Mit dem Bellini kommt ein klassischer