Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Wer beabsichtigt, mittels zweier jeweils einen Zentner schweren Lautsprechern Musik zu hören, hat keinesfalls den Verstand verloren. Im Gegenteil riecht es eher nach Krönung meiner audiophilen Laufbahn, die in den 80er-Jahren mit einem Pärchen Heco Phon 23 begann. Das war eine kleine Dreiwege-Box, die dem »Taunus-Sound« entsprungen war. Sie wissen schon, das waren die Lautsprecher, deren Frequenzgang in abstrahierter Form immer eine Badewanne darstellte: viel Bass unten, laute Höhen oben und in der Mitte nichts. In den Jahren oder besser Jahrzehnten hat sich das Equipment in meinem Hörraum natürlich deutlich weiterentwickelt, aber dass meine Verstärker mal eine BA 71 bedienen dürfen, davon war absolut nicht auszugehen.

Wer sich bei der Typenbezeichnung an einen British-Airways-Flug erinnert fühlt, liegt natürlich verkehrt. Das BA steht für »Burmester Audiosysteme« und die Ziffern für Anzahl und Einsatzort der Chassis: sieben auf der Front und eines auf der Rückseite. Aufschluss über den Anspruch der Berlinerin geben diese Eckdaten: Eine BA 71 wiegt 61 Kilogramm, sie ist bei fast einem halben Meter Tiefe 1,23 Meter hoch und kostet als Paar 31.800 Euro. Fünf Farb-/Holzausführungen des Gehäuses lassen sich mit drei unterschiedlichen Tönen für die Aluminiumfront kombinieren. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Verarbeitung vollkommen makellos. Und die BA 71 ist trotz ihrer Abmessungen vor allem aufgrund der intelligenten Formgebung mit nach außen gewölbten Seitenrundungen eine absolute Augenweide.

In diesen Schallwandler hat das vierköpfige Team, bestehend aus Dieter Burmester, Bernd Stark, Martin Lorenz und Dennis Wassner, rund zweieinhalb Jahre Entwicklungszeit investiert. Ein permanentes »Friede-Freude-Eierkuchen«-Spiel ist dabei wohl nicht an der Tagesordnung gewesen, sondern mit Vehemenz wurden die unterschiedlichen Standpunkte verteidigt. Nicht immer haben sich die Herren dabei auf einen Kompromiss einigen können, wie das interessante Terminal auf der Rückseite zeigt. Dort sind sowohl die bekannten Burmester-Anschlüsse als auch ein WBT-Bi-Wiring-Feld zu finden. König Kunde darf folglich hören und entscheiden, was in seiner Konfiguration am besten tönt. Konsequenz statt Kompromiss ist mir ein geschätztes Mittel auf dem Wege zu klanglichem Genuss, auch wenn der ein oder andere das nicht verstehen kann oder will.

Alle sieben Chassis auf der Front sind in der 12 Millimeter dicken Aluminiumschallwand fixiert. Zur Übertragung des Tieftons kommen 17-Zentimeter-Chassis mit einer vergleichsweise schweren, allerdings sich kaum verwindenden Membran zum Einsatz, die aus einem Glasfaser-Papiergemisch besteht. Das es in Summe um insgesamt acht dieser Chassis geht, wird sowohl für jeden einzelnen Lautsprecher als auch für das Paar selektiert. Dass es sich bei dieser Aussage keineswegs um leeres Marketing-Gerede handelt, sondern es um eine tatsächliche Leistung geht, dürfte jedem klar werden, der die BA 71 nur eine einzige Minute spielen hört. Denn präziser bei gleichzeitig unlimitiertem Druck geht es nicht. Das Tieftöner-Quartett arbeitet in Reihenparallelschaltung auf ein Gehäuse, das auf der Rückseite über zwei großzügige Öffnungen ventiliert ist. Burmester liefert für unterschiedliche Aufstellungsvarianten beziehungsweise Raumgrößen zwei große Stopfen mit, die zum Verschließen der Öffnungen und damit der Reduktion des Tieftonanteils dienen.

