Das Schöne an einem exzellenten HiFi-Verstärker traditioneller Machart ist seine Qualitätsbeständigkeit. Er war gestern gut, ist heute gut und wird auch morgen noch gut sein. Der Zahn der Zeit nagt nicht an seinem klanglichen Kapital. Dennoch schien dem Hersteller T+A der Moment gekommen, dem etablierten PA 1000 E eine Neubelebung zuteil werden zu lassen. Schuld ist wieder einmal die allgegenwärtige Digitalisierung. Nahezu jeder neue Stereo-Amplifier erscheint heutzutage mit einer Phalanx digitaler Eingänge. Da war es nur folgerichtig, dass man bei T+A im Falle des rein analogen PA 1000 E zur Handlung schritt.
Glücklicherweise hat man in Herford schon über Jahrzehnte im Feld Digital Audio eine außergewöhnlich hohe Kompetenz aufgebaut, so dass der Weg zur digitalen Auffrischung kein weiter war. Für den jetzt PA 1100 E betitelten Neuzugang im Portfolio bedienten sich die ostwestfälischen Ingenieure bei der aktuellen Top-Technologie der um ein Vielfaches teuren HV-Reihe. Der bewährten Basis wurde eine angepasste Digital-Einheit injiziert, die auf den bei der T+A-Oberklasse gewonnenen Erkenntnissen fußt. Natürlich musste hardware-seitig etwas abgespeckt werden, um dem avisierten Preispunkt zu entsprechen. Bei diesem Technologietransfer erhalten geblieben sind jedoch beispielsweise der 32-Bit-DA-Wandler von Burr Brown – nur dessen Anzahl wurde reduziert. Der freiprogrammierbare DSP ist identisch und damit auch das Prinzip der »in-house« entwickelten Signalverarbeitung auf Basis einer »Floating Point Arithmetik«. Deswegen entsprechen die verfügbaren beiden Filter des Elfhunderters auch denen der HV-Serie, die dann aber deren vier anbietet.
Gelegentlich neigen Hersteller dazu, bei einer implantierten Digitalsektion ein Niveau anzubieten, welches dem Verstärker qualitativ nicht zu 100 Prozent entspricht. Hauptsache, die digitalen Verbindungen sind an Bord, lautet die kostenorientierte Haltung. Nichts liegt dem PA 1100 E ferner. Die Features lesen sich für eine im Vollverstärker integrierte Lösung sehr beeindruckend: vier Digital-Inputs gemäß S/PDIF warten auf Signale in maximal 24-Bit/192-kHz - und zwar sowohl koaxial als auch optisch. Üblicherweise ist ein optischer Eingang auf 96-kHz limitiert, doch dank des neuen leistungsfähigeren Receiver-Moduls von Everlite können auch hier Signale bis 192-kHz verarbeitet werden, wie mir Raimund Raßmann aus der T+A-Entwicklungsabteilung im Gespräch erläuterte. Der USB-Port nimmt noch höher aufgelöste Files bis 32-Bit/384-kHz-PCM oder DSD-256 (11,2 MHz) entgegen. Um zeitkritischen Jitter sowie äußere Störeinflüsse zu minimieren, wird das einkommende Signal über eine interne PLL-Clock resynchronisiert.
Für den schnellen unkomplizierten Zugang via Mobilgerät steht ein Bluetooth-Modul samt Antenne bereit. Dessen aptX-Modus garantiert eine sehr gute Klangqualität dieser grundsätzlich mit Kompression arbeitenden Übertragungsstrecke. Die zudem auch zur Steuerung von externen Geräten genutzt werden kann, sofern jene das AVRCP-Protokoll unterstützen. Um gegenseitige schadhafte Einflüsse abzuwenden, ist das Digital-Board komplett autark vom Verstärker - es wird mit eigenen, jeweils getrennten Spannungen für DSP- und Wandler-Sektion versorgt. Aufgrund der neuen Digitalabteilung musste einer der beiden symmetrischen Eingänge des Vorgängers weichen - ansonsten aber entspricht der 1100er in jeder Hinsicht dem PA 1000 E. Eine gute Entscheidung, denn dieser Amp bildet eine hervorragende analoge Grundlage. Nicht umsonst ist er seit über zehn Jahren fester Bestandteil im T+A-Programm: erst unter dem Namen Power Plant, dann 2016 technisch revidiert zum PA 1000 E weiterentwickelt und jetzt als PA 1100 E upgedatet. Woran die ganze Zeit aus gutem Grund nicht gerüttelt wurde: die qualitative Anmutung und Ausführung. Mit seinem raumgreifenden Format, der klar definierten Frontpartie, einer massiven Aluminium-Abdeckung, den gleichsam kühlenden Flanken-Elementen und einer generell stupenden Verarbeitung hat der Verstärker eine extrem edle Außenwirkung, die dem Preis von knapp 4.000 Euro mehr als Genüge leistet.
