Um die Bedeutung einer HiFi-Verkabelung zu verstehen, sollte man einen Blick auf das Ganze werfen. Prinzipiell haben wir es mit vier Kategorien zu tun: Quellgeräten (analog/digital), Verstärkern, Lautsprechern und selbstverständlich dem Raum, in dem die Anlage steht. Aus diesem Zusammenspiel ergibt sich die Wiedergabequalität. Zwei wichtige Aspekte werden dabei bis heute aber immer wieder gerne außer Acht gelassen. Denn sowohl Strom- als auch Signalkabel haben Einfluss auf das Gesamtergebnis. Wer sich schon einmal intensiver mit der Thematik beschäftigt hat, weiß, wie groß die klanglichen Unterschiede sein können.
Im Zuge des Testberichts über die Gran-Finale-Familie von HMS vor einiger Zeit sind wir bis an die Grenze des technisch Machbaren und Finanzierbaren vorgestoßen. Kein Wunder, dass sich Anfragen häuften, doch bitte auch im preiswerteren Bereich Ausschau nach vernünftigen Verbindungen zu halten. Dafür haben wir uns Zeit gelassen. Denn in weiten Teilen ähnelt der Kabel- inzwischen dem Modemarkt: Was gestern hipp war, ist morgen total out. Produkte, die einem saisonalen Aspekt unterliegen, werden Sie auf i-fidelity.net jedoch nicht finden. Stattdessen haben wir in wochenlangen Tests diverse Kabel in unterschiedlichsten Anlagenkonfigurationen getestet und stellen Ihnen nun zwei, eigentlich drei ausgesprochen interessante Lösungen vor.
Ausgeschlossen von den Klangtests waren von vornherein preiswerte Stegleitungen, die auch heute noch häufig als Beipackstrippe selbst bei guten Lautsprechern zu finden sind. Deren mechanische Konstruktion führt jedoch zu magnetischen Verlusten (Hans Strassner von HMS sagt bewusst: »...einmal verloren, bleibt verloren...«). Des Weiteren ist die Kontaktierung an den Anschlussstücken in vielen Fällen nicht sauber ausgeführt (eine abisolierte Litze stellt eben nicht, wie bisweilen behauptet wird, die beste Lösung dar). In der Quintessenz bewertet i-fidelity.net das klangliche Resultat derart gefertigter Leitungen bestenfalls als ausreichend. Wie eine vernünftige Verbindung im Gegensatz dazu ausschauen sollte, lässt sich gut am HMS Al Cinema erklären, das als konfektionierter Stereosatz (2 x 3 Meter) 312 Euro kostet.
Auf den ersten Blick scheint Al Cinema eine einadrige Leitung in dunkelblauer Isolierung zu sein. Allerdings finden sich an den den Enden, sauber durch Schrumpfschlauch verdeckt, sowohl die Plus- als auch die Minusverbindung. Das Kabel besteht aus sechs kreuzverschalteten Litzen. Damit stehen jeweils knapp drei Quadratmillimeter Querschnitt zur Verfügung. Für das Leitermaterial kommt das bewährte sauerstofffreie Kupfer zum Einsatz. Als Dielektrikum dient ein einzehntel Millimeter dünner Folienwickel. Das ist und bleibt eine HMS-Spezialität, um die Induktivität niedrig zu halten. Sowie manch übergewichtiger Mensch Kalorien zählen muss, misst Firmenchef Hans Strassner die Nanohenrys. Das ist die Einheit für Induktivität, und die hält sich bei den in Leverkusen gefertigten Verbindungen stets in Grenzen.
Bestückt ist das Kabel mit BFA-Bananensteckern (BFA hat nichts mit der Rentenversicherungsanstalt zu tun, sondern steht für »British Federation of Audio«). Das bedeutet, dass sie im Auslieferungszustand nicht in eine normale Bananenbuchse passen. Zuerst muss also die transparente Kunststoffhülse abgeschraubt werden, damit das Kabel als klassische Verbindung genutzt werden kann. Nicht-Kennern der Materie mag der folgende Hinweis seltsam vorkommen, aber er ist so zwingend notwendig, um das volle klangliche Potential der Leitung zu erreichen, dass wir ihn Ihnen nicht ersparen können: Hochwertige Leitungen benötigen eine Einspielzeit. Beim Al Cinema sind das im Minimum 20 Stunden. Zwar spielt das Kabel von Anfang an ausgezeichnet, aber die 97-Prozent-Marke wird erst nach dieser Anfangszeit erreicht. Die letzten drei Punkte bekommen Sie im Laufe der folgenden 30 bis 50 Stunden zu hören.
