Im Hier und Jetzt

With the Diamond series, Vincent is launching a special edition of the premium SA-T7MK preamplifier, which was only revised last year and has an excellent sound. Why are they doing this?

Was mich in meinem Leben noch nie gestört hat, sind Wartezeiten an Bahnhöfen oder Flughäfen. Entweder verbringe ich diese meditierend mit einem Blick, der quasi bis ins Unendliche reicht, oder, wenn ein entsprechendes Angebot vorhanden ist, in einem Buchladen. Und anstatt gezielt nach bestimmten Titeln Ausschau zu halten, lasse ich mich dann gerne treiben, überfliege Überschriften und warte auf den Moment, in dem aus oberflächlichem Umherschweifen konzentriertes Erfassen wird. Jüngst stolperte ich dabei über ein Buch mit dem Titel »Ikigai« von Ken Mogi. Übersetzt bedeutet dieses Wort »das, wofür es sich zu leben lohnt«. Was für ein Zufall, denn meine Gedanken wurden zu diesem Zeitpunkt schon seit Tagen von einem anderen japanischen Begriff bestimmt: Luxman. Und in diesem Kontext bedeutet »Ikigai« für mich, dass es sich lohnt, mit Komponenten von Luxman Musik zu hören. Wie ist es zu diesem Gedankenspiel gekommen?

Drei Wochen zuvor war eine Palette mit der Vor- und Endstufenkombination Luxman C-900u Luxman M-900u bei mir eingetroffen. Dass es sich bei dem japanischen Hersteller um ein geschichtsträchtiges Unternehmen handelt, ist angesichts des Gründungsjahres 1925 klar. Meine ersten Erinnerungen an die Marke gehen bis in die 80er-Jahre zurück, als vor allem die Vollverstärker L-190 und L-420 für Furore sorgten. Bis heute erzielen beide Verstärker auf dem Gebrauchtmarkt Höchstpreise. Aber zurück in die Gegenwart. Die Japaner fertigen bis heute in Manufakturqualität High-End-Komponenten. Zielgruppe sind anspruchsvolle, kritische Hörer, die mit klanglichen Resultaten überzeugt werden sollen. Dafür haben die beiden neuen Vor- und Endverstärker nicht ausschließlich Hightech an Bord, es geht um die Gratwanderung zwischen Technik und Musikalität.

Blicken wir zunächst auf den Vorverstärker C-900u, ein klassisches Design. Eingangswahl- und Lautstärkeregler lassen sich intuitiv erfassen. Hinzu kommen ein abschaltbares Klangregelnetzwerk und die Möglichkeit, ein externes Vorverstärkersignal einzuschleifen beziehungsweise den Ausgang zu schalten. Auskunft über den aktiven Eingang und aktuellen Lautstärkepegel liefert ein bernsteinfarbenes Display. Über die Fernbedienung kann eine Zoom-Funktion aktiviert werden, dann lässt sich die Lautstärke auch aus fünf Metern Entfernung noch gut ablesen. Bei gedämpftem Licht und nach einiger Zeit fällt mir auf, dass dieses Display- und Beleuchtungskonzept kein Zufall ist. Mit diesem Gerät hat jemand in den Abendstunden Musik gehört und dafür gesorgt, dass die LEDs sichtbar sind, ohne gleichzeitig als Scheinwerfer in den Raum zu strahlen. Zudem kann die Anzeige auch ganz ausgeschaltet werden, was dem Purismus-Gedanken zu Gute kommt. Sechs analoge Eingänge, drei davon in XLR-Anschlussvariante ausgeführt, sind vorhanden.

Die Endstufe Luxman M-900u macht einem ohne Zweifel das Leben schwer. Allerdings nur aus einem Grund: Die Waage zeigt einen knappen Zentner Gewicht an. Für das Manövrieren sind also immer mindestens vier Hände gefordert. Auch dieser Leistungsverstärker spricht eine klare Designsprache. Ein- und Ausschalten sowie die Deaktivierung der beiden weiß leuchtenden VU-Meter lassen sich auf der Front erledigen. Doch spielt sich das Meiste auf der Rückseite ab. Hier kann zwischen symmetrischen und Cincheingängen gewählt werden. Ein Erdungsklemme hilft bei unter Umständen auftauchenden Brummproblemen, und sollte die im i-fidelity.net-Labor ermittelte Leistung von 370 Watt pro Kanal an vier Ohm nicht ausreichend sein, dann lässt sich dieses Kraftwerk auch noch in einen Monoblock verwandeln. Erzeugt wird die stabile Leistung mit einem 1.250-Watt-Transformator, vier riesigen Elkos zur Stromspeicherung von 80.000 Mikrofarad und acht bipolaren Endstufentransistoren pro Kanal.

