Götterfunken

Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Es war der 14. Februar 2017, als die Reference 5 den i-fidelity.net-Referenz-Thron bestiegen hat. Noch gut erinnern wir uns an unsere damalige Diskussion, ob man einen in allen Belangen Maßstäbe setzenden Lautsprecher wie das 5er-Modell von KEFs Top-Serie noch einmal spürbar auf ein höheres klangliches Niveau hieven könnte. Fünf Jahre später steht nun die brandneue Reference 5 Meta im Hörraum. Auf den ersten Blick fallen äußerlich kaum Unterschiede zur Vorgängerin auf. Dafür hat sich in puncto Technik eine Menge getan. Dennoch bleiben wir skeptisch, ob es die Neue tatsächlich mit einem Traum-Lautsprecher wie der Reference 5 aufnehmen kann.

Am 5. September 1961 wurde die KEF Electronics Ltd. von Raymond Cooke, John Balls und Bob Pearch gegründet. Von Beginn an spielte die Messtechnik eine große Rolle bei der Lautsprecher-Entwicklung. Zwar behielten die Ohren ihre Entscheidungsgewalt, aber für die Erklärung des Gehörten mussten Messungen den Beweis liefern. Schon zu Beginn der 70er-Jahre hat KEF am Firmensitz im britischen Maidstone in erheblichem Umfang in Digitaltechnologien investiert, um zum Beispiel Fourier-Analysen und akustische Messungen durchzuführen und diese auch speichern zu können. Zum einen sollten die Anforderungen der BBC erfüllt werden, es galt aber auch, die wachsende Zahl audiophiler Hörer zu Hause zufriedenzustellen. Dieser enorme Entwicklungsaufwand sollte sich auch im Seriennamen der neuen Lautsprecher wiederfinden: Es war der letzte Schritt in der Fertigung, bei dem die Lautsprecher mit dem »laboratory maintained reference standard« abgeglichen werden, der 1973 als Namensgeber für die neue »KEF Reference«-Serie diente.

Akustisches Herzstück vieler KEF-Schallwandler ist ein Chassis namens UNI-Q. Die Formulierung »ein Chassis« ist allerdings nicht korrekt, denn es handelt sich um einen Mitteltöner, in dessen Zentrum eine Hochtonkalotte sitzt. Diese Konstruktion erzeugt eine sogenannte Punktschallquelle, die für eine in jeder Hinsicht überragende räumliche Abbildung sorgen soll. Eigentlich müssten viel mehr Hersteller auf dieses Konzept setzen, doch in den meisten Fällen scheitert dies an der Umsetzung. KEF hat in den vergangenen drei Jahrzehnten etwa fünfzig verschiedene UNI-Q-Treiber entwickelt und besitzt demzufolge die notwendige Erfahrung. In der neuen Reference 5 Meta kommt bereits die 12. Generation zum Einsatz, und die hat es wirklich in sich.

So physikalisch gelungen die Konstruktion eines UNI-Q-Chassis auf dem Papier und in Computersimulationen auch sein kann, so schwierig bleibt die Umsetzung in ein funktionierendes Produkt. Machen wir uns das mit ein paar Beispielen klar: Der Hochtöner hat mit dem ihn umgebenden Mitteltöner eine Art Hornvorsatz, der bei Betrieb natürlich nicht starr ist, sondern sich bewegt und damit ein sich kontinuierlich veränderndes Abstrahlverhalten des Hochtöners mit sich bringt. Hinzu kommt, dass die Energie des Mitteltöners, die ja auch ins Inneres des Lautsprechers abgestrahlt und dort reflektiert wird, den Hochtöner bei seiner Arbeit beeinträchtigen kann. Und schließlich gibt es zwischen der Membran des Mitteltöners und dem Hochtöner einen spaltbreiten, von außen kaum sichtbaren Schlitz, der für Verzerrungen sorgen kann. KEF löst all diese Herausforderungen mit Bravour.

Natürlich kann man diesen Spalt nicht einfach mit Dämm-Material füllen, schließlich muss sich der Antrieb des Mitteltöners bewegen können. KEF hat diese Aufgabe gemeistert, indem hinter dem Spalt ein Hohlraum geschaffen und in diesem eine akustische Dämpfung untergebracht wurde, mit deren Hilfe das Resonanzniveau deutlich verringert werden konnte. Dies soll bei der Wiedergabe zu größerem Detailreichtum führen. Bahnbrechend ist nun das neue, sogenannte Meta-Absorptionsmaterial, das erstmals in den Modellen LS 50 Meta und LS 50 Wireless II zum Einsatz kam. Es sorgt dafür, dass die vom Hochtöner ins Innere abgestrahlte Energie in Wärme umgewandelt wird – die von der Aluminiumkalotte erzeugten Schallwellen verschwinden so nahezu vollständig. Damit schwingt die Hochtonmembran frei von ihren selbst erzeugten Störwellen.

