Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Die Vielfalt und der Variantenreichtum von Schokolade scheint geradezu unendlich groß. Dennoch basieren alle diese Variationen auf nur wenigen Basisrezepturen. Dabei gibt es Menschen, die entweder nur Bitter oder Vollmilch mögen, andere wiederum genießen am liebsten eine leckere Mischung aus beiden Sorten, pur oder angereichert mit den unterschiedlichsten Zutaten. Ein Chocolatier, der eine geschmacklich interessante und wohlschmeckende Mischung kreieren will, muss daher viel Erfahrung besitzen und sein Handwerk beherrschen, damit das intensive Geschmackserlebnis reinen Kakaos nicht verloren geht, die verlockende Köstlichkeit gleichzeitig aber auch zart schmelzend auf der Zunge zergeht.

An grobe Blockschokolade erinnert am Vincent SV-700 gar nichts, vielmehr lassen die Meister aus Iffezheim ihre ganze Erfahrung beispielsweise aus dem Vorgänger und größeren Bruder SV-800 in ihre neue Kreation einfließen. Feinheit, Intensität und Nachdruck soll auch der 700er durch den überlegten Aufbau mit Röhren in der Vorstufe und Transistoren in der Endstufe erhalten. Ein Hybrid-Amplifier also, der mit zwei komplementären Verstärkerzügen pro Kanal zudem noch vollsymmetrisch aufgebaut ist, um möglichst alle auftretenden Einstreuungen von Störsignalen ebenso wie Klirranteile auszulöschen. Auch was die Wahl der Betriebsart angeht, fahren die Ingenieure zweigleisig: Der SV-700 ist auf höchste Klangqualität dank Class-A ausgelegt, kann aber auch im stromsparenderen Class-A/B betrieben werden.

Die Signalaufbereitung übernehmen in der Röhrenvorstufe pro Kanal je eine 12AX7, die als Stromquelle arbeitet, sowie zwei für HiFi sehr gut geeignete 12AU7, die sich durch ruhige, hervorragende Balance auszeichnen. Die Vorstufe ist als »Shunt-Regulated Push-Pull« konzipiert, um eine präzisere Wiedergabe im Bass und eine bessere Performance im Mittel-Hochtonbereich zu erreichen.

Die symmetrisch angesteuerte Brückenendstufe ihrerseits wird von einem 80.000 Mikrofarad fassenden Energiereservoir gespeist, das wiederum von einem mächtigen, 500 Watt starken Ringkerntrafo versorgt wird. Der SV-700 kann damit jederzeit leicht flinken Musikimpulsen folgen, ohne dass ihm die Puste ausgeht. Die Vincent-Ingenieure wollen den charakteristischen Klang der Röhren durch den Verzicht auf Gegenkopplung erhalten, die üblicherweise Phasenfehler im Musiksignal erzeugt und zu Verzerrungen führen kann. Um die Signalintegrität auch an anderer Stelle zu gewährleisten, verlegte Vincent die Vorstufenabteilung an die Rückseite des Gerätes zu den Eingangsbuchsen hin. Lange Signalwege entfallen damit, und konsequenterweise wird auch die Lautstärke über eine Achse von der Frontseite aus direkt über ein Potentiometer auf der Vorstufenplatine geregelt.

Weitreichende Anschlussvielfalt

Neben dem Laustärkeregler residiert auf der silberfarbigen Front noch ein zweiter großer Drehknopf zur Eingangsquellenwahl. Die Vorderseite ist insgesamt sehr übersichtlich und besteht, wie auch das übrige Gehäuse, aus Aluminium. An den Seiten sorgen imposante Kühlrippen für den Abtransport der Wärme, die vor allem dann entsteht, wenn der Amp im luxuriösen Class-A-Modus arbeitet. Die Rückseite entzückt mit einer Vielzahl nützlicher Anschlüsse: zwei Lautsprecherpaare, die auch Bi-Wiring erlauben, zwei Digitaleingänge, optisch und koaxial, ein Vorverstärkerausgang, ein symmetrischer Eingang, drei Hochpegeleingänge und ein Hochpegelausgang für die Schar derer, die noch ihren Aufnahmegeräten huldigen. Einen Phonoeingang und einen Kopfhöreranschluss besitzt der Vincent jedoch nicht.

Das ist aber nicht weiter schlimm, denn der Vincent-Amp legte auch mit digitalen Quellen große Spielfreude an den Tag und kann schließlich jederzeit durch einen externen Phonoverstärker erweitert werden. Von seinem Wesen her bis auf eine leichte Bassbetonung ausgewogen, zauberte er aus den beachtlichen und schönen Klangfarben der Röhrenvorstufe anmutige Musikgemälde.