Feinste Elektronik und kluge Schaltungen

Wie bei der Endstufe ist auch der technische Konstruktionsaufwand bei der symmetrisch arbeitenden Luxman-Vorstufe C-900u extrem hoch. Die Luxman-Ingenieure setzen alles daran, um eine Signal-Verschlechterung zu verhindern: Das beginnt beim vibrationsarmen Chassis, welches zudem auf optimierte Masseführung getrimmt ist, geht weiter mit akribisch ausgewählten Bauteilen auf Platinen, deren Signalleiter aus vergoldeter 100 Mikrometer dünnen Kupferfolie bestehen, und endet erst bei den Füßen, die in höchstem Maße Resonanzen verhindern sollen. Klanglich von erheblicher Bedeutung ist in jedem Vorverstärker die Regelung der Lautstärke, die sich beim C-900u in 88 Schritten extrem feinfühlig justieren lässt. Die Entwickler haben diese Schaltung »Luxman Electronically Controlled Ultimate Attenuator«, kurz Lecua getauft. Sie soll eine stets hohe Kanalgleichheit garantieren, Musiksignale in höchster Reinheit passieren lassen und gegenüber mechanischen Erschütterungen unempfindlich sein. Unser Labor gibt darüber Aufschluss, inwiefern sich der getriebene Aufwand beispielsweise im Wert des Signal-Rauschabstands widerspiegelt.

Im Hörraum warteten mit der Raidho TD2.2 der passende Lautsprecher auf das japanische Duo, das ich während der Tests wechselweise symmetrisch und per Cinch miteinander verkabelt habe. Über die farbenreich klingenden Verbindungen von Westminsterlab war die Endstufe mit den Schallwandlern verbunden. Bei den Netzzuleitungen setzte ich ebenfalls auf die Produkte dieses Herstellers, der seinen Sitz in Hongkong hat. Als Quellen kamen der Plattenspieler Burmester 217 und der über Roon angesteuerte Lehmannaudio Linear USB II zum Einsatz. Da die Elektronik bereits eingespielt bei mir angekommen war, brauchte es gerademal 20 Minuten, bis das volle Klangpotential abrufbar war. Mit der aus Aluminium gefertigten und leichten Fernbedienung kann die Steuerung vom Hörplatz aus erfolgen, was aber nach den ersten Minuten des Hörens bedeutungslos wird.

Vielleicht ist es der ungewohnt monumentale Anblick dieses Luxman-Duetts, der mich auf den Gedanken bringt, die Hörtests mit der »Olympic Fanfare« von John Williams zu starten. Anlässlich der Sommerspiele 1984 komponiert, hat diese Hymne bis heute nichts von ihrer Strahlkraft verloren – im wahrsten Sinne des Wortes. Was mit Bläsern in epischer Breite beginnt, denen harmonische Streicherklänge folgen, kulminiert dann in einem dynamischen Feuerwerk. Selten ist das Echo der Schlagwerke so gut zu hören wie jetzt mit diesem Luxman-Duo. Jeder einzelne Schlag sitzt, und so entsteht ein rhythmisches Ganzes von überragender Qualität. Dabei füllen beide Amps jeden Ton mit Kraft und Farbe. Verblüffend ist zudem, mit welcher Leichtigkeit diese energiezehrende Komposition bewältigt wird. Und wenn dann bei den Tutti der Bläser die Pauken mit physischer Wucht zuschlagen, dann ist dem nichts mehr hinzuzufügen.

