Mit dem D3 präsentieren die Digital-Audio-Spezialisten von Lumin eine neue Version ihres erfolgreichen Streamers D2. Wieviel mehr Lumin-Qualität bietet das aufgefrischte Einstiegsmodell?

Besonders hohe Erwartungen an sich selbst sind so eine Sache. Das Gute an dieser Haltung ist, dass sie einer intrinsischen Motivation entspringt, allerdings kann daraus schnell selbst gemachter Leistungsdruck werden. Einige Nimmermüde verspüren aber nunmal einen unstillbaren Drang nach Verbesserungen. Für sie ist er eine Notwendigkeit, um Höchstleistungen zu erbringen. Zu jenen Perfektionisten, die ihre Kreativität aus einem gewissen Leidensdruck schöpfen, gehört auch Audionet-Gründer Thomas Gessler. Deshalb gab es für ihn nur eine Antwort, als er sich vor einiger Zeit die Frage stellte, wohin die Reise mit Audionet gehen soll: immer weiter auf dem Kurs, sich selbst stets aufs Neue zu übertreffen.

Das zwanzigjährige Firmenjubiläum kam dann als Anlass gerade recht, visionär nach vorn zu blicken und einen noch höheren Qualitätsanspruch zu formulieren. Immerhin waren seit der Einführung der dritten Generation des CD-Spielers ART und der Neuauflage des Vollverstärkers SAM inzwischen sechs Jahre ins Land gezogen, in denen das Entwicklungsteam nicht untätig war. Zwar fließen neue Erkenntnisse und Erfahrungen so weit wie möglich in laufende Modellreihen ein, solchen Modifikationen sind indes Grenzen gesetzt. Darum wäre es ein relativ einfacher und naheliegender Schritt gewesen, neue Generationen des CD-Spielers und des Vollverstärkers zu bringen, doch dieses Mal sollte es um mehr gehen: Thomas Gessler wollte den gewohnten Rahmen sprengen und die eigenen, ohnehin sehr hohen Maßstäbe für Audionet-Produkte hinter sich lassen. Neben den neuen Referenzverstärkern Stern und Heisenberg, die ein rundherum erfrischtes Markenverständnis besonders eindrucksvoll deutlich machen, ist dabei die Scientist-Serie herausgekommen.

Zu ihr gehören der CD-Spieler Planck, der bei i-fidelity.net bereits tiefen Eindruck hinterlassen hat, das für ihn bestimmte Netzteil Ampere und der Vollverstärker Watt. Bei der Entwicklung dieser drei Komponenten wurde keine Rücksicht auf das genommen, was einmal war. Allerdings beinhalten die beiden »Veteranen« ART G3 und SAM G2 sowie das jüngere Netzteil EPX Lösungen, die aus gutem Grund nach wie vor zu den Schlüsseltechnologien von Audionet zählen. Anstatt also zu versuchen, etwas gänzlich neu zu erfinden, das sich im Kern kaum verbessern lässt, wurde für die Scientist-Modelle das Konzept der älteren Geräte unter der Prämisse weiter gedacht, dass sie nicht an deren Preisgefüge gebunden bleiben. Daher weisen die »Wissenschaftler« grundlegende Gemeinsamkeiten mit den Klassikern auf, verlassen jedoch in ihrer Machart wesentlich weiter bekannte Fahrwasser, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Dies gilt besonders für den Vollverstärker der Scientist-Serie, den Watt, der wie seine Mitspieler Planck und Ampere nur in der Farbausführung Hellbronze zu haben ist. Auf seiner wie von Audionet gewohnt aufgeräumten Frontblende finden sich vier in Gehäusefarbe eloxierte Mikrotaster; sie steuern den Standby-Betrieb und die Stummschaltung, mit den beiden anderen Tasten kann das Menü aufgerufen beziehungsweise eine Auswahl bestätigt werden. Dort lässt sich nach Belieben schalten und walten: Beispielsweise können die Eingänge frei benannt und eine automatische Ein- und Abschaltung eingestellt werden. Zu den angebotenen Möglichkeiten zählen außerdem die Konfiguration des optional erhältlichen Phonomoduls und die Aktivierung des rückseitigen Kopfhörerausgangs, der standesgemäß als 6,3-Millimeter-Klinkenbuchse ausgeführt ist. Aber die große Buchse allein macht noch keine wirklich gute Verstärkung, deshalb wird der Kopfhörerausgang des Watt von dessen Endstufensektion angetrieben. Sämtliche Funktionen sind alternativ selbstverständlich bequem vom Sofa aus bedienbar, die dazu mitgelieferte Fernbedienung RC 1 hat ein schwarz eloxiertes Metallgehäuse mit Aluminiumtasten und liegt gut in der Hand.

