Mit der Diamond-Serie bringt Vincent eine Sonderedition des erst im letzten Jahr überarbeiteten, klanglich exzellenten Premium-Vorverstärkers SA-T7MK auf den Markt. Warum machen die das?

Das Schöne und das Schwierige an hochwertiger Audio-Elektronik: Es geht hier um Geräte, die mehr vollbringen müssen, als nur im Grundsatz zu funktionieren. Denn es gilt, die Magie eines musikalischen Werkes zu transportieren und intensiven Kunstgenuss zu ermöglichen. Diesen Auftrag hat man bei Simaudio, dem Hersteller der Marke Moon, tief verinnerlicht. Auf ihrer Website verweisen die Kanadier sogar auf die positiven Aspekte einer hochwertigen Musikerfahrung bezüglich der emotionalen und körperlichen Befindlichkeit des Hörers – wozu die hauseigenen Geräte gerne einen relevanten Beitrag leisten.

Mit diesem anspruchsvollen Ansatz landet man zwangsläufig in der Liga der besonders elaborierten Produkte für einen exklusiven Kundenkreis – was dann in der Spitze zu einem Flaggschiff wie dem Moon 888 Power Amplifier führt. Dieser State-Of-The-Art-Verstärker kostet 118.888 Dollar pro Paar! Parallel dazu unternehmen die Ingenieure aus Quebec große Anstrengungen, möglichst viel von ihrem Wissen in einen Preisbereich zu transportieren, der für einen größeren Kundenkreis realisierbar ist.

In der hierfür konzipierten Neo-Serie stellt der Moon 240i das zweitkleinste Modell dar. Naturgemäß stellt sich die Frage, wie viele von den Qualitäten der kompromisslosen Top-Produkte hier noch zum Tragen kommen. Im Fall des Neo 240i darf ich Entwarnung geben: Auch dieser relativ günstige Moon ist ein echter Moon. Schließlich können seine geistigen Väter als audiophile Überzeugungstäter (zu) schwer wiegende Sparmaßnahmen weder mit ihrer Philosophie noch dem hart erarbeiteten Renommee vereinen. Denn die Firma Simaudio hat sich nicht nur seit den Anfängen 1980 einen hervorragenden Ruf als Lieferant von exzellenten High-End-Audio-Geräten erarbeitet, sondern ist vor fünf Jahren auch von langjährigen Mitarbeitern übernommen wurden. Diese Urgesteine des Unternehmens stellen Anspruch und Herzblut der Marke nicht leichtfertig in Frage, nur um einen bestimmten Preispunkt zu erreichen.

Da passt es ins harmonische Bild, dass sämtliche Produkte des sehr umfassenden Portfolios mit großer Fertigungstiefe von Platinenbestückung bis Gehäusebau vollständig im Hochlohnland Kanada hergestellt werden – unter Sicherstellung adäquater Umweltschutzbedingungen. In logischer Konsequenz kostet selbst dieser Vertreter der Einstiegsklasse rund 2.400 Euro. Aber dafür bekommt der künftige Besitzer auch viel geboten.

Die Verstärker-Sektion des Neo 240i folgt einem klassischen A/B-Schaltungskonzept und steht felsenfest in der technologischen Tradition des Hauses. Auch dieses Modell kann typische Elemente eines Moon-Amps vorweisen – wie spezielle bipolare Ausgangstransistoren mit hoher Verstärkungslinearität oder die Lynx-Schaltung, bei der eine Gegenkopplung sich bewusst auf tiefe Frequenzen beschränkt. So will man eine ideale Kombination aus hoher Musikalität bei gleichzeitiger Basskontrolle erzielen. Für die stabile Stromversorgung ist ein Linear-Netzteil zuständig, dem der von Simaudio selbst entwickelte, Streufeld-arme Ringkerntrafo von beträchtlichen Abmessungen assistiert. Die gewünschte Endstufenleistung stellen vier mittels Aluminium-Kühlkörper auf Temperatur gehaltene ICs von Texas Instruments bereit. Hieraus resultiert auch das einzig erkennbare Zugeständnis an die avisierte Preisklasse: Die nominelle Ausgangsleistung des Moon 240i bewegt sich mit 2 x 99 Watt an 4 Ohm in einem überschaubaren Rahmen. Weswegen Simaudio den 240i bewusst für kleinere bis mittlere Räume empfiehlt. Die ausgefeilte Technik befindet sich in einem sehr stabil wirkenden, vibrationsdämmenden Gehäuse, dessen Frontplatte in den Ausführungen Schwarz oder Schwarz/Silber erhältlich ist. Die wenigen Knöpfe sowie der einzige Regler lassen spartanische Ausstattung vermuten, doch dieser Gedanke führt in die Irre.