In Depeche Modes »Precious« trieb der Vincent kraftvoll und kontrolliert den Beat und hämmerte dabei die Impulse felsenfest auf die imaginäre Bühne im Hörraum. Dabei ist er ein Macher, dem der Wechsel zwischen den klaren Höhen einer Akustikgitarre und stampfendem Rock wie in Pink Floyds »Coming Back To Life« überzeugend gelingt, auch wenn da und dort einmal kleine Details aufgrund seiner Vehemenz auf der Strecke blieben. Über die digitalen Eingänge behielt der Vincent diese Neigung bei, klang aber etwas kühler und weniger fein. Bei elektronischer Musik wie dem genannten Titel von Depeche Mode muss das kein Nachteil sein; Quellgeräte mit minderwertigen Digital-Analog-Umsetzern erhalten durch den Vincent in jedem Fall eine deutlich wahrnehmbare Aufwertung.

Die Feinzeichnung fügte der Vincent seinen Musikgemälden über die symmetrischen Eingänge hinzu, ohne dabei Abstriche an seinen anderen positiven Eigenschaften zu machen. An den XLR-Eingängen war der Vincent nuancierter in der Herausarbeitung der stimmlichen Details von Christian Gerhaher. Zusammen mit dessen Begleiter Gerold Huber am Klavier erklang Franz Schuberts »Im Jänner 1817« sehr stimmig und rund.

Grandiose Vorstellung

Die Ausgestaltung des »Allegro con brio« aus Beethovens 5. Symphonie geriet dank seines Antritts und seiner Kraft zu einer grandiosen Vorstellung, die ihm ein anderer Integrierter in der Abgrundtiefe und Bedrohlichkeit der Darbietung erst einmal nachmachen muss. Weil in Summe die beste Vorstellung überhaupt, sollten Musikgourmets das ganze Potential des SV-700 ausreizen, indem sie ihn symmetrisch verkabeln und in Class-A betreiben, auch wenn die höhere Leistungsaufnahme das Portemonnaie mehr belastet. Es lohnt sich!

Messwerte Vollverstärker Vincent SV-700*
* alle Angaben in Class-A ermittelt, sofern nicht anders angegeben


Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (0,9% THD):   195 W
Nennleistung @ 8 Ohm (0,9% THD):   126 W

Verzerrungen:
Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,12 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,42 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,077%
 
Störabstände:
Fremdspannung (- 20 kHz):   -92,3 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -96,1 dB
 
Sonstige:
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):   137 kHz

Kanaldifferenz:   0,38 dB

Eingangswiderstand:
  42 kOhm


Stromverbrauch:

Leerlauf:   336 W (160 W @ Class A/B)

 

Hersteller:   Vincent, Iffezheim

Modell:   SV-700

Kategorie:   Vollverstärker

Preis:   3.499 Euro

Garantie:   5 Jahre, nach Registrierung

Ausgänge:

  • Hochpegel, Cinch x 1
  • Vorverstärker, Cinch x 1
  • Lautsprecher x 2
  • Power Control, Klinke x 2, 3,5 mm


Eingänge:

  • Hochpegel, Cinch x 3
  • XLR x 1
  • S/PDIF, koaxial x 1
  • Lichtleiter x 1


Besonderheiten

  • Fernbedienung
  • Class-, Class-A/B umschaltbar
  • Bi-Wiring möglich
  • Röhrenbeleuchtung dimmbar


Ausführungen:   silber oder schwarz

Abmessungen (B x H x T):
   43 x 20 x 43 cm

Gewicht:   24 kg

 

Sintron-Vertriebs GmbH
Südring 14
76473 Iffezheim

Telefon:   0 72 29 / 18 29 98

Internet:   www.vincent-tac.de

E-Mail:   info@sintron.de

Vincent ist mit dem SV-700 eine wohlschmeckende Melange gelungen. Mit reichlich Halbleitern und einem Schuss Röhrenflair kredenzen die Ingenieure feine, röhrenrunde Klangaromen, nach denen man sich immer wieder gerne die Finger leckt. Ein Verstärker für Genießer, die auch in Sachen Leistung, Anfassqualität und Optik keine Abstriche machen wollen. Dieses Highlight verdient i-fidelity.nets nachhaltige Empfehlung.  Ramon Harland

Vincent SV-700
Preis: 3.499 Euro
Garantie: 5 Jahre - nach Registrierung
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Verstärker:
Vincent SV-700
Autor:
Ramon Harland
Datum:
18.12.2015
Hersteller:
Vincent