Raumwunder

Nachdem Bowers & Wilkins kürzlich die überarbeiteten »Signature«-Modelle seiner Referenzserie »800« eingeführt hat, profitiert nun auch die preisgünstige Linie »600« von neuen Erkenntnissen. i-fidelity.net hat den besonders kompakten Regallautsprecher 607 S3 zum Test geordert.

Seit der Markteinführung anno 2016 hat die Uni-Fi-Reihe von Elac vier (!) Versionen hervorgebracht: die amerikanische »Ur«-Uni-Fi, die Slim-Variante für den europäischen Markt, Uni-Fi 2.0 sowie diese jüngste »Reference«-Edition. Alle vereint die entscheidende Gemeinsamkeit: Sie kreisen um einen Koaxial-Treiber. Jene Konstruktionsform positioniert den Hochtöner stets im Zentrum des Mittel- respektive Tieftöners, was eine phasenrichtige Wiedergabe und gleichmäßige Abstrahlung in alle Richtungen ermöglicht. Auf diese Weise kommt der Entwickler dem Ideal einer Punktschallquelle sehr nahe.

Trotzdem wird dieses Prinzip seltener angewendet, insbesondere nicht im preislich moderaten Bereich. Die Gründe? Der Aufbau eines solchen Treibers ist komplex, also teuer, und die begleitende Frequenzweiche eine diffizile Aufgabe. Hier sind nicht nur erheblicher Materialaufwand und Abstimmungszeit, sondern auch Erfahrung und Expertise gefragt. Solchen herausragenden, über Jahrzehnte gewachsenen Sachverstand finden wir bei Andrew Jones, der für Elac – parallel zu den in Kiel beheimateten Ingenieuren – sehr erfolgreich diverse Lautsprecherlinien entworfen und hier seine Abschiedsarbeit geliefert hat. Der charismatische Brite ist ein Meister darin, aus den Beschränkungen eines Zielpreises das Maximum an Klangqualität zu generieren. Zudem hat er eine Vorliebe für Koaxial-Lautsprecher. Beide Fähigkeiten vereinen sich in der Uni-Fi-Reihe, mit der Elac das Prinzip Koax-Treiber auch in der volkstümlichen Preisklasse erfolgreich etabliert hat. Als Beispiel verweise ich auf den i-fidelity.net-Testbericht über die Uni-Fi BS U5.

Was soll nun die »Reference«-Ausgabe mehr können als jene bereits ausgezeichneten Standardversionen? Wer ein wenig Feintuning am bestehenden Modell erwartet hat, vielleicht die Verwendung hochwertigerer Bauteile bei ansonsten gleicher Machart, liegt falsch. Die UBR62 sind wie alle »Reference«-Lautsprecher komplette Neuentwicklungen, führen aber die etablierte Uni-Fi-Idee weiter. So erfolgt der Aufbau weiterhin nach dem Dreiwege-Prinzip. Die musikalischen Hauptaufgaben schultert das eigens für diese Serie optimierte Koaxial-Chassis. Für dessen Entlastung von zu fordernden Bassfrequenzen sorgt ab 240 Hertz ein ebenfalls neu entwickelter 6,5-Zoll-Tieftöner. Als Membranmaterial kommt bei beiden Treibern Aluminium zum Einsatz, das schwarz eloxiert wurde, weswegen es nicht alu-typisch silbern glänzt. Die von einem Neodymmagneten angetriebene, im Zentrum des Mitteltöners sitzende 2,54-Zentimeter-Hochtonkalotte hingegen nutzt Seidengewebe als Werkstoff. Sie meldet sich bereits ab 1.800 Hertz zum Dienst. Selbstverständlich musste die Frequenzweiche an die neuen Chassis angepasst werden.

Auch visuell unterscheiden sich die Lautsprecher der vierten Uni-Fi-Generation sichtbar von den Vorläufern. Sie orientieren sich eher an der Debüt-Linie beziehungsweise deren »Reference«-Interpretation. Elac bietet zwei Ausführungen an: Walnuss/Schwarz und Eiche/Weiß. Beide können mit der gleichen grau-melierten Abdeckung versehen werden, die erfreulicherweise magnetisch haftet. Das Gehäuse hat gegenüber den Vorgängern mit 15 Litern leicht an Volumen gewonnen und wurde intern zwecks Resonanzminimierung durch Streben verstärkt.