Ein Paradigmenwechsel

Das augenfälligste gestalterische Merkmal des Watt kennzeichnet einen Paradigmenwechsel: Prominent mittig positioniert befindet sich ein Drehregler von beinahe monumentalem Ausmaß. Dieses Steuerungsinstrument ist genau richtig dimensioniert und dient sowohl der Lautstärkeregelung als auch der Navigation durch die Menüpunkte. Das Interessante an diesem Regler ist freilich nicht, was er macht, sondern wie: Er bietet haptisches Vergnügen wie aus dem Bilderbuch, will kraftvoll betätigt werden und rastet überaus präzise – und das wirklich deutlich spürbar. Diese charmante taktile Rückmeldung wird ebenso wie der schwere Anlauf durch eine Magnetrastung bewirkt, und auch ansonsten verbirgt sich hinter diesem aus dem Vollen gedrehten Bedienelement sehr anspruchsvolle Technik. Die Drehimpulse setzt ein Drehimpulsgeber um, der die entsprechenden Werte an ein Widerstandsnetzwerk leitet, das in Echtzeit linearisiert wird. In der Funktion als Lautstärkeregelung hat eine solche Ansammlung fein abgestufter Widerstände vitalen Einfluss auf den Klang, deshalb greift Audionet hier gern ins eigene Regal: Die für den Watt verwendete elektronische Lautstärkestellung ist vollständig selbst entwickelt worden und wurde erstmalig in der Vorstufe PRE G2 eingesetzt. Mit dieser hochmodernen Spielart eines traditionellen Gestaltungselementes deutet der Watt bereits an, wie die Scientist-Serie gewissermaßen eine Brücke baut zwischen dem Bisherigen und den neuen Referenzen.

Seine Ausstattung dokumentiert eine klar definierte Zweckbestimmung als puristische Musikmaschine, entlang derer der Watt ohne Wenn und Aber konzipiert ist. Verglichen mit den Netzwerk-Komponenten und dem bis dato typischen Augenmerk auf eine Vielfalt von Optionen, übt sich Audionet hier nachgerade in Purismus: Der Watt ist mit einem symmetrischen XLR-Eingang und lediglich drei Cinch-Eingängen ausgestattet – bravo! Das genügt vollkommen und bildet wohl die realen Erfordernisse in den Wohnzimmern der meisten Audiophilen ab. Außerdem verzichtet Audionet beim Watt auf eine Klangregelung und die Möglichkeit, sich in Kombination mit der Software CARMA an ungünstige raumakustische Gegebenheiten anzupassen. Weiterhin an Bord sind dagegen – neben dem praktisch obligatorischen Vorstufenausgang – ein Bypass-Modus, der die nahtlose Integration in A/V-Systeme vereinfacht, sowie zwei Audionet Link-Ausgänge, die eine Ferneinschaltung weiterer Komponenten aus gleichem Hause ermöglichen.

