CD-Spieler, gibt's die noch? Inzwischen kann doch jeder DVD-Spieler – ab 39 Euro im Baumarkt erhältlich – die Silberlinge alter Garde abspielen. Überhaupt muss man sich fragen, ob Musik in Zukunft nicht nur noch von Festplatten kommen soll? Wir debattieren also über Formate. Das ist nicht gleichbedeutend mit Qualität. Wer ein Faible für hochwertige Musikwiedergabe hat, den interessiert die Frage nach der Quelle meist nur am Rande. Zumindest sollte es so sein. Klingt es exzellent, spielt es doch tatsächlich keine Rolle, ob Plattenspieler, CD-Player oder Festplattenrecorder als »Frontend« fungieren. Gesucht werden Perlen, die, zu einer Kette zusammengefügt, optimales Musikvergnügen bieten.
Ohne Frage gehört Marantz zu den Herstellern exzellenter HiFi- und High-End-Bausteine. Seit 1953 ist das japanische Unternehmen am Markt. Als einer der ganz wenigen Großserienhersteller erlaubt es sich Marantz seit vielen Jahren, einzelne Modelle hausintern tunen zu lassen, so wie das in einer ähnlichen Konstellation Mercedes und AMG in der Automobilbranche ebenfalls tun. Der Unterschied besteht darin, dass bei den Japanern kein zweiter Firmenname ins Spiel gekommen ist, sondern ein Name. Ein Name, den Sie sich, wenn er Ihnen nicht ohnehin schon bekannt ist, merken sollten: Ken Ishiwata.
Seit dreißig Jahren pickt er sich vorzugsweise Verstärker und Digitalgeräte aus dem Sortiment, modifiziert sie – und danach machen sie mehr Musik. Was sich so platt anhört, bekommt erst dann richtig Sinn, wenn man sich der Person Ishiwata nähert.
Ken Ishiwata ist eine charismatische Persönlichkeit. Im Gegensatz zur dunklen Business-Kluft seiner Landsleute fällt er immer durch seine farbenfrohen und außergewöhnlich geschnittenen Gewänder auf. Bei HiFi-Messen denkt fast jeder, dass dieser Mann sich in der Veranstaltung geirrt haben muss. Und so ist die Kleidung mittlerweile zum Markenzeichen des Herrn Ishiwata geworden. Auf die Frage nach seiner Tätigkeit antwortet er regelmäßig, dass er Violinist, Elektronik-Ingenieur, Mode-Fotograf, Marken-Botschafter und Audio-Designer ist. Zuviel für einen normalen Menschen, möchte man entgegen, gerade auch dann, wenn man jeden dieser Bereiche mit Qualität füllen möchte.
Ob wirklich vollständig zu verstehen ist, wie sich das Puzzle seiner Vielseitigkeiten zusammenfügt? Helfen kann zumindest der Blick auf seinen Werdegang. Während der High End 2009 in München plauderte der eloquente Mann anlässlich der KI-Pearl-Vorstellung aus seiner Vergangenheit. Im Alter von zehn Jahren konstruierte er seinen ersten eigenen Verstärker, dem in den folgenden Jahren weitere folgten. Später erfuhr der Vater eines Freundes von Ishiwatas Freizeitbeschäftigung. Er lud ihn ein und spielte ihm Stücke von Julie London vor. Teil der Kette war der Verstärker Marantz 7C. Es muss ein sehr beeindruckendes Hörerlebnis gewesen sein, denn Ken Ishiwata beschloss, diesen Amp nachzubauen.
Bei der Rekonstruktion kam er zu einer Einsicht, die bis heute in all seinen Projekten zur Anwendung kommt: Es ist wirklich die Summe der Teile, die entscheidet, und nicht die (Bau-)Teile für sich genommen. Dazu führt er den verständlichen Vergleich an, dass man die besten und teuersten Fußballspieler der Welt einkaufen kann, aber mitnichten dadurch eine Garantie hat, dass sie zur besten Mannschaft werden. Wie in der Musik kommt es auf die Komposition an.