Die Materialanmutung der UBR62 ist gut, aber nicht mehr. Ein foliertes Gehäuse sorgt bei einem Verkaufspreis von 849 Euro pro Paar kaum für besondere Begeisterung, zumal die Nahtstelle der Folie auf dem Boxenboden deutlich sichtbar bleibt. Es betrifft zwar nur die im Alltag unsichtbare Unterseite, aber das habe ich schon eleganter gelöst gesehen. Zumal einige andere Hersteller an diesem Preispunkt lackierte oder furnierte Gehäuse offerieren. Die Frontpartie hat Elac pragmatisch aus Kunststoff gestaltet. Dafür gibt es einen sehr guten Grund: Die Schallwand ist leicht arrondiert, um Kantenreflexionen zu mindern. Außerdem beherbergt sie einen doppelseitig abgerundeten, strömungsoptimierten Reflex-Austritt. Die strahlenden Silberringe um die Treiber sollen einen optischen Akzent setzen, wirken auf mich aber eher abschreckend denn aufwertend. Aber ich bin zugegebenermaßen auch kein Freund von übermäßigem Glanz, andere mögen das unterschiedlich bewerten. Sehr gediegen hingegen stellt sich das matt-silberne Anschlussfeld dar, welches für Bi-Wiring/Bi-Amping ausgelegt ist.

Obgleich optisch attraktiver als die weiter im Elac-Programm befindliche normale Version Uni-Fi 2.0, entspricht die gesamte Qualitätsanmutung nicht recht dem hochtrabenden »Referenz«-Verweis im Namen. Insofern muss diese Edition ihren Titel und Aufpreis über den wichtigsten Aspekt Klangqualität rechtfertigen. Und das – soviel sei vorweggenommen – tut sie auf für einen Koaxial-Lautsprecher sehr typische Art und Weise.

Panorama-Blick

Was als Erstes auffällt: Die Elac UBR62 öffnet einen immens großen Raum, der sich in alle Dimensionen erstreckt: Höhe, Breite, Tiefe. Bei »Black Widow Spider« aus dem Album »Salone« von Bai Kamara Jr & The Voodoo Sniffers via Qobuz gibt es links als rhythmische Untermalung ein scharfes Geklapper, welches im rechten Kanal vom gleichen Instrument ergänzt wird, aber leiser abgemischt und deutlich weiter hinten platziert ist. Ein interessanter Effekt, erst erlebbar durch die auffällige Tiefenschärfe der Uni-Fi-Boxen. Der Gesang sitzt in dieser luftigen Präsentation fix genagelt im Zentrum, bleibt deswegen wunderbar direkt und präzise wahrzunehmen.

Die Stimmenverständlichkeit ist durchweg exorbitant gut. Selten habe ich Liedtexte so gut mitverfolgen können wie über diese Uni-Fi Reference-Speaker. Das wurde besonders deutlich bei meiner jüngsten Entdeckung, dem Friedrich Liechtenstein Trio. Für alle, die mit dem Namen nichts anfangen können: Friedrich Liechtenstein ist der schrullige, weißbärtige ältere Herr aus der TV-Werbung (Edeka oder Sky). Im Hauptberuf bereist der Wahlberliner die Bühnen als Sänger und Entertainer. Zusammen mit dem Pianisten Arnold Kasar und dem Blasinstrumentalisten Sebastian Borkowski hat Liechtenstein 2017 ein ambitioniertes Jazz/Lyrik-Album eingespielt. Inmitten der perlenden Klavierklänge und einfühlsamen Saxophon/Flöten-Passagen intoniert er dadaistisch surreale Texte, deren expliziten Wortlaut und expressive Darbietung die Uni-Fi Reference UBR62 in klarer Manier präsentieren. Ihre besondere Fähigkeit, Sprache genauestens erlebbar zu machen, qualifiziert die Serie für den Heimkino-Einsatz, wo gerade der Aspekt der Sprachverständlichkeit ein zentrales Anforderungselement darstellt. Elac bietet aus sehr gutem Grund mit dem UCR52 einen passenden Center an, der um den gleichen Koaxial-Treiber aufgebaut ist wie die hier vorspielende Kompaktbox. Der schlanke Standlautsprecher UFR52 rundet die »Reference«-Reihe ab.

Zurück zum Kernthema Stereo. Hier faszinieren neben der Dreidimensionalität und Transparenz die Feindynamik und Konsistenz des kompakten Elac Uni-Fi-Lautsprechers. Der Übergang vom zentralen Koaxial-Treiber zum unterfütternden Tieftöner gelingt bruchlos. Die Schnelligkeit und Sauberkeit zieht sich bis in den Bassbereich hinein, dessen Darstellung grundsätzlich auf der schlanken Seite verortet ist. Zuerst erschien mir die Woofer-Performance etwas zu dezent, bis ich meinen Fehler entdeckte: Ich hatte zu leise gehört. Wegen der besonders guten Auflösung klang die Musik auch bei geringem Pegel schon sehr gut, aber der Bass hatte noch nicht das passende Gewicht.

Wenn man jedoch auf das Niveau solider Zimmerlautstärke steigt, dann rastet alles ein. Doch ein Tiefton-Boomer der fülligen Art wurde die UBR62 selbst mit potenter Unterstützung durch die Endstufe Musical Fidelity M6s PRX und deren zweimal 336 Watt Sinusleistung nicht. Das Augenmerk bleibt bei Qualität vor Quantität. Verstehen Sie mich nicht miss: Die Uni-Fi liefert durchaus tiefreichende Töne ab. Bei »HYbr:ID oval hadron II« von Alva Noto (16 Bit / 44 Kilohertz FLAC) höre ich klare Bässe mit präzise abgebildeter Struktur. Aber dieses Electronica-Werk ist von Haus aus exzellent produziert. Alltägliches Chart-Material klingt möglicherweise etwas schlank, und als Liebhaber von Reggae, Rap oder Techno würde ich mich eher in Richtung des Standlautsprechers UFR52 orientieren, der mehr Tiefenpräsenz verspricht.