Die Gehäusekonstruktion des Watt wurde strikt resonanzoptimiert und bringt zu diesem Zweck reichlich Masse ins Spiel: Das Frontpanel und die Seitenteile werden aus Aluminium in einer Wandstärke von zwölf Millimetern hergestellt, selbst der Deckel ist stattliche sechs Millimeter stark. Hinter dieser soliden Abschirmung steckt ein Innenleben, das es so noch nie gab: Die Ingenieure haben sämtliche Register gezogen, charakteristische Aufbauten im Detail modifiziert und teils neu kombiniert, um dem Ganzen mit neu entwickelten Verstärkerstufen und Endverstärkungsmodulen die Krone aufzusetzen. Prinzipiell basiert die kompromisslos in Doppel-Mono-Architektur gehaltene Audioschaltung des Watt auf der kapazitiv und elektromagnetisch optimierten »Ultra Linear Amplifier«-Technologie, die eine außerordentlich hohe Bandbreite gewährleistet und sich zudem durch besonders kurze Signalwege auszeichnet. Während die Steuerungssektionen und die Audio-Schaltungen separat mit zuvor aufwendig geglätteter Spannung gespeist werden, sorgen insgesamt Dutzende Dioden für eine zusätzliche lokale Stabilisierung unmittelbar vor den jeweiligen Baugruppen. Zu den neuen Feinheiten zählen eine Rhodiumsicherung und die von Furutech stammenden Polklemmen für die Lautsprecherkabel, die ebenfalls mit diesem nicht-reaktiven Edelmetall beschichtet sind. An einer Stelle geht es bei einem Verstärker, der sich namentlich der Leistung verschrieben hat, jedoch nicht um Feinheiten, sondern um schiere Kraft. Und davon stellen zwei gekapselte Ringkerntransformatoren mit jeweils 700 Voltampere Kapazität sicherlich genügend bereit.

Kontrolle, die man nicht überhören kann

Losgelassen haben wir diese Reserven auf die hervorragenden Dali Epicon 6, die nicht viel Anschub benötigen, aber mit jedem angelieferten Watt mehr nur noch weiter aufblühen. Diese generell immer wieder aufs Neue gemachte Erfahrung beschreibt das Leistungsgesetz der High Fidelity: »Die Relation zwischen Verstärkerleistung und Klanggenuss ist proportional.« Natürlich ist hierbei vorausgesetzt, dass die Leistung schnell und stabil abgegeben wird, denn abseits des Plakativen dreht sich alles um Kontrolle, die sich kaum in Watt bemisst. Darüber, wie sich Kontrolle eines Verstärkers über die Lautsprecher subjektiv erfassen lässt, werden die Hörerfahrungen mit dem Watt zu einem Lehrstück. Eine kleine Besetzung mit Piano und Gitarre, zu hören auf Eric Johnsons neuem Album mit dem schlichten Titel »EJ«, reicht bereits völlig aus, um binnen einer Sekunde daran erinnert zu werden, dass der Klang einer Gitarre auch dann durchaus Autorität besitzt, wenn das Instrument nur sanft gezupft wird. Schlussendlich zeichnet sich der Watt nicht allein durch lupenreine Kontrolle aus, doch sie ist ein untrügliches Indiz für sehr viel mehr: So präzise die Zügel in der Hand halten kann nur eine Elektronik, die breitbandig linear arbeitet und schnelle Anstiegszeiten realisiert. Aus diesen technischen Aspekten resultiert alles, was den Watt wirklich ausmacht. Wegen der Kombination dieser zentralen Qualitäten auf höchstem Niveau vermittelt die Spielweise des Watt jederzeit den Eindruck von definitiver Gültigkeit, anstatt lediglich auf irgendeine Weise verbindlich zu wirken.

