Zugegeben, es war schon ein wenig bizarr, was sich da kürzlich auf der High End in München ereignet hat: Die für die Marketing-Kommunikation im Hause Sonus Faber zuständige Marta Vecellio Reane nahm mit einem beherzten Griff die knallroten Seitenwangen der neuen Chameleon-Lautsprecher ab und tauschte sie gegen schwarze aus. Was war das denn? Ganz klar, die Italiener nehmen eine jüngere Zielgruppe und designorientierte Zeitgenossen ins Visier und bieten für ihre Chameleons insgesamt sechs verschiedene Farbausführungen für die Seitenwangen an, die sich – wie von Marta Vecellio Reane vorgeführt – kinderleicht wechseln lassen, wenn einem der Sinn nach einer anderen Farbe steht. Neben den Klassikern Schwarz und Weiß gibt es sie auch in Rot, Orange, Blau- und Graumetallic. Zum Glück ist die Fertigung auf dem gewohnt hohen Niveau erfolgt, was diese bunte Seitengestaltung nicht zu einem Gag verkommen lässt.
Die neue Serie umfasst aktuell den Standlautsprecher »T«, für Heimkino-Anwendungen den Center-Lautsprecher »C« und das kompakte Modell »B«, welches sich i-fidelity.net für den Test noch auf der Messe gesichert hat. In Fortführung einer Jahrzehnte andauernden und damit als bewährt anzusehenden Tradition sitzen die beiden Chassis auf der angeschrägten Schallwand des mit echtem Leder bezogenen Gehäuses sehr eng beieinander. Diese Annäherung an eine Punktschallquelle hat positiven Einfluss auf das räumliche Abstrahlverhalten. Die Seitenwangen werden in einem soliden Metallrahmen fixiert. Da wackelt nichts, was Grundvoraussetzung für die einwandfreie Wiedergabe ist.
Das aus MDF gefertigte, knapp sieben Kilogramm schwere Gehäuse thront auf einem Sockel, in dessen hufeisenförmigen Ausschnitt die Bassreflexöffnung des Zweiwege-Lautsprechers sitzt. Im Innern arbeitet eine mit Luftspulen und MKP-Kondensatoren bestückte Frequenzweiche, die aufgrund der hohen Chassis-Qualität sehr einfach gehalten werden konnte. Da ist zum einen der 15-Zentimeter-Tiefmitteltöner, der mit einem kompressionsmindernden Korb bestückt ist. Er überträgt die Frequenzen bis 2.500 Hertz. Darüber übernimmt eine 29-Millimeter-Kalotte den Rest des Frequenzspektrums. Nach Fertigstellung im Werk werden die Lautsprecher paarweise selektiert und bekommen dann eine identische Seriennummer.
Auf der sich ebenfalls wie die Schallwand verjüngenden Rückseite des Gehäuses ist das Bi-Wiring-Terminal montiert. Die soliden Anschlüsse erlauben Bananas, Spades und im Notfall auch blanke Litze. Im Auslieferungszustand ist dieses Terminal mit Verbindungsbrücken bestückt, die unbedingt ausgetauscht werden müssen, und wenn es nur mit einem Stück Lautsprecherkabel ist. Warum man das tun sollte, lässt sich klanglich problemlos nachvollziehen, indem man sich beispielsweise die Eingangssequenz des Musicals »Phantom der Oper« anhört. Hier gibt es eine Versteigerungsszene gleich zu Beginn, bei der der Sprecher wirklich klar konturiert an seinem Pult stehen muss und der fallende Gebotshammer sich nach einem Gewehrschuss anhören sollte – und das funktioniert mit den Originalbrücken nicht. Mittlerweile gibt es im Zubehörangebot aber eine ganze Reihe hochwertiger Brücken – oder man setzt gleich Bi-Wiring ein.