Ein wichtiger Qualitätsfaktor bei dem hier vorliegenden Probanden sind seine Endstufen, welche auf der Basis von Pulsweitenmodulation fungieren. Es handelt sich dabei um vollständige Eigenentwicklungen und nicht etwa um lediglich angepasste Zukaufmodule. Diese Class D-Leistungsverstärker von T+A setzen auf einen analogen anstatt digitalen Modulator, sind komplett diskret aufgebaut und mit schnellen MOSFET-Transistoren sowie stromstarken Treiberbausteinen ausgestattet. Durch eine bewusst schwache Gegenkoppelung, die frequenz-abhängig vor den Ausgangsfiltern agiert, will man versorgungsspannungsinduzierte Signalverzerrungen ausschließen.
Bei diesem Konzept ist ein laststabiler und potenter Spannungszufluss unbedingt geboten, weswegen die Ingenieure aus Herford sich hier nicht zurückgehalten haben: wir finden ein mehrfach stabilisiertes Netzteil, den entkoppelten und schwimmend aufgehängten Ringkerntrafo sowie hohe Siebkapazitäten in der Endstufe. 50 Ampere potentieller Spitzenstrom dürfen erheblich dazu beitragen, selbst anspruchsvolle Lautsprecher zu domestizieren. Auch die Vorverstärker-Sektion besticht durch keinesfalls landläufigen Aufwand: so arbeiten die Audio-Operationsverstärker beispielsweise auf eigenen, spannungsstabilisierten Platinen. Das hochklassige Präzisions-Potentiometer für die Lautstärkereglung stammt vom Spezialisten Alps.
Die grundsätzliche Ausstattungs-Konzeption folgt einer traditionellen Idee von Vollverstärker: so verfügt der Amp über einen Balance-Steller, selten gewordene Bass- und Höhenregler sowie eine gehörrichtige Lautstärke-Korrektur (Loudness). Jene beiden Arten der Klangbeeinflussung lassen sich via Tastendruck aus dem Signalweg entfernen – der Purist kann also gelassen aufatmen! Neben dem Pre Out steht sogar ein Rec Out für analoge Tonband-Aufnahmen zur Verfügung. Der PA 1100 E besitzt insgesamt fünf analoge Eingänge, die über Gold-Relaiskontakte geschaltet werden. Der bereits erwähnte symmetrische Input befindet sich auf einer eigenen Platine und kommuniziert mittels Differenzverstärker direkt mit der Vorstufe. Dank einer modularen Bauelemente-Konzeption kann der Kunde seinen T+A je nach Bedarf punktuell umwidmen respektive erweitern. Zwei Phono-Platinen á 390 Euro für Abtastsysteme der Prinzipien MM oder MC stehen wahlweise zum Einbau bereit - und belegen dann Line-Input Nummer Vier. Sie gestatten via DIP-Schalter eine jeweils 16-stufige Feinanpassung in Sachen Kapazität (MM) und Impedanz (MC), erfordern zur Montage aber das Öffnen des Geräts. Wer technisch nicht unbegabt ist, kann diese Prozedur höchstwahrscheinlich selbst durchführen, im Zweifel steht aber der T+A-Fachhändler helfend bereit.
