Mit der Diamond-Serie bringt Vincent eine Sonderedition des erst im letzten Jahr überarbeiteten, klanglich exzellenten Premium-Vorverstärkers SA-T7MK auf den Markt. Warum machen die das?

Auch Hörgewohnheiten unterliegen dem Gesetz des steten Wandels. Den heute Zwanzigjährigen zu erklären, was hochwertige Musikwiedergabe ist, gleicht oftmals einer Sisyphusarbeit. Ohne jeden Zweifel ist in dieser Generation das Smartphone zur Tonquelle erster Wahl geworden. Den meisten reicht sogar die Wiedergabe über die eingebauten Lautsprecher. Anspruchsvoll wähnt sich bereits, wer die Musik per Bluetooth über aktivierte Plastikboxen laufen lässt. Da wenden sich Kenner mit Grausen ab und geben Hopfen und Malz verloren. Zu unrecht, wie wir meinen.

Denn der Blick in die eigene Biographie wird wohl zeigen, dass es zu Anfang eine Faszination für Musik gab und auf dieser Basis schließlich das Bestreben nach besserer Klangqualität erwachsen ist. In vielen Fällen sind es musik- und technikbegeisterte Zeitgenossen, die in der Funktion des Mentors ihr audiophiles Wissen teilen und eben auch verbreiten. Um den Erfolg solcher Arbeit sicher zu stellen, wird allerdings eine passende Anlage benötigt. Eine Anlage, die handwerklich vernünftig installiert ist, eine Anlage, deren Zusammenstellung passt, eine Anlage, die die Fähigkeit besitzt, vor ihr sitzende Hörer mit der klingende Botschaft zu erreichen. Sie glauben vielleicht, dass das im High-End-Audio-Bereich die Regel ist? Mittlerweile könnte auch die Auffassung entstehen, dass es sich dabei um die Ausnahme handelt.

Ein gutes Beispiel zur Stützung dieser These bietet die High End in München. Also genau die Messe, welche mit dem Motto »Der beste Ton« wirbt. Jede zweite Anlage auf der diesjährigen Messe animierte nicht nur nicht zum Kauf, sondern eher zur Aufgabe dieses so unglaublich intensiven Hobbys. Es gilt also, Spreu vom Weizen zu trennen und das sicher nicht nur, um »Smartphoniker« aus ihrem klanglichen Desaster zu befreien. Größer gefasst geht es allerdings auch darum, bisher nur funktionierender Anlagen in klingende Systeme umzuwandeln. Ein guter Ausgangspunkt dafür ist und bleibt der Lautsprecher. Also die Stelle, an der elektrische in mechanische Schwingungen umgewandelt werden.

Dabei gilt natürlich zu berücksichtigen, dass der Schallwandler nur so gut aufspielen kann, wie es die ihm vorgeschaltete Anlage gestattet. Am Falle der Dali Epicon 6 lässt sich diese Tatsache gut nachvollziehen. Knapp über einen Meter hoch, 30 Kilogramm schwer und für 9.000 Euro das Paar bereit, den Eigentümer zu wechseln. Der darf sich dann beim äußeren Erscheinungsbild zwischen Hochglanz schwarz, Walnuss Hochglanz und rubinrotem Makassar Hochglanz entscheiden. Mitgekauft, aber bitte ungenutzt bleibt die im Lieferumfang enthaltene Bodenplatte, deren Montage nur dann Sinn macht, wenn der Hörraum parallel auch als Kinderspielplatz genutzt wird.

Ansonsten kann die akustische Ankopplung des Gehäuses mit den beiliegenden Spikes erfolgen. Hier haben wir ein erstes großes Experimentierfeld. Es lohnt sich, an dieser Stelle verschiedene Unterstellfüße auszuprobieren. Klangliche Veränderungen erfolgen auf jeden Fall, aber Verallgemeinerungen sind dennoch nicht möglich. Nach verschiedenen Tests in unserem Hörraum blieben wir bei Cerapucs aus dem Hause Finite Elemente. Das große Bi-Wiring-Terminal auf der Rückseite ist mit vernünftigen Schraubklemmen ausgestattet, deren Goldmantel natürlich Pflicht ist. In jedem Fall sollte für hohen Anpressdruck gesorgt werden. Auf den Einsatz hochwertiger Lautsprecherkabel wie beispielsweise des HMS Concertatos oder des Gran Finale Jubilees reagiert die Epicon 6 merklich. Bedeutet konkret, dass eine simple Kupferleitung mit Steg zum Anschluss nicht taugt.

