Ohrenschmaus

With the Diamond series, Vincent is launching a special edition of the premium SA-T7MK preamplifier, which was only revised last year and has an excellent sound. Why are they doing this?

Der ostwestfälische High-End-Hersteller T+A ist ja schon seit vier Jahrzehnten fester Bestandteil der internationalen HiFi-Szene. Gestartet ist Siegfried Amft mit der Herstellung und dem Vertrieb von Lautsprechern, später kam dann die passende Elektronik dazu. Und deren Einführung wurde nicht nach der Art »wir schrauben mal ein paar Kisten zusammen und verkaufen dann Verstärker« angegangen, sondern T+A legte von Anfang an Wert auf seriöse und solide Komponenten. Diese Gerätschaften lehnten sich in puncto Design an die Ikonen der Braun-Serie von Dieter Rams an und verbanden somit Wohnzimmertauglichkeit mit gutem Klang. Ein Freund von mir ist schon sehr früh auf diesen Zug aufgesprungen, er hat sich die T+A-Elektronik vom Mund abgespart und hört heute noch sehr zufrieden damit Musik. Ich kann ihn sehr gut verstehen, denn neben Design und Klang zeichnen sich die Maschinen aus Herford auch durch ihre Langlebigkeit aus.

T+A hat sehr lange auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, einen eigenen Kopfhörer – den Solitaire P – herauszubringen. Mir war klar, dass wir es hier sicher nicht mit einem »Me Too«-Produkt zu tun haben würden. Aber was dann bei mir landete, habe ich so ganz sicher nicht erwartet: Herrje, die Jungs kleckern nicht, die klotzen. Eine Kombi aus Kopfhörer und Kopfhörerverstärker für über 11.000 Euro – da verschlägt es sogar mir, der nach Jahrzehnten intensiver Beschäftigung mit dem Thema High End weiß, wie kostspielig unser Hobby sein kann, erst einmal den Atem. Und einen schnöden Kopfhörerverstärker, der  – je nach Preisklasse – nichts anderes als ein Class-A/B- oder Class-A-Verstärker ist, der einen dynamischen Kopfhörer zu treiben hatte, wollte uns T+A natürlich nicht vorsetzen.

Abgeleitet von den hervorragend klingenden und sehr gut beleumundeten Verstärkern der HV-Serie – HV steht bei T+A für Hochvolttechnik – hat das Entwicklerteam einen vollausgestatteten Verstärker auf die Füße gestellt, der an Anschlussmöglichkeiten keine Wünsche offen lässt, wenn man davon absieht, dass er keinen Phonovorverstärker implementiert hat. Im Grunde genommen ist der HA 200 ein extrem aufwendig designter D/A-Wandler mit potenter Class-A-Endstufe. Der DAC verarbeitet Daten bis 32 Bit und 768 Kilohertz, und womöglich werden Sie jetzt fragen, wer so etwas denn wirklich benötigt – bei Qobuz haben die meisten Highres-Files schließlich »nur« 24 Bit / 96 Kilohertz. Hier verhält es sich aber genauso wie bei einem großvolumigen Verbrennungsmotor, der mit Leistung und Drehmoment glänzt und für den Wagen, in dem er verbaut ist, einfach überdimensioniert scheint. Aber Souveränität kommt von Unangestrengtheit, und so scheint es auch bei dem HA 200 zu sein: Ein Kennzeichen ist seine Souveränität bei der Klangentfaltung, aber dazu später mehr.

Analoge Quellen docken an den HA 200 per RCA- oder XLR-Verbindung an, auf der digitalen Seite stehen S/PDIF-Eingänge mit RCA-Buchsen, optische Eingänge, ein AES/EBU-Eingang im XLR-Format, ein S/PDIF-Eingang mit BNC-Stecker sowie USB- und HDMI-Eingänge zur Verfügung. Es gibt hier also nichts, mit dem der HA 200 keine Verbindung eingehen könnte. Ganz spannend fand ich die Möglichkeit, einen digitalen Zuspieler per BNC-Anschluss mit dem Kopfhörerverstärker zu verbandeln. Mein erster D/A-Wandler, über den digitale Musik halbwegs erträglich klang, war der Cambridge Dacmagic, welcher die digitalen Daten nur per BNC-Stecker angenommen hat – und das mit der Begründung, es würde besser klingen. Da ich aus dieser Zeit noch immer meinen hochwertigen RCA-BNC-Adapter in der Schublade liegen habe, konnte ich am HA 200 die Probe aufs Exempel machen. Um es kurz zu machen: BNC klingt in der Tat besser als RCA. Es sind keine Welten, aber die Musik wird geschlossener, emotionaler und transparenter wiedergegeben, wenn sie am BNC-Port des HA 200 anlandet.

