Mit der Diamond-Serie bringt Vincent eine Sonderedition des erst im letzten Jahr überarbeiteten, klanglich exzellenten Premium-Vorverstärkers SA-T7MK auf den Markt. Warum machen die das?

Die Gelehrten streiten sich ja, ob Gaius Julius Cäsar bei der Überschreitung des Rubikon im Jahre 49 vor Christus den Ausspruch »der Würfel ist geworfen« auf Lateinisch oder doch, wie für einen gebildeten Patrizier üblich, auf Griechisch von sich gegeben hat. Die lateinische Redewendung »alea iacta est« (üblicherweise übersetzt mit »die Würfel sind gefallen«) ist seither jedenfalls verknüpft mit einer Gesetzesübertretung und ihren unwiderruflich eintretenden Rechtsfolgen. Im konkreten Fall war es die widerrechtliche Überschreitung der Grenze zwischen Gallien und Italien durch Cäsar und seine Legionen – und die Folge dieses Rechtsbruchs war ein Bürgerkrieg.

Was hat nun den dänischen Lautsprecherhersteller Dali veranlasst, seine neue Boxen-Linie Rubicon zu nennen? Hat die Namensgebung etwa einen »kriegerischen« Hintergrund und welchen Rubikon will Dali dann mit diesen Lautsprechern überschreiten? Die Dänen haben jedenfalls den Technologietransfer von ihrer hochgelobten Epicon-Serie zur günstigen Rubicon-Reihe konsequent vorangetrieben. Will man also den Mitbewerbern Angst und Bange machen?

Doch lassen wir solche bellizistischen Spekulationen außen vor und wenden uns lieber unserem Hobby und somit den Qualitäten der Rubicon 2 zu. Der deutsche Dali-Vertrieb hat mir das kleinste Modell der neuen Serie in Hochglanz-Weiß angeliefert und ich muss gestehen, dass diese Farbe dem Lautsprecher sehr gut steht. Da hat sich bei mir über die Jahre ein Wandel des optischen Geschmacks eingestellt, denn früher habe ich es in dieser Hinsicht mit Henry Ford gehalten: Die Bausteine meiner Anlage durften jede Farbe haben, solange sie schwarz war. Bei den Lautsprechern war auch noch Kirsche dunkel erlaubt. Heute wandelt sich die Farbe meiner HiFi-Komponenten sukzessive. So ist meine dreiteilige Phonovorstufe silber, und mein neuer Plattenspieler ist genau im selben Hochglanz-Weiß gehalten wie die Rubicon 2.

In puncto Abmessungen und Bestückung – eine 29 Millimeter große Hochton-Kalotte und ein 165 Millimeter durchmessender Tiefmitteltöner – passt die Rubicon 2 genau zwischen meine heimischen Zweiwege-Monitore, welche mit 25- beziehungsweise 34-Millimeter-Kalotten und 130/210-Millimeter-Tiefmitteltönern ausgestattet sind. Auch beim Nettovolumen liegt sie genau in die Mitte und so bin ich gespannt, wie sich die kleine Dali in diesem Umfeld schlägt.

Dali ist ein Unternehmen, welches eine immens hohe Fertigungstiefe pflegt. Die Dänen entwickeln ihre Treiber selbst, und wenn sie nicht selbst fertigen, beauftragen sie damit einen Zulieferer, der qualitätstechnisch an einer sehr kurzen Leine gehalten wird. Die Luftspulen der Weiche sind selbst gewickelt, auch die Kondensatoren entsprechen Dali-Vorgaben. Nur bei den Gehäusen der Rubicon-Serie müssen Konzessionen an den Endpreis gemacht werden – solche exzellent verarbeiteten Gehäuse lassen sich von einem europäischen Zulieferer kalkulatorisch nicht mehr unterbringen.

Das wahre Highlight der Rubicon ist jedoch der Tiefmitteltöner. Hier findet der klassische Technologietransfer von den teuren zu den preislich moderateren Baureihen statt: Die Erkenntnisse, die Dali bei der Entwicklung der phantastischen Epicon-Treiber gewonnen hat, werden bei der Rubicon-Serie so weit als möglich ebenfalls umgesetzt.

