Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Bereits beim Öffnen der vornehm mit schwarzem Stoff ummantelten Schatulle hält der AKG K812 eine überaus angenehme Überraschung parat: Er wartet mit einer schicken, hufeisenförmigen Kopfhörer-Design-Ablage der Firma Sieveking Sound auf. Kabel, Kurzanleitung und Garantiekarte sind in einer Extra-Schublade des Kartons untergebracht. Damit sorgt die in Wien ansässige Akustische & Kino-Geräte Manufaktur schon mal für ein 1A-Auspack-Erlebnis!

Profi- und Studiotechnik ist und war seit 1947 das Metier der einstigen Firmengründer Rudolf Görike und Ernst Pless aus Österreich. 1950 haben sie ihren ersten Kopfhörer, den AKG K120YN, vorgestellt. Im Nachkriegs-Wien waren seinerzeit alternative Zahlungs- und Tauschmittel gefordert: Zigaretten, Butter oder Schweinefleisch wechselten damals für solche erstklassigen abhörtechnischen Innovationen ihren Besitzer. Hierzulande und heutzutage ist das aktuelle Spitzenmodell K812 für 1.499 Euro zu erwerben.
 
Die drei Meter lange Kabelzuleitung ist asymmetrisch ausgeführt. Der runde 4,6-Millimeter-Lemostecker (eine Profiverbindung, wie sie unter anderem im medizinischen Bereich eingesetzt wird) besteht aus einem massiven Alugehäuse. Das Innere des Konnektors beheimatet drei vergoldete Kontaktstifte. Sie rasten per Vertikalverriegelung an der Unterseite der linken Hörerkapsel an einer Schlitzmarkierung hörbar ein. Genauso einfach lässt sich die Strippe in Gegenrichtung wieder lösen und demontieren. Das verstärkerseitige Ende mündet in eine goldbeschichtete 3,5-Millimeter-Stereoklinke für den mobilen Einsatz. Für das Abhörerlebnis zu Hause wartet eine ebenso veredelte 6,3-Millimeter-Schraubverbindung als sichere Ankopplung auf, beispielsweise an einem Kopfhörerverstärker.

Als kleinere Klinkenvariante für den mobilen Einsatz des Kopfhörers wäre für mich ein 1,5 Meter langes Kabel ausreichend bemessen gewesen, für die »große Modifikation« indes hätte ich mir eine durchgängig gefertigte vier Meter lange Zuleitung gewünscht, die ohne Übergangswiderstände direkt in einem Stecker endet. Der Einsatz im heimischen Wohnzimmer steht bei dem K812 schließlich im Vordergrund, zumal er sein volles Klangpotential an Tablet- und Handy-Verstärkerkomponenten gar nicht komplett zur Entfaltung kommen lässt. Dank seiner relativ niedrigen Eigenimpedanz von 36 Ohm bringt er aber trotzdem auch »schwachbrüstig« ausgelegte Amps beim Unterwegs-Erleben nicht in die Bredouille.
 

Unter Berücksichtigung der Kopfsymmetrie

Der komplett ohrumschließende K 812 liegt sehr komfortabel und ohne jeglichen Druck um die Ohrmuscheln an. Das macht sich spätestens nach längeren Hörsessions sehr angenehm bemerkbar. Selbst sein Gewicht von 390 Gramm spielt da im Alltag nur eine untergeordnete Rolle. Dank seiner kardanischer Kapsel-Lagerung sind Sitz- und Tragekomfort garantiert. Ein gelochtes oberes Bandpolster lässt sich durch Rasterstufen flexibel der Kopfsymmetrie anpassen und verhindert so Schwitzstellen beim Kontakt mit der Schädeldecke. Weiches Leder schmiegt sich an die Kopfform an. Es besitzt im Innenausschnitt eine asymmetrisch-ovale Formgebung, die sich sichelförmig der Hautfalte der Ohrmuschelrückseite und der Ohrbasis angleicht, um einen optimalen Abschluss nach außen zu gewährleisten. Die 53-Millimeter-Treiber mit einer Motorleistung von 1,5 Tesla  wurden leicht eingewinkelt befestigt; das soll einer optimalen Bühnenstaffelung zugute kommen.
 
Für diesen Test wählte ich den Bryston BAH 1 als Verstärkerpartner, da er sowohl einen vierpoligen XLR-Ausgang als auch ein 6,3-Millimeter-Klinken-Terminal besitzt. Als Vergleichskopfhörer hatte nämlich ich den legendären K 1000 aus gleichem Hause mit  symmetrischer Stecker-Anordnung zur Verfügung. Als Musik-Beispiel wählte ich zunächst das gleichnamige Album von Ricky Lee Jones, das von MFSL als 45er-Doppel-LP neu gemastert und in einer Box veröffentlicht wurde.

Dieses neue MFSL-Schwergewicht (jede LP bringt 180 Gramm auf die Waage) lässt  qualitativ alle bisherigen Pressungen in puncto Dynamik und Feinzeichnung mit Abstand hinter sich. Als primäres Objekt der Begierde kommt natürlich AKGs neuer K 812 zum Zuge. Es sitzt wirklich äußerst bequem, umschmeichelt die Ohren mit seiner weichen Lederpolsterung.

