Eine AM 5 ist auf den ersten Blick sofort als Canton-Box zu identifizieren. Ganz typisch ist die neutrale Design-Handschrift mit gerundeten Ecken, nah verwandt mit den Modellen der »Your World«- oder »Plus«-Serien. Die in Schwarz oder Weiß angebotenen Lautsprecher sind überraschend kompakt in ihrer Erscheinung und strahlen dabei geballte Wertigkeit aus. Beide Boxen wurden identisch konzipiert – Canton verfährt hier also nicht nach dem in preiswerten Regionen häufig anzutreffenden Master/Slave-Prinzip, bei dem der eine Speaker die gesamte Steuerelektronik enthält und der zweite, dann passive Lautsprecher per Kabel verbunden wird. Canton hat alles in klassischer Manier individuell aufgebaut, jede AM 5 ist autark. Sehr schön.
Pro Aktiv-Box arbeitet eine Zweikanal-Endstufe, bei der 80 Watt Sinus ausschließlich für den Tiefmitteltöner reserviert sind. Die Trennung zum Hochtöner erfolgt bei 3.000 Hertz. Durch eine DSP-gesteuerte Entzerrung mit durchgehender 24-Bit-Signalverarbeitung werden harmonische Übergänge und optimierte Arbeitsbereiche der beiden Chassis gewährleistet.
An möglichen Einsatzzwecken mangelt es den AM 5 nicht: Als audiophile PC-Lautsprecher am Schreibtisch, Nahfeld-Monitore im Musik-Studio, aktive Stereo-Boxen, Konferenz-Lautsprecher oder per Streaming/Media-Player angesteuerte Speaker in einem Wireless-Setting – überall machen die zurückhaltend gestalteten Boxen potentiell eine gute Figur. Da jeweils andere akustische Gegebenheiten vorherrschen, verfügen die AM 5 über umfassende Einstellmöglichkeiten für eine stets optimale Wiedergabequalität.
Auf der Rückseite der Aktiv-Monitore befindet sich ein kleines Arsenal an Schiebeschaltern. Drei Klangregeleinheiten für die Bereiche Bass, Mitten und Höhen erlauben sinnvolle Anpassungen innerhalb von +2 dB bis zu -4 dB – je nachdem, ob die Box auf dem Schreibtisch, einem Regal, an der Wand, in der Ecke oder freistehend auf einem Standfuß platziert wird. Das begleitende Handbuch spricht für den Start einige sinnvolle Empfehlungen aus.
Ein Hochpassfilter begrenzt die Tieftonwiedergabe bei 50, 70 oder 100 Hertz. Das ist sinnvoll bei Anwendungen, bei denen die Sprachverständlichkeit oberste Maxime ist, aber auch in einer 2.1-Konfiguration mit zusätzlichem Subwoofer. Durch eine solche aktive Filterung erhöht sich hier der mögliche Maximalpegel und das Klangbild gewinnt potentiell an Leichtigkeit durch die Befreiung des kleinen Treibers von belastenden Bass-Schüben. Für einen optimalen Arbeitspunkt lässt sich die Ausgangsspannung an die Anforderungen unterschiedlicher Signalquellen anpassen: Im Studio und beim Rundfunk herrschen +4 dBu beziehungsweise +6 dBu Referenzpegel vor, während in der Heimanwendung -10 dBv gängig sind. Eine wählbare Einschaltautomatik aktiviert je nach Signallage die Canton-Boxen, die im Stand-by-Betrieb löblicherweise nur 0,5 Watt verbrauchen.
Wenn die Boxen in puncto Pegel über Gebühr strapaziert werden, passt ein gehörphysiologischer Soft-Limiter die Wiedergabe schrittweise an – bis am Ende eine intelligente Schutzschaltung einschreitet, um die Komponenten der AM 5 vor Schäden zu bewahren. Gerade bei professionellen Anwendungen, wo immer mit kurzzeitigen Pegelspitzen gerechnet werden muss, ist das eine reale Lebensversicherung für die kleinen Speaker.
Der Anspruch einer universellen Nutzungsmöglichkeit wird auch an den Befestigungsoptionen deutlich: Zwei auf der Rückseite eingelassene Gewindebuchsen ermöglichen die Montage an Stativen oder Wandhaltern, die von einer mitgelieferten Metallseil-Sicherung ergänzt werden können. Kleine Kunststofffüße zur Entkopplung und Rutschvermeidung liegen ebenfalls bei – hier hat Canton an alles gedacht.