Sorgfalt wohin das Auge schaut

Mittig auf der Rückseite befindet sich eine moderne »Doppelauspuffanlage«, sprich die Enden zweier verschraubter (!) Bassreflexröhren. Sie erlauben der nach innen abgestrahlten Luft, welche von den zwei in eigenem Gehäuse arbeitenden 16,5-cm-Tieftönern produziert wird, den Austritt. Beim Blick auf die Schallwand des Zweieinhalb-Wege-Lautsprechers ist zunächst nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Für den Tieftonbereich verwendet Dali ein mit Holzfasern verstärktes Papiergemisch, das bei Licht betrachtet rötlich leuchtet.

Im Inneren der beiden Bässe findet sich allerdings innovative Technik. Der Polkern ist nicht mit konventionellem Eisen aufgebaut worden, sondern besteht aus feinem Eisenpulver, das sich in beliebiger Form aufbauen lässt. Während es optisch nur geringe Unterschiede gibt, zeigen die Messungen, dass ein so aufgebautes Chassis sich während des Auslenkvorgangs linearer verhält. Das verwendete Material nennt sich »Soft Magnetic Compound« und ist Namensgeber des »SMC«-Chassis. Welche Relevanz sich daraus für die Klangqualität ergibt, wird der Hörtest später zeigen.

Das Tiefton-Duo arbeitet bis 700 Hertz in trauter Eintracht. Bis 2.550 Hertz darf nur das obere 16.5-cm-Chassis weiter arbeiten. Zwischen 2.5 kHz und 15 kHz arbeitet eine Kalotte, den Rest des Hochtonspektrums übernimmt ein Bändchenhochtöner. Die Aufteilung hoher Frequenzen auf Kalotte und Bändchen hat  Dali in den vergangenen Jahren perfektioniert. Damit die Chassis ihren korrekten Arbeitsbereich zugewiesen bekommen, braucht es eine Frequenzweiche. Im Vergleich zu anderen »Super«-Lautsprechern, die gerne mit exotischen Bauteilen bestückt werden, bietet Dali hier Hausmannskost.

Vernünftige Vorbereitungen sind mehr als die halbe Miete

Wie bei fast allen Lautsprechern benötigt die Epicon 6 Zeit, um an ihr volles klangliches Potential zu gelangen. Da wir inzwischen einige Erfahrungen mit den Dalis haben (i-fidelity.net-Test der Epicon 2 und im Hörraum spielt sich gerade ein gewaltiges Epicon-Surroundset warm), empfehlen wir gute 100 Stunden Mindestspieldauer bevor mit dem ernsthaften Hören begonnen werden kann. Die allerdings wohl größte Falle, die einem dieser Lautsprecher stellen kann, besteht darin, dass er bereits mit guten Einstiegsverstärkern ordentliche Ergebnisse erzielt. Nicht, dass das schlecht wäre, aber die Motivation mit unterschiedlichen, vor allem höherwertigen Amps zu arbeiten, schwindet. Das kann fatal werden, wie wir im Hörraum selber erleben durften.

Zum Einspielen und um erste Eindrücke zu sammeln, durfte der Vollverstärker Audionet SAM G2 ran. Noch bevor die Einspielphase abgeschlossen war, in der der Hochtonbereich zu Härten neigt und der Bass begrenzt erscheint, waren wir mit dem Klangbild so zufrieden, dass ein Wechsel des Verstärkers nicht mehr auf dem Plan stand. Ein Umbau-Zufall wollte es dann, dass der SAM G2 im weit fortgeschrittenen Hörteststadium nicht mehr zur Verfügung stand. Wir ersetzten ihn durch die Referenz-Verstärker-Kombination aus Audionet DNP und den Monoverstärkern AMP – ein klanglicher Quantensprung war die Folge. Die Epicon 6 zeigt mehr als deutlich, auf welchem klanglichen Niveau die vorgeschaltete Kette spielt. Epicon-6-Eigner müssen bei der Elektronik sorgfältig auswählen.

Vorhang auf und Bühne frei

Breite elektronische Akkorde füllen den dunklen Raum. Ergänzt von mächtigem, vor allem tieffrequenten Schlagwerk, das markerschütternd ist, beginnt »Children Of The Sun«. Die Tür zur Fantasie- und Traumwelt wird weit aufgestoßen. Dieser Titel von Dead Can Dance schlägt die fast 4.000 Zuhörer in der Frankfurter Jahrhunderthalle in den Bann. Was aber passiert, wenn die CD des Konzerts im Player rotiert und die Anlage mit der Aufgabe betraut ist, diese Atmosphäre zu reproduzieren? Richtig, in den meisten Fällen wird es bestenfalls einen Abklatsch geben.