Das gilt auch für die zweite Leitung, das HMS Capriccio. Es ist ebenfalls mit BFA-Bananen bestückt, allerdings finden sich auf der Lautsprecherseite vier statt nur zwei Anschlussstecker. Diese grüne Leitung ist als Single-Bi-Wiring-Ausführung gefertigt. Im Gegensatz zum Al Cinema hat das Capriccio zwei Leiter, die natürlich nicht Plus und Minus parallel führen. Hier laufen unter jeder Isolierung sechs um einen Teflonblindkern kreuzverschaltete Litzen. Voraussetzung für den Einsatz dieser Verbindung war bisher natürlich ein Bi-Wiring-Terminal.
Nach unseren ersten Hörtests und der Feststellung, dass viele hochwertige Lautsprecher nur ein Single-Wiring-Terminal bereitstellen, kam von HMS das Angebot, ein Capriccio auch in Single-Single-Ausführung zu bauen.Technisch gesprochen, haben wir dann eine Leitung mit doppeltem Querschnitt und halber Induktivität. Eine Entscheidung mit Folgen, wie der Hörtest später zeigen wird. Zu den Gemeinsamkeiten von Al Cinema und Capriccio gehört, dass sie in Standardlängen zwischen 1,5 bis 5 Meter gefertigt werden. Zusätzliche Meter kosten beim Al Cinema 22 Euro und beim Capriccio 40 Euro. Geliefert werden sie im klassischen HMS-Transportkoffer.
Ob Firmenchef Hans Strassner über die Wahl des Namens »Al Cinema« heute noch glücklich ist, wissen wir nicht. Ursprünglich war das Kabel wohl bevorzugt für die Verdrahtung von Heimkinoanlagen gedacht. Für uns ist es jedoch im hochwertigen Nur-Audio-Verbindungsbereich die preiswerteste Möglichkeit, vernünftig Musik zu hören. Im Gegensatz zu billigeren Stegleitungen öffnet das Al Cinema den Raum in allen Dimensionen. Das Maß an zusätzlichen Rauminformationen ist sofort hörbar. Instrumente und Stimmen werden konturierter abgebildet, und insbesondere im Tief- und Grundtonbereich kommt mehr Substanz ins Geschehen. Zudem sind in keiner gehörten Konfiguration vordergründige akustische Effekte aufgetreten.
So lange das Capriccio auf seinen Einsatz wartete, gab es am Al Cinema nichts auszusetzen. Mit dem Wechsel änderte sich das schlagartig. Natürlich hat nicht nur das Kabel Einfluss auf die klangliche Veränderung, sondern jetzt auch der Wegfall der oftmals billigen Brücken, die ein Bi-Wiring- zu einem Single-Wiring-Terminal machen. Von Beginn an setzte sich das Capriccio in Single-Single-Ausführung an die Spitze. So überträgt es Aufnahmen mit Saxophon mit deutlich mehr Glanz und Detailinformation. Der Luftstrom ist jetzt nicht nur wahrnehmbar, nein, er ist deutlich hörbar. Das Vernehmen dieses Luftstroms ist das Salz in der Suppe: Musik wird so zum echten Erlebnis – eine Qualität, die bis heute drahtgebundenen Systemen vorbehalten ist.