Verbunden werden die Aktiv-Lautsprecher über eine symmetrische XLR-Buchse (Studio) oder das gängige Cinch-Format (Consumer). Digitale Eingänge stellen die AM 5 – im Gegensatz zu manchen Mitbewerbern – nicht zur Verfügung. Die Vorteile dieser Entscheidung: Das komplette Entwicklungsbudget fließt in den reinen Lautsprecher, der Kunde kann den Digital-Analog-Wandler selbst nach seinen Vorstellungen wählen und später eventuell upgraden. In dieser sehr dynamischen Gerätegattung mit ständigen Verbesserungen ein relevanter Aspekt: Der neue DAC kommt, der AM 5 bleibt. So erscheint diese Abwesenheit einer USB- oder S/PDIF-Verbindung erst als weniger bequem, erweist sich dann aber als flexibel und zukunftsträchtig.
Nach der umfassenden Signalverarbeitung wird der Schall letztlich durch ein konventionelles Zweiwege-System übertragen. Als Tieftöner fungiert ein 11,5 Zentimeter durchmessender Konus-Treiber, der – dank elektronischer Unterstützung – aus diesem kleinen Reflexgehäuse Bässe bis 50 Hertz erzeugen will. Die Höhen werden von einer 25-Millimeter-Kalotte mit Neodym-Magnet abgedeckt und durch den in die Frontpartie eingearbeiteten Wave-Guide im Abstrahlverhalten kontrolliert. Beide Treiber verwenden Aluminium als Membranmaterial – typisch Canton.
Inwieweit der AM 5 akustisch die bewährten Qualitäten des Hauses injiziert bekommen hat, wird in zwei unterschiedlichen Anwendungsszenarien geprüft.
Zuerst verwenden wir das Paar AM 5 als luxuriöse Audio-Lösung am Schreibtisch: Links und rechts in gleichem Abstand vom Bildschirm platziert, das MacBook mittels asynchronem USB-DAC und Amarra Player-Software gepimpt, die Boxen mit hochwertigem Cinch-Kabel verbunden und durch kleine, angewinkelte Monitor-Basen optimal auf den Hörenden ausgerichtet.
Eine konzeptionelle Klippe gilt es hier zu umschiffen: Da die AM 5 über keinen eigenen Volumen-Regler verfügt (und ein DAC in der Regel ebenso wenig), lässt sich die Lautstärke eigentlich nur über die Abspiel-Software steuern. Das aber wollen wir nicht, da nur der maximale iTunes-Pegel die volle Auflösung garantiert. Was tun? Hier helfen wahlweise ein Vorverstärker, Mischpult oder passiver Lautstärkeregler, wie er zum Beispiel von Fostex angeboten wird (Modell PC 1). Zur Anwendung kam letztlich ein kleiner Ank Audio A-12 Preamp, der nicht nur über eine Lautstärkeregelung verfügt, sondern auch noch zusätzliche Eingänge samt Phono-MM bietet – dies als kleiner Tipp am Rande für die maximal reduzierte Anlage.
In dieser Konstellation fällt zuerst auf, was wir nicht hören: Rauschen. Manche preiswerte Aktiv-Lautsprecher – insbesondere aus dem Homerecording-Bereich – produzieren nach meiner Erfahrung im Leerlauf ein inakzeptables Grundrauschen. Die AM 5 hingegen ist diesbezüglich still wie ein Fisch. Sehr gut.
Wir starten gleich mit schwerem Kaliber: »Hateful« von den isländischen Elektronikern Gus Gus ist eine extrem pralle, explosiv aufgezeichnete Nummer, die von den kleinen Cantons erstaunlich locker verarbeitet wird. Der hart gefilterte, knackige Analog-Bass-Synthesizer springt einen wie gefordert direkt an, während die HiHat-Figuren brutal zischend durch die Klangkulisse irrlichtern und die Kick-Drum dazu erbarmungslos geradeaus schlägt. Die vielschichtige Gesangs-Performance von Daníel Ágúst Haraldsson lässt sich stets ausgezeichnet heraushören, was nicht einfach ist inmitten der umfassenden Delay-Kaskaden dieses tollen Tracks aus dem Album »24-7«.
Stilwechsel: Exklusiv für eine BBC-Sendung spielten Hall & Oates ihren Hit »She's Gone« als ungeheuer lässige Unplugged-Version. Der spezielle raue Charme dieser Live-Aufnahme wird über die Canton-Aktivboxen detailreich erlebbar: Die Unterschiedlichkeit der Stimmen der beiden Sänger, die locker aus der Hüfte geschrammelten Akustikgitarren, die scherzenden Dialoge untereinander – man sieht beide Musiker bildhaft vor sich, wie sie eine Menge Spaß hatten.
