Klang wird Form

With the Diamond series, Vincent is launching a special edition of the premium SA-T7MK preamplifier, which was only revised last year and has an excellent sound. Why are they doing this?

Wenn die Form der Funktion folgt, muss das Ergebnis nicht nüchtern aussehen. Im Gegenteil, die schlechthin rationale Design-Maxime vermag Ikonen hervorzubringen, die heiß, ja mitunter kultisch verehrt werden. Zu den großen Ikonen des High End gehören ohne Frage die Lautsprecher von Bowers & Wilkins: In der Schnecke der Ur-Nautilus und in den abgeleiteten Formen nahm eine handwerklich hochgerüstete und technisch von Grund auf fundierte Klangphilosophie auch optisch Gestalt an. Es waren vor allem die großen Lautsprecher, die sich ins visuelle Gedächtnis der Audiophilen eingebrannt hatten. Der von der Tieftoneinheit abgesetzte und weit nach hinten ausgezogene Tropfen der Marlan-Mitteltoneinheit, darüber die Röhre mit dem Hochtöner – das sah gut, prägnant und so individuell wie kaum ein zweiter Lautsprecher aus. Ähnliche Wiedererkennungseffekte und vergleichbare Affekte lösten weltweit allenfalls noch die »blauen Augen« eines McIntosh-Amps aus.

Dabei war das aparte Äußere der B&Ws in erster Linie technisch begründet. Auf die inneren Werte kam es den Entwicklern an. Es diente dem störungsfreien Klang, Hoch-, Mittel- und Tieftoneinheit auf getrennte und – zur Vermeidung von stehenden Wellen – gerundete Gehäuse zu verteilen. Schon die Schreinerarbeit war ein Kunststück, das ein wichtiges Feature gar nicht mal dem Blick preisgab: Eine aufwendige, »Matrix« genannte Innenverstrebung soll bis heute jede noch verbleibende Resonanz austreiben. Das alles dient, wie gesagt, vornehmlich dem Klang, aber es machte auch optisch etwas her. Und wer wollte das attraktive Äußere nicht gerne in Kauf nehmen! Ehrlicher konnte eine Marke kaum Kultwert erlangen als seinerzeit die Nautilus.

Der nächste Evolutionssprung erfolgte zu Beginn der 2000er-Jahre. B&W verpasste den größten ihrer jetzt nicht mehr eigens so benannten Nautili einen Diamanthochtöner, und das zu einem damals unschlagbaren Preis. Ich selber habe den Wechsel von der Nautilus 802 mit ihrer Aluminiumhochtoneinheit zur 802D miterlebt und als einen immensen Fortschritt empfunden. So klar, strahlend und natürlich erlebte man bis dato selten einen Tweeter. Ein neues Faszinosum, das bald zum neuen Markenzeichen werden und allmählich auch Eingang in die Modelle der Folgeserien finden sollte. Dann kam das Jahr 2016. Jetzt wurde die Königsklasse generalüberholt, technisch, im Material und auch optisch. Der Diamant funkelte natürlich auch in der »D3« genannten Serie, aber sonst war fast alles neu bedacht und verändert worden. Selbst die gelbe Kevlarmembran der sickenlosen Mitteltoneinheit, die das ikonische Äußere doch maßgeblich mitgeprägt hatte und in der Folge viel imitiert wurde, selbst sie musste weichen. An ihre Stelle trat ein neuer Werkstoff, in zurückhaltendem Silbergrau und »Continuum« genannt.

Jetzt, wiederum fünf Jahre später, sorgt die vierte Generation für das gebührende Aufsehen. B&W lädt in einer Youtube-Liveschalte zu einem zünftigen Event ein: Am heiligen Ort, in den Abbey Road Studies, stellt man die D4-Serie einem ausgesuchten Publikum vor. Das war im September letzten Jahres. Bald wurden die ersten Testexemplare verschickt und alle hörten neugierig hin, wie die D4-Serie die Innovationen ihrer Vorgängermodelle behutsam und in vielen Details weiterentwickelt hatte. Da ich seit Langem mit der 802D höre, habe auch ich mich erwartungsfroh angestellt. Auch ich brannte zu hören, wohin sich B&W inzwischen bewegt hatte. Durch jüngere Hörerlebnisse belehrt und bereichert, hatte ich mittlerweile auch an Kompaktlautsprechern Geschmack gefunden und war daher besonders gespannt, eine 805 zu hören. Meine Bitte fand Gehör, Olaf Sturm und B&W sei Dank! Jetzt steht sie da und füllt den gut 40 Quadratmeter umfassenden, also eher für Standlautsprecher prädestinierten Hörraum ohne Mühe.