Damit nicht genug - auch digital darf aufgerüstet werden. Eine ergänzende HDMI-Platine (400 Euro) sorgt für den Anschluss von Blu-ray/SACD-Player, Spiele-Konsole oder Fernsehgerät. Dank ARC reagiert der PA 1100 E dann auf die Lautstärke-Befehle des TV. Die eigene Fernsteuerung des Verstärkers hat der Hersteller auf unübliche Art gelöst. Der IR-Empfänger ist nicht im Gerät integriert, sondern befindet sich als kleines, frei zu platzierendes Modul separat im Lieferumfang, um an der RC In-Buchse auf der Rückseite des PA 1100 E zu ankern. So kann der Verstärker etwa bei einem Einbau in ein Regal oder der Platzierung außerhalb des Sichtfeldes aus der Ferne besser angesprochen werden. Zwei der drei nebenan positionierten RJ45-Ports dienen nicht etwa zur Einbindung in ein Streaming-Netzwerk, sondern als sogenannter E2-Link der Übergabe potentieller Updates und etwaiger Diagnose-Prozesse. Der Zugang LAN ermöglicht die Integration in ein umfassendes Smart Home-Setup zur differenzierten Beschallung eines ganzen Hauses.
Bei dem Hörtest fokussiere ich mich natürlich auf das konventionelle Stereo-Setup. Zwei Lautsprecher - ein Raum. Das erste Augenmerk liegt auf der Qualität der Digitalsektion. Via USB erhält diese ihre Signalspeisung direkt aus dem Roon Rock-Server, der hervorragende Grundlagen liefert, die der T+A möglichst gut umzusetzen hat.
Wer meint, der mit 2 x 400 Watt Impulsleitung vom Hersteller prognostizierte Amp würde ster(e)oid aufgepumpt posieren, wird im ersten Moment möglicherweise enttäuscht sein: es gibt kein basslastiges Kraftmeiern, sondern eine auffallende Unauffälligkeit zu konstatieren. Innewohnende Ruhe trumpft hier grellem Effekt. Bei den Songs auf Greg Foats wunderbaren Album »The Mage« höre ich eine feingliederige Destillation der einzelnen Instrumente, welche der T+A in einem ausgeglichenen Verhältnis gleichberechtigt präsentiert. Ich entscheide, worauf ich meine Aufmerksamkeit fokussiere, nicht der Verstärker. Er lässt mir die Wahl, auch und gerade die leisen Töne zu beachten wie das Solina String Ensemble im Hintergrund von »Endless Love« oder mich doch lieber dem wunderbar getroffenen Naturell des dominanten Saxophons hinzugeben. Der PA 1100 E ist weder Blender noch Draufgänger, sondern nimmt sich aus dem Geschehen zurück, wirkt quasi wie nicht vorhanden, agiert eher als Dienstleister denn als Charakterkopf.
In diesem Service-Sinne kann er aber auch liefern, wenn beispielsweise Pegel oder Bassintensität gefragt ist: das extrem explosive Schlagzeugspiel mit wuchtiger Kick-Drum in Tateinheit mit dem energischen Kontrabass in »The High Priestess« überträgt er sauber differenzierend und gleichwohl vollmundig mit geradem Rückgrat, welches auch nicht einknickt, wenn der Volumen-Regler Richtung Nord/Nordost zeigt. Es wird einfach nur lauter, Kontrolle und Ausgewogenheit bleiben bestehen. Die räumliche Abbildung gelingt ihm weit ausholend, die kreisenden Congas und die an/abschwellenden Becken bei »Drifting« spielen an den Eckpunkten des Hörraumes. Dennoch schafft es der PA 1100 E, seine Homogenität zu erhalten und das Klangbild nicht künstlich auseinander zu reißen.
Diese bisherigen Eindrücke stellen sich mit dem Standard-FIR-Filter der Digitalwandlung ein, welches über die Taste »OVS« auf der Frontplatte in eine von T+A eigens entwickelte Variante mit Bezier-Algorithmus umzuschalten ist. Damit soll die strikte Neutralität um eine in Sachen Impuls- und Zeitverhalten optimierte Darstellung erweitert werden. Hierfür wähle ich absichtlich Musik, bei der Aufnahmequalität nicht erste Bürgerpflicht war, sondern allein der »Groove«-Faktor zählt: »Yeye We Nou Mi« aus dem ersten Album des Orchestre Poly-Rythmo de Cotonou Dahomey. Das alternative Filter zieht die Bühne minimal zusammen und fokussiert mehr nach vorne heraus, wirkt so direkter und dynamischer, was dem brodelnden Afro-Funk aus dem Jahre 1973 nur zu Gute kommt.
