Nachdem Bowers & Wilkins kürzlich die überarbeiteten »Signature«-Modelle seiner Referenzserie »800« eingeführt hat, profitiert nun auch die preisgünstige Linie »600« von neuen Erkenntnissen. i-fidelity.net hat den besonders kompakten Regallautsprecher 607 S3 zum Test geordert.

Konzeptionell stellt der Magnat MA 600 eine Fusion aus klassischen Features und zeitgemäßen Ausstattungsanforderungen dar. Optisch hingegen ist er ausschließlich der Tradition verpflichtet: sachliche Präsenz im 43er-Rastermaß, Vollmetall-Gehäuse, acht Kilogramm Kampfgewicht. Die fünf Millimeter dicke Frontplatte aus gebürstetem Aluminium zeigt sich aufgeräumt mit großflächigem Display, einem Input für Mobilgeräte, Kopfhöreranschluss sowie Quellenwahl, Power-Knopf und kombiniertem Menü/Lautstärkeregler. Mehr braucht es nicht. Ein fokussierter Zugriff auf Funktionen wie Klangregelung oder Mute erfolgt sinnvollerweise über die mitgelieferte Fernbedienung.

Als »Eyecatcher« des Geräts fungiert die Röhre, die über das frontale Bullauge ihre warm-orangene Aura transportiert – wobei Magnat die sinnliche Ausstrahlung mit einer kleinen LED noch etwas gepimpt hat. Es handelt sich um eine vorselektierte ECC 88 mit einer avisierten Lebensdauer von bis zu 50.000 Stunden. Bei Auslieferung hat sie laut Magnat bereits 60 Stunden Einbrennzeit erfahren, um gleich von Beginn an auf hohem Niveau spielen zu können.

Besonderes Augenmerk legten die Magnat-Ingenieure auf die Rauscharmut der Vorstufe. Soviel lässt sich jetzt schon sagen: Auch aus nächster Nähe, mit dem Ohr direkt am Lautsprecher, war erst bei sehr ungesundem Vollanschlag des Volumenreglers eine Spur von Rauschen vernehmbar. Unter normalen Hörabständen ruhte der See sehr still.

Das von der Röhre »vorgeglühte« Klangmaterial landet letztlich in der Halbleiter-Endstufe, die mit von uns gemessenen 2 x 65 Watt Sinus (4 Ohm @ 1% THD) leistungstechnisch gut ausgerüstet worden ist. Ein Blick unter die Haube zeigt, dass Magnat beim Materialeinsatz generell nicht gespart hat: aufwendiges Netzteil mit separat stabilisierten Spannungen, großzügig dimensionierter Toroidal-Transformator, Sieb-Elkos von großer Kapazität.

Praxisvorteil: Hybrid

Eine Kombination aus Röhren-Vorverstärker und Transistor-Endstufe macht gerade in dieser Preisklasse Sinn. Denn ebenfalls auf Röhren basierende Endstufen stellen gewisse Anforderungen an den Lautsprecher. Solche ihnen zuträgliche Bedingungen wie linearisierte Impedanz oder hoher Wirkungsgrad können aber in der gehobenen »Brot und Butter«-Kategorie kaum garantiert werden, wo ein Verstärker mit jedem preiswerten oder vorhandenen Lautsprecher gut kooperieren soll. Der MA 600 muss  frei von Allüren arbeiten – und da ist die grundsolide Transistor-Technologie bei der Power-Amp-Sektion eine sehr sinnvolle Entscheidung.

Allein durch seine technische Konstruktion stellt der hybride MA 600 eine Ausnahme-Erscheinung in der 600-Euro-Liga dar – und wäre mit diesem Alleinstellungsmerkmal am Markt schon überzeugend positioniert. Doch das war Magnat anscheinend nicht genug. Denn neben den klassenüblichen Eingängen von Phono bis Tape enthält der MA 600 eine komplette Digital-Sektion, die auf einem bewährtem TI-Burr Brown-Chip basiert. Dieser ist in der Lage, auch hochaufgelöste Daten bis 24 Bit / 192 Kilohertz zu verarbeiten – und zwar an jedem der drei Eingänge (koaxial, optisch und USB).

Aber damit ist noch immer nicht Schluss bei diesem Ausstattungsriesen aus Pulheim. Denn die rückwärtig montierte Antenne signalisiert eine weitere zeitgemäße Funktion: Bluetooth. Gemäß dem überlegenen apt-X-Standard lassen sich kabellos Audio-Signale von entsprechend befähigten Mobilgeräten über den MA 600 abspielen. Auf einem Niveau, welches der CD zumindest sehr nahekommt.

Von 0 auf 100 in 15 Sekunden

Beim Betrieb fällt als Erstes auf, dass sich der Verstärker 15 Sekunden Zeit nimmt, um aus dem – übrigens von einem separaten Netzteil bereitgestellten – Stand-by-Status hochzufahren. Das Display zählt entsprechend rückwärts. Selbst ungeduldige Naturen halten diesen Zeitrahmen sicher aus, damit das Gerät optimale Betriebsvoraussetzungen erhält.

Zum Kennenlernen fahre ich erst einmal auf der analogen Straße und lege die aktuelle LP »Karica-Tar« von Karl Hector & The Malcounts auf. Diese 100 Prozent handgespielte, heiß brodelnde Neo-Afro-Jazz-Fusion spielt dem MA 600 natürlich in die Karten, sagt man einer Röhre im Signalweg doch gerne eine harmonieerzeugende, herzerfüllende Note nach. Und genauso ist es auch: Der Sound über den Röhren/Transistor-Hybrid erstrahlt extrem kohärent, warm und natürlich. In seiner Darstellung zählt das kollektive Ganze, nicht das Separieren von Einzelaspekten. Den Groove, die Hitze, die Atmosphäre der Musik übermittelt der MA 600 sehr überzeugend.