Bei komplexen Orchesteraufnahmen oder auch durchaus härteren Rock-Scheiben scheint das Capriccio mit höherer Spannung zu arbeiten. Die Höreindrücke sind jetzt viel intensiver. Wer der Kabelthematik bislang skeptisch gegenüber steht, kann sich mit Capriccio davon überzeugen, wie wichtig eine gute Verbindung zwischen Verstärker und Lautsprecher ist. Da schwingen Saiten hörbar länger aus, Solostimmen zittern kein Stück hin und her, und der Mund, der über die Ohren »sichtbar« wird, entspricht in etwa der Originalgröße. Die nochmals auch hier zum Vergleich eingesetzte Stegleitung macht aus Silje Nergaards Stimme ein dünnes, nervendes Winseln, das in keiner Casting-Show Beifall gefunden hätte.
HMS wird nicht darum herumkommen, das Capriccio auch als Single-Single-kontaktiertes Kabel anzubieten. Wer ein entsprechendes Terminal an seinem Lautsprecher hat, wird mit dieser Verbindung aller Wahrscheinlichkeit nach sein klangliches Wunder erleben. Der Abstand zu dem seit Monaten als Arbeitsgerät fungierenden HMS Concertato ist zwar immer noch gegeben, aber es ist keine Welt mehr. Dieses Kabel liefert hundertprozentigen Schub im Tiefton, ohne dabei die Grenze des Akkuraten zu überschreiten. Es bietet eine Räumlichkeit, die in allen Proportionen stimmt. Und schließlich bereitet es den Boden für exzellente Stimmen, wie beispielsweise die von Silje Nergaard, um ein so authentisches wie vollkommenes Maß an Natürlichkeit zu schaffen, wie es keiner anderen Leitung in dieser Preisklasse gelingt. Mit Verlaub, aber das ist sensationell!
Hersteller/Vertrieb: HMS Elektronik
Modell: Al Cinema
Kategorie: Lautsprecherkabel
Preis für 2 x 3 Meter: 312 Euro
Garantie: bis zu 5 Jahre
Kabelaufbau: 2 x 3 OFC-Kupfer-Litzen
Querschnitt: 5,7 qmm
Kapazität: 466 pF/m
Induktivität: 164 nH/M
Widerstand: 14,2 mΩ/m
Wellenwiderstand: 18,6 Ω
Ausführung: nachtblau
Konfektionierung: BFA-Bananen sind Standard
Hersteller/Vertrieb: HMS Elektronik
Modell: Capriccio
Kategorie: Lautsprecherkabel
Preis für 2 x 3 Meter: 500 Euro
Garantie: bis zu 5 Jahre
Kabelaufbau: 2 x 6 OFC-Kupfer-Litzen
Querschnitt: 11,4 qmm
Kapazität: 466 pF/m
Induktivität: 154 nH/M
Widerstand: 14,1 mΩ/m
Wellenwiderstand: 18,2 Ω
Ausführung: moosgrün
Konfektionierung: BFA-Bananen sind Standard
HMS Elektronik
Hans M. Strassner GmbH
Am Arenzberg 42
51381 Leverkusen
Tel.: 0 21 71 / 73 40 06
E-Mail: mail(at)hmselektronik.com
Internet: www.hmselektronik.com
Verbindungskabel in HiFi-Anlagen beeinflussen die Wiedergabequalität, darum sollten sie nicht achtlos eingestöpselt, sondern mit Bedacht in klanglich wie finanziell passendem Rahmen ausgewählt werden. Mit Al Cinema und Capriccio hat HMS zwei neutral klingende Verbindungen im Programm, die technisch sorgfältig konstruiert und sauber gefertigt werden. Beide spielen auf einem so hohen Niveau, dass man Musik wirklich entspannt genießen kann. Ein echter Geheimtipp ist das Capriccio in Single-Single-Ausführung, weil es die klangliche Potenz hat, auch deutlich teureren Leitungen das Leben richtig schwer zu machen. Unabhängig von den anderen Komponenten in der Anlage bieten Al Cinema und Capriccio ihrem Nutzer Abhörsicherheit auf höchstem Niveau – einen Zustand also, von dem wir heute wissen, dass er alles andere als selbstverständlich ist. Olaf Sturm
HMS Al Cinema |
Preis für 2 x 3 Meter: 312 Euro |
Garantie: bis zu 5 Jahren |
HMS Capriccio |
Preis für 2 x 3 Meter: 500 Euro |
Garantie: bis zu 5 Jahren |