KEF ist ein globales Unternehmen. In England wird geforscht, entwickelt und die Reference-Serie gebaut. In Hongkong sitzt das Design-Apartment, welches alleine schon mehr Mitarbeiter als manch anderer Boxenfabrikant beschäftigt. Gefertigt wird unter anderem in einem hochmodernen Werk in China. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass diese Art der Industrieproduktion nicht ausschließlich den Vorteil der Kosteneffizienz hat. Vielmehr ist das international arbeitende Team in der Lage, Kundenwünsche zu bündeln und dann perfekt in Produkte umzusetzen. Anscheinend sinkt in dieser Konstellation auch die Bereitschaft zu Kompromissen bei Entwicklung, Konstruktion und Distribution. Den handfesten Beweis, dass dieses Prinzip funktioniert, liefert die XQ-Serie. Zwei Stand-, ein Center- und zwei Kompaktlautsprecher umfasst die Reihe. Jedes Modell für sich stellt eine attraktive Mischung aus Form und Technik dar.
Deswegen ist die Wahl des Testobjekts auch nicht so einfach gewesen. Entschieden hat sich i-fidelity.net letztlich für die XQ20, die 1.800 Euro das Paar kostet. Keine 40 Zentimeter misst die Box in der Höhe, und mit rund neun Kilogramm ist sie nicht wirklich schwer. Aber schön ist sie! Lieferbar in den Ausführungen Hochglanz-Schwarz, Khaya Mahagony und Vogelaugenahorn, fügt sie sich entweder harmonisch in die Wohnlandschaft ein oder setzt einen bewussten Kontrapunkt. Optional sind Füße für 298 Euro/Paar erhältlich, um die XQ20 frei im Raum aufzustellen.
Wie man die Box auch dreht und wendet, die Verarbeitung ist perfekt. Zudem zeigt das Gehäuse eindrucksvoll, wie sich Formgebung und Technik sinnvoll ergänzen: Schall- und Rückwand sind gerade ausgeführt, doch die Seitenwände und die Top- beziehungsweise Bodenplatte sind gewölbt. Sieht schick aus und macht – physikalisch betrachtet – stehenden Wellen den Garaus. Entfernt man die mit Magnetclipsen gehaltene Bespannung, schaut man zunächst verblüfft auf die Schallwand: Dort, wo sonst der Tiefmitteltöner sitzt, hat die KEF ein Loch. Und dort, wo man den Hochtöner vermuten würde, prangt ein großes Chassis. Bei dem »Loch« handelt es sich natürlich um die präzise gefertigte und eingelassene Bassreflexöffnung, die deutlich weniger Strömungsgeräusche als Standard-Lösungen produziert.
Herzstück der XQ20 ist aber sicher das neue Uni-Q-Chassis – ein 16,5-Zentimeter-Tiefmitteltöner, in dessen Zentrum die Hochtonkalotte sitzt. Ein derartiges »Übereinanderbringen« der Chassis soll ein deutlich verbessertes Abstrahlverhalten zur Folge haben. Das wiederum führt dazu, dass der »Sweetspot«, der per Uni-Q beschallt wird, wesentlich größer ist als der von »normalen Stereoboxen«, die nur eine verhältnismäßig kleine, optimale Hörzone haben. Auch ändert sich das Klangbild in geringerem Umfang, wenn man sich im Raum bewegt. Neu am Uni-Q-Chassis ist das »Crown Waveguide Device« vor dem Hochtöner. Was sich so seltsam aufgeblasen anhört, erfüllt in Wahrheit zwei sinnvolle Funktionen: Erstens kann die 19-Millimeter-Kalotte nicht mehr eingedrückt werden, und zweitens wird das Abstrahlverhalten optimiert. Allerdings würde sich »Druckschutz mit akustischer Optimierfunktion« auch nicht so gut anhören wie »Crown Waveguide Device«. Das Chassis ist im Übrigen von hinten gegen die Schallwand montiert, so dass von vorne an dessen Rand nur die Sicke zu sehen ist. An diese schraubenfreie Optik kann man sich sehr schnell gewöhnen.
