Mit der Diamond-Serie bringt Vincent eine Sonderedition des erst im letzten Jahr überarbeiteten, klanglich exzellenten Premium-Vorverstärkers SA-T7MK auf den Markt. Warum machen die das?

Die Analogszene überrascht uns Musikliebhaber immer wieder mit Neuerungen und zeigt damit, dass es nach wie vor Möglichkeiten zur Verbesserung von Plattenspielern, dass es »Luft nach oben« gibt. Innovative Lösungen hat es auch nach der CD-Einführung noch viele gegeben, zum Beispiel das raffinierte Tellerlager von Well Tempered, die Antriebskonzepte von Roksan, TW-Acustic und dps oder die Magnetkopplung von Transrotor – alles Belege für die Innovationskraft der Plattenspieler-Hersteller.

Nun gibt es von Clearaudio also den Innovation, der vieles neu und besser machen soll. Und tatsächlich liest sich die Liste der Neuerungen gut und eindrucksvoll, wenngleich man zugeben muss, dass einige der Ideen zumindest auf den ersten Blick so neu nun doch nicht sind. Sensorisch geregelte Motorsteuerungen gab es in den Hochzeiten der Direkttriebler zuhauf, der massive Teller der Platine Verdier genießt schon seit Jahren ein komfortables Magnetbett, und auch bei Luxman bediente man sich vor einigen Jahren dieser Technik.

Neu beim Innovation ist hingegen die weiße Keramikachse, deren Gebrauch in einem Magnetlager sich bei intensiverem Nachdenken geradezu aufdrängt. Diese Achse ist aus einer Industriekeramik gefertigt, die besonders widerstandsfähig und daher relativ bruchfest sein soll. Ihr besonderer Vorteil liegt allerdings darin, dass sie nicht magnetisch ist und somit Wechselwirkungen mit dem Magnetlager ausgeschlossen sind. Vor der ersten Benutzung wird die Keramikachse mit einem mitgelieferten Spezialöl behandelt, weitere Pflegemaßnahmen sollen laut Clearaudio nicht mehr nötig sein – und das sogar »lebenslang«. Zusammen mit der Bronzebuchse bildet diese Achse ein Lager, das für eine klanglich faszinierende Laufruhe sorgt: Wieviele kleinste und leiseste Details doch plötzlich auf scheinbar bekannten Platten hörbar werden.

Intelligente Motorsteuerung und Magnetlager

Wirklich neu und spannend ist, wie man bei Clearaudio diese bekannten Technologien weiterentwickelt und miteinander kombiniert hat. Kennen Sie ein Masselaufwerk mit Riemenantrieb, dessen Geschwindigkeit am Teller überwacht und dann geregelt wird? Ich nicht. Clearaudio nutzt hierfür einen im Betrieb nicht sichtbaren, weil unter dem Teller versteckten Infrarotsensor, der 1.595 im Edelstahlteller eingelassene Markierungen optisch abtastet und diese Information an eine eher »weich« arbeitende Regelung weiterreicht. Weich deshalb, weil man bei einer stark bremsenden oder beschleunigenden Elektronik eine »hektische Spielweise« befürchtete und dies auch in diversen Tests bestätigt fand. Also ein eher sanftes Eingreifen, was bei einem flexiblen Silikonriemen zur Kraftübertragung und einem Tellergewicht von über 14 Kilogramm auch schlüssiger erscheint.

Bei dem Motor handelt es sich um einen drehmomentstarken Gleichstrommotor, der nach Aussage von Clearaudio nach speziellen Vorgaben gefertigt wird. Das hört sich gut an, lässt sich allerdings nicht überprüfen. Außer Frage steht hingegen die Laufruhe: Obwohl der Motor fest in das Chassis montiert ist, kommt es nicht zu irgendwelchen Störungen, und auch über ein Stethoskop gelauscht herrscht auf dem Armboard absolute Ruhe.