Klug berechnet

Während sich die in attraktiven schwarzen Klavierlack gekleideten Jung-Ikonen noch aufwärmen, vergegenwärtige ich mir die Neuerungen. Nach der Generation D3, der Umwälzung, jetzt also die Feinabstimmung! Die 25-Millimeter-Diamant-Kalotte steckt nach wie vor in der markanten Röhre. Dass die jetzt länger ausfällt, gut 30 Zentimeter, soll das Resonanzverhalten noch einmal verbessern. Unerwünschte Schwingungen mögen sich gefälligst totlaufen, das war schon immer B&Ws Gehäuse-Idee, und sie wird hier konsequent weiterentwickelt. Statt zuvor drei besorgen jetzt nur noch zwei N52-Neodym-Magnete den Antrieb. Das soll die edle Kohlenstoffmembran freier atmen lassen: Weniger Magnetvolumen, weniger Kompression in der Röhre, so schlicht und überzeugend sieht die Rechnung aus. Mit diesem Ziel im Auge hat man auch die Schwingspule durch weitere Belüftungslöcher »atmungsaktiver« gestaltet. Der Tweeter übernimmt, wie man das von B&W kennt, erst bei 4 Kilohertz; die als Filter erster Ordnung ausgelegte Frequenzweiche blendet ihn sachte mit einer Flankensteilheit von 6 Dezibel je Oktave ein. In ihr arbeiten wieder edle Mundorf-Kondensatoren mit speziell behandelten und nur von B&W verwendeten Anschlussdrähten. Weil man den Widerstand direkt auf dem Alu-Profil verschraubt, ist jetzt kein externer Kühlkörper mehr erforderlich. Die Frequenzweiche sitzt übrigens in einem eigenen Gehäusebereich, der sie für Störungen weniger empfänglich macht.

Der von Ferritmagneten angetriebene und 165 Millimeter durchmessende Tiefmitteltöner muss natürlich größere Hübe bewältigen als die ganz auf den Mittelton spezialisierte Einheit der großen Modelle. Er verfügt daher nicht über deren »biomimetisch« genannte Aufhängung, die dort die herkömmliche Zentrierspinne ersetzt. Der Chassis-Korb aus Aluminium wurde übernommen, verbessert aber hat man den jetzt aus Fiberglas gefertigten Schwingspulenträger.

Nachdrücklich betont man die am Gehäuse vorgenommenen Verbesserungen. Auch hier geht es darum, sowohl das Abstrahlverhalten zu optimieren als auch Resonanzen weiter zu minimieren. Für Ersteres sorgt die Rundung der Schallfront. Sie wirkt nicht nur elegant, sie vermindert auch die Oberfläche und damit die Interventionen des Gehäuses. Letzterem gelten gleich mehrere Maßnahmen: Bestand die Matrix-Innenverstrebung zuvor aus MDF, so setzt man jetzt 18 Millimeter dickes Sperrholz ein. Auf der Oberseite verbirgt der edle Lederbezug eine Deckelplatte aus Aluminium. Dieser deutlich schwingungsärmere Werkstoff war ja eines der vielen neuen Features der D3-Serie, und er findet sich jetzt auch in der 805 D4 wieder: An der Alu-Gehäuseplatte hinter der Schallwand ist der Tiefmitteltöner direkt befestigt. Man kann sichergehen, dass B&W in puncto Resonanzvermeidung das derzeit Mögliche getan hat. Ich habe das zwar nicht so intensiv überprüft wie der Kollege von der Stereophile, der das Gehäuse der von ihm getesteten 804 D4 im laufenden Betrieb mit einem Stethoskop abgehört hatte und keine kritischen Stellen ermitteln konnte. Mir genügte vorerst der Knöchelklopftest, und auch bei dem blieb alles ruhig.