Die kompakten Abmessungen der Chameleon »B« machen die Aufstellung leicht. Sie passt auf Sideboards und in Bücherregale, hat dort aber nach unserer Einschätzung nicht viel zu suchen: Bei dieser Art der Platzierung geht zuviel von den klanglichen Möglichkeiten verloren. Weitaus besser ist die freie Aufstellung auf einem Standfuß. Dieser muss allerdings mindestens 70 Zentimeter hoch sein. Wo auch immer die attraktive Italienerin schließlich zu stehen kommt, sollte sich der Hochtöner auf einer Höhe von rund 90 Zentimetern befinden, denn nur dann ergibt sich eine ordentliche Dimension in der räumlichen Tiefe.
Die nächste Hürde, die es unbedingt zu nehmen gilt, ist der ansteuernde Verstärker. Hier darf es bei Sonus Faber schon immer gerne etwas überdurchschnittlich Klingendes sein. Mit Musical Fidelity, Audionet, Arcam oder Krell kann man dieser Stelle kaum etwas verkehrt machen. Da der Wirkungsgrad eher dem unteren Spektrum zuzuordnen ist, braucht es zudem ein ordentliches Leistungspotential – mit einer Röhre ist hier kein Blumentopf zu gewinnen. Im i-fidelity.net-Hörraum musizierte die Chameleon auf Audio Magic-Ständern. Dabei wählten wir die Basisbreite etwas größer und winkelten den Lautsprecher stark ein. So bekamen wir eine breite und tiefe Bühnenabbildung.
Die von Richard Wright gespielte mächtige Orgel der Royal Albert Hall füllt sowohl den Saal als auch realistisch unseren Hörraum. Das jüngste Pink Floyd-Album »The Endless River« ist auf einem USB-Stick in 24 Bit/96 Kilohertz gespeichert, der in der i-fidelity.net-Referenzvorstufe Audionet DNP steckt. Neben der soliden Grundtonstabilität überzeugt die enorme Breite und Tiefe des abgebildeten Raums. Dem begnadeten Entwickler Paolo Tezzon kann man nur dankbar dafür sein, dass er dem kompakten Modell nur den Teil des Tieftonbereichs zumutet, den die Kombination aus Chassis und Gehäuse tatsächlich überträgt. Denn dadurch finden sich auch bei den mächtigen Attacken des opulenten Werks keinerlei Störgeräusche im Klangbild ein. So registrieren wir im Tiefton zwar das Physik-bedingte Fehlen allertiefster Frequenzen, werden aber durch die Geschwindigkeit der musikalischen Übertragung entschädigt.
Die kommt auch Caroll Vanwelden zugute, deren Album »Sings Shakespeare Sonnets 2« ebenfalls als hochauflösende Datei vorliegt. Da sind zunächst die feinen präzisen Tastenanschläge des Klaviers, dann kommt die sensationell abgebildete Stimme hinzu. Das ist nicht preiswertes HiFi, das ist sensationell günstiges High End. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die vorgeschaltete Anlage die Töne entsprechend transportiert. Trotz der innerhalb des Stücks zunehmenden Komplexität stößt die zierliche Italienerin nicht an störende Grenzen. Sie behält ihre offene, transparente Gangart bei, was sie in dieser Klasse besser als kein anderer Lautsprecher macht. Auch Streichinstrumente gibt sie mit Originalcharakter wieder, ohne sich auch nur ein Blöße zu erlauben.
Faszinierend ist dann der Quellenwechsel. Denn jetzt darf der Avid Sequel SP – bestückt mit SME-Tonarm 4 und dem Benz-Tonabnehmer ACE L – aufspielen. Alle paar Monate überkommt uns im Hörraum die Lust auf ein kleines Musical-Intermezzo. So rotierte »Chess«, das Werk der beiden Abba-Bs (Björn und Benny), auf dem Teller. Bereits der weit gefächerte Eröffnungschor bei »Merano« macht den Unterschied zur digitalen Quelle deutlich. Jetzt wird es in sich stimmiger, die Dynamik nimmt einen selbstverständlich nicht mehr so mit, was beim Hören aber ganz und gar nicht unangenehm ist. Hier bestätigt sich auch die bei der Aufstellung vorgenommene Einwinkelung, denn das Klangbild findet in drei Dimensionen statt. Neben der korrekten Bühnenabbildung links/rechts kommt deutlich die zweite Dimension zum Tragen. Exakt lässt sich bestimmen, wie weit die Sänger vom Mikrophon entfernt sind und wo sie stehen. Mit dem Orchester stellt sich die dritte Ebene ein, die das Klangerlebnis mit der kompakten Sonus Faber einfach perfekt macht.