Das Stichwort heißt SMC

Die leicht rötlich schimmernde Membran ist ja ein Markenzeichen von Dali. Hier werden Holzfasern der Papiermembran beigefügt, um deren Steifigkeit zu erhöhen und das Partialschwingungsverhalten positiv zu beeinflussen. Auch die verwendeten verlustarmen Gummisicken finden wir bei anderen Modellen wieder. Der Clou des Tiefmitteltöners steckt im Magnetsystem: Mit Soft Magnetic Compound (SMC), einem feinkörnigen Eisenpulver, lässt sich ein sehr homogenes Magnetfeld erzeugen. In Verbindung mit der Linearisierung der Schwingspuleninduktivität, die durch den Einsatz einer Kupferkappe im SMC-Polstück erreicht wird, konnte das gesetzte Ziel erreicht werden. Geringste mechanische und elektrische Verluste sollen extrem verzerrungs- und verfärbungsarme Treiber ergeben. Ich kann an dieser Stelle schon sagen, dass sich diese Verzerrungsarmut beim Musikhören bezahlt macht.

Der Rubicon 2 fehlt ja das Dali-Superhochtonbändchen, und so muss die 29-Millimeter-Softdome-Kalotte den kompletten Hochtonbereich abdecken. Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Kalotte damit nicht vielleicht überfordert ist und es an Auflösungsvermögen fehlen lässt. Hier kann ich sofort Entwarnung geben. Das Auflösungsvermögen der Kalotte, die ab 3 Kilohertz eingesetzt wird, ist sogar hervorragend. Lobenswert ist übrigens auch die deutschsprachige Bedienungsanleitung mit guten Tipps, wie die Rubicon optimal zu platzieren sei – und daran sollte man sich auch halten, wie mich meine eigenen Erfahrungen gelehrt haben.

Merke Dir den Standpunkt

Ich bevorzuge in meinem Hörraum einen Sitzabstand zum Lautsprecher, der etwa dem 1,5-Fachen der Basisbreite entspricht. Doch bei dieser Aufstellung spielte die Rubicon 2 irgendwie belanglos und mit einer eingeschränkten räumlichen Darstellung. Hallo, ist das der Lautsprecher, den ich von Dali erwartet habe? Als bekennender Bedienungsanleitungs-Leseverweigerer habe ich mich dann doch aufgerafft und mir das Schriftstück mit der Aufstellungsempfehlung zu Gemüte geführt: Man solle die Boxen doch bitte im klassischen gleichschenkligen Dreieck aufstellen. Ich habe diesen Rat befolgt – und auf einmal spielten die Rubicons auf den Punkt. Bis dahin hat noch kein Lautsprecherpaar, das bei mir zu Besuch war, so klar auf die Anleitung des Herstellers reagiert. Die Jungs von Dali scheinen ihre Lautsprecher wirklich in- und auswendig zu kennen – egal in welchem Raum sie spielen.

Und wie schlägt sich die Rubicon 2 nun klanglich? Bringt SMC wirklich etwas und ist der fehlende Folienhochtöner ein großes Manko? Ich habe ein paar Platten, mit denen ich grundsätzlich jeden Test eines HiFi-Geräts beginne. Ich kenne sie bis ins kleinste Detail, weiß, wie es klingen muss und kann somit schon am Anfang abschätzen, wohin die klangliche Reise gehen wird. Meistens krame ich dann noch vier, fünf weitere Platten und CDs heraus, um das Ergebnis zu verifizieren. Und was ist bei der Hörsession mit der Rubicon 2 passiert? Auf einmal standen circa 30 LPs vor meinem Rack und wollten gehört werden. Die Auseinandersetzung mit diesem Lautsprecherpaar verschaffte mir einige kurze Nächte mit wenig Schlaf, aber viel Freude am Musikhören.

Seit Jahren habe ich meine Charly-Antolini-Platten nicht mehr gehört – ja, die Direktschnittplatten, die Jeton Anfang der 80er in limitierter Auflage unters Volk gebracht hat. Die kosteten damals 50 Mark, was für einen Taschengeld beziehenden Schüler schon ein Wort war. Und dann musste ich auch noch zweimal mit dem Fahrrad zehn Kilometer in die Nachbarstadt fahren, da der örtliche Plattenhändler diese LPs nicht beschaffen wollte – einmal um die Platte zu bestellen und zu bezahlen und ein zweites Mal, um sie abzuholen.

Dynamik und Dynamit

Ich besitze zwei dieser Schätzchen – »Menue« und »Finale« – und habe beide durchgehört, denn die Rubicons schaffen etwas, was ich einer passiven Zweiwege-Bassreflex-Konstruktion in meinem Raum nicht auf Anhieb zugetraut hatte, nämlich einen unheimlich schnellen, trockenen und doch substanzvollen Bass. Da ist das Feuerwerk von Antolini auf seiner Schießbude ein wahres Fest. An dieser Stelle dürfte die absolut resonanzarme Auslegung der Tiefmitteltöner bereits die ersten Erfolge zeigen.