Gepflegtes Understatement

An der Front des HA 200 können dann die Kopfhörer andocken – ob mit normaler 6,3-Millimeter-Klinke, symmetrischer 4,4-Millimeter-Klinke oder symmetrischem XLR-Anschluss. Da dem Kopfhörer Solitaire P drei Kabel mit den verschiedenen Anschlussmöglichkeiten beigelegt waren, konnte ich alle drei Optionen ausprobieren. Die symmetrischen Anschlüsse setzen sich klanglich von der unsymmetrischen Variante ab, der Unterschied zwischen symmetrischer Klinke und dem XLR-Anschluss ist aber marginal. Für den Test habe ich dann die XLR-Variante gewählt. Ostwestfalen sind in der Regel nicht dafür bekannt, sich in Superlativen zu ergehen, sondern verströmen eher das gepflegte Understatement. Was darf ich dann erwarten, wenn T+A seinen ersten Kopfhörer als einen Solitär bezeichnet? Ein Produkt, bei dem nichts dem Zufall überlassen wurde und bei dem jedes einzelne Konstruktionsdetail nur ein Ziel hat: das unübertroffene Klangerlebnis.

Das fängt schon bei der Membran an. T+A verwendet für den Solitaire P eine magnetostatische Membran, also eine plane, hauchdünne Folie, welche mit Leiterbahnen bedampft ist und in einem magnetischen Feld schwingen kann. Im Gegensatz zu einer elektrostatischen Folie benötig der Magnetostat keine aufwendige Steuerelektronik und hat gegenüber einem normalen, kolbenförmig schwingenden Chassis deutliche Vorteile, etwa die ansatzlose Dynamik und geringe Partialschwingungen, die sich klangverschlechternd auswirken könnten. In der Lautsprecherwelt ist Magneplanar seit Jahrzehnten der bekannteste Vertreter, der ausschließlich auf Magnetostaten setzt. Ich bin ein großer Fan dieser Lautsprecher, die mich mit ihrer ansatzlosen Musikreproduktion und ihren, dem Dipolverfahren – der Schallabstrahlung nach vorne und hinten – geschuldeten Fähigkeiten, den Raum mit Musik zu füllen. Leider benötigen die liebevoll »Maggie« genannten Lautsprecher auch den entsprechenden Raum, um großartig aufspielen zu können. Bei einem Kopfhörer ist diese Einschränkung nicht relevant, deshalb sprechen alle Vorteile des Magnetostaten – ultraschnelles Ansprechverhalten bei minimalen Verzerrungen – für den Einsatz in einem High-End-Modell. 

Ein Magnetostat benötigt aber auch in einem Kopfhörer eine ultrastabile Aufhängung. Die wird von T+A dadurch gewährleistet, dass die elliptische Ohrmuschel aus einem massiven Stück Aluminium herausgefräst wird. Die weiche, ohrumschließende Auflage wird aus Alcantara hergestellt und begeistert mit einer wirklich feinen Materialanmutung, da sie auch nach Stunden des Tragens nie lästig an der Haut klebt. Ja, das Thema Tragekomfort ist bei Kopfhörern immer so eine Sache. Gerade bei Kalibern wie dem Solitaire P ist das Gewicht nicht zu vernachlässigen. Mit seinem kompromisslosen Aufbau bringt er knapp über 500 Gramm auf die Waage. Aber den T+A-Entwicklern ist es gelungen, den Solitaire P perfekt auszubalancieren, sodass  auch lange Hörsessions problemlos möglich sind. Ich kenne außer dem Solitaire P nur noch einen ohrumschließenden Kopfhörer, unter dem ich meine Brille aufbehalten kann, ohne dass ich Druckstellen und Schmerzen befürchten muss – und das hat was.