Mich beschlich bei der Auswahl der Titel nach den ersten Höreindrücken so eine Ahnung, dass diese 900er-Kombi mehr als einfach nur ein sehr guter, zweiteiliger Verstärker sein könnte. Also kramte ich Yellos »Live In Berlin« aus dem Berg aktueller CDs hervor. Die Faszination beginnt hier bereits mit dem Publikum: Der Applaus wirkt realistischer. Zudem ist das Echo von den Wänden in der Halle viel klarer als gewohnt vom ursprünglichen Impuls zu unterscheiden. Die von Boris Blank gerne fabrizierten Tieftonorgien erfahren eine fundamentale Neuauflage, da wummert nichts vor sich hin, da schmiert nichts, sondern da baut sich eine Wand mit höchster Sauberkeit auf, deren Substanz von anderen Verstärkern wenn überhaupt nur entfernt erreicht wird. Des Weiteren kann man sich mit den Japanern angstfrei Original-Konzertlautstärken nähern. Dabei knickt die Endstufe nicht einmal minimal ein, das kommt Maßstäbe setzender Souveränität gleich.

Der fesselnde Charakter

Von elektronischer Musik geht es im harten Kontrast weiter zu Keith Jarrett. Obwohl sich das Publikum nicht direkt bemerkbar macht, spürt man dessen Anwesenheit ebenso schnell wie die Größe der Bela Bartok Concert Hall. Wer Keith Jarrett auf einfachen Anlagen hört, verpasst die Hälfte seiner Improvisationskunst. Und dabei geht es nicht nur um den Klang des Flügels, sondern vor allem um seine musikalischen Botschaften. Diese legen die Luxman-Verstärker vollständig offen. Denn es klingt zweifelsfrei nicht nur überragend, sondern geht signifikant über diese existenzielle Eigenschaft hinaus, weil man Jarretts Gedanken beim Improvisieren lesen kann, sie nachvollziehbar werden – man sitzt also nicht unbeteiligt im Hörsessel und wartet, dass es vorbei ist.

»Black Tie White Noise« von David Bowie ist kürzlich in einer überarbeiteten Version erschienen. Davon profitiert hat unter anderem »You've Been Around«, ein Titel, der mit dunkel-böser vom Keyboard erzeugter Klangfläche beginnt, von vielfältig bespieltem Schlagzeug mit heftigem Punch unterbrochen wird und dann von Bowies Stimme in Überlagerung seiner natürlichen und einer elektronisch bearbeiteten Version gekrönt wird. Diese Komplexität führt auf schlechten beziehungsweise falsch zusammengestellten Anlagen zu einem unerträglichen Brei, diffus und frei von jeglicher Kontur. Und was machen C-900u und M-900u? Sie entpuppen sich einmal mehr als eindrucksvolle Musikgeneratoren. Das ist kein David-Bowie-Abziehbild, das ist seine Reinkarnation. Für diese Leistung geht nicht nur ein Riesenkompliment in Richtung der Entwickler – es entsteht auch ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass es immer noch die Zeit und den Anspruch gibt, solche Komponenten zu entwickeln und sie anschließend in Serie zu fertigen.

Laborbericht

Luxman C-900u

 

Messwerte Vorverstärker Luxman C-900u

Verstärkung:
Verstärkungsfaktor:   11,7 dB / 3,9-fach
max. Ausgangsspannung:   7,73 V
 
Verzerrungen:
Klirrfaktor (THD+N):   0,083 %
IM-Verzerrungen (SMPTE):   0,074 %
IM-Verzerrungen (CCIF):   0,0094 %
 
Störabstände:

Fremdspannung (- 20 kHz):   -96,2 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -99,3 dB
 
Sonstige:

Obere Grenzfrequenz:   117 kHz
Kanaldifferenz:   0,0 dB
Eingangswiderstand (unsymmetrisch):   44 kOhm
Ausgangswiderstand (unsymmetrisch):   87 Ohm

Stromverbrauch:
Aus:   0,1 W
Stand-by:   2,1 W
Leerlauf:   31 W

Luxman M-900u

 

Messwerte Endverstärker: Luxman M-900u

Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD):   370 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD):   203 W

Verzerrungen:
Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,0020 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,0032 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,0032%
 
Störabstände:

Fremdspannung (- 20 kHz):   -96,8 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -103,7 dB
 