Aber die Rubicon 2 ist kein platter Haudrauf, sondern ein wirklicher Mittler feiner Zwischentöne. Ich vermute, dass die dank SMC-Technik verzerrungsfreie Wiedergabe der Töne über den gesamten Frequenzbereich großen Anteil am emotionalen Duktus dieser Lautsprecher hat. Ich habe so etwas vor Jahren schon einmal am Beispiel einer britischen Lautsprecherreihe festgestellt: Je teurer das Modell, desto geringer die Verzerrungen im Tieftonbereich – aber auch desto gefühlvoller der Mitteltonbereich. Irgendwas scheint also dran zu sein am Thema Verzerrungen und dem Vermeiden derselben.

Ich habe alle 30 bereitgestellten Platten durchgehört und könnte jetzt seitenlang über jede einzelne und meine Hörerlebnisse schreiben, aber ich will nicht langweilen. Exemplarisch greife ich daher zwei Alben heraus: Ulla Meineckes »Wenn schon nicht immer, dann wenigstens für ewig« und Dick Haymans »D.H. Plays Fats Waller«.

Die Dalis schaffen es, auch kleinste Verästelungen in der Stimme herauszuarbeiten, ohne das Große und Ganze zu übersehen. Nicht das Sezieren ist der Anspruch der Rubicon, sondern der ganzheitliche Genuss der künstlerischen Leistung des Interpreten. Stimmen haben eine intime Note, ohne in den Vordergrund zu treten (es sei denn, eine schlechte Aufnahme gibt das vor). Räumlich passt alles in Breite und Tiefe, es gibt keine ätherischen Weiten, wo auf der Platte keine sind, sondern genug Luft um die Instrumente herum, und der Bezug zu den einzelnen Schallereignissen stimmt ebenfalls auf den Punkt. Auch der Drive kommt realistisch: Gerade bei jazzigen Klaviersoli ist es ganz wichtig, dass die Lautsprecher immer genau so schnell sind wie der Pianist, ihn nicht überholen oder, wie leider viel zu oft, ihm hinterherhinken. Den Dalis gelingt das in Perfektion.

Aber die größte Stärke der Rubicon 2 ...

… ist die involvierende Darstellung jeglicher Art von Musik. Man kann sich der Musik, die über die Dali wiedergegeben wird, einfach nicht entziehen, sondern gibt sich ihr hin und genießt stundenlang Platte um Platte. Und genau darum geht es ja bei unserem Hobby.

Lautsprecher Dali Rubicon 2

Impedanzminimum:   4,4 Ohm @ 156 Hz
Nennimpedanz (± 20% Toleranz):   4 Ohm
Empfindlichkeit:   88,1 dB (2,83 V / 1m; 500-5.000 Hz)

 

Hersteller:   Dali, Dänemark

Vertrieb:   Dali Deutschland GmbH, Ulm

Modell:   Rubicon 2

Paarpreis:       1.798 Euro

Garantie:   5 Jahre

Konstruktion:   Zweiwege-Bassreflex

Bestückung:   165-Millimeter-SMC-Tiefmitteltöner, 29-Millimeter-Gewebekalotte

Übergangsfrequenz:   3.100 Hz

Ausführungen:       Schwarz und Weiß Hochglanz, Walnuss- und Rosso-Furnier

Abmessungen (BxHxT):    20 x 35 x 34 Zentimeter

Gewicht:   8,0 kg

Dali GmbH
Berliner Ring 89
64625 Bensheim

Tel:   0 62 51 / 9 44 80 77
Fax:   0 62 51 / 9 44 80 75

Internet:   www.dali-deutschland.de

Braucht der Mensch mehr Lautsprecher als die Rubicon 2? Mit guter Elektronik verbunden in einem Raum bis 25 Quadratmeter eigentlich nicht wirklich. Die Dali lässt einen in die Musik eintauchen, die Musik erfahren und trotzdem lange, lange ohne Stress hören. Mit diesem Lautsprecher könnte ich auf die einsame Insel verschwinden, was als größtmögliches Kompliment zu verstehen ist. Und damit ist die Dali Rubicon 2 i-fidelity.nets neue Klassenreferenz.   Stephan Schmid

Dali Rubicon 2
Paarpreis: 1.798 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Dali Rubicon 2
Autor:
Stephan Schmid
Datum:
25.09.2014
Hersteller:
Dali