Die Standlautsprecher Dali Opticon 8 sind das Flaggschiff der insgesamt sieben Modelle umfassenden Baureihe. Der immense technische und konstruktive Aufwand, den Dali hier betrieben hat, spiegelt sich im Preis allerdings nicht wider. Da darf man auf das klangliche Ergebnis schon gespannt sein.

Der Countdown läuft. Links und rechts der Bühne zeigen Displays die Sekunden an. Je näher der Nullpunkt kommt, desto lauter schlägt das große PA-System den Takt. Auch das Publikum klatscht den Rhythmus mit. Salven von Pyrotechnik markieren dann den Start: Rammstein live auf der Waldbühne Berlin. Hören funktioniert hier nicht nur mit den Ohren, der Schalldruck massiert auch das Brustbein. Für das Publikum wird dieser Abend in dauerhafter Erinnerung bleiben. Doch kaum einer ahnt, dass sich die Emotionen dieses – wie auch jedes anderen – Konzerts erfolgreich wiederbeleben lassen. Natürlich funktioniert das weder mit In-Ear-Stöpseln in den Ohren noch mit minderwertigen Lautsprechern. Es braucht eine Menge Know-how, um Live-Konzerte und Musik generell realistisch abbilden zu können.

Das Entwicklungsteam des dänischen Spezialisten Dali verfügt definitiv über die notwendigen Erfahrungen, was unter anderem die aktuellen Serien wie Rubicon und Epicon über die unterschiedlichen Modelle hinweg bereits bei i-fidelity.net bewiesen haben. Weitaus anspruchsvoller wird die Umsetzung dieser Aufgabe, wenn es einen Einschnitt ins Budget gibt. Stellen Sie sich mal das Gesicht eines Kochs vor, dem erklärt wird, dass er seine Gerichte bitteschön genauso schmackhaft wie bisher zubereiten soll, aber von nun an mit Zutaten, die deutlich preiswerter und damit von geringerer Qualität sind. Seine Antwort kann nur lauten: »Das geht nicht, sonst hätte ich es ja längst gemacht.« Doch bei Dali galt schon immer die Maxime: »Geht nicht, gibt‘s nicht.« Und deshalb wurde auch kein einziger Opticon-Schallwandler mit »günstigeren Zutaten« konstruiert, sondern die Entwickler haben die teuren Bestandteile der größeren Serien hier geschickter eingesetzt.

Mit 1,14 Metern Gehäusehöhe ist die 35 Kilogramm schwere Opticon 8 ein ausgewachsener Standlautsprecher. Bei diesen Abmessungen kommt der Korpus-Beruhigung folglich entsprechende Bedeutung zu. Im Inneren sitzen deshalb an neuralgischen Punkten Verstrebungen, die ein Mitschwingen der aus MDF konstruierten Wände verhindern sollen. Zudem werden sie in der Opticon 8 dafür benutzt, dem Mitteltöner eine eigene Kammer zu verschaffen. Somit kann er durch den rückwärtig abgestrahlten Schall der beiden mächtigen Tieftöner nicht gestört werden. Die Fertigung dieses Lautsprechers erfolgt in Dänemark, um einen gleichbleibend hohen Serienstandard zu gewährleisten. Während die Schallwand in Abhängigkeit von der Ausführung Hochglanz Schwarz oder Weiß ist, werden Seiten und Rückwände mit einer hochwertigen Vinylfolie bezogen, deren Optik tadellos ist.

Die Opticon 8 ist mit fünf Chassis bestückt. Identisch sind die beiden mit einer 20-Zentimeter-Papiermischmembran ausgestatteten Basschassis, die auf der Schallwand am oberen und unteren Ende montiert sind. Ihr Übertragungsbereich endet bei 390 Hertz, und jedes Chassis verfügt auf der Gehäuserückseite über eine eigene Bassreflexöffnung. Ab diesem Punkt im Frequenzband übernimmt ein 16,5-Zentimeter-Mitteltöner, der in fünf anderen Opticon-Modellen alleine für das untere Frequenzspektrum zuständig ist. Dass er diesen Bereich nicht mehr übertragen muss, führt zu einer Steigerung der Präzision beim Impulsverhalten und zu einer höheren Belastbarkeit. Im Hochton kommt Dalis bewährtes Hybridmodul zum Einsatz. Es besteht aus einer Kalotte und einem Bändchen, wobei Letztgenanntes erst bei 14 Kilohertz seine Arbeit beginnt und dann parallel läuft.