Audiophiler Habitus

Zur Optimierung habe ich mit der Aufstellung experimentiert und die Elacs samt Metallständer weiter als üblich gen Rückwand geschoben. Die fantastische Tiefenschärfe der UBR62 erlaubte diese Maßnahme ohne Kollateralschäden. Sie sorgte für ein Jota mehr Bassbeitrag, ohne die Dreidimensionalität zu beeinträchtigen. Dieses erfolgt erst bei Erreichen von unmittelbarer Wandnähe. Hier gilt es herauszufinden, was das Umfeld hergibt. Generell sollte dieses 25 Quadratmeter an Fläche keinesfalls überschreiten, denn die kompakten Uni-Fi-Reference-Lautsprecher fühlen sich in kleineren Zimmern am wohlsten. Bei der Elektronik hingegen dürfen es durchaus großkalibrige Mitspieler sein. Deren klanglichen Mehrwert können die UBR62 durch ihre audiophilen Qualitätsmerkmale sehr überzeugend abbilden. Sie klingen sehr reif und erwachsen, in sich ausnehmend konsistent und gleichsam transparent. Dabei offerieren die Elacs den Blick auf kleinteilige Details, ohne in die Kühle eines Studiomonitors abzudriften, weil der Hochtöner eben nicht mit dem grellen Suchscheinwerfer draufhält. Statt »direkt nach vorne« spielen sie simultan ausgewogen in alle Dimensionen. Dabei begeistert vor allem anderen die sich von den Boxen lösende Bühnendarstellung, durch die das Fenster zur Musik buchstäblich aufgeht. Sperrangelweit.

Laborbericht


Lautsprecher Elac UBR62

Impedanzminimum:   4,3 Ohm @ 116 Hz

Nennimpedanz (± 20% Toleranz):
   4 Ohm

Empfindlichkeit:   85 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)


Ausstattung

Hersteller/Vertrieb:   Elac, Kiel

Modell:   Uni-Fi Reference UBR62

Kategorie:   Kompaktlautsprecher

Paarpreis:   849 Euro

Garantie:   5 Jahre

Konstruktionsprinzip:   Dreiwege, Bassreflex

Bestückung:
1 x 100-mm-Mitteltöner mit 25-mm-Kalottenhochtöner koaxial montiert
1 x 165-mm-Tiefmitteltöner

Übergangsfrequenzen:   240 Hz und 1.800 Hz

Terminal:   Bi-Wiring/Bi-Amping

Ausführungen:

  • Walnuss/Schwarz matt
  • Eiche/Weiß matt


Abmessungen (H x B x T):   359 × 208 × 334 mm

Gewicht:
   10,7 kg

Kontakt

Elac Electroacustic GmbH
Fraunhoferstraße 16
24118 Kiel

Internet:   www.elac.de

Facebook:   https://www.facebook.com/ElacKiel/?fref=ts

E-Mail:    info@elac.de

Telefon:   04 31 / 64 77 4-0

Telefax:   04 31/ 68 21 01

Testergebnis

Der Namenszusatz »Reference« weckt hohe Erwartungen, denen sich Elacs UBR62 erfolgreich stellt. Innerhalb des Uni-Fi-Kosmos erweist sich der Kompaktlautsprecher tatsächlich als die bisher beste Variante des etablierten Uni-Fi-Prinzips »Dreiwege-Box mit Koax«. Aber auch im Vergleich zum Wettbewerb setzt dieser Uni-Fi Reference-Kandidat im Bereich bis 1.000 Euro eine markante Duftmarke. Unter bestimmten Bedingungen: Der Raum sollte kleindimensioniert, die Verstärkerelektronik gerne hochklassig, die Musikvorlieben eher im fein-kultivierten denn populär-rustikalen Stil verortet sein. Dann spielt die Box ihre besonderen Qualitäten aus: Die dreidimensionale Räumlichkeit, feinsinnige Transparenz und impulsschnelle Feindynamik liegen deutlich über dem Niveau dieser Preisklasse. Die Elac Uni-Fi Reference UBR62 ist keine Lösung für alle Fälle, aber für ein bestimmtes Anforderungsprofil absolut perfekt.   André Schwerdt

Elac Uni-Fi Reference UBR62
Paarpreis: 849 Euro
Garantie: 5 Jahre
sehr gut
gut - sehr gut
sehr gut
gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Elac Uni-Fi Reference UBR62
Autor:
André Schwerdt
Datum:
14.02.2022
Hersteller:
Elac