Klangtransporter

Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Lumin gehört zu einer neuen Generation Hersteller, die im Zuge der Streaming-Technologie in das Blickfeld anspruchsvoller Musikliebhaber gerückt sind. Die Ingenieure aus Hongkong entdeckten schon vor über zehn Jahren das Potential der tonträgerlosen Musikdarreichung. Und damit einhergehend die Notwendigkeit dezidierter Abspielgeräte, die sich sehr bewusst von handelsüblichen Computern unterscheiden. Jene herkömmlichen »Rechenknechte« können diese Aufgabe zwar auch übernehmen, scheitern aber prinzipiell an Aspekten wie Anmutung, Handhabung und Klangqualität.

Über die Jahre hat Lumin dank eigenem Entwicklerteam und interner Fertigung ein umfangreiches Portfolio an Streaming-Produkten aufgebaut, welches verschiedene Anforderungsprofile an unterschiedlichen Preispunkten bedient. Der hier vorgestellte U1 Mini ist – wie der Name unmissverständlich verdeutlicht – die verkleinerte Ausgabe des U1, der 2016 eingeführt wurde und für beachtliche Furore sorgte. Die grundsätzliche Funktionsweise des U1 Mini entspricht eins zu eins dem U1. Es handelt sich um ein Gerät, welches im lokalen Netzwerkverbund freigegebene Audio-Dateien findet oder Musik-Files vom Streaming-Dienstleister abruft, diese dann interpretiert/decodiert und letztlich abspielenderweise einem externen D/A-Wandler zuliefert. Alternativ werden Internet-Radiostationen mittels TuneIn angezapft oder Signale drahtlos direkt von Apple-Handhelds via Airplay verarbeitet. Eine Bluetooth-Übertragung ist nicht vorgesehen.

Die Rolle des Lumin U1 Mini ist somit klar umrissen: Er ergänzt die vorhandene HiFi-Anlage um einen hochwertigen Zugang in das Streaming-Erlebnis. Für diesen Produkt-Typus grassieren die unterschiedlichsten Begriffe: Network Bridge, Transport, Server, Streamer. Allen gemein ist, dass sie die Basisaufgaben in einem Streaming-Setup übernehmen und deshalb in ihrer Relevanz nicht zu unterschätzen sind. Denn das haben wir schon in der analogen Vergangenheit gelernt: Was am Anfang der Signalkette wegen suboptimaler Verarbeitung an Qualität verloren geht, kann danach nicht mehr adäquat zurückgewonnen werden. Zwar sind jene Auswirkungen in der Welt der Einsen und Nullen nicht so gravierend wie damals, wenn ein gar zu schlichter Tonabnehmer als Teil eines einfachen Plattenspielers daran scheiterte, alle fragilen Informationen aus dem Vinyl zu destillieren, aber andererseits sollte man das facettenreiche Störpotential im Digital-Audio-Kosmos nicht unterschätzen.

In Anbetracht dieser erheblichen Verantwortung auf den schmalen Schultern des kleinen U1 Mini ergibt sich die Frage: Wieviel Qualität vom großen Modell kann erhalten bleiben, wenn nicht nur das Format, sondern auch der Preis erheblich geschrumpft worden ist? Der kleine Bruder kostet schließlich weniger als ein Drittel des U1. Folgt man den technischen Daten, dann lautet die Antwort: offenbar eine ganze Menge.

So hat Lumin beim U1 Mini die identische Prozessorausstattung beibehalten. Damit einher gehen dessen Fähigkeiten, via USB PCM-Dateien aller gängigen Formate bis 32 Bit / 384 Kilohertz zu verarbeiten, natives DSD bis 11.2 MHz. Der große U1 setzt mit 768 MHz (PCM) und 22,5 MHz (DSD) zwar noch einen drauf, doch dieses Mehr dürfte im Alltag von redundanter Bedeutung sein. Über S/PDIF ist technologiebedingt stets bei 24 Bit / 192 Kilohertz Schluss. Jedoch können mittels DoP auch über diese Strecke DSD-Files verarbeitet werden – hier markieren 2,8 MHz die Obergrenze. MQA befindet sich ebenfalls im Leistungsportfolio des Geräts, und zwar vollständig: Der U1 Mini übernimmt Decoding und Rendering. Gapless Playback wird ebenfalls garantiert, was insbesondere die Liebhaber von DJ-Mixes, Live-Aufnahmen und Klassik-Performances erfreuen dürfte. Eine vierfache Clock wacht über das zeitstabile Verarbeiten aller angelieferten Daten.