Ein Blick auf die Rückseite offenbart das als Bi-Wiring ausgeführte Anschluss-Terminal. In der Evolutionsstufe ist man auch hier bei KEF einen Schritt weiter als große Teile des Wettbewerbs, denn die Kontakte zwischen Tiefmittel- und Hochtöner werden über eine Kabelbrücke hergestellt. Da i-fidelity.net aber für den Test unter anderem das exzellente HMS Concertato in Bi-Wiring-Ausführung einsetzte, waren auch diese Brücken überflüssig.
Wer meint, aufgrund der Abstrahlcharakteristik der XQ20 braucht es keine Sorgfalt bei der Aufstellung, irrt gewaltig. In Verbindung mit der richtigen Elektronik löst die kleine KEF extrem gut auf. Davon darf man sich bei der Aufstellung nicht irritieren lassen. Wer hier Zeit und Muße hat, ein wenig zu experimentieren, wird hörbar belohnt. Apropos, wie spielt die XQ20 denn?
Den Hörtest absolvierte die kleine KEF mit durchweg kompetenten Partnern: Sowohl der Audionet-Player VIP G3 als auch der Vollverstärker McIntosh MA 6900 und das HMS Concertato-Lautsprecherkabel stehen außerhalb jeglicher Diskussion. Dass ein solcher Lautsprecher für ernsthaftes Musikhören stabile Ständer verdient hat, versteht sich von selbst. Dass er bisweilen auch in Bücherregalen oder Schrankwänden seinen Dienst verrichten muss, verraten die mitgelieferten Schaumstoffstopfen für die Bassreflexöffnung. Eine solche Zähmung der Tieftonanteile ist bei der XQ20 wirklich nur in derart ungünstigen Konstellationen nötig, daher lautet bei richtiger Platzierung der eindeutige Rat: Stopfen zurück in den Karton.
Bei der Aufstellung sollte man sich tatsächlich etwas Mühe geben, denn die kleine KEF dankt einem jede Zuwendung mit einer deutlich gesteigerten Performance. Da sich dies schon in den ersten Minuten abzeichnete, probierten wir einige Maßnahmen aus, die sich als so lohnenswert herausstellten, dass ihnen hier entsprechend Platz eingeräumt werden soll.
Zwar sind die KEFs nicht zu üppig abgestimmt, vertragen aber dennoch etwas Distanz zur Rückwand, da sie so am besten ihre Schokoladenseite, die phänomenale Räumlichkeit, präsentieren können. Bei uns erwies sich ein Abstand von einem knappen Meter als optimal. Die Basisbreite sollte nicht zu weit gewählt werden, da das Klangbild sonst etwas zerfahren wirkt. Eine kompaktere Aufstellung sorgt hier für einen deutlich griffigeren Klang. Letztlich waren die Lautsprecher bei uns auch nur ganz leicht auf den Hörplatz eingewinkelt – dieser Höreindruck bestätigte sich später auch in den Messungen.
Die Schaumstoffstopfen erwähnten wir schon – raus damit! Bleibt noch das Bi-Wiring-Terminal. Von Hause aus schon mit überdurchschnittlich guten Kabelbrücken ausgestattet, legte die KEF beim Einsatz von Phonosophies Bi-Wiring-Adaptern deutlich zu. So deutlich, dass ein nebenan im Fotostudio weilender Kollege schnell mal reinschaute, um zu erfahren, welche Veränderung denn diesen (sogar im Nebenraum vernommenen) Klangunterschied bewirkt habe. Da diese Adapter bei den XQ20 die Höhen um genau die richtige Prise entspannen, den Bass knackiger kommen und das gesamte Klangbild durchsichtiger werden lassen, möchte ich sie trotz des nicht unerheblichen Preises von 270 Euro/Paar als Muss bezeichnen. Mit ihnen spielt die KEF eine Klasse höher.
Diese Beschreibung zeigt uns zwei Dinge: Die KEF XQ20 ist ein unglaublich detailliert und durchsichtig aufspielender Lautsprecher, der alles zeigt, was »vor ihm« passiert. Zum anderen wächst mit ihm die Lust am Experiment. Da jede Veränderung so deutlich hörbar ist, möchte man sofort verschiedene Kabel ausprobieren, mit der Aufstellung »spielen«, die ganze Anlage optimieren. All das wird mit diesem Lautsprecher nicht zum vagen Rätselraten, sondern zur puren Freude.
Wenn die KEF XQ20 dann auf den Punkt spielt, kann man einiges erleben: Vor allem gut produzierte Pop-Musik nimmt einen über diesen kleinen Lautsprecher gefangen. Marla Glenns wunderbares »The Cost Of Freedom« baut sich in einem weiten und sehr präzise aufgeteilten Raum auf, alle Töne entstehen griffig und plastisch vor einem tiefschwarzen Hintergrund. Diese Griffigkeit verleiht der Musik zudem einen dezenten Swing, der sie sachte, aber stetig nach vorne trägt – Langeweile ist für die KEF ein Fremdwort.
Bei Beethovens »Ich liebe Dich«, gesungen von Hermann Prey, fokussiert die Box minimal zu sehr auf die Atemgeräusche, stellt gerade harte Konsonanten deutlich in den Vordergrund. Dafür verfügt Herr Prey über etwas weniger Stimmvolumen als sonst. Keine Frage, die Eigenheiten der Aufnahme werden schonungslos offenbart, zudem verweigert die KEF mit ihrer durchaus schlanken und informativen Abstimmung eine kuschelige Anreicherung, die auch kritische Aufnahmen gnädig behandelt. Sie zeigt die ungeschminkte Wahrheit und überlässt dann auch den Wohlfühlbonus gerne anderen Lautsprechern – die dann im Zweifel weniger Informationen bieten. Eine Kombination aus beidem bekommt man erst in weitaus höheren Preisregionen.
Bei minimalistisch aufgenommenen Live-CDs (Charlie Haden, »Night And The City«) spielt die KEF dann ihr ganzes Können aus: Die beiden Musiker stehen millimetergenau platziert im Raum, auch kleinste Nebengeräusche (Gläserklappern, Spielgeräusche, leise Unterhaltungen im Hintergrund) werden perfekt eingebunden präsentiert, so dass eine wunderbare Live-Atmosphäre in den eigenen vier Wänden entsteht. Und auch Charlie Hadens Bass wird angemessen dargestellt – mit geschlossenen Augen würde man nicht auf eine so kleine Box tippen!
Abmessungen (B x H x T): 23,1 x 38,5 x 30,2 Zentimeter
Gewicht: 9,2 Kilogramm
GP Acoustics GmbH
Kruppstr. 82 – 100
45145 Essen
Internet: de.kef.com
E-Mail: info@gpaeu.com
Facebook: https://www.facebook.com/KEFDeutschland
Telefon: 0201 / 1 70 39 - 0
Telefax: 0201 / 1 70 39 - 100
Sie sind ein ambitionierter Audiophiler, wollen Ihre Anlage verbessern, hören vorzugsweise Jazz und Pop und suchen für diese spannende Reise einen passenden Lautsprecher? Bitteschön, die KEF XQ20 erfüllt diese Wünsche in vollem Umfang. Mit ihr können Sie räumlich und im Detail das Gras wachsen hören, ihre pointierte Spielweise passt perfekt zu den genannten Musikrichtungen. Hier macht sie neben aller Akkuratesse auch richtig saftig Spaß – und sie hat das Potential, mit Ihrer Anlage noch eine ganze Zeit lang mitzuwachsen. So sieht eine vernünftige Investition in die Zukunft aus. Stefan Gawlick / Olaf Sturm
| KEF XQ20 |
| Preis: 1.800 Euro |
| Garantie: 2 Jahre (5 Jahre nach Produktregistrierung) |