Hervorgerufen wird jenes Gefühl von unzweifelhafter Authentizität in erster Linie durch eine tonale und dynamische Nuancierung, die einen Mikrokosmos aufzoomt, ohne das Geschehen darin aus seinem Kontext zu reißen oder das Gesamtbild zu vernachlässigen. Wenn es musikalisch dann einmal energisch zur Sache geht, nimmt das dynamische und atmosphärische Abbildungsvermögen des Watt unvermittelt wachrüttelnde Züge an: Beim Titelsong »A Way You’ll Never Be« des neuen Albums von John Wesley stehen Schlagzeug und Gitarrenbretter unverrückbar und mit atemberaubender Präsenz im Raum. Und wer richtig schnell unterwegs ist, vermag auch, sich angemessen Zeit für die Stille zwischen den Noten zu nehmen; der Watt gestaltet in solchen »Pausen« Zwischenräume aus, innerhalb derer sich jeder einzelne Ton mit all seinen Facetten voll entfalten kann. Das mit meiner Lieblingspianistin Hélène Grimaud und ihrem Tourneealbum »Water« zu genießen, bedeutete, emotional die Retrospektive eines bewegenden Konzertabends zu erleben.

Messwerte Vollverstärker Audionet Watt

Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD):   324 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD):   163 W

Verzerrungen:

Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,0021 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,0027 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,0010%
 
Störabstände:
Fremdspannung (- 20 kHz):   -86,9 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -94,0 dB
 
Sonstige:
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):   > 185 kHz

Kanaldifferenz:   0,033 dB

Eingangswiderstand:   45 kOhm

Stromverbrauch:
Stand-by:   0,8 W
Leerlauf:   73 W

 


Hersteller:   Idektron GmbH & Co. KG, Berlin

Vertrieb:   Idektron GmbH & Co. KG, Berlin

Modell:
   Watt

Kategorie: 
  Stereo-Vollverstärker

Preis:   12.500 Euro

Garantie:   2 Jahre, erweiterbar auf 3 Jahre

Eingänge: 
  1 x symmetrisch XLR, 3 x Cinch

Vorstufenausgang

Kopfhörerausgang: 
  6,3mm-Klinkenbuchse

Optional:   Phonomodul MM / MC

Komponenten-Kommunikation: 
  2 x Audionet Link Out (optisch TosLink)

Lieferumfang:   Metall-Fernbedienung RC 1, Netzkabel, Bedienungsanleitung, Garantieanforderungskarte

Ausführungen:   Aluminium Hellbronze eloxiert

Abmessungen (B x H x T):   43 x 13 x 45 cm

Gewicht:   22,5 kg

Idektron / Audionet
Unternehmens- und Technologieberatung GmbH & Co.
Entwicklungs- und Produktions-KG
Alboinstraße 36-42
12103 Berlin

Telefon:   0 30 / 23 32 42 10

Internet:   www.audionet.de

Facebook:   https://www.facebook.com/audionet.international/?fref=ts

Der Audionet Watt ist sinnvoll ausgestattet und bietet für die Bedürfnisse der meisten Musikhörer genügend Eingänge. Sein technisches Konzept ist, zu einem puristischeren Ansatz passend, punktgenau auf seine Zweckbestimmung als Musikmaschine ausgerichtet. Mit bedingungslos kontrollierter Leistung, die man nicht überhören kann, macht der Watt seinem Namen alle Ehre und beweist sich als würdiger Spielpartner sowohl für seinen Teamkollegen Planck als auch für jeden hochkarätigen Lautsprecher. Dank eines dynamischen, tonalen und atmosphärischen Abbildungsvermögens auf höchstem Niveau vermittelt die Spielweise des Watt jederzeit den Eindruck von definitiver Gültigkeit, anstatt lediglich auf irgendeine Weise verbindlich zu wirken. Kompliment an Audionet, der Watt ist ein Klasse-Vollverstärker!  Marius Donadello

Audionet Watt
Preis: 12.500 Euro
Garantie: 3 Jahre (Registrierung erforderlich)
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
überragend
überragend

TEST

Verstärker:
Audionet Watt
Autor:
Marius Donadello
Datum:
21.11.2016
Hersteller:
Audionet