Wie funktioniert das Meta-Material?

Eine labyrinthartig aufgebaute, gut einen Zentimeter starke Scheibe ist hinter dem Hochtöner montiert. Im Inneren finden sich dreißig unterschiedlich lange Kanäle, die als Viertelwellenresonator fungieren. Jedes dieser rohrartigen Gebilde ist auf ein schmales Frequenzband getrimmt, das vollständig absorbiert wird. Wirksam wird die »Metamaterial Absorption Technology«, kurz MAT, bereits ab 620 Hertz. Vom daraus resultierenden substanziellen klanglichen Zugewinn konnte sich i-fidelity.net bereits bei den Hörtests der LS 50 Meta überzeugen. Doch allein mit dem Einsatz des MAT-Resonators war es nicht getan: Nach dessen Montage machten sich tonale Verfärbungen bemerkbar, verursacht durch minimale Bewegungen des »Tangerine Waveguides«, also der Schallführung des Hochtöners. KEF löste dieses Problem mit einer zusätzlichen Verstärkung der für Stabilität sorgenden Stützen. Sagen wir es in aller Deutlichkeit: Es gibt nur wenige Lautsprecherhersteller, die derart akribisch arbeiten und entwickeln wie KEF.

Das Äußere der Reference 5 Meta ist fraglos beeindruckend. Von den sechzig Kilogramm Gewicht sieht man der schlanken Erscheinung dank der nur 20,5 Zentimeter breiten Schallwand nichts an. Neben den Gehäuseausführungen Hochglanz Schwarz, Hochglanz Weiß und Walnuss bietet KEF auch das Uni-Q-Chassis in unterschiedlichen Farbvarianten an. So hat man die Möglichkeit, optisch einen Kontrapunkt zu setzen. Auf der Rückseite finden sich neben dem Bi-Wiring-Anschlussfeld die beiden Bassreflex-Öffnungen der Dreiwege-Konstruktion. Zum Lieferumfang gehören zwei unterschiedlich lange Röhren, mit deren Hilfe die Basswiedergabe beeinflussbar ist. Damit lässt sich die Reference 5 Meta an unterschiedliche Räume anpassen, was übrigens kein Hexenwerk ist. Hilfreich hierfür sind Aufnahmen, die beispielsweise Kontrabass oder Orgel enthalten, dann ist die korrekte Ausführung schnell gefunden.

Fundamentale Grundlage

Das Uni-Q-Chassis kommt in der kompakten LS 50 Meta ohne weitere Unterstützung im Tiefton aus. Das ist bei der Reference 5 Meta anders, denn unter 450 Hertz teilen sich vier 16,5-Zentimeter-Chassis die Übertragung des Bassbereichs. Bestückt sind sie mit einer sehr leichten und dennoch steifen Membran aus Aluminium, aus diesem Material besteht auch die Schwingspule. Der starke Magnetantrieb ist auf niedrigstes Verzerrungsniveau getrimmt. Zwei der Chassis sitzen im Rahmen einer erweiterten D'Appolito-Anordnung über dem zentral angeordneten UNI-Q-Chassis und zwei darunter. Das technische Versprechen sollte sich in superben räumlichen Abbildungsqualitäten spiegeln.

Sorgfalt bei der Aufstellung und Auswahl passender Komponenten sind bei einer KEF Reference 5 Meta obligatorisch. Ob eine Bi-Wiring-Verkabelung Sinn macht, verraten kurze Hörtests. In unserem Hörraum haben wir uns für diese Variante mit dem HMS Suprema entschieden. Mit Verstärker-Elektronik des slowakischen Herstellers Canor und analogen Quellgeräten von Transrotor sowie D/A-Wandlern von Lehmannaudio und Marantz stand eine spielfreudige Kette zur Verfügung. Mit kleinen Änderungen an der Aufstellung, dem ein oder anderen Kabeltausch und der notwendigen Einspielzeit haben wir gute 14 Tage verbracht. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, offenbaren aber wie immer die ausführlichen Hörtests.

