Bei der Ankündigung des neuen ohrumschließenden Studiokopfhörers DT 1990 PRO im Juli hieß es: »Werkzeug für Mixing und Mastering«. Eine Meldung folglich, die i-fidelity.net nicht unbedingt hätte berücksichtigen müssen, schließlich sind wir kein Pro-Audio-Magazin im klassischen Sinn. Aber ein Blick auf Konstruktion und Ausstattungsliste des neuen Modells weckte unsere Aufmerksamkeit. Vielleicht ist er ja nicht nur eine Option für Mitarbeiter in Tonstudios, sondern auch eine reizvolle Geschichte für anspruchsvolle Privat-Hörer? Also setzten wir alle Hebel in Bewegung, um noch vor Beginn der IFA 2016 in Berlin ein Testmodell zu bekommen. Denn dort feiert der DT 1990 PRO am 2. September Premiere.
Der DT 1990 PRO unterstreicht von Beginn an seine robuste Werthaltigkeit. So wird er in eine leichten und dennoch stabilen Transportverpackung geliefert. Die Schatulle hat eine beachtliche Größe, weil sich dieser Kopfhörer nicht wie viele andere Modelle durch ein paar Dreh- und Knickbewegungen verkleinern lässt. Und das ist gut so, denn nach dem Entnehmen hat man einen soliden Kopfhörer in der Hand, der sich nicht einfach – ob gewollt oder nicht – zusammenfaltet. Ohne Kabel wiegt er 370 Gramm, die allerdings aufgrund einer doppelten Polsterung im Bügel beim Tragen auch nach längerer Zeit nicht lästig werden. Dem DT 1990 PRO liegen gleich zwei Verbindungskabel bei: ein glattes, rund drei Meter langes und ein fünf Meter langes Spiralkabel. An der Verstärkeranschlussseite befindet sich ein 6,3-Millimeter-Klinkenstecker, der mit einem Gewinde versehen ist. Dreht man ihn ab, kommt ein 3,5-Millimeter Klinkenstecker zum Vorschein. Auf der Kopfhörerseite befindet sich ein Mini-XLR-Stecker, der satt am unteren Ende der linken Ohrmuschel einrastet.
Dort findet sich neben der Seriennummer auch der Hinweis auf die Impedanz, die bei 250 Ohm liegt. Die Verwendung eines Smartphones als Quelle wird aufgrund mangelnder Ausgangsleistung sicher weniger empfehlenswert sein. Herzstück der Schallwandlung ist ein 45-Millimeter-Chassis, dessen Spule mit hauchdünnem Kupferdraht – laut Beyerdynamic entspricht seine Stärke der Hälfte eines menschlichen Haars – gewickelt ist. Dieser extrem starke Magnetantrieb soll für verzerrungsfreie und damit klare Wiedergabe in Unabhängigkeit vom Pegel sorgen. Der Tesla-Magnet ist ringförmig um die Spule montiert, was gegenüber den früher im Zentrum montierten Neodym-Versionen mehr Platz für einen größeren Magneten bietet. Damit wird die Membran extrem reaktionsschnell, sie kann dem Musiksignal exakter folgen.
Der DT 1990 PRO ist in offener Bauweise konzipiert worden, die äußere Schale der Ohrmuschel ist sorgfältig aus Aluminium gefertigt. Auf der einen Seite erfordert das beim Hören eine ruhige Umgebung, auf der anderen Seite führt diese Lösung zu einem hörbaren Plus bei der Räumlichkeit.
Mit Hilfe verschiedener Ohrpolster kann in die klangliche Abstimmung des Kopfhörers eingegriffen werden. Dabei gilt unsere Empfehlung klar den als »Analytical« beschriebenen Polstern, die Signalneutralität bewahren. Die andere Ausführung sorgt für eine leichte Bassanhebung, was gleichbedeutend mit Erhöhung des Spaßfaktors ist. Man hat also die Wahl zwischen purem High End und einer bassgesteigerten HiFi-Version. Das Wechseln der Polster ist übrigens ein Kinderspiel – allerdings erst dann, wenn man es ein paar Mal geübt hat. Beim Vergleich der beiden Polsterausführungen vergeht zwar immer etwas Zeit, aber wir waren schließlich sicher, mit den neutralen Polstern hören zu wollen.