Volle Performance

Die Voraussetzungen für guten Klang sollten bei diesem T+A-Duo also gegeben sein, aber die Erwartungen meinerseits sind natürlich ob dieser Materialschlacht und des Preises nicht eben gering. Vorab muss gesagt werden, dass der Solitaire P an jedem guten Kopfhörerausgang eines Voll- oder Vorverstärkers ein ganz ordentliches Klangergebnis abliefert, das weit über dem liegt, was man von guten Kopfhörern gewohnt ist. Aber seine volle Performance zeigt er erst im Verbund mit dem HA 200. Somit beziehen sich meine hier beschriebenen Klangerlebnisse ausschließlich auf die Teamleistung von Solitaire P und HA 200. Mein derzeitiger Musikfavorit ist die neue Platte »Point« von Yello, die ich als Highres-File von Qobuz zuspiele. »Waba Duba« knallt einem unvermittelt und ansatzlos um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Dieses höllische Tempo, das die Musik vorgibt, schüttelt das T+A-Team so locker und selbstverständlich aus dem Ärmel, das schafft kein noch so guter Lautsprecher. Aber auch die Klangwolken, die Schattierungen und Yello-typischen Synthie-Klänge werden perfekt dargeboten. Es ist einfach ein Genuss, die ganze Platte durchzuhören – in die Musik einzutauchen, den Tempowechseln zu folgen, intensiv zuzuhören wird nie anstrengend.

Einer ganz anderen Herausforderung musste sich das Duo bei Pat Methenys Album »Bright Size Live« stellen. Die Musik ist für Metheny eher ungewöhnlich – sehr leise, sehr melancholisch, sehr intim. Die Wiedergabe über den Solitaire P ist überwältigend – man »sieht« geradezu, wie der Meister seine Gitarre streichelt, wie er die einzelnen Töne zupft und zu einem gelungenen Ganzen zusammenfügt. Die Wiedergabe über diesen Kopfhörer hat geradezu etwas Mystisches. Zum Abschluss noch Sade mit »Sally« von ihrem ersten Album »Diamond Live«: Die Anblasgeräusche des Saxophons, dessen Vibrato und dann die einsetzende Stimme von Sade – mit lief es eiskalt den Rücken runter. So echt, so intensiv wie das T+A-Gespann diese Musik wiedergibt, habe ich das bisher noch nie von einem Kopfhörer gehört, geschweige denn erwartet.

Ausstattung

Hersteller:   T+A Elektroakustik, Herford

Modell:   HA 200

Kategorie:   Kopfhörerverstärker/DAC

Preis:   6.600 Euro

Garantie:   2 Jahre

Eingänge

  • RCA
  • S/PDIF (RCA+BNC)
  • AES/EBU
  • Optisch
  • HDMI



Ausgänge

  • 6,3 mm Klinke unsymmetrisch
  • 4,4mm Klinke
  • XLR symmetrisch


Abmessungen (B x H x T):    32 x 10 x 34 cm

Gewicht:   6,5 kg


Hersteller:   T+A Elektroakustik, Herford

Modell:   Solitaire P

Kategorie: 
  Kopfhörer

Preis:   4.800 Euro

Garantie:   2 Jahre

Konstruktion:   ohrumschließend, offen, planar-magnetostatisch

Impedanz:   80 Ohm

Gewicht:   530 Gramm

Kontakt

T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Planckstraße 9 – 11
32052 Herford

Internet:   www.ta-hifi.de

E-Mail:   info@ta-hifi.com

Facebook:   https://www.facebook.com/TAhifi/

Tel.:   0 52 21 / 7 67 60

Testergebnis

Das nenne ich mit Fug und Recht einen Einstieg nach Maß. Mit dem Duo Solitaire P und HA 200 will T+A nirgendwo anders hin als an die Spitze. Dafür war kein Aufwand zu groß, keine technische und konstruktive Herausforderung unüberwindlich. Das Set kostet eine Stange Geld, aber klanglich müssen sich Mitbewerber in Zukunft an Solitaire P und HA 200 messen lassen, denn dieser Ohrenschmaus setzt Maßstäbe.  Stephan Schmid

T+A Solitaire P
Preis: 4.800
Garantie: 2 Jahre
 
T+A HA 200
Preis: 6.600
Garantie: 2 Jahre
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Kopfhörer:
T+A Solitaire P / HA 200
Autor:
Stephan Schmid
Datum:
29.12.2020
Hersteller:
T+A Elektroakustik