Nur in zwei signifikanten Bereichen erkenne ich Abstriche zum etablierten Modell. So ist die Stromversorgung nicht mehr ausgelagert, sondern integriert worden. Anstelle eines Linearnetzteils arbeitet ein Schaltnetzteil. Immerhin ist jenes vollständig abgeschirmt und als »Low Noise«-Variante spezifiziert. Zudem wurde das Gehäuse nicht – wie in der Premium-Klasse von Lumin üblich – aufwendig aus dem vollen Aluminiumblock gefräst. Diese teure Verfahrensweise war zum avisierten Zielpreis nicht zu realisieren. Dennoch wirkt die Mini-Variante des U1 sehr hochwertig. Die den wahlweise schwarzen oder silbernen Ausführungen angepassten 10-Millimeter-Frontblenden sind aus gebürstetem Aluminium, der Korpus ist aus Metall gefertigt. Die obere Abdeckung ist hinten verlängert, was für einen aufgeräumten Look sorgt, aber andererseits den Zugriff auf die Anschlüsse erschwert. Grundsätzlich wird diese Gehäusekonstruktion auch bei einem anderen Lumin-Gerät – dem mit einem integrierten DAC aufwartenden Streamer D2 – verwendet, was sich positiv auf die Kalkulation auswirkt.

Das leicht versetzte Display leuchtet im typischen Lumin-Look türkisfarbener Lettern auf schwarzem Grund. Wobei ich sagen muss: Ich hätte in meinem Audio-Setup nicht noch eine Color-Variante gebraucht, um dessen vielfarbige Weihnachtsbaum-Ausstrahlung weiter zu unterfüttern. Meine bittende Frage an die Hersteller der Welt: Was spricht denn gegen schlichtes, klares Weiß als Schriftfarbe? Solch ein neutraler Ton passt doch immer! Aber das mögen weniger farbphobische User buchstäblich anders sehen. Im Fall des U1 Mini gilt: Wenn es denn gar nicht konveniert, lässt sich die Anzeige nicht nur dimmen, sondern auch abschalten. Ungeachtet dieses individuellen Farbtons übermittelt das Display die wichtigsten Informationen in gestochener Schärfe. Zumindest Songtitel, Tracknummer und Zeitverlauf sind auch aus mittlerer Entfernung noch gut zu erkennen.

Fünf Ausgänge zum DAC

Die Anschlussvielfalt in Richtung D/A-Wandler ist umfassend: AES/EBU per XLR, S/PDIF elektrisch (Cinch oder BNC) und S/PDIF optisch plus USB-Typ A in doppelter Ausführung. Diese USB-Ports sind bidirektional und können entweder als Ausgang zum DAC oder auch als Eingang für Massenspeicher dienen, um direkt Audio-Files abzuspielen. Hierfür wurde extra eine eigene Server-Software geschrieben. Dennoch präferiert der Hersteller den Betrieb im Netzwerk, bei dem sich der Transport/Streamer die Dateien von einem freigegebenen Computer oder Massenspeicher (HDD/SSD) zieht. Diesbezüglich empfiehlt Lumin den Minim-Server, der bei den marktführenden NAS-Geräten von Qnap und Synology bereits vorinstalliert ist.

Zur Integration in mein System habe ich den U1 Mini über ein AIM Shieldio-Netzwerkkabel mit dem Silent Angel Bonn N8-Switch inklusive Zusatznetzteil Forester F1 verbunden. Kleiner Exkurs am Rande: Unterschätzen Sie nicht den Einfluss eines Netzwerkkabels auf die klanglichen Ergebnisse einer streamenden Audio-Kette! Es muss nun nicht in jeder Anlagenklasse gleich das überragende Shieldio NA5 der japanischen Spezialisten sein (ab 369 Euro), aber eine Steigerung gegenüber der Basisware aus dem PC-Laden lohnt sich definitiv immer.