Im oberen Geschoss der Dreiwege-Konstruktion arbeitet ab drei Kilohertz ein AMT-Hochtöner, der mit starkem Neodymmagnet versehen ist. Flankiert wird er von zwei Mitteltönern. Diese Anordnung führt zu einer Verringerung von Boden- und Deckenreflexionen, die ansonsten den räumlichen Eindruck stören könnten. Um bei den zwischen 110 Hertz und 3.000 Hertz arbeitenden Mitteltonchassis für impulsgenaueres Schwingverhalten zu sorgen, wurden diese mit einem extrem starken Magnetantrieb ausgestattet. Zudem fallen die Klirrwerte laut Burmester äußerst gering aus.

Auf der Rückseite der BA 71 befindet sich ein weiterer AMT-Hochtöner, dessen Lautstärke  über einen Regler gesteuert werden kann. Die Idee für diese Konstruktion stammt aus dem Automotive-Bereich des Unternehmens. Wie Sie vielleicht wissen, kommen Burmester-Soundsysteme in Fahrzeugen von Porsche und Mercedes zum Einsatz. Sie bestechen vor allem durch ihre Fähigkeit zur dreidimensionalen Abbildung des Klanggeschehens. Genau diese Aufgabe ist jetzt dem rückseitigen Hochtöner zugedacht. Denn je höher die Frequenz des abgestrahlten Signals ist, desto stärker treten Bündelungseffekte auf – der Abstrahlwinkel verringert sich. Mit Hilfe dieses Ambience-Hochtöners können die zusätzlichen Schallanteile für einen breiteren und tieferen Raumeindruck sorgen. Übertreibt man es allerdings mit der Lautstärke, verlieren Stimmen und Instrumente an Fokussierung. Dank des großzügigen Regelbereichs lässt sich die optimale Position allerdings schnell und sicher erhören.

Vom Feinsten – aber bitte mit Verstand

Damit das Chassis-Oktett seiner Bestimmung optimal nachgehen kann, braucht es den von der Frequenzweiche korrekt zugewiesenen Anteil. In der BA 71 gibt es allerdings nicht nur eine Frequenzweiche, sondern eine eigene für jeden Bereich, die möglichst nahe an den Chassis sitzt. Bestückt sind diese Weichen unter anderem mit einer Kollektion bester Mundorf-Bauteile. Auch hier ist das Konstruktionsteam nicht einfach hergegangen und hat die teuersten Kondensatoren des Marktes erworben, sondern es wurde gehört, gemessen und verglichen. Unter anderem gelangte man so zur Erkenntnis, dass die Mundorf-Komponenten neben ihren überragenden Klangeigenschaften auch über die notwendige Serienkonstanz verfügen.

Bevor ich der BA 71 erste Töne entlocken konnte, waren allerdings noch ein paar Voraussetzungen zu erfüllen. Als ich die beiden Lautsprecher in meinem Hörraum an die ihnen zugedachte Position bewegte, die sich für besten Klang bewährt hat, waren die Spikes natürlich nicht installiert. Erst nachdem ich absolut zufrieden war mit der leicht eingewinkelten Aufstellung, montierte ich die höhenverstellbaren Stahlspitzen. Für den Ambience-Hochtöner auf der Rückseite kannte ich zunächst nur zwei Positionen: ganz aus oder die Ein-Uhr-Stellung. Mit dieser Entweder-Oder-Anwendung ist ungemein schnell zu erkennen, welche Auswirkungen der nach hinten abstrahlende Hochtöner hat. Für meinen Raum entpuppte sich schließlich die Elf-Uhr-Einstellung als perfekte Mischung aus weitschweifender Räumlichkeit bei gleichzeitig optimaler Fokussierung auf einzelne Instrumente.

Für die Signalerzeugung und dessen Verstärkung setzte ich Komponenten von Transrotor (analog), Esoteric und Marantz (digital), Audionet (PRE und MAX ) sowie Moon (Evolution-Serie) ein. Bei der Verkabelung stammte der Großteil vom Leverkusener Spezialisten HMS. Selbstverständlich sind Stromzufuhr – unter anderem ein Burmester 948 – sowie die Anlagenmöbel aus dem Hause Finite Elemente für ihren jeweiligen Anwendungsbereich optimiert. Was war ich gespannt auf die ersten Klänge!

