK eine essentielle Bereicherung jedes anspruchsvollen Digital-Audio-Setups dar.   André Schwerdt

Silent Angel Bonn N8 Pro CLK
Preis: ab 1.099 Euro
Garantie: 3 Jahre
sehr gut
überragend
sehr gut
sehr gut

TEST

Audiophiles:
Silent Angel Bonn N8 Pro CLK
Autor:
André Schwerdt
Datum:
09.08.2022
Hersteller:
Silent Angel