Nach seinem Studium arbeitete er ein paar Jahre bei verschiedenen, aber durchaus hochrangigen Unternehmen, bis er schließlich 1979 bei Marantz landete. Seitdem übt er direkten und indirekten Einfluss auf die Klangqualität der Komponenten aus. Durch die dabei erreichten Erfolge hat sich Ken Ishiwata weltweit Respekt erworben. Anlässlich seiner dreißigjährigen Zusammenarbeit mit Marantz schenkt er nun Musikliebhabern und sich persönlich ein Duett, das aus Vollverstärker und SACD-Spieler besteht. Beide hören auf den Namen KI-Pearl und werden in einer Auflage von jeweils nur 500 Exemplaren gefertigt.
Zum Testen hat sich i-fidelity.net den SACD- und CD-Player gesichert. Die eigentlich wuchtige Erscheinung wird dem Spieler durch feinstes Industrie-Design genommen. Nach Überprüfen der Eckdaten und ersten Tests war klar, dass sich der SA-KI-Pearl in der Preisregion von mindestens vier-, wenn nicht fünftausend Euro etabliert. Dann die Riesenüberraschung: Der Pearl kostet 2.800 Euro. In Zeiten, in denen sich viele High-End-Komponenten der Grenze des Unbezahlbaren nähern und diese zum Teil überschreiten, gibt es dafür schon vorweg ein Kompliment.
Die fast 15 Kilogramm schwere Konstruktion ruht auf soliden Aluminiumfüßen. Hier klappert und wackelt es an keiner einzigen Stelle. Der Look der Frontplatte strahlt so viel Souveränität aus, dass man es erwähnen muss. Neben dem zentral unter der Schublade angebrachten Netzschalter gibt es links und rechts davon die Bedientasten und den Knopf zum Öffnen und Schließen der Lade. Des Weiteren finden sich ein regelbarer Kopfhörerausgang, die Umschaltung für die Betriebsart SACD und CD sowie eine doppelt belegte Taste für die Nutzung des Pearls als D/A-Wandler und die Ein- und Ausschaltung des Displays – inklusive der beiden indirekt leuchtenden blauen Seitenbalken, die links und rechts von der Laufwerksschublade montiert sind.
Nach dem Drücken der Open/Close-Taste – was auch mit der beiliegenden, wertigen Aluminium-Fernbedienung möglich ist – fährt die stabile Schublade aus, die aus dem Kunststoff Xyron gefertigt ist. Als dessen Vorteile nennt Marantz hohe Stabilität und niedrige Dichte, mit anderen Worten, die Lade soll leicht, steif und resonanzarm sein. Sie transportiert SACDs, CDs, CD-Rs, CD-RWs in das SACDM-10-Laufwerk von Marantz. WMA-Dateien und MP3-Discs liest der Pearl ebenfalls.
Nach dem Auslesen der Daten geht es in den D/A-Wandler, der aus dem Hause Cirrus Logic stammt. Der CS4398 ist ein Multibitler, der Samplingraten von bis zu 192 Kilohertz und Wortlängen von 24 Bit verarbeiten kann. Zudem gilt er als unempfindlich gegenüber klangschädlichem Jitter. Hier gibt es also keine Materialschlachten mit kanalgetrennten Wandlern oder Ähnlichem. Ken Ishiwata nutzt eine konventionelle Lösung. Beim KI-Pearl kann zwischen zwei Digitalfiltern geschaltet werden. Stellung 1 verfügt über ein asymmetrisches, flaches Roll-Off-Filter, Position 2 über ein asymmetrisches, mit deutlich höherer Steilflankigkeit versehenes Filter.
Über den Digitaleingang auf der Rückseite können auch andere Digitalquellen von der Qualität der Marantz-Wandler-Abteilung profitieren. Das funktioniert einwandfrei und mit hoher Wiedergabequalität. Was sich in anderen Marantz-Komponenten bereits bewährt hat, kommt auch im Pearl zum Einsatz: die Verstärkerausgangsstufen HDAM-SA2. Die »Hyper Dynamic Amplifier Module« gibt es bereits seit 17 Jahren. Die SA2-Version stellt die jüngste Entwicklungsstufe dar.