Felsenfest verankert

Natürlich gehört die 805 nicht ins Regal, zumal sie mit gut 16 Kilogramm nicht zu den Leichtgewichten unter den Kompakten zählt. Die 1.400 Euro Mehrkosten für die ihr zugedachten Standfüße sollte man nicht scheuen, erhält man doch eine Basis mit einem massiven und schweren Sockel. Wenn er die M12-Edelstahlspikes mit Kontermuttern aufgenommen hat, steht er felsenfest und 26 Kilo schwer da. Wer das Standbein zusätzlich mit Sand befüllt, erhält ein mechanisch völlig beruhigtes Fundament. Zuvor hatte ich die Aufstellung noch mit den bodenschonenden Kunststofffüßchen feinjustiert. Knapp 80 Zentimeter von der Wand abgerückt, mit einer Basisbreite von 2,20 Metern stellt sich bei mir die beste Balance zwischen Tieftonabstimmung und Raumabbildung ein. Dabei winkle ich die Lautsprecher nach einigem Experimentieren nur minimal ein. Eine nahezu parallele Ausrichtung, die die Tweeterachsen sich erst weit hinter dem Hörplatz kreuzen lässt, zähmt die Hochtonenergien und ergibt, zumindest bei mir, den idealen Kompromiss zwischen Bühnenausdehnung und Konturenschärfe.


Die doppelt vorhandenen Kupferanschlussklemmen kontaktieren Spades wie Bananas gleichermaßen gut. Wer die Boxen nicht im Bi-Wiring-Modus ansteuern will, kann die mitgelieferten Kabelbrücken von guter Qualität verwenden. Trotzdem tausche ich sie gegen Nordost-Jumper aus, die das Klangbild deutlich farbiger und auch taktiler gestalten und die so ganz auf der Höhe meiner famosen Stockfisch-Lautsprecherkabel spielen. Kräftige Verstärker scheinen mir auch bei dieser B&W von Vorteil. Insbesondere sollten weder die Elektronik noch die Verkabelung allzu analytisch ausgerichtet sein. Dann könnte es nämlich passieren, dass Ihnen die 805 zu hell abgestimmt erscheint. Davon kann bei mir aber nicht die Rede sein. PS Audios M1200-Endstufen, die kräftigsten Feingeister, die ich bislang hören durfte, stellen eine nahezu ideale Balance zwischen Sonorität und Transparenz her. Wie aber klingt sie nun, die neue 805 D4? Sie bedarf der Einspielzeit, keine Frage. Meine Testexemplare haben sich immerhin schon nach einigen Tagen merklich gelockert und ins tonale Gleichgewicht gebracht.

Eine gute Kompakte lässt den Wunsch nach mehr Bass gar nicht erst aufkommen. Sie mag es an der Wucht einer Standbox mitunter vermissen lassen, musiziert tonal häufig aber stimmiger. Nicht nur, dass die 805 den Tief- und Grundtonbereich proportioniert und präzise abbildet. Vor allem löst sich ihr Klangbild geradezu ideal von den Wandlergehäusen. Es erstreckt sich zwar nicht sehr weit in die Höhe, dehnt sich aber ideal in Bühnentiefe und -breite aus. In puncto Räumlichkeit hatten B&W-Lautsprecher ja immer schon exzelliert. Wie kaum andere ihrer Gattung schienen sich gerade die großen Modelle ganz aus dem Klangbild zurückzuziehen. Eine Kompakte musiziert in dieser Disziplin schon von Natur aus noch glaubwürdiger. Und so verschwindet die 805 auf ideale Weise hinter der Musik. Keine ganz neue Erfahrung, gewiss, aber immer wieder faszinierend.

Tonal hat sich jetzt einiges getan. Zwar habe ich mit der 802D lediglich eine Referenz aus der vorvorvergangenen Generation, kann also nicht mit dem unmittelbaren Vorläufer und noch nicht einmal innerhalb der gleichen Gattung, nämlich zwischen den Kompakten, vergleichen. Aufschlussreich ist der Kontrast dennoch. Er fällt, wenig überraschend, groß aus: Die 805 lässt es an Kraft nicht vermissen, aber sie musiziert immer feinzeichnend, luftig und aufgelöst. Frühere B&Ws hatten die Bühne oft noch vor die Lautsprecherebene projiziert, sie also tendenziell nah an den Hörer herangerückt. Dafür war wohl die Kevlar-Mitteltoneinheit maßgeblich mitverantwortlich, und das war und bleibt faszinierend, weil unglaublich involvierend. Mich hat diese geradezu haptische Dreidimensionalität immer begeistert. Es gibt aber Hörer, denen das im Doppelsinn zu präsent erschien, es rückte ihnen tonal und auch räumlich zu sehr auf den Leib. Die neueste Generation erscheint mir da ein ganzes Stück zurückhaltender. Noch mehr Neutralität auch in den immer zu Recht gerühmten Mitten zu erzielen, das war wohl das erklärte Ziel der Entwickler, und das scheint mir insbesondere durch die Continuum-Membran des Tiefmitteltöners gelungen zu sein.