Sonstige:
Verstärkungsfaktor:   28,9 dB / 27,7-fach
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):   124 kHz
Kanaldifferenz:   0,097 dB
Empfindlichkeit (Vollaussteuerung 4 Ohm):   1,39 V
Eingangswiderstand;    60 kOhm

Stromverbrauch:

Aus:   0,1 W
Stand-by:   1,1 W
Leerlauf:   203 W

 

Laborkommentar
Luxman weiß, wie man Verstärker baut. Interessanterweise ist es die Vorstufe des Duos, der am ehesten ein klanglicher Fingerabdruck nachgewiesen werden kann. In ihrem Klirrspektrum dominieren eindeutig k2 und k3 als Paar, ansonsten schaut ein Hauch von zwei weiteren Harmonischen aus dem tief liegenden Rauschgrund. Das Klirrspektrum der Endstufe zeigt eine Verteilung wie aus dem Bilderbuch: lediglich k2, k3 und k4, perfekt abgestuft und tief liegend. Besser kann man das nicht machen. Da auch die Störabstände ebenso exzellent sind wie die Werte für die IM-Verzerrungen und die Leistungsreserven für alle Lautsprecher ausreichen, verdient sich die M-900u die Labornote »sehr gut«. 

Ausstattung

Hersteller:   Luxman

Modell:   C-900u

Kategorie:   High-End-Vorverstärker

Preis:   14.990 Euro

Garantie:   3 Jahre (Registrierung erforderlich)

Eingänge

  • 3 x Cinch
  • 3 x XLR
  • 1 x Externer Pre-In


Ausgänge

  • 2 x Cinch
  • 2 x XLR


Bass- und Hochtonregelung:   +/- 8 dB

Fernbedienung:   im Lieferumfang

Abmessungen (B x H x T):
   44 x 13 x 43 cm

Gewicht:
   20 kg



Hersteller:   Luxman

Modell:   M-900u

Kategorie:   High-End-Endverstärker

Preis:   14.990 Euro

Garantie:   3 Jahre (Registrierung erforderlich)

Eingänge:   Cinch/XLR

Ausgang:   Single-Wiring-Terminal (Bananas/Spades)
 
Zentraler Netzschalter:   ja (Rückseite)

Umschaltung Monoverstärker


Ferneinschaltung

VU-Meter:   abschaltbar

Abmessungen (B x H x T):   44 x 23 x 49 cm

Gewicht:   48 kg

Kontakt

Luxman Exklusiv-Vertrieb
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str. 11
41352 Korschenbroich

Internet:
   www.luxman-deutschland.de

E-Mail:   service(at)iad-gmbh.de

Telefon:   0 21 61 / 6 17 83 - 0

Testergebnis

Zu den fünf Bestandteilen des aus Japan kommenden Ikigai-Prinzips gehört, »im Hier und Jetzt zu sein«. Selten ist mir das beim Hören so frei von jeglicher Anstrengung gelungen wie mit der Luxman-Verstärkerkombination C-900u und M-900u. Am liebsten würde ich sie gar nicht »Verstärker« nennen, denn dann sind sie automatisch Bestandteil einer Schnittmenge, zu der sie definitiv nicht gehören. Ihre uneingeschränkte Klangfarbenpracht, die niemals statisch wirkende Kontrolle von Musik und Stimmen sowie die Dimensionen räumlicher Abbildung machen beide Komponenten zu begehrenswerten Ausnahme-Instrumenten. Fast einhundert Jahre existiert Luxman, und die daraus maximal resultierende Klangexpertise spiegelt sich hier in vollster Pracht wider.   Olaf Sturm

Luxman C-900u
Preis: 14.990 Euro
Garantie: 3 Jahre (Registrierung notwendig)
 
Luxman M-900u
Preis: 14.990 Euro
Garantie: 3 Jahre (Registrierung notwendig)

Luxman C-900u

überragend
gut - sehr gut
sehr gut
überragend
überragend

Luxman M-900u

überragend
sehr gut
sehr gut
überragend
überragend

TEST

Verstärker:
Luxman C-900u & Luxman M-900u
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
23.12.2021
Hersteller:
Luxman