Damit die hochwertigen Bauteile allesamt in ausreichendem Maße und schnell mit Energie versorgt werden können, braucht es ein Netzteil. Das ist im KI Pearl sehr üppig ausgefallen. Ein entkoppelter und geschirmter Ringkerntransformator versorgt digitale und analoge Baugruppen auf getrennten Wegen. Man merkt, dass Mr. Ishiwata auf dem Gebiet des Verstärkerbaus weitreichende Erfahrungen hat.
Wo aber liegt das konstruktive Geheimnis? Zum einen in den auch in anderen Bereichen der Musikanlage relevanten Bereichen, so ist etwa das verkupferte und sehr massive Chassis des Players gegen hochfrequente Einstrahlungen resistent. Gleichfalls ist die ungeheuer stabile Konstruktion bestens gegen Resonanzen und Mikrofonie gewappnet. Zum anderen ist es sicher die zielgerichtete Kombination verschiedener Baugruppen (Laufwerk, Wandler, Ausgangsstufe) zum harmonischen Gesamtkunstwerk.
Ken Ishiwata antwortet auf die Frage nach der Wiedergabequalität wiederum mit einem Bild: »Was macht die Beatles aus? Paul oder John? Die Antwort ist denkbar einfach: Auch in diesem Fall sorgt das Zusammenspiel der vier Musiker für das Ergebnis. Es gibt nicht die Antwort, es liegt an der Perfektion oder Qualität dieses oder jenes Musikers. Das Ganze zählt!« Dann sind wir jetzt sehr gespannt, was der Marantz im Hörraum leistet.
Nachdem sich der Player über ein Woche am Netz befand, führten wir die ersten Hörtests durch. »Novio« von Moby wanderte als CD in den Player. Weitflächig präsentierte der Pearl den elektronischen Klangteppich. Das zu Beginn spielende Klavier war flink und leicht und klang überhaupt nicht synthetisch – was aber normalerweise der Fall ist. Auch der vielen elektronischen Aufnahmen innewohnende, eher unterkühlte Charakter trat nicht zu Tage. Es entsteht der faszinierende Eindruck, sich nicht mit dem Klang, sondern mit der Musik zu beschäftigen.
Noch stärker tritt dieser Eindruck mit »Please Don´t Walk Away« von George Benson auf. Sicher eine Aufnahme, die mit Attributen wie »audiophil« oder »highendig« nicht viel zu tun hat, aber es ist und bleibt gute Musik. Wie gut, das lässt uns der Marantz jetzt hören. Als ob er über eine Art Titelerkennung verfügt, swingt und grooved er mit dem Stück, dass es eine wahre Freude ist. Hier gibt es nichts analytisch Sezierendes, räumlich Überraschendes oder gar ob der Klangqualität Niederschmetterndes zu hören. Erstaunlich ist lediglich, wie deutlich der Melodiefluss entspringt. Der Pearl klingt nicht, er macht Musik. Welchem der beiden Digitalfilter man den Vorzug gibt, scheint eher anlagen- und geschmacksbezogen zu sein. Bei unseren Tests war meist Filter 1 aktiv.
Diese Charaktereigenschaft offenbart er noch stärker mit Live-Einspielungen. Jan Garbareks »Dresden« liegt jetzt im Player. »Once I Dreamt A Tree Upside Down« wird vom perfekten Klavierspiel Rainer Brüninghaus' eingeleitet, auch das sonst eher stille Publikum gerät bei seinen Akkorden in Aktion. Ken Ishiwatas Pearl zieht einen mitten ins Geschehen. Natürlich freut man sich beim Hören über die korrekte Raumabbildung, die Klangfarbe des Saxophons und das virtuose Schlagzeugspiel von Manu Katché. So ist man es schließlich von hochwertigen Playern gewohnt. Dennoch wirkt das Geschehen nicht wie eine Abfolge von Noten, die von hervorragenden Musikern gespielt werden, sondern wie eine Art akustischer »Film«.
Um keinem Irrtum aufzusitzen, spielt sich der röhrenbestückte SACD- und CD-Spieler Magnat MCD 850 schon einmal warm. Nachdem wir ihn mit der Garbarek-CD bestückt haben, ist der Unterschied sofort klar und wäre mit dem Wort Klangqualität tatsächlich nur unzureichend beschrieben. Der Magnat bildet die Bühne auch großzügig ab, in den unteren Registern packt er nicht ganz so kraftvoll wie der Marantz zu, und auch beim Raum muss man Einsparungen hinnehmen, aber ihm geht das musikalische Gewebe des Pearls fast vollständig verloren. Der MCD 850 klingt im direkten Vergleich mehr nach HiFi als nach Musik.