Das Magnetlager ist ein weiteres spannendes Detail und wird in Teilen der Analogszene seltsamerweise als »billige Verdier-Kopie« bezeichnet. Tut mir leid, weit gefehlt. Die Magnetringe des CMB (Ceramic Magnetic Bearing) getauften Lagers sind so klein, dass sie weit innerhalb des Labelbereichs liegen und somit dem Tonabnehmersystem auch auf einer der Innenrillen nie zu nahe kommen. Eine unerwünschte Interaktion ist an dieser Stelle also nicht zu erwarten – ein Problem, von dem mir Besitzer diverser anderer Magnetlager leider zu berichten wussten. Das Magnetfeld des CMB-Lagers soll hingegen nur höchstens zwei Zentimeter weit in den Edelstahlteller dringen. Dieser sorgt auch für eine Masse, die mit Acryl oder einem anderen Kunststoff nur mit Dicken jenseits jeglicher Vernunft realisierbar gewesen wäre.

Durchdachte Konstruktion und flexible Bestückung

Diese ganzen Schmankerl sitzen in einem von der Form her bekannten Chassis: Es entspricht optisch der »Solution«-Serie von Clearaudio, besteht allerdings nicht allein aus Kunststoff, sondern aus einem Sandwich, bei dem der schwarze Acrylkern von zwei Aluminiumschichten in die Mitte genommen wird. Zwei solcher Ebenen sind über Distanzstücke fest miteinander verschraubt und bergen in ihrem Innern die gesamte Elektronik. Auf der Rückseite gibt es lediglich eine kleine Buchse, die über das mitgelieferte Kabel mit dem Steckernetzteil Verbindung aufnimmt. Zwei Arme kann man montieren, bezüglich deren Länge – Neun- oder Zwölfzöller – hat man jede Freiheit: Die Konstruktion des Innovation und der Service von Clearaudio ermöglichen die Montage jedes erdenklichen Tonarmes.

Universal-Arm und Da Vinci-System

In unserem Falle handelt es sich um den neuen hauseigenen Drehtonarm, den Universal. Dieser ist ein echtes Schwergewicht, denn er bringt inklusive der Höhenverstellung satte 1,3 Kilogramm auf die Waage und empfiehlt sich somit definitiv nicht für Subchassisspieler. Die Verarbeitung ist in allen Belangen schlicht hervorragend gelungen, selten sieht man Arme mit so perfekten Oberflächen und Passungen. Alle wichtigen Parameter sind justierbar, der vertikale Abtastwinkel sogar während des Betriebs, und auch die große Headshell mit den üppig dimensionierten Langlöchern lässt die Befestigung so ziemlich jeden Systems zu. Mit deren Betrieb ist es dann allerdings eine andere Sache, da der Universal eine effektive Masse von immerhin 20 Gramm aufweist und somit kein guter Partner für weich aufgehängte Tonabnehmer ist. Mit den hauseigenen Systemen (angegeben mit einer Nadelnachgiebigkeit von 15 mm/N) ergeben sich Resonanzfrequenzen um 8 Hertz.

Und das ist auch bei dem sieben Gramm schweren neuen »Da Vinci« so, das preislich und qualitativ zwischen »Stradivari« und »Titanium« platziert ist. Sein Body besteht aus pulverisiertem, gepresstem Aluminium, das anschließend in Form gefräst und doppelt eloxiert wird. Mit diesem Verfahren will Clearaudio eine besondere Stabilität und Resonanzarmut erreichen. Das Innenleben entspricht dem der anderen Systeme der Serie, der Selektionsgrad orientiert sich an den größeren Geschwistern, man darf also durchaus gespannt sein.