So stellten sich zur Premiere The Wailin' Jennys in meinem Hörraum auf, um von akustischen Gitarren unterstützt »Untitled« zu intonieren. Ich reagierte zunächst bestürzt auf das, was mir da serviert wurde: kleinste Detailabbildungen bei kaum vorstellbarer Präzision, eine lebensgroße Abbildung und vor allem dieser swingende Groove. Entweder sind alle meine bisherigen Schallwandler nicht besonders gut gewesen – oder diese BA 71 betrieb hier gerade eine Horizonterweiterung vom Allerfeinsten. Sangen die Damen im Chor, konnte ich mühelos jeder einzelnen folgen oder mich der vokalen Synthese hingeben. Dabei war auch eine gehörige Portion Luftigkeit in der Räumlichkeit auszumachen, die dem akustischen Geschehen zu seiner Unmittelbarkeit verhalf.

Was sich vom ersten Eindruck bis zum Schlussakkord wie ein roter Faden durch die vielen intensiven Stunden des Hörens gezogen hat, war eine neue Dimension in puncto Präzision. Was immer die in Berlin da gemacht haben – sie haben es geschafft, aus insgesamt 16 Chassis ein großes Ganzes zu generieren. Ganz einfach reproduzierbar, indem man in den »Trans-Europa-Express« von Kraftwerk einsteigt und in ihm Paris verlässt. Jedes Puzzle-Stück dieses Titels wurde von der Burmester mit Leichtigkeit herausgelöst und zu einem eindrucksvollen Ganzen zusammengesetzt. Dabei ist diese Genauigkeit nie langweilig, sondern eher ansteckend. Was für eine großartige Beschäftigung kann High-End-Audio doch sein.

Kultivierte Massivität

Spielte dann auch noch spät in der Nacht und abseits des Testparcours der »King Of The Tenors« Ben Webster das Stück »Danny Boy«, war die Illusion perfekt. Das Saxophon, der fließende Luftstrom und die zurückhaltenden Begleitinstrumente versetzten mich in ein altes Jazz-Lokal, das bis auf die Musiker und mich vollkommen leer ist. Es war fast surreal. Den nächsten Tag begann ich dann mit einer fürstlichen Tieftonorgie der Jazzkantine und »Lieber Langsam«, das dem Zeitgeist mit voller Wucht entgegen läuf: Es sind nur zwei Töne der Bassgitarre, die ausreichen, um als Fundament den ganzen Titel zu tragen. Die BA 71 arbeitete hier mit enormem Druck bei wirklich unverschämtem Tiefgang völlig entspannt – sie gab sich keinerlei Blöße.

Diese Präzision in der Abbildung werden auch die Freunde im Klassik- und Jazzbereich sehr schätzen. Es ist wie in der Fotografie, wenn verschiedene Objektive zum Einsatz kommen. Auch wenn Sie immer wieder dasselbe Objekt fotografieren, werden sich die Bilder voneinander unterscheiden. So erging es mir beim Hören von Mendelssohns »Sommernachtstraum«, den ich in meinem vier Wänden nie zuvor so authentisch gehört habe. Die einzelnen Instrumente, die sich zu Gruppen formieren und schließlich in einer ungetrübten Einheit enden, empfand ich ebenso gelungen wie die enorme räumliche Ausbreitung in allen drei Dimensionen, die dank des rückwärtigen Hochtöners möglich wird.

Dabei ist der Dimension keinerlei Limitierung gesetzt, wie der Schlusschor »Freude, Schöner Götterfunken« aus Beethovens Neunter Symphonie zeigte. Die Klangfarben stimmten nicht nur, nein sie leuchteten regelrecht in den Hörraum und übertrugen dadurch die Stimmung der Musik zu einhundert Prozent. Was für eine überragende Erlebnisqualität ist das denn? Eines muss allerdings auch klar sein: Wer mit einer BA 71 Musik erlebt, kann gar nicht unbeteiligt bleiben. Ihre Durchzeichnung, Klarheit und vor allem ihr lebendiger Charakter verhindern selbst bei eintöniger Musik Langeweile.