Bei SACD wird die Differenz noch gravierender. Als Ewen Carruthers »One Red Shoe« im Player liegt, setzt sich der Magnat ein ganzes Stück vor seine ursprüngliche Performance. Räumlichkeit und Klangfarben gelingen ihm einwandfrei. Dank seiner Röhrenausgangsstufe gibt der MCD 850 auch die Flöte auf »Mr. Anderson« gefühlvoll wieder – denkt man zumindest solange, bis die SACD im Marantz SA-KI-Pearl rotiert. Der fächert das Geschehen breiter und tiefer auf, bietet den vollständigen Nachhall und sorgt durch seine lockere Gangart dafür, dass man den Text plötzlich mühelos hört und versteht.
Eigentlich »nervt« der KI Pearl den Redakteur, weil er einen ständig aus dem Test-Rhythmus bringt. Man ist es gewohnt, mit seinen Prüf-SACDs und CDs den Testparcours abzuhören, aber der Marantz lässt einen nicht. Ständig bleibt man im Fluss der Musik gefangen. Mit dem Marantz geht es »Up, Up And Away« so wie in dem Titel von 5th Dimension. Große Klasse, was auch bei alten Stücken an Geist befreit wird. Zum Erkennen der überragenden Eigenschaften braucht man wahrscheinlich keine vier Minuten. Einfach Eugene Ruffolo auflegen und »Beyond Love« anhören, nach einer Minute denken Sie nicht mehr über Klangqualität nach, nach zwei Minuten haben Sie sich sich an die gefühlvolle Wiedergabe gewöhnt, den Rest des Titels heißt es einfach genießen.
Abspielbare Formate: SACD, CD, CD-R, CD-RW, MP3, WMA
Ausgänge: 1 x Cinch, 1 Digital koaxial, 1 x Digital optisch, 1 x Fernbedienung
Eingänge: 1 x Digital koaxial, 1 x Fernbedienungs-BUS-System
2 Digitalfilter zur Auswahl
Display ist abschaltbar
Auf 500 Stück limitierte Auflage
Abmessungen (B x H x T): 44 x 13 x 42 Zentimeter
Gewicht: 14,5 Kilogramm
Lieferumfang: Fernbedienung inklusive Batterien, Netzkabel, Cinchkabel, Fernbedienungskabel für BUS-System, Bedienungsanleitung, Garantie-Karte
Marantz Deutschland
D&M Germany GmbH
A division of Sound United
An der Kleinbahn 18
41334 Nettetal
E-Mail: info@marantz.de
Internet: www.marantz.de
Schweiz
Piega SA
Bahnhofstraße 29
CH-8810 Horgen
Telefon: 0 44 / 7 25 90 42
Fax: 0 44 / 7 25 91 92
E-Mail: marantz@piega.ch
Was nach diesem Test übrig bleibt, ist die Aufforderung, schnell zu sein. Von diesem Player stehen weltweit 500 Stück zur Verfügung. Sprechen sich die überragenden musikalischen Eigenschaften weiter herum, dürfte die Quelle jedoch schnell versiegen. Spätestens dann ist der SA-KI-Pearl wertvolles Kultobjekt. Seine grundsolide Verarbeitung, die souveräne Ästhetik, die offensichtlich ausgereifte Technik und natürlich die hochqualitativen Wiedergabeeigenschaften machen ihn zu einem der besten SACD- und CD-Player, die man käuflich (noch) erwerben kann. Der Preis von 2.800 Euro spiegelt das Leistungsspektrum nicht korrekt wider, denn er bereitet auch Playern, die nahezu das Doppelte kosten, echte Schwierigkeiten. Wenn Sie bei der Wahl einer Komponente wirklich Musikalität als oberstes Kriterium ansetzen, kommen Sie an diesem Player kaum vorbei. Olaf Sturm
| Marantz SA-KI-Pearl |
| Preis: 2.800 Euro |
| Garantie: 3 Jahre |