Zugegeben, der Start mit der Reference 5 Meta war irritierend. Schließlich ist sie ihrer Vorgängerin quasi wie aus dem Gesicht geschnitten, aber in puncto Leistung liefert sie ein deutlich erweitertes Spektrum ab – und das bedarf der Gewöhnung, denn wie eingangs erwähnt, hatte die Vorgängerin bereits keine Wünsche offen gelassen. Doch schon die ersten Takte des Ray-Brown-Titels »Tangerine« offenbaren, dass die Meta-Ausführung Details noch klarer abbildet und sogar gänzlich neue aufdeckt. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Instrumente klarer voneinander getrennt sind. Dabei gewinnen sie auch an Natürlichkeit hinzu. Außerdem ist nichts außer Musik zu hören, diese Klarheit bis in die Tiefe des Raumes haben wir so noch nicht vernommen.

Vielen ist John Williams als Komponist der Filmmusiken von »Star Wars«, »Jurassic Park« und »Indiana Jones« bekannt, die freilich nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gewaltigen Werk des inzwischen 90 Jahre alten Amerikaners darstellen. Doch statt sich zur Ruhe zu setzen, gibt es aktuell eine Reihe von Live-Einspielungen, bei denen der Meister höchstselbst den Taktstock geschwungen hat. Wer sich dann »Adventures On Earth« anhört, wird feststellen, dass viele Lautsprecher bereits mit der Dynamik und der Wucht des Orchesters Schwierigkeiten bekommen. Da gibt es von Verzerrungen über Dröhnen bis zu verschmierten Instrumenten immer wieder mal böse Überraschungen. Die Reference 5 Meta lädt hingegen alle Bläser zum Mitspielen ein, die dann über die volle Stereobreite strahlen. Gleichzeitig gelingt das Auf-die-Pauke-hauen wie bei kaum einem anderen Schallwandler, denn da ist zum einen Wucht und zum anderen Präzision vorhanden – meist gibt es an dieser Stelle nur ein entweder-oder.

Selbst überzogene Tieftonorgien, wie sie beispielsweise auf »Starboy« von The Weeknd und Daft Punk zu finden sind, bringen die Reference 5 Meta auch bei hohen Pegeln nicht einmal an die Grenze der Belastbarkeit. Im Gegenteil überzeugt auch hier das aus insgesamt acht Chassis zusammengesetzte Bassfundament. Von Natürlichkeit in Bezug auf die Stimme kann bei diesem Stück indes nicht die Rede sein, da sie in mehrfacher Hinsicht bei der Aufnahme manipuliert worden ist. Was aber tadellos funktioniert, ist ihre perfekte Abbildung, welche die Lautsprecher gehört außen vorlässt. Ganz anders tönt die breite Stereobühne, wenn die Reference 5 Meta Jacintha den Boden für »The Boulevard Of Broken Dreams« bereitet, denn der natürlich erzeugte Bass geht tiefer als der elektronische des vorherigen Stücks. Die Stimme ist in ihrem Realismus durchaus dem ähnlich, was die Vorgängerin Reference 5 bereits in Perfektion beherrschte. Die Meta-Ausführung bietet aber (und das ist ein deutliches aber) mehr Details und Nuancen und sorgt damit für eine neue Dimension bei der Durchhörbarkeit. Seltsam mutet lediglich an, dass all diese Dinge schon immer auf der exzellenten Einspielung vorhanden gewesen sein müssen, jetzt aber erstmals in dieser Deutlichkeit zu hören sind.

Für die Reference 5 Meta braucht es kein »passendes« Musikmaterial, damit sie ihre Stärken ausspielen kann. So bringt sie den »Diamant« von Rammstein zum Glänzen und zeigt Till Lindemanns Stimme gänzlich unverfälscht. Darf sie als PA-System für Armin van Buurens »A State Of Trance Year Mix 2021« fungieren, dann dürften die Plastizität, die Energie und die Dynamik für viele Hörer nicht weniger als gänzlich neue Maßstäbe setzen. Bei dieser Musik kam das ein oder andere Mal die Frage auf, wie viele Subwoofer das Set-up wohl unterstützen. »Kein einziger« entsprach nicht der erwarteten Antwort. Auch ein Mark Knopfler, dem die ursprüngliche Reference 5 schon den akustisch roten Teppich ausgerollt hat, gewinnt in der Meta-Ausführung eine teils spektakuläre Saitenbearbeitung hinzu, bei der wirklich jede Kleinigkeit hörbar wird. Die Musik insgesamt profitiert von einem Flow-Effekt, der die Hörer vollumfänglich ins Geschehen einbindet.