Top-Konnektivität

Eingangsseitig lässt der Franko-Kanadier keinerlei Wunsch offen: Zwei Line-Inputs warten auf analoge Signale, ein separater Phono-Eingang (MM) mit handelsüblicher Impedanz und Kapazität steht für die Wiedergabe von Vinyl-Schallplatten bereit. Dazu gesellt sich auf der Frontplatte ein Mini-Klinken-Input, um auf die Schnelle gängige Mobilgeräte wie Smartphone oder Portable Audio Player einzubinden. Diese analoge Ausstattung wird durch eine vielfältige Digital-Sektion ergänzt. Basierend auf einem ESS SABRE 9010-Chip stellt der Moon 240i fünf Digital-Ports zur Verfügung: je zweimal koaxial und optisch plus USB. Die Wiedergabe hochaufgelöster PCM-Dateien erfolgt bis auf 32 Bit/384 MHz-Niveau inklusive DXD. Auch DSD-Formate werden am USB-Anschluss verarbeitet – hier markiert DSD 256 die Obergrenze. Damit ist der Moon auf digitaler Ebene exzellent ausgestattet. Abgerundet wird das Konnektivitäts-Angebot durch einen Kopfhörer-Ausgang, dem Pre Out-Duo für Subwoofer oder Zusatzverstärker und vielfältige Möglichkeiten zur Synchronisation mit anderen Moon-Komponenten oder potentielle Einbindung in Heim-Automations-Systeme.

Aufgrund dieser Vielzahl an Anschlussmöglichkeiten bei gleichzeitig sehr aufgeräumter Frontpartie mit nur wenigen Tasten besteht immer die Gefahr einer sperrigen Bedienung. Beispielsweise weil man sich durch alle Inputs klicken muss, um von Phono nach USB zu gelangen. Deswegen haben die kanadischen Ingenieure die komfortable Option geschaffen, ungenutzte Eingänge stillzulegen und so während des Skippens zu überspringen. Dieser Vorgang gelingt via Software im Setup-Menü, wo viele weitere Optionen für individuelles Anpassen des Geräts bereitstehen – wie die Umbenennung der Inputs oder das Rekonfigurieren eines pegelvariablen auf einen pegelfixen Eingang. Letzteres macht Sinn bei der Integration des 240i in eine Heimkino-Welt, in der dem Stereo-Amplifier die Wiedergabe der Front-Links/Rechts-Kanäle zugewiesen wird.

Grundsätzlich erweckt der Moon den Eindruck eines konsequent durchdachten Verstärkers, der sich jener snobistischen Sichtweise verweigert, dass audiophile Klangqualität mit holpriger Handhabung einhergehen muss. Solche sachliche Denkart bemerkt man im alltäglichen Umgang: Die Tipptasten reagieren mit festem Druckpunkt, der Endlos-Regler läuft butterweich, das OLED-Display ist praxisnah programmiert und aus größerer Entfernung sehr gut zu identifizieren. Die dem Preisschild entsprechende gehobene Klasse eines Premiumanbieters wird durchweg erlebbar.

Weltrekord

Positiv gestimmt von der Grundkonzeption des Gerätes war ich bereit für den ausgiebigen Hörtest, nicht ohne vorher das vorbildliche Handbuch zu Rate zu ziehen. Mit der Erkenntnis, dass der Moon Neo 240i zumindest einen Weltrekord aufstellt: in der vom Hersteller empfohlenen »Break-In«-Phase von sage und schreibe 400 Stunden! Weswegen der Hörtest um zwei Wochen verschoben wurde und der Moon fortan weiter permanent im »Berieselungs«-Modus vor sich hin musizierte. Schließlich ist es nur fair, den Verstärker erst unter seinen optimalen Bedingungen einer Prüfung zu unterziehen.