Bei der Wahl des Kabels sollte ausschlaggebend sein, in welchem Umfeld Sie den Hörer benutzen wollen. Mit einem glatten Kabel am Schreibtisch dauert es keine fünf Minuten, bis die Leitung das erste Mal überfahren ist oder sich in den Stuhlbeinen verfangen hat. Für diesen Einsatzort ist das Spiralkabel einfach perfekt. Weder liegt es auf dem Boden noch zerrt es am Kopf. So ausgerüstet bezog der DT 1990 PRO seine Signale vom Marantz HD-DAC 1, der von iTunes in Verbindung mit Audirvana+ beliefert wurde. »If I Were Boy« von Beyoncé misslingt zum Start gewaltig. Es klimpert und nervt und klingt damit so gar nicht nach Beyerdynamic. Wie schafft man da Abhilfe? Ganz einfach, Internet-Radio auswählen und den Kopfhörer volle zwei Tage laufen lassen. Für diese Mühe werden wir dann allerdings mit einer transparenten, klaren und kein bisschen nervigen Hochtonwiedergabe belohnt.
Erstaunlich ist auch der gute räumliche Klangeindruck, den der 1990 PRO bietet. Davon profitiert dann Michael Jacksons »Rock With You« in der fantastischen Jazz-Interpretation von Charito. Insbesondere die flächige Abbildung der Bläser ist erstaunlich. Hinzu kommen die Klarheit von Stimme und Xylophon, das ist einfach spitze. Auch zeigt sich jetzt, dass die neutrale Abstimmung merklich zum ermüdungsfreien Hören beiträgt. Weder am unteren noch am oberen Ende des Frequenzspektrums gibt es etwas auszusetzen. Als schließlich Glauco Venier seinen »Prayer« am Klavier spielt, steht fest, dass der DT 1990 PRO ganz sicher nicht nur ins Studio gehört. Vom harmonischen Klanggebilde bis zum feinen Ausschwingen der Töne geht in puncto akustischer Wahrnehmung nichts verloren. Das werden Mitarbeiter eines Tonstudios voraussetzen und klangbewusste Hörer zu Hause fraglos auch genießen.
Hersteller: Beyerdynamic, Heilbronn
Modell: DT 1990 PRO
Preis: 599 Euro
Garantie: 2 Jahre
Konstruktion: ohrumschließend
Bestückung/Prinzip: 45-Millimeter-Treiber, halboffen
Antrieb: Tesla-Neodym
Impedanz: 250 Ohm
Kabel: glatt gestreckt und spiralförmig
Anschluss Kopfhörer: Mini-XLR
Stecker: 6,3-Millimeter- und 3,5-Millimeter-Stecker
Polster: 2 Sätze mit verschiedener Klangabstimmung
(Bilder: beyerdynamic)
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Der DT 1990 PRO ist ein offener Kopfhörer, der sich laut Beyerdynamic primär an den professionellen Musikproduktionsbereich richtet. Nach unserem Test erweitern wir diese Gruppe um ambitionierte Musikliebhaber, die von einem Kopfhörer erstklassige Übertragungseigenschaften erwarten. Hinzu kommen bei diesem Modell die sorgfältige Verarbeitung und das Ausstattungspaket, was von unterschiedlichen Kabeln und wählbarem Klinkenstecker bis zum Eingriff in die Klangabstimmung über die Ohrpolster reicht. Dieser Kopfhörer bekommt von i-fidelity.net eine nachdrückliche Empfehlung – tatsächlich ist uns Tesla lieber zum Hören als zu etwas anderem. Olaf Sturm
Beyerdynamic DT 1990 PRO |
Preis: 599 Euro |
Garantie: 2 Jahre |