Da sind die Götterfunken

Wenn John Eliot Gardiner am Pult des von ihm ins Leben gerufenen Orchestre Révolutionnaire et Romantique steht und Beethovens 9. Symphonie dirigiert, dann ist der »Traum-Lautsprecher«-Status der Reference 5 Meta von der ersten Note an klar hörbar. Überhaupt liefert die gebotene Performance alle Argumente, warum Lautsprecher in dieser Preisklasse ihre Existenzberechtigung haben. Es macht ja schließlich auch einen Unterschied, ob Beethovens Neunte von einem Hobbyorchester aus der Provinz oder einem professionellen Klangkörper von Weltruf interpretiert wird. Es sind die gleichen Noten, die gespielt werden, und dennoch entsteht ein klanglicher, ein emotionaler Unterschied, der größer nicht sein kann. Und so erleben wir es auch mit der Reference 5 Meta: Zunächst überwältigt einen die majestätische Größe der Abbildung der Instrumente – kommt dann der Chor hinzu, wächst die neue KEF sogar in drei Dimensionen noch einmal. Näher kann man einem Live-Erlebnis wohl kaum kommen.

Laborbericht


Lautsprecher KEF Reference 5 Meta

Impedanzminimum:   3,0 Ohm @ 81 Hz

Nennimpedanz (± 20% Toleranz):   3 Ohm

Empfindlichkeit:   90 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

Ausstattung

Hersteller:   KEF, Maidstone, England

Vertrieb:   GP Acoustics, Essen

Modell:   Reference 5 Meta

Kategorie:   High-End-Standlautsprecher

Paarpreis:   20.000 Euro

Garantie:   5 Jahre (Registrierung möglich, Kunde bekommt dann KEF-Begrüßungspaket)

Konstruktion: 
  Drei-Wege-Bassreflex

Bestückung:   

  • 4 x 16,5-cm-Tieftonchassis
  • Uni-Q (Gen. 12) bestehend aus: 1 x 12,5-cm-Mitteltöner und montiert in dessen Zentrum 1 x 25-mm-Aluminiumhochtöner


Übergangsfrequenzen:   450 Hz, 2.100 Hz

Terminal:   Bi-Wiring/Bi-Amping

Besonderheiten: 
  Über unterschiedliche Bassreflexrohre Anpassung an den Raum, keine üblichen Terminalbrücken, von oben justierbare Spikes, Spikeschuhe im Lieferumfang, Frontblenden als Zubehör erhältlich.

Ausführungen Korpus / Uni-Q-Chassis:

  • Walnuss / Silber
  • Hochglanz-Weiß / Blau
  • Hochglanz-Weiß / Champagner
  • Hochglanz-Schwarz / Grau
  • Hochglanz-Schwarz / Kupfer


Abmessungen (B x H x T):   32,3 x 140,2 x 46,7 cm

Gewicht:   60,2 kg

Kontakt

GP Acoustics GmbH
Nordhofstraße 2
45127 Essen


Internet:   https://de.kef.com/

E-Mail:   sales(at)gpaeu.com

Facebook:   https://www.facebook.com/KEFDeutschland

Telefon:   0201 / 1 70 39 - 0

 

Testergebnis

Kann KEF die Reference 5 tatsächlich klanglich verbessern? Im Vorfeld überwog die Skepsis. Nachdem die neue Meta-Ausführung allerdings ihre Auftritte im Hörraum absolviert hat, sind sämtliche Vorbehalte verschwunden und durch nachhaltiges Erstaunen ersetzt. Von natürlichen Klangfarben, denen nicht auch nur die geringste Verfärbung anhaftet, über das breite dynamische Spektrum, das keinerlei Limitierungen zu kennen scheint, bis zur einer Dreidimensionalität, die ihresgleichen sucht, ist bei der Reference 5 Meta alles vorhanden. Dass sie picobello verarbeitet ist, in attraktiven Ausführungen – wo sonst kann man die Farbe eines Chassis wählen? – zu bekommen ist und sich zu guter Letzt auch noch akustisch im Tiefton an unterschiedliche Räume anpassen lässt, sorgen in Summe dafür, dass die KEF Reference 5 Meta ihrer Vorgängerin den i-fidelity.net-Referenz-Status ganz souverän abnimmt.   Olaf Sturm

KEF Reference 5 Meta
Paarpreis: 20.000 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
sehr gut
überragend
sehr gut
überragend

TEST

Lautsprecher:
KEF Reference 5 Meta
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
12.07.2022
Hersteller:
KEF