Entsprechend gespannt war ich auf die ersten Erfahrungen im konzentrierten Hören, als mit erheblichem Verzug das Album »Versus« als CD-Rip digital am koaxialen Input des 240i landete. Diese Produktion von Carl Craig Featuring Francesco Tristano, Les Siècles Orchestra & François-Xavier Roth eignet sich perfekt als Prüfungsmaterial, weil sie neben der exzellenten Aufnahmequalität ein breites Anforderungsspektrum für den Probanden bereitstellt. Schließlich treffen Techno und Klassik mit ihren spezifischen und teilweise konträren klanglichen Eigenheiten und Merkmalen aufeinander. Der Amplifier musste beweisen, dass er ein großformatiges Orchester originalgetreu darzustellen weiß – mit dessen natürlichen Klangfarben und dem extremen Dynamik-Potential des Klangkörpers. Diese hohe Hürde übersprang der Moon sicher: Die Streicher beispielsweise hatten je nach Moment das richtige Maß an Sanftheit und Kratzbürstigkeit, und die Sektion der Holzblasinstrumente verfügte über diesen ganz spezifischen, wunderbar harzigen Charakter. Und als die Pauken bei »Sandstorms« mit Unterstützung eines elektronischen Pendants unbarmherzig zuschlugen, konnte der 240i deren plötzliche impulsive Mächtigkeit gut darstellen – ohne dass man den Eindruck hatte, der Verstärker arbeite an seiner Leistungsgrenze, obgleich er ja nominell nicht zu den überreichlich proportionierten Berserkern zählt.

Wenn der Moon in puncto Pegel gefordert wurde, verlor er keineswegs die tonale Ordnung. Es wurde lauter, aber weder merkte man ihm eine erhöhte Anstrengung an, noch veränderte sich die Ausrichtung der Wiedergabe. Diese Prüfung mag in zu großen Zimmern mit zu wirkungsgradschwachen Boxen-Partnern anders verlaufen – in der von Simaudio für den 240i vorgeschlagenen kleinen bis mittelgroßen Umgebung meiner 25 Quadratmeter hat der Verstärker die Aufgabe fantastisch gemeistert. Hier verarbeitete er jene unvermittelt auftauchenden Tieftonimpulse der Techno/Klassik-Tracks von Carl Craig mit großer Selbstverständlichkeit und Nonchalance – sehr klar wahrzunehmen bei den Bassläufen und Drumbeats auf dem Titel »Desire«. Aber als grundsätzlicher Wesenszug bleibt die Erkenntnis: Im Zweifelsfall zieht der schwarz-silberne Moon die abgezirkelte Präzision immer der abgrundtiefen Wucht vor.

Raum und Tempo

Auch bei der räumlichen Darstellung wusste der kanadische Verstärker im Zusammenspiel mit den in dieser Hinsicht ohnehin begabten LS 50-Lautsprechern zu überzeugen. Das Orchester stellte er in dessen ganzer Breite exakt austariert und weit gestaffelt auf. Im Gegensatz zum auffächernden Positionsprinzip des klassischen Orchesters platzieren sich die elektronischen Elemente häufig mittig frontal, getrieben von dem Ziel, mehr (Ein-)Druck zu erzielen. Hier präsentierte der Moon-Amp die plötzlichen Drum-Attacken gewünscht vordergründig mit hohem Knackigkeitsfaktor. Zudem punktete er mit seiner Fähigkeit, Impulse rasant schnell zu verarbeiten. Das machte sich auch bei analogen Sequenzer-Linien vorteilhaft bemerkbar. Seine außergewöhnliche Verarbeitungsgeschwindigkeit ist definitiv einer der großen Pluspunkte des 240i. Die schneidenden Moog-Soli und bewusst überzeichneten elektronischen Hi-Hats stellte er in deren absichtlicher Schärfe beißend und durchsetzungsstark dar, was belegt, dass der Moon keinesfalls zu einer schönenden Interpretation neigt, sondern auf der neutralen Seite beheimatet ist. Ist es grell, klingt es grell.

Details und Kohärenz

In jeder Hinsicht ein Kontrastprogramm zu Carl Craigs' orchestralen Neuinterpretationen seiner Detroit-Techno-Meisterwerke stellt Eva Cassidys sparsam instrumentierte Version von »Ain't No Sunshine« dar. Bei diesem Titel aus der Dali-CD »Vol. 4.« zeigt sich, wie wunderbar der Vollverstärker eine Balance aus Analyse und Ganzheitlichkeit erzeugt: Durch seine Auflösungskompetenz erlaubt er, dem begleitenden Basslauf zu folgen oder die leichte Hallfahne auf dem Gesang zu bemerken, ohne davon abzulenken, dass Eva Cassidy den vielgespielten Bill-Withers-Titel sehr berührend intoniert. Der Neo 240i fokussiert Details nicht mit dem roten Laserpointer, sondern bietet diese Einzelaspekte als Option zum Hörgenuss an. Im Zentrum bleibt immer die harmonische Musikerfahrung als Ganzes, die durch Offenlegung von Detailinformationen an Intensität und Tiefe gewinnt.