Ordentliche Überraschung

Über entwicklungstechnische Kernkompetenz verfügt Dali auch bei der Entwicklung der Chassis. Kein Mensch würde jedoch erwarten, dass eine Schlüsseltechnologie aus den teureren Serien auch der Opticon zuteil wird: SMC. Doch weit gefehlt: In der Opticon 8 sind die Polstücke von Tief- und Mitteltöner aus diesem Material gefertigt. Die Haupteigenschaften dieses im Urzustand als Granulat vorliegenden Magnetpulvers sind eine hohe magnetische Leitfähigkeit bei geringer elektrischer Leitfähigkeit. Der Einsatz von SMC sorgt für eine Absenkung des Verzerrungsspektrums. Oder um es anders zu sagen: Nicht der Musik zugehörige Schwingungen werden reduziert. Man kann sich gut vorstellen, dass dies positive klangliche Auswirkungen hat.

Eine oft vertane Chance bei Dali-Lautsprechern besteht darin, dass ihr klangliches Potential nicht in Gänze abgerufen wird. Wie ist das zu verstehen? Die dänischen Schallwandler stellen aufgrund ihrer technischen Konstruktion keine schwere Last für einen Verstärker dar. Was bedeutet, dass sich mit den meisten 0815-Geräten bereits gut Musik hören lässt. Deutlich zu hören sind die Unterschiede allerdings, wenn klangstärkere Amps eingesetzt werden, denn dann wachsen die Dali-Lautsprecher buchstäblich mit. Mit anderen Worten: Ein Pärchen Opticon 8 kann an einem AV-Receiver einwandfrei spielen, bleibt aber deutlich unter den tonalen Möglichkeiten, die beispielsweise mit einem Arcam A 29 oder Marantz PM7005 entstehen. Selbst mit einem Audionet SAM G2, der zum zweifachen Paarpreis einer Opticon 8 zu bekommen ist, geht es klanglich noch eine Stufe nach oben. Gleiches gilt für die Verkabelung: Eine Kupfer-Stegleitung funktioniert, ein HMS Capriccio brilliert.

Hochwertige Lautsprecher brauchen Zeit, um ihr volles Potential zu entfalten. Eine neue Dali Opticon 8 aus der Kartonage zu befreien und Minuten später bereits den vollen Genuss zu erleben, ist ausgeschlossen. Zunächst müssen die Ausleger mit den ankoppelnden Spikes sorgfältig montiert werden. Dali bietet hierzu auf der eigenen Website wertvolle Informationen, die weit über die in Bedienungsanleitungen zu findenden Tipps hinausgehen. Dann sollten die Lautsprecher parallel aufgestellt werden, was im Unterschied zu anderen Schallwandlern keine Option, sondern ein Gebot ist. Um den optimalen Platz, die richtigen Abstände zu den Seitenwänden des Raumes zu finden, eignet sich die Isotek-Setup-CD hervorragend. Sind diese Schritte absolviert, sollten mindestens 30 Stunden vergehen, bevor man sich zum ernsthaften Hören vor den Lautsprechern einfindet. Was dann passiert, ist das Geheimnis des Erfolgs von Dali.

Kein Hang zu Übertreibungen

Wer angesichts der beiden mächtigen Tieftöner im Glauben ist, dass sich der Lautsprecher vor allem für druckvolle Tieftonorgien eignet, liegt falsch. Die dänischen Ingenieure beherrschen die Kunst der sorgfältigen Abstimmung nämlich perfekt. Das belegt »Vox Humana« vom ehemaligen Kraftwerk-Musiker Karl Bartos. Das elektronisch erzeugte Grundtonfundament des Titels ist massiv, aber nicht aufgedunsen oder ausgefranst. Ohne Einschränkungen folgt die Opticon 8 dem Signal. Jegliche Feinheit im Hochtonsignal erreicht die Ohren, und erst damit gewinnt diese Musik ihre Ausdruckskraft. Erstaunlich ist die räumliche Dimension, mit der die Dänin geradezu protzt. Da laufen kleinste Details weit hinter den Lautsprechern stabil durch den Raum. Die Musik erfährt die gewünschte Ausdehnung, wo andere Schallwandler mehr oder weniger proportional das Klangbild verkleinern.