Retour zum U1 Mini

Spätestens jetzt kam die angebotene Control-App (iOS und Android) in das Spiel, die für alle weiteren Schritte unverzichtbar ist. Wie die meisten Anbieter anspruchsvoller Streaming-Hardware setzt auch Lumin auf eine eigene Software. Diese dient zur Inbetriebnahme des Geräts sowie der Verwaltung und dem Abspielen der Musikdateien. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die enge Verzahnung aus Hard- und Software garantiert optimale Wiedergabequalität und ein Höchstmaß an Kontrolle über Funktionalität und Betriebssicherheit. Zudem erlaubt sie die leichte Einstellung der jeweiligen Geräte inklusive Zugang zu etwaigen Firmware-Updates. Auf Letzteres legt Lumin gesteigerten Wert. Im Rahmen eines »Programme of Continuous Development« verspricht man stetige Produktpflege. Eine der jüngeren Optimierungen ist die software-basierte digitale Lautstärkeregelung Leedh Processing, die Lumin von der französischen Firma Acoustical Beauty lizensiert hat. Diese vermeidet Rundungsfehler, arbeitet absolut verlustfrei und wirkt sogar auf die S/PDIF-Ausgänge, die normalerweise nur Vollpegel ausgeben. Dadurch kann der U1 Mini einen separaten Vorverstärker überflüssig machen. Selbstredend lässt sich im Sub-Menü »Einstellungen« diese Option des flexiblen Pegels ausschalten. Da ich keinerlei negativen Einfluss erkennen konnte, ließ ich diese Komfortfunktion dauerhaft an.

Bei meiner praktischen Nutzung via iPad zeigte sich die über Jahre verfeinerte Applikation von ihrer besten Seite. Abstürze: null. Sie ist logisch und praxisorientiert aufgebaut, übersichtlich gestaltet, reaktionsschnell und sehr gut zu handhaben. Die Möglichkeit der Umschaltung auf die deutsche Sprache sowie das exzellent gestaltete Online-Handbuch auf der Website des Herstellers verkürzten die Phase des einarbeitenden Kennenlernens erheblich.

Nachdem die App sehr zügig meine auf einem NAS lagernden Musikdateien eingelesen hatte, durfte das Hörvergnügen beginnen. Mit einer gewissen Verzögerung. Denn im Menü der Software können die digitalen Audio-Ausgänge auch individuell abgeschaltet werden, um klangbeeinflussende irrelevante Prozesse zu vermeiden. Bis ich das herausgefunden hatte, verging einige Zeit des (virtuellen) Haareraufens auf der Suche nach dem fehlenden Ton. Doch nachdem diese Option entdeckt und der S/PDIF-Koax-Output aktiviert wurde, flossen die Digitalsignale zum Musical Fidelity MX-DAC, der preislich in einer dem U1 Mini adäquaten Klasse zu Hause ist.

Gleich beim Titeltrack von Donald Fagens' «Morph The Cat« – als Highres-FLAC – zeigte sich die hohe Qualität der Datenlieferung durch den U1 Mini. Das knorrige Bass-Riff zu Beginn vereinte Präzision und Wucht, die Wiedergabe stand unverrückbar standfest im Raum. Beim Fender E-Piano war sehr gut zu erhören, wie ein Phaser hier als Effektgerät den Charakter untermalte – ein Indiz für die exzellente Auflösung, die der U1 Mini dem DAC ermöglichte. Generell wirkte die Performance sehr konsistent und ausgewogen, frei von jedweder Form hartem »Digitalismus«.

Interessanterweise änderte sich das Klangbild ein wenig, als ich von der kostenlosen Lumin Control-App auf die ein Abonnement erfordernde Roon-Software wechselte, wo der Streamer als Endpunkt angezeigt wurde. Der Ton wirkte leicht aufgehellter und auseinandergezogener im Vergleich zur Darbietung über die Lumin-Applikation, die wärmer, musikalischer, runder erschien. Wir befinden uns hier aber auf dem Niveau minimaler Facetten und persönlicher Geschmäcker, bei denen ich mich nicht festlegen möchte, was »richtiger« ist. Deswegen blieb die originale Lumin-App meine erste Wahl, um danach das Verhalten bei Streaming-Diensten abzuklopfen. Derer drei werden von der Software unterstützt: Tidal, Qobuz und Spotify (via Connect). Hierfür teste ich simultan die alternative Übertragung vom USB-Port in Richtung DAC. Im Falle der Highres-Datei des Songs »Ithaca« der wunderbaren britischen Jazz-Formation Mammal Hands (Qobuz 24/96) bestätigte sich, was schon bei Donald Fagen von der Harddisk gefiel: einerseits jene große Ruhe und Stabilität im Klangbild, die angestrebte »Schwärze« des Hintergrunds, andererseits eine ausgesprochene Detailtiefe. Wahrnehmen zu können, wie beispielsweise der Schlagzeuger mit vielen kleinen eingeworfenen Rhythmuspattern nicht nur auf den Becken und Fellen, sondern auch den Trommelrändern spannende Akzente setzt, bereitete großes Vergnügen.