Los geht es mit »On Saturday Afternoons In 1963«. Der 2:32 Minuten lange Kurztrack besticht durch sein sehr intimes Flair. In der kleinen Besetzung (Piano und orchestrale Mini-Arrangements) gesellen sich alle Musikanten mit akustisch feinen Finessen um Rickie Lee Jones herum. Es braucht darüber hinaus nicht mehr als ihr Timbre, um die ungeteilte Aufmerksamkeit des Zuhörers zu bekommen. Ihre schüchtern-zaghafte Singstimme steht exakt zentral im Raum. Ich habe über den K 812 das Gefühl, die Sängerin direkt an die Hand nehmen zu können, fühle mich mittendrin im Geschehen. Dieser Kopfhörer erzeugt  eine ganz spezielle livehaftige Atmosphäre. Dem großen »Ohrlautsprecher«-Bruder K1000 fehlt etwas von dieser körperlich-famosen Nähe.

Bebop der Extraklasse

»Danny's All-Star Joint« ist Drive, Rhythmus, schnelle Tempi, famose Blechbläsereinsätze – Herz was willst du mehr? Das Stück startet mit einer imposant hüpfenden Bassmelodie – ein wohltemperierter Kontrapunkt zu Rickie Lees lässigem Silbengesang. Trotz »abgerissener« Melodien klingt das wie aus einem Guss, ein E-Piano klimpert lässig im Hintergrund. Der 53-Millimeter-Schallwandler des 812 mit seiner druckvoll-dynamischen Wiedergabe ist ansatzlos schnell. Fetziger Sound, imposant gezupfte Bass-Saiten und rhythmisch vertrackte Momente sind hier das Salz in der Suppe. Mal geht es griffig-beschwingt zur Sache, mal drängeln sich harmonisch angedeutete Augenblicke in den Vordergrund. Beim Repertoire ihres Erstlingswerks schöpfte Miss Jones wahrlich aus dem Vollen. Und AKG bekundet hier mit dem »Neuling« eine Musikwiedergabe in feinsten Nuancen und abgestuften Detailreichtum. S-und Zischlaute sind frisch und natürlich, es existiert nicht die Spur von Härte oder einer angestrengten Überzeichnung, hier herrscht ein souveränes Mittel-/Hochtonspektrum vor. Stimmlich nasale Tendenzen haben noch eher das gewisse »rotzige« Kolorit. Diese klanglichen Details kommen beim K-1000-Klassiker minimal »braver« zur Geltung.

Rickie Lees spröde und sperrige Gesangskunst ist nicht sofort jedermanns Sache. Die damals erst 24-Jährige lebte 1979 ihren Stil in vollen Zügen aus. Schnodderige Lyrikmelodien gehörten für die Sängerin zum »way of life«. Schräge Typen wie Tom Waits oder Sal Bernadi zählten zum engsten Freundeskreis. Dem Letzteren hat sie mit »Weasel And The White Boys Cool« einen Song gewidmet. Messerscharfe Gitarrenakkorde, rhythmisch eher gelangweilt begleitende Drums und einfallsreiche Hornmelodien passen hier exakt ins Gesamtkonzept. Rickie Lee Jones will Kontrapunkte setzen, sie eckt vokal gerne richtig an und läuft damit zur Höchstform auf. Ich glaubte, ihren unruhig-kreativen Geist gesanglich bis aufs i-Tüpfelchen zu kennen, doch in Sachen Bühnenpräsenz und Abbildung der einzelnen Instrumente legt der K 812 noch mal »ein Schippchen drauf«. Hier ist aber auch zusätzlich der Schlüssel für Krieg Wunderlichs Nachbearbeitung in der 45er-Version begraben.

Hersteller:   AKG, Wien

Vertrieb:   Audiopro, Heilbronn

Modell:
   K812

Kategorie:   High-End-Kopfhörer

Preis:   1.499 Euro

Garantie:   2 Jahre

Konstruktion:   ohrumschließend

Bestückung:
   1 x 53-mm-Chassis

Impedanz:   36 Ohm

Zuleitung:   3 m

Gewicht:
   390 g

 

Audio Pro Heilbronn Elektroakustik GmbH
Pfaffenstrasse 25
74078 Heilbronn

Internet:   www.audiopro.de

Telefon:   0 71 31 / 2 63 64 00

1.499 Euro sind ein stolzer Preis für einen Studiokopfhörer, da beißt die Maus keinen Faden ab. Lohnt sich die Anschaffung für den ambitionierten Hörer? Das kann ich zweifelsfrei mit einem sehr deutlichen »Ja« beantworten. In seiner Präzision ist AKGs K812 ein absolut ehrlicher und sehr detailgetreuer Weggefährte. Seine komplett ohrumschließende Konstruktion bezieht alle Reflexionszonen an den Ohrmuschelwölbungen in die akustische und räumliche Wiedergabe ein. Im Tiefbassbereich gibt es keine Interferenzen zu den unteren Mittellagen. Einerseits belohnt der K812 mit knackigen Impulsen, andererseits legt er aber auch schludrig gemachte Aufnahmen gnadenlos offen. Im High-End-Bereich ist dieser AKG K812 die neue i-fidelity.net-Referenz!   Günter Brämswig

AKG K812
Preis: 1.499 Euro
Garantie: 2 Jahre
überragend
überragend
sehr gut
sehr gut
überragend

TEST

Kopfhörer:
AKG K812
Autor:
Günter Brämswig
Datum:
22.08.2014
Hersteller:
AKG