Aber auch bei einer modernen Hi Res-Aufnahme gefällt diese Einstellung: Donald Fagens »Brite Nitegown« als 24-Bit/96-kHz-Flac shufflet unwiderstehlich mit seinen ineinander komplex verwobenen Gitarren-Licks und Bläser-Motiven sowie dem bouncenden Bass und den swingenden Drums. Klarer Fall: Wenn die Musik vorrangig rhythmisch agiert, klickt mein Daumen auf der Fernbedienung immer zur Bezier-Version. Die Beschränkung auf nur zwei, aber unterschiedliche timbrierte Filter ist mir durchaus sympathisch. So läuft man nicht Gefahr, gestresst im Meer der Möglichkeiten zu versinken, statt der Musik die eigentliche Aufmerksamkeit zu schenken.
Ungeachtet des digitalen Fokus des T+A PA 1100 E wollte ich es am Ende nicht unterlassen, mir auch von der analogen Sektion des Amps einen eigenen Eindruck zu vermitteln. Da in meinem Testexemplar keine der beiden separat erhältlichen Phono-Platinen verbaut war, oblag es dem Analogis Résumé Vorvorverstärker, die Signale vom Transrotor Dark Star zu übermitteln. Schnell wurde klar, warum sich die Urmodelle des PA 1100 E einen so guten Ruf erspielt haben: John Martyns »Solid Air« in der Abbey Road-Half Speed-Master-Edition klang fantastisch: die Explosivität des Akustikgitarren-Pickings übermittelte der T+A auf agil-ansatzlose Art und Weise, während gleichsam der elastisch-wuchtige Kontrabass in seiner tiefgreifenden Knorrigkeit sattelfest in den Raum gestellt wurde. Gleichzeitig offerierte der Verstärker die Möglichkeit, dem lyrischen Saxofon zu folgen oder das sich langsam herantapsende perlige E-Piano zu bemerken. Alle Inkredenzien waren da, keine stand unbotmäßig im Schaufenster. So etwas nennt man Ausgewogenheit…
Messwerte Vollverstärker T+A PA 1100E
Leistung
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD): 273 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD): 161 W
Verzerrungen
Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm): 0,0063 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm): 0,017 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm): 0,014%
Störabstände
Fremdspannung (- 20 kHz): -98,3 dB
Geräuschspannung (A-bewertet): -102,2 dB
Sonstige
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm): 45 kHz
Kanaldifferenz: 0,38 dB
Eingangswiderstand: 23 kOhm
Stromverbrauch
Stand-by: 0,4 W
Leerlauf: 19 W
Hersteller: T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Produkt: PA 1100 E
Kategorie: Vollverstärker
Preis: 3.890 Euro
Garantie: 3 Jahre (bei Registrierung)
Eingänge
Ausgänge
Streaming: Bluetooth (aptX HD)
Optional
Ausführungen
Abmessungen (B x H x T): 44 × 11,5 × 38 cm
Gewicht: 14 kg
T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Planckstraße 9 – 11
32052 Herford
Internet: www.ta-hifi.de
E-Mail: info@ta-hifi.com
Facebook: https://www.facebook.com/TAhifi/
Tel.: 0 52 21 / 7 67 60
Mit dem PA 1100 E hat T+A klug auf die Erfordernisse des Marktes reagiert und seinen bewährten Analog-Verstärker PA 1000 E um eine exquisite Digitalsektion bereichert. Diese profitiert von dem Wissen und der Technik der großen HV-Serie und liegt in Folge dessen weit über dem Qualitätsniveau, welches man gemeinhin von integrierten DA-Wandlern innerhalb eines Verstärkers erwarten darf. Mit einem solchem Pfund in der Hinterhand erzeugt der PA 1100 E ein sehr ausgeglichenes, strikt neutrales Klangbild, welches sich per Tastendruck durch Wechsel des Filters in Richtung Drive und Vitalität lenken lässt. Dank der digitalen Blutauffrischung zeigt sich dieser ohnehin schon exzellente Verstärker traditioneller Ausstattung (Klangregler, Loudness, Balance, Tape-Schleife) in jeder Hinsicht auf der Höhe der Zeit. Der fantastisch verarbeitete PA 1100 E ist in der Lage, Musikliebhabern nachhaltige Zufriedenheit zu garantieren. André Schwerdt
| T+A PA 1100 E |
| Preis: 3.890 Euro |
| Garantie: 3 Jahre (nach Registrierung) |