Wie gemacht scheint sie auch für die »Natural Causes« von Steve Tibbets zu sein. Dieses ECM-Album verdient es, in bester Qualität wiedergegeben zu werden. Bei den ersten Klängen von »Sitavana« wird das bereits deutlich, der von Marc Anderson fein gewebte Perkussionteppich trägt die schwebenden Klänge von Tibbets gefühlvollem Gitarrenspiel. Bei guten Lautsprechern, wie dieser hier ganz sicher einer ist, ziehen vor dem geistigen Auge klare Bilder vorbei. Die Fantasie bekommt tonalen Treibstoff, der ihr eine Leichtigkeit bei der Entstehung ermöglicht, was wiederum zu höchstem musikalischen Genuss führt. Es soll ja Menschen geben, die den Klang ihrer Anlage mit der Einnahme von Rauschmitteln aufputschen, doch das ist mit der Sonus Faber Chameleon »B« definitiv nicht nötig. Die entrückt ohne jegliche Hilfe aus dem tristen Alltag – absolute Spitze.
Lautsprecher Sonus Faber Chameleon B
Impedanzminimum: 4,2 Ohm @ 229 Hz
Nennimpedanz (± 20% Toleranz): 4 Ohm
Empfindlichkeit: 85,7 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)
Laborkommentar
Erfreulicherweise ist sich Sonus Faber auch bei der Einsteigerreihe Chameleon treu geblieben und hat auf eine Bassanhebung verzichtet. Der Hochton ist auf Achse leicht betont, unter 30 Grad (fettgedruckte Linie im Frequenzgang horizontal) ist er ausgewogen. Die vertikale Ausrichtung ist bei der Chameleon B wichtig, denn sie bestimmt die Ausgewogenheit des Präsenzbereichs. Oberhalb von 1 kHz ist der Wasserfall sehr sauber, die Impedanz ist, wie es sich für einen preiswerten Lautsprecher gehört, völlig unkritisch: das Minimum liegt bei 4,2 Ohm @ 229 Hertz.
Hersteller: Sonus Faber, Italien
Vertrieb: Audio Reference, Hamburg
Modell: Chameleon B
Kategorie: Kompaktlautsprecher
Paarpreis: 998 Euro
Garantie: 5 Jahre
Konstruktion: Zwei-Wege, Bassreflexsystem
Bestückung: 1 x 15-cm-Tiefmitteltöner, 1 x 29-mm-Kalotte
Übergangsfrequenz: 2.500 Hz
Anschluss: Bi-Wiring-Terminal
Option: Standfüße
Abmessungen (B x H x T): 19 x 32 x 29 cm
Gewicht: 7 kg
Audio Reference
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
Tel. 040/53320359
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Mit der Chameleon-Serie richtet sich Sonus Faber an eine jüngere Zielgruppe, die um das klassische Lautsprechererscheinungsbild möglicherweise einen Bogen macht. Allerdings darf diese optische Individualisierungsmöglichkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Chameleon »B« ein überragend klingender Kompaktlautsprecher ist, der audiophile Ansprüche bis kurz vor die unterste Oktave komplett abdeckt. Voraussetzung ist allerdings ein leistungsstarker Verstärker, denn obwohl zierlich stellt die kleine Italienerin hier spürbare Ansprüche. Nichts wäre schlimmer, als an dieser Stelle Potential zu verschenken. Das gilt auch für die Aufstellung. Ein Standfuß, der den Hochtöner auf Ohrhöhe bringt, ist ebenfalls mehr als empfehlenswert. Bei dieser Klangqualität auf höchstem Klassenniveau ist uns übrigens egal, wer sich für welche Farbe bei den Wangen entscheidet, denn Referenz inklusive Preistipp ist sie ab sofort so oder so. Olaf Sturm
Sonus Faber Chameleon B |
Paarpreis: 998 Euro |
Garantie: 5 Jahre |