Wunderbar sphärisch ist Michael Nymans Filmmusik zu »The Piano«. Sanfte Anschläge auf dem Klavier, die zu einer perlenden Tonfolge führen, sollen dem Hörer ein beschwingtes Gefühl vermitteln. Der Opticon 8 gelingt das mit exzellenter Durchzeichnung und einer räumlichen Tiefe, die in dieser Preisklasse beispiellos ist. Es gibt Schallwandler, die bei dieser Musik partout keine Bilder im Kopf entstehen lassen. Hier ist jedoch das Gegenteil der Fall und die Schönheit Australiens erschließt sich vor dem geistigen Auge. Was dem Film in seiner vollen Länge gelingt, schafft die Musik in rund vier Minuten. Hier zeigt sich bei aller Neutralität die Perfektion der Abstimmung, die einfach sensationell ist.

Sind es im Normalfall moderate Pegel, mit denen wir uns durch den i-fidelity.net-Test-Parcours hören und in dem Rammstein keinen festen Platz hat, müssen wir hier und heute eine Ausnahme für die Opticon 8 machen. Im Normalfall gibt es für diese Band zwei mögliche Einschränkungen bei der Wiedergabe: Entweder die Lautsprecher schaffen Druck, Pegel und Präzision nicht mehr, oder sie satteln tonal so massiv drauf, dass es nicht mehr anhörbar ist. Für die Dalis heißt es hier: Ab durch die goldene Mitte. Mit Wucht hämmert das Schlagzeug den Beat, massive E-Gitarren kommen hinzu, und schließlich versteht man sogar, was Till Lindemann singt. Hörbares und emotionales Vergnügen sind die Folge. Für diese überzeugende klangliche Kunstfertigkeit muss für gewöhnlich sehr viel mehr Geld ausgegeben werden, was unter dem Strich Klassenreferenz für die Opticon 8 bedeutet.

Lautsprecher Dali Opticon 8

Impedanzminimum:
   3,5 Ohm @ 100 Hz
 
Nennimpedanz (± 20% Toleranz): 
  4 Ohm

Empfindlichkeit:   89,2 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

 

Hersteller:   Dali, Dänemark

Vertrieb:   Dali, Bensheim

Modell:   Opticon 8

Kategorie:   Standlautsprecher

Paarpreis:   2.598 Euro

Konstruktion:   3 + 1/2-Wege-Bassreflex (2 Ports)

Bestückung

  • 2 x 20-Zentimeter-Tieftöner
  • 1 x 16,5-Zentimeter-Mitteltöner
  • 1 x 28-Millimeter-Gewebekalotte
  • 1 x Bändchenhochtöner


Übergangsfrequenzen:   390 Hz, 2.300 Hz, 14.000 Hz

Terminal:   Bi-Wiring/Bi-Amping

Ausführungen:   Esche schwarz, Weiß seidenmatt, Walnuss

Abmessungen (B x H x T):   24 x 114 x 45 cm

Gewicht:   35 kg

 

Dali GmbH
Berliner Ring 89
64625 Bensheim

Tel:   0 62 51 / 9 44 80 77
Fax:   0 62 51 / 9 44 80 75

Internet:   www.dali-deutschland.de

 

Facebook: https://www.facebook.com/DaliLautsprecherDeutschland

Bei der Dali Opticon 8 folgt dem physischen Erscheinungsbild echte klangliche Größe. Dieses Ergebnis kommt auf Basis der soliden Gehäusekonstruktion und des cleveren Einsatzes hochwertiger Technik zustande. Zudem kann die Dali nicht nur als Stereolautsprecher überzeugen, sondern auch als homogener Bestandteil eines anspruchsvollen Heimkinos. Ein unbedingt zu vermeidender Fehler ist aber der Betrieb in einer durchschnittlich klingenden Anlage, da sie die Opticon 8 dann auf eben diesem Niveau verankert. Die Vorschaltung eines exzellenten Systems sichert den Dänen hingegen ein klangliches »überragend« und den i-fidelity.net-Referenztitel.   Olaf Sturm

Dali Opticon 8
Paarpreis: 2.598 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Dali Opticon 8
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
31.01.2017
Hersteller:
Dali