Resampling Option

Der Genuss steigerte sich noch um ein Jota, als ich die Resampling-Funktion für unkomprimierte Dateien (ab 44,1 Kilohertz) zuschaltete, die der leistungsstarke Prozessor des U1 Mini in Echtzeit ermöglicht. Über die App lassen sich sehr übersichtlich die jeweiligen Vielfachen der ursprünglichen Abtastfrequenzen (PCM) plus DSD 64/128 einstellen sowie zwischen 16-Bit- und 24-Bit-Wortbreite wechseln. Durch das Hochrechnen auf DSD 128 wirkte die Wiedergabe freier, die Übermittlung hatte mehr »Air«, die Instrumente gewannen an Definition und Plastizität. Die Zugewinne waren nicht drastisch, aber hörbar. Ungeachtet dessen ist dieses Feature praktisch, um einem etwas betagten DAC auf die Sprünge zu helfen, denn auch ein rückwärts gerichtetes Downsampling ist denkbar, falls manche Auflösungen oder Dateiformate dessen Fähigkeiten überschreiten.

Zum Ende erlaubte ich mir das Experiment, dem U1 Mini mit dem Meitner MA3 einen D/A-Wandler von »State Of The Art«-Niveau zuzuteilen. Dessen überragendes klangliches Potential wurde durch den Lumin U1 Mini offenbar: Es tönte extrem ausgewogen, frappierend natürlich und nonchalant tiefenentspannt, aber keinesfalls müde – weil sowohl die Fähigkeit zur kleinteiligen Feindynamik als auch die mühelos gelieferte Grobdynamik jederzeit eine agile Kommunikation ermöglichten und gleichsam die Räume in Tiefe, Breite und Höhe außerordentlich dreidimensional aufgefächert wurden. Was sich beispielsweise bei der Wiedergabe von Norah Jones' Livealbum »'Til We Meet Again« auf sehr erfreuliche Art bemerkbar machte. Dieses direkt vermittelte Gefühl des »Dabeiseins« beim Konzertereignis stellte sich unmittelbar ein und machte das Hören im trauten Heim zu einer wunderbaren Erfahrung.
 
Bleibt einmal mehr die Erkenntnis: Die Qualität einer Digital-Audio-Kette wird am Ende durch den D/A-Wandler entschieden. Einerseits. Aber dieser spielt nur dann sein volles Potential aus, insofern es ihm die zuliefernde Network-Bridge am Anfang des Prozesses ermöglicht. Und diesbezüglich zeigt sich der Lumin U1 Mini als außerordentlich verlässlicher Lieferant der gehobenen Leistungskategorie.

Ausstattung

Hersteller:   Lumin

Vertrieb:   IAD GmbH, Korschenbroich

Modell:   U1 Mini

Kategorie:   Network-Bridge / Transport / Streamer

Preis:   2.190 Euro

Garantie:   3 Jahre Garantie (bei Registrierung)

Anschlüsse:

  • 1 x AES/EBU XLR
  • 2 x USB-A (bidirektional)
  • 2 x S/PDIF Elektrisch (Cinch/BNC)
  • 1 x S/PDIF Optisch
  • 1 x RJ 45 Ethernet


Ausführungen:   Schwarz oder Silber

Abmessungen (B x H x T):    300 x 60 x 244 mm

Gewicht:   2,5 kg

Kontakt

IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str. 11
41352 Korschenbroich

Internet:   www.lumin-deutschland.de

Telefon:   0 21 61/ 6 17 83-0

Telefax:   0 21 61 / 61 78 3-50

E-Mail:   service@iad-gmbh.de

Testergebnis

Der Lumin U1 Mini offeriert zu überaus angemessenem Preis eine sehr durchdachte, umfassende Streaming-Performance der Spitzenklasse. Gewichtigen Anteil am sehr guten Eindruck hat die hauseigene Control App, welche für mich in der Kategorie einer auf spezifische Hardware angepassten Player-Software die bisher beste Lösung darstellt. Im gemeinsamen Verbund gibt diese stimmige Kombination der Digital-Audio-Spezialisten aus Hongkong dem notorisch zweifelnden audiophilen Musikhörer die Gewissheit, zu Beginn der Signalkette alles richtig gemacht zu haben. Es bestätigt sich hier einmal mehr: Wenn ein erstklassiger Streamer wie der Lumin U1 Mini die Daten in solcher maximal störungsfreien und exzellent aufbereiteten Topqualität anliefert, kann der DAC zu Hochform auflaufen. Und das hört man in jeder Sekunde.   André Schwerdt

Lumin U1 Mini
Preis: 2.190
Garantie: 3 Jahre (Registrierung erforderlich)
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Streamer:
Lumin U1 Mini
Autor:
André Schwerdt
Datum:
28.07.2021
Hersteller:
Lumin