Die Sprachverständlichkeit gerät dabei fantastisch – das mag für Konferenzlautsprecher ein Essential sein, für die Musikwiedergabe ist es ein wunderbarer Bonus. Dieses mikroskopische Eintauchen, ohne dabei unangebracht zu sezieren – hier sammelt die AM 5 viele Pluspunkte. Ein Übermitteln von Intimität durch Übertragen der kleinsten Zwischentöne, Seufzer und Atemgeräuschen wird auch bei Tori Amos' Coverversion von »Angie« noch einmal deutlich – nur Frau und Klavier. Pur. Und man ist direkt dabei.
Nach der PC-Praxis am Schreibtisch folgt der Versuch im gesamten Hörraum. Zur Evaluierung der akustischen Fähigkeiten wird die AM 5 wie eine gewöhnliche kleine Stereobox behandelt und auf einem Ständer frei im Raum in Ohrhöhe platziert. Jedoch nutzen wir hier gleich die Vorteile der Aktiv-Technik und passen den Bassregler gemäß Canton-Empfehlung um +2dB an die Aufstellungsart an.
Beim immer wieder gerne genommenen Vorführ-Klassiker »Dat There« von Rickie Lee Jones sorgen die beiden Kompakt-Lautsprecher gleich für Verblüffung: Der satt aufgezeichnete Kontrabass wird mit einer Körperhaftigkeit und Glaubwürdigkeit vermittelt, die man den kleinen Böxchen nicht zugetraut hat. Und das sogar in beträchtlicher Lautstärke, einen 25-Quadratmeter-Raum gut füllend!
Natürlich hat der Bass-Spaß auch Grenzen. Die subsonischen Tieffrequenzen bei »See Mi Yah« von der Rhythm+Sound-10-Inch erahnt man mehr als dass man sie hört, aber daran knabbern auch andere. Denn diese Basswellen sind für wuchtige 15-Zöller konzipiert, nicht für kleine Kompaktmeister wie die AM 5. Was aber bei dieser Aufnahme erneut positiv auffällig wird: die weiten Hallräume, die bewussten Störgeräusche, die warme Stimme von Tikiman – das wird extrem sauber aufgelöst. Diese famose Mittenabbildung ist und bleibt die Paradedisziplin der Canton-Boxen und qualifiziert die AM 5 gerade für viele professionelle Einsatzzwecke.
Beim zweiten Track »Green And The Blue« vom neuen Fink-Album »Hard Believer« zeigen sich noch einmal exemplarisch die primären Charakterzüge des kleinen Aktiv-Lautsprechers: Alles klingt direkt und sehr kontrolliert, knackig, schlackenlos. Die musikalischen Verläufe sind wieder sehr gut nachzuvollziehen – aber das darf man ja von einem Gerät, das sich Monitor nennt, auch verlangen. Obwohl die Box auch gut als Streaming-Speaker für Untermalung in einem ganzen Raum sorgen kann – für konzentriertes Vergnügen erweisen sich Hörentfernungen bis maximal drei Meter ideal. Je näher, desto detaillierter, kraftvoller, involvierender.
Generell gilt: Schönfärberei ist die Sache der AM 5 nicht. Insofern liegt sie tonal an der Grenze zur Kühle, aber das sagt man analytisch geprägten Zeitgenossen ja stets etwas zu leichtfertig nach. Ihre Schuld ist es nicht. Sie sagt einfach nur, wie es ist.
Hersteller: Canton, Weilrod
Modell: AM 5
Kategorie: Aktivlautsprecher
Paarpreis: 698 Euro
Garantie: 2 Jahre
Konstruktionsprinzip: Zwei-Wege, Bassreflex
Bestückung: 1 x 25-mm-Kalotten-Hochtöner, 1 x 115-mm-Tiefmitteltöner
Terminal: XLR, Cinch
Ausführungen: Schwarz,Weiß
Abmessungen (BxHxT): 14 x 24 x 16 cm
Gewicht: 3,1 kg
Canton Elektronik GmbH & Co KG
Neugasse 21 - 23
61276 Weilrod
Internet: www.canton.de
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Telefon: 0 60 83 / 28 70
Die Aktiv-Monitore AM 5 von Canton erweisen sich als sehr neutrale Kompakt-Lautsprecher, die flexibel einsetzbar sind und dabei stets durch sinnvolle Praxisnähe und glaubwürdige Klangqualität überzeugen. Insbesondere als erschwingliche Luxuslösung am PC oder zur akustischen Kontrolle im Recording-Bereich setzen sie in diesem Preissegment Maßstäbe. Mit den AM 5 ist Canton zwar spät gestartet – aber doch als Erster ins Ziel gekommen. André Schwerdt
Canton AM5 |
Paarpreis: 698 Euro |
Garantie: 2 Jahre |