Da die Aufnahmequalität des Karl-Hector-Albums eher rustikalen als elaborierten Charakter hat, landet als nächstes Gregory Porter auf dem Plattenteller. Denn die Produktionen des Ausnahme-Vokalisten spielen klanglich in einer deutlich höheren Liga. Bei »Painted On Canvas« stellt der Magnat-Amp Porters volltönende Stimme auf wunderbar runde Art dar. Was zu erwarten war. Dass er aber auch die begleitende vertrackte Arbeit an der kleinen Trommel durchaus differenziert abzubilden vermag, nicht unbedingt. Der Magnat kann also mehr als nur »schön«.

Auch wenn der Eindruck entstehen mag: Der Hybrid-Amp mit Röhre ist nicht ausschließlich für organische Musik talentiert. Auf dem digital via USB direkt vom MacBook zugeführten, extrem deepen Techno-Dub-Titel »303/303/303/303/808« von TM 404 zeigt er sich auch von den unterirdischen Tieftonschüben nicht überfordert – solange man im sozialverträglichen Pegelrahmen bleibt. Außerdem macht der Magnat in der umfassenden Darstellung einen schön weiten Raum auf und stellt dabei die knuspernden Effektgeräusche der bearbeiteten Roland-Rhythmusmaschinen zumindest moderat knackig dar.

Zurück in die Welt der gediegenen musikalischen Handarbeit: Beim Song »Desire« des Blue-Eyed-Soul-Sängers Boz Scaggs verblüfft schon im Intro die von Bass-Drum und Bass-Synthesizer gemeinsam angeforderte Tiefton-Potenz des Verstärkers. Die Wiedergabe erweist sich als hochgradig satt und substanziell. Im Vergleich zum kürzlich von mir getesteten, diesbezüglich exzellenten Marantz HD-AMP1 lässt es der Magnat etwas an der letzten straffen Kontrolliertheit und dynamischen Agilität vermissen. Ein nervös-zackiger Rennwagen ist er einfach nicht. Aber das ist völlig legitim. Zumal der hybride MA 600 bei umfangreicherer Ausstattung rund die Hälfte vom HD-AMP1 kostet und dafür frei Haus diesen speziellen Schmelz in der Tonalität liefert. Und sobald das entwaffnende Timbre von Bozz Scaggs erklingt, stellt sich sofort wieder andauernde Freude über die schwelgerische Stimmenpräsentation des Magnat ein.

Kann nicht auf die Nerven gehen

Dieser Verstärker zeigt die meisten Musikrichtungen nicht nur tendenziell stets von ihrer schönsten Seite, sondern ermöglicht durch seine vollständig härtenfreie Darstellung auch stundenlanges entspanntes Hören. In der ideologiefreien Mixtur aus Gestern und Heute eignet sich der Magnat MA 600 wunderbar dafür, alle Anforderungen des Alltags klanglich hochklassig umzusetzen. Er gibt der Musikwiedergabe einen audiophilen Anstrich und ist gleichsam notorisch praktisch. Wenn mal eben der Ton vom Tablet kabellos wiedergegeben werden soll, der Flachbildschirm via Digitaleingang aufgewertet wird und danach die gerade erstandene Schallplatte vom Flohmarkt ihre Runden dreht – der Magnat macht‘s. Gerne und gut.

Ein MA 600 kann das ideale Gerät für all diejenigen Musikfreunde sein, die nach Jahren des AV-Receiver-Frusts wieder in den Schoß von Mutter Stereo zurückkehren und beim Budget auf dem Boden bleiben möchten.

Messwerte Vollverstärker Magnat MA 600

Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD):   65 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD):   33 W

Verzerrungen:

Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,025 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,106 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,017%
 
Störabstände:
Fremdspannung (- 20 kHz):   -79,8 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -96,4 dB
 
Sonstige:

Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):  75 kHz

Kanaldifferenz:   0,04 dB

Eingangswiderstand:   16,5 kOhm


Stromverbrauch:
Stand-by:   0,3 W
Leerlauf:   35 W

 

Hersteller:   Magnat, Pulheim

Produkt:   MA 600

Kategorie:   Vollverstärker

Preis:   599 Euro

Garantie:   2 Jahre

Eingänge:

  • 1 x Digital Optisch Toslink
  • 1 x Digital Koaxial
  • 1 x USB-Port B
  • 1 x Analog Cinch Phono
  • 4 x Analog Cinch
  • 1 x Analog Klinke Mini


Ausgänge:

  • 1 x Analog Cinch Tape
  • 1 x Lautsprecher-Paar
  • 1 x Kopfhörer Klinke 6,3 mm


Wireless:

  • 1 x Bluetooth


Fernbedienung:   1 x System-Fernbedienung  

Ausführung:   Schwarz

Abmessungen (B x H x T):   43 x 10 x 33 cm  

Gewicht:   8,1 kg

 

Magnat Audio Produkte GmbH
Lise-Meitner-Straße 9
50259 Pulheim

Tel.: 0 22 34 / 80 70

Internet: www.magnat.de
Magnat bei Facebook:   https://www.facebook.com/MagnatAudioProdukteGmbH

Magnat MA 600
Preis: 599 Euro
Garantie: 2 Jahre
sehr gut
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überragend
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TEST

Verstärker:
Magnat MA 600
Autor:
André Schwerdt
Datum:
21.03.2016
Hersteller:
Magnat