Die Epicon 6 setzt bereits während der ersten 30 Sekunden Maßstäbe. Zum einen gehen die elektronischen Flächen deutlich über die eigentliche Stereo-Basis hinaus, zum anderen langt sie im Tieftonbereich so hin, dass der Bass nicht nur hörbar, sondern auch fühlbar ist. Das Konzerterlebnis stellt sich erneut ein und es wirkt nicht wie eine schlechte Kopie – auch nicht wenn der Pegel dem des Originals angenähert wird. Faszinierend ist vor allem, dass die Epicon 6 nicht in Teilbereichen punktet, sondern durch ihre enorme Fähigkeit homogen abzubilden.

Nichts, wirklich nichts kommt zu kurz

Von dieser Eigenschaft profitiert auch Alison Krauss, deren Titel »Stay« hohe Ansprüche an die Reproduktionsqualität stellt. Die glockenklare Stimme steht exakt zwischen den Lautsprechern, zusammen mit Background-Chor und den Instrumenten ergibt sich ein fehlerfreies Bild, bei dem eigentlich nicht viel Klangqualität, sondern eher nur die Musik übrig bleibt. Vor allem die sonst häufig stattfindende Überbetonung des Hochtons bleibt aus, vor dem Hybridhochtöner muss niemand Angst haben. Das Maß an Plastizität bleibt ebenfalls auf authentischem Niveau. Vielleicht eine der wertvollsten Erkenntnisse dieses Hörtests ist, dass es nicht immer bis ans Limit gehen muss und schon gar nicht, wenn durch positive oder negative akustische Details, das Ganze an Ausdruckskraft verliert.

Auch die letzte, in diesem Fall von Miles Davis aufgestellte Hürde in Form von »Somethin' Else« meistert die Epicon 6 mit Bravour. Neben allen klanglichen Eigenschaften, schafft sie es, den Rhythmus perfekt abzubilden. Von den Eigenheiten der Aufnahme bleibt nichts verborgen. So hat man denn jetzt zwei Anhaltspunkte für das Entstehungsdatum der Musik. Neben Genre wird nämlich auch der Stand der Aufnahmetechnik deutlich. Aber eben nicht wie so oft, dass Stücke, die vor 1980 aufgenommen wurden, einfach nicht mehr anhörbar sind. Diese Qualität lässt sich auch schön mit dem Begriff »Anti-Zapping« beschreiben, wer mit einer Epicon 6 Musik hört, wird kaum den Reiz verspüren, durch alle möglichen Alben per dauerndem Titelsprung zu navigieren. Mehr kann für hochwertige Musikwiedergabe wohl nicht getan werden!

Hersteller:   Dali, Dänemark
Vertrieb:   Dali Deutschland, Ulm
Modell:   Epicon 6
Kategorie:   Standlautsprecher

Konstruktion:   Zweieinhalb-Wege, Bassreflex
Bestückung:   2 x 16,5-cm-SMC-Tieftonchassis, 1 x 29-mm-Kalotte, 1 x Bändchenhochtöner

Übergangsfrequenzen:
   700 Hz, 2.550 Hz, 15.000 Hz

Anschluss:   Vergoldetes Bi-Wiring-Terminal

Lieferumfang:   Epicon 6, Bedienungsanleitung, Spikes, Bodenplatte, Handschuhe

Ausführungen:   Hochglanz Schwarz, Hochglanz Walnuss, Hochglanz rubinrotes Makassar

Abmessungen (B x H x T):   24 x 103 x 44,5 cm
Gewicht:   30 kg

Paarpreis:   9.198 Euro
Garantie:   5 Jahre

Dali GmbH
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Dalis Epicon 6 sind echte Ausnahme-Lautsprecher im bestgemeinten Sinne. Die Antwort auf die eingangs aufgeworfene Frage, wie weit dieses Modell vom idealen Schnittpunkt aus Klangqualität, Technik, Design und Preis entfernt ist, liegt auf der Hand: sie markiert exakt diesen Punkt auf der Kurve. Sie klingt mit überschaubarem handwerklichen Aufwand überragend, ist hochelegant, bietet innovative Technik und ist trotz des hohen Anschaffungspreises immer noch bezahlbar geblieben. Damit dominiert sie nicht nur innerhalb der Epicon-Baureihe – in der sie zweifelsfrei prima inter pares ist –, sondern auch in ihrer Preisklasse eindrucksvoll. Es wird eine Menge Anstrengung erfordern, um die Epicon 6 von der Pole-Position zu verdrängen. Bis dahin bleibt sie i-fidelity.net-Referenz!   Olaf Sturm

Dali Epicon 6
Paarpreis: 9.198 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
gut - sehr gut
überragend
überragend

TEST

Lautsprecher:
Dali Epicon 6
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
29.07.2013
Hersteller:
Dali