Volle Schubkraft – kein Problem

Zu meinem Musikrepertoire gehören auch eine Reihe Rock- und Heavy-Scheiben. Musik also, bei der viele High-End-Enthusiasten die Ohren rümpfen, was ich angesichts von exzellent produzierten Titeln wie »Pretty When You Cry« von Vast kaum verstehen kann. Bei erhöhtem Pegel begann die BA 71 den Song mit satten Schlägen, die nicht nur zu hören, sondern auch zu fühlen waren. Nach 90 Sekunden war der Aufbau des Titels abgeschlossen und vor mir stand eine massive Klangwand, die ich trotz Größe und Gewicht der Burmester niemals in dieser Wucht erwartet hätte. Es bedarf wohl nicht mehr der Erwähnung, dass Madame selbst bei dieser Kost nicht die Beherrschung verlor.

Ob ich mich auch mal geärgert habe? Ja, habe ich. »Sultans Of Swing« von den Dire Straits gehört seit Jahrzehnten zu meinen Lieblingstiteln und ich hätte ihn mir niemals mit der BA 71 anhören dürfen. Zum einen, weil sie Knopflers Stimme so glaubwürdig abbildet, wie ich es nie zuvor gehört habe. Zum anderen weil natürlich das Aufnahmedatum 1978 durchklingt, aber nicht wie bei so vielen Anlagen als bösartiger Vorwurf, sondern als wertvolles Zeitdokument. Ich bin schwer beeindruckt, wie nahe man der Musik über die Burmester BA 71 kommt. Anders möchte ich das in Zukunft bitte nicht mehr hören!

Lautsprecher Burmester BA71

Impedanzminimum:   2,95 Ohm @ 2,15 kHz

Nennimpedanz (± 20% Toleranz):
   3 Ohm

Empfindlichkeit:   91,1 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

 

Hersteller:    Burmester Audiosysteme, Berlin

Modell:   BA 71

Kategorie:   High-End-Standlautsprecher

Paarpreis:   31.800 Euro

Garantie:   3 Jahre, nach Einsendung des Garantie-Zertifikats 5 Jahre

Konstruktion:   Drei-Wege-Bassreflex

Bestückung:   4 x 17-Zentimeter Tieftöner, 2 x 17-Zentimeter Mitteltöner, 2 x Air Motion Transformer

Übergangsfrequenzen:   110 Hz/3.000 Hz

Ausführungen Korpus:   Hochglanz Makassar, Hochglanz Nussbaum hell, Hochglanz Nussbaum dunkel, Hochglanzweiß, Hochglanzschwarz, (Andere Ausführungen können realisiert werden)

Ausführungen Schallwand:
   silber, schwarz, Mittelbronze eloxiert

Abmessungen (B x H x T):   31 x 124 x 50 cm

Gewicht:   61 kg



Burmester Audiosysteme GmbH
Wilhelm-Kabus-Straße 47
10829 Berlin

Telefon:   0 30 / 7 87 96 80
Fax:   0 30 / 78 79 68 68

E-Mail:   mail(at)burmester.de
Internet:   www.burmester.de

Ganz klar, die Burmester BA 71 sind Traumlautsprecher, die auch anspruchsvollen Hörern noch eine klingende Horizont-Erweiterung ermöglichen werden. Mit Leichtigkeit ergattern sie den i-fidelity.net-Referenz-Status. Die Kombination aus erlesenen Zutaten und einem Entwickler-Team, das offensichtlich über ein Höchstmaß an Kompetenz im Lautsprecherbau verfügt, gipfelt in einem der besten Schallwandler, die ich je gehört habe. Dazu trägt auch der rückwärtige, in seiner Wirkung steuerbare AMT-Hochtöner bei, der für eine glaubwürdige Verbesserung der räumlichen Abbildung sorgt. Hinzu kommen die exzellente Verarbeitungsqualität des Gehäuses und der Einsatz zuverlässiger Bauteile. Da bleibt mir nichts Weiteres, als Burmester zu dieser Spitzenleistung zu gratulieren!   Philip Cornelius

Burmester BA 71
Paarpreis: 31.800 Euro
Garantie: bis zu 5 Jahre
überragend
gut - sehr gut
überragend
überragend

TEST

Lautsprecher:
Burmester BA 71
Autor:
Philip Cornelius
Datum:
02.03.2015
Hersteller:
Burmester