Aufbau und Justage des Innovation

Den Innovation aufzubauen ist eine wahre Freude, denn genau wie bei einigen anderen gut konstruierten Laufwerken ist es in Minutenschnelle geschehen. Vorbei also die Zeiten, in denen man für wahren Musikgenuss schwitzen und vielleicht sogar bluten musste. Die Basis wird mittels der drei Spikes ins Wasser gestellt, dann das Lager geölt, Lagerbuchse, Stahlteller und Kunststoffteller vorsichtig aufgesetzt, der Riemen umgelegt – und schon kann es losgehen. Alle Teile sind gut greifbar und sicher in entsprechend geformtem Schaumstoff gelagert, sodass es weder beim Transport noch bei der Montage zu Unfällen kommen kann – was bei hochpreisigen Geräten eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Das Armboard wird mittels einer kapitalen Schraube befestigt und mit einer kleinen Madenschraube gesichert, dann wird der Universal-Arm aufgesetzt, von unten gekontert, und schon kann man an die Montage und Justage des Systems gehen. An diesem Plattenspieler scheint alles durchdacht und in feinster Maschinenbautradition ausgeführt zu sein. Ich bin mir sicher, dass viele Kunden aus genau diesem Grunde schon zufrieden sein werden, noch bevor der Innovation seinen ersten Ton spielt.

Zum Hörtest fand er seinen Platz auf einer Absorberbasis mit Acrylstellfläche von Phio Audio, die präziser als eine massive oder sandgefüllte Holzbasis, allerdings voller als eine Phio Basis mit Aluminiumfläche klang. Ein hervorragender Kompromiss also. Mit von der Partie waren noch ein Phonovorverstärker von PS Audio, außerdem kamen zusätzlich ein SME V-Tonarm und diverse weitere Tonabnehmersysteme zum Einsatz. Noch ein Wort zum Einspielen: Während sich bei Laufwerk und Arm nichts tut, sollte man dem Da Vinci schon ein paar Aufwärmrunden gönnen. Clearaudio empfiehlt 50 Stunden, ich erhöhe auf 100. Das hört sich nach viel an, ist aber mit der Endlosrille auf der mitgelieferten Stroboskopscheibe in wenigen Tagen und Nächten erledigt.

Analoge Klangerlebnisse

Eine schöne London-Pressung der »Götterdämmerung« von Richard Wagner mit den Wiener Philharmonikern unter Sir Georg Solti machte den Anfang, bringt doch diese Aufnahme gerade in »Siegfrieds Trauermarsch« regelmäßig Laufwerke, Arme und Systeme in Bedrängnis. Das erste dunkle Grollen wird noch stimmungsvoll serviert, mit zunehmender Lautstärke gerät das Klangbild in der Regel immer enger und »dichter«, die Musik wird ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr größer, sie presst nur immer mehr. Einige Laufwerke konnten sich hier bisher von der Masse absetzen, der Innovation geht noch einen Schritt weiter, lässt das Klangbild auch im größten Fortissimo ein wenig freier atmen. Das liegt zum Teil sicher an seiner eher schlanken Abstimmung – oder ist es doch eher das völlige Fehlen von Überlagerungen, die sich als »warmer und voller Analogsound« etabliert haben? Zumindest bleibt auch im wildesten Getöse das Orchestergeschehen durchhörbarer als mit allen anderen Laufwerken, die ich bisher hören durfte. Ergebnis ist ein unglaublich sauberer, schneller und fast elektrostatenhafter Klang, der zuerst so gar nicht zu dem Medium passen will, den man aber nach einigen Wochen auch nicht mehr missen möchte. Denn dieses Erleben der völligen Klarheit, des mühelosen Durchhörens aller Strukturen wiederholt sich mit allen aufgelegten Platten. Bei Schubert-Liedern mit Dietrich Fischer-Dieskau werden plötzlich neue Anschlags- und Pedalgeräusche des Pianisten Gerald Moore hörbar, und überhaupt scheint der gesamte Störgeräuschnebel erstaunlich weit in den Hintergrund gedrängt zu sein.