Dieser Aspekt der besonderen Ausgewogenheit und maximalen Nähe zum Original-Ton zeigte sich auch bei »Travellers 4/Churchyard Entertainment« von Meredith Monk aus dem Album »Book Of Days«. Die komplex verschachtelten, lautmalerisch orientierten Chor-Arrangements werden über den Moon-Amplifier zum echten Genuss, weil man die einzelnen Charaktere der Stimmen und deren verschlungene Wege im Arrangement wunderbar erkennen kann. Auch überzeugen Luftigkeit und Leichtheit in der Darstellung, die das Verspielte und Lebhafte im Gesangsvortrag deutlich machen. Hier verschmiert kein Ton, alles ist hochgradig sauber und klar – quasi das klangliche Äquivalent (Achtung: Klischee!) zu einem kanadischen Wintermorgen.

Ich wage die Behauptung, dass derartig komplexe Musik wie von Meredith Monk lediglich auf zwei Arten wirklich Sinn macht, weil sie nur so in ihrer außergewöhnlichen Schönheit und künstlerischen Qualität wahrzunehmen ist: direkt in der Live-Aufführung oder über eine hochwertige, alle Feinheiten genau darstellende Stereo-Anlage, bei der ein exzellenter Verstärker wie der Moon Neo 240i im Zentrum agiert.

Messwerte Vollverstärker Moon 240i

Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD):   99 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD):   63 W

Verzerrungen:

Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,0033 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,023 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,0036%
 
Störabstände:

Fremdspannung (- 20 kHz):   -95,2 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -99,9 dB
 
Sonstige:
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):   185 kHz

Kanaldifferenz:   0,034 dB

Eingangswiderstand:   21 kOhm

Stromverbrauch:
Stand-by:   35 W
Leerlauf:   36 W

Hersteller:   Simaudio Ltd., Quebec, Kanada

Vertrieb:   Audio Components Vertriebs GmbH, Hamburg

Modell:   Moon Neo 240i

Kategorie:
   Vollverstärker mit DAC

Preis:   2.390 Euro

Garantie:   5 Jahre AC-Sondergarantie

Eingänge - Digital:

  • 2 x Optisch Toslink
  • 2 x Koaxial
  • 1 x USB


Eingänge - Analog:

  • 1 x Phono
  • 3 x Stereo (2 x RCA, 1 x 3,5 mm-Mini-Klinke)


Ausgänge:

  • 1 x Lautsprecher-Paar
  • 1 x Kopfhörer Klinke 6.3 mm
  • 1 x Pre Out RCA
  • 1 x USB-Port


Besonderheiten:

  • SimLink für automatisches Ein-/Ausschalten
  • Infrarot-Eingang
  • RS 232


Fernbedienung:   1 x System-Fernbedienung

Ausführung:   Schwarz, Schwarz-Silber

Abmessungen (B x H x T):   42,9 x 8,9 x 36,6 cm

Gewicht:   11 kg

Moon-Vertrieb:

Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten


Internet:
   www.dynaudio.de

Facebook-Auftritt:   www.facebook.com/DynaudioGroup

Phone:   04108 / 4180 - 0

Fax:   04108 / 4180 - 10

Der Neo 240i stellt nicht nur einen ökonomischen Einstieg in die erstklassige Geräte-Welt der Marke Moon dar. Für mich beginnt mit dem franko-kanadischen Vollverstärker auch das Qualitäts- und Erlebnisversprechen von High End Audio. Auf diesem Niveau ist es nur folgerichtig, dass der Moon-Amplifier keinesfalls mit einem auffälligen tonalen Wesenszug musiziert. Vielmehr überzeugt er durch eine ausgeglichene, organisch stimmige, gleichsam lebendige Wiedergabe, die von großem Informationsreichtum geprägt ist. Mit seinem erwachsenen Auftritt qualifiziert sich schon dieser zweitkleinste Verstärker der High-End-Schmiede aus Quebec für den bewussten und gereiften Hörer. Dem hohen Anspruch von Moon an seine Verstärker als Kulturtransporter und Wohlgefühlgenerator wird auch der Neo 240i in jedem Fall gerecht.   André Schwerdt

Moon 240i
Preis: 2.390 Euro
Garantie: 5 Jahre AC-Sondergarantie
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
überragend
überragend

TEST

Verstärker:
Moon 240i
Autor:
André Schwerdt
Datum:
06.03.2018
Hersteller:
Moon