Vermag der Lautsprecher zu swingen?

Ich höre Debussys »Préludes« in der kongenialen Interpretation von Krystian Zimerman (Deutsche Grammophon). Die höchst sensibel und lichtstark aufgenommene CD kann in manchen Konstellationen etwas hell wirken. Hier besitzt der Klavierton Substanz und schwingt natürlich aus. Alle Obertöne und Schwebungen werden in atmosphärischer Weite abgebildet. In gut aufgenommenen Opern-Einspielungen, so in Richard Strauss' »Frau ohne Schatten« unter Giuseppe Sinopoli (Teldec), stehen die Sänger in realistischer Größe und stimmig mit dem Orchester proportioniert auf einer natürlichen Bühne. Neeme Järvis Göteborger Sibelius-Aufnahmen (BIS) waren schon in den 1980er-Jahren wahre Muster an dynamischer und tonaler Natürlichkeit und sind es bis heute geblieben. Mit der 805 tragen die Streicher fein und seidig auf, erstreckt sich das Orchester weit in Breite und Tiefe. Vermag der Lautsprecher zu swingen? Und ob! Oscar Peterson darf es beweisen. Der alte Dauerbrenner »We Get Requests« verfehlt auch hier seine Wirkung nicht, und die 805 geben mir dank ihrer Feinauflösungsfertigkeiten auch klar die Vorzüge der K2-HD-CD gegenüber der herkömmlichen CD zu erkennen. Umgekehrt verraten mir ihre Monitorqualitäten auch deutlich, wenn etwas schlecht aufgenommen wurde.

Laborbericht


Lautsprecher B&W 805 D4

Impedanzminimum: 
  4,6 Ohm @ 194 Hz

Nennimpedanz (± 20% Toleranz):   4 Ohm

Empfindlichkeit:   87,5 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

Ausstattung

Hersteller:   Bowers & Wilkins

Vertrieb: 
  Bowers & Wilkins, Nettetal

Kategorie: 
  High-End-Lautsprecher

Paarpreis:   8.800 Euro

Garantie:   5 Jahre

Konstruktion: 
  Zwei-Wege-Bassreflexsystem

Bestückung

  • 1 x 25-Millimeter-Diamantkalotten-Hochtöner
  • 1 x 16,5-Zentimeter-Continuum-Tief-/Mitteltöner



Ausführungen

  • Schwarz glänzend
  • Weiß
  • Satin Rosenut
  • Satin Walnuss



Abmessungen (B x H x T): 
  24 x 44 x 37,5 cm

Gewicht:   15,5 kg

Kontakt

B&W Group
c/o D+M Germany GmbH
An der Kleinbahn 18
41334 Nettetal

Internet:   www.bowerswilkins.com/de-de

E-Mail: 
  info-de@bowerswilkins.com

Telefon:   0 21 57 / 12 08 - 0

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Testergebnis

Es spricht viel für eine Kompaktbox. Ein Zweiwege-System besitzt fast immer den Vorteil größerer tonaler Homogenität und wird in vielen Räumen geschlossener musizieren als mancher großdimensionierte Dreiwege-Lautsprecher. Ich verehre meine 802 nach wie vor. Aber in der Gattung der Kompakten spielt die B&W 805 D4 ganz vorne mit. In der Vermittlung dreidimensionaler Klangbilder sucht sie ihresgleichen, so überzeugend löst sich das Musikgeschehen vom Gehäuse. Ein Feingeist, der nie vordergründig, sondern ausgewogen, luftig und aufgelöst aufspielt, dessen Diamant-Hochtöner strahlt und der zusammen mit dem Tiefmitteltonchassis mir klar und neutral zeigt, was drauf ist auf dem Tonträger. Und der sich auch optisch gut macht. Das ist Form gewordene Klangkultur. Wer sich auf der Suche nach einem stimmigen Zweiwege-Lautsprecher befindet, sollte unbedingt die 805 D4 erwägen.   Uwe Steiner

Bowers & Wilkins 805 D4
Paarpreis: 8.800 Euro
Garantie: 5 Jahre
sehr gut
gut - sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
B&W 805 D4
Autor:
Uwe Steiner
Datum:
29.03.2022
Hersteller:
Bowers & Wilkins