Liegt das nun an der Magnetlagerung, dem geregelten Antrieb oder der Keramikachse? Da sich die Komponenten nicht trennen lassen, kann hierüber nur spekuliert werden. Jedenfalls passiert mit dem Innovation gerade bei leiser und sensibler Musik Erstaunliches. Immer wieder kommen feinste Details zum Vorschein, hier das Ausschwingen einer Saite, da ein Sekündchen mehr Raumhall, und an beiden Enden des Frequenzbandes kommt eine gesteigerte klangfarbliche Differenzierung dazu. Als sei dies noch nicht genug, vermag der Innovation auch den Raum äußerst penibel einzuteilen und einzelne Phantomschallquellen messerscharf zu umreißen. Dies wird ihn einigen LP-Freunden vielleicht ein wenig suspekt machen, spielt er doch so sauber und im besten Sinne nüchtern, wie man es sonst meist bei digitalen Quellen vermutet. Der Bass wirkt im ersten Moment ein wenig schlank, diese Beobachtung relativiert sich aber nach kurzer Zeit. Dann merkte man, dass es auch im resonanzanfälligen unteren Bereich des Frequenzbandes keine Überdeckungen, Übertreibungen oder Verschiebungen gibt. Klare Sicht also auch hier, was zuerst durchaus ungewohnt klingt.

Mit einem SME V verschiebt sich das Klangbild minimal, bei ähnlicher Ordnung kommt alles etwas dunkler, massiger daher. Also hat sich der Universal direkt in der Tonarmelite platziert und bringt einen eigenen Charakter mit ein. Das Da Vinci braucht keinen Vergleich mit anderen Abtastern zu scheuen – ich kenne kaum einen, der vergleichbar viele Details liefert und dennoch geschlossen klingt.

Laufwerk Clearaudio Innovation
Abmessungen B x H x T:  48 x 22,5 x 48,5 cm
Gewicht: 23 Kilogramm
Garantie: 5 Jahre
Preis: 5.800 Euro

MC-Tonabnehmer Clearaudio Da Vinci
Gewicht*: 7 Gramm
Compliance*: 15/15 µ/mN
Ausgangsspannung*: 0,8 mV (5 cm/s)
Generatorimpedanz*: 32 Ohm
Preis: 4.100 Euro
Garantie: 3 Jahre

Tonarm Clearaudio Universal
effektive Masse*: 20 Gramm
Preis: 3.300 Euro
Preis: 3.600 Euro mit VTA-Lifter
Garantie: 3 Jahre


Paketpreis: 12.540 Euro

 

 

* Herstellerangaben

Der Innovation von Clearaudio spielt in der höchsten Liga und definiert seinen »Eigenklang« lediglich durch das Nichtvorhandensein verschiedener Beimischungen, die man in der Analogwelt oft so lieb gewonnen hat. Wer ein Laufwerk besitzen möchte, das einfach »nur« sauber die aufgelegte Platte präsentiert, keinen Eigenklang beimischt und somit das Grooven den Musikern auf der Platte überlässt, zudem mit zwei Armen bestückt, kinderleicht aufgebaut und justiert werden kann, der sollte dem Innovation ein Ohr gönnen. Der hauseigene Arm Universal ist in der Kombination kein Fehler, sondern durchaus eine Empfehlung, gerade für die Liebhaber eines sehr klaren und durchsichtigen Klangbilds. Und die Abtaster von Clearaudio weiter zu loben, hieße nun wirklich, Eulen nach Athen zu tragen: Sie sind schlichtweg hervorragend, das Da Vinci macht da keine Ausnahme. Zusammen arbeitet dieses Analoggespann so unbestechlich, dass ich mich dafür einsetzen werde, es noch eine Weile als Arbeitsgerät in der Redaktion zu behalten. Daran müssen sich in der Tat die anderen messen.     Stefan Gawlick

Clearaudio Innovation, Universal, Da Vinci
Preis: 12.825 Euro (Einzelpreise 5.800, 3.600 und 4.100 Euro)
Garantie: 3 bis 5 Jahre
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Audiophiles:
Clearaudio Innovation
Autor:
Stefan Gawlick
Datum:
27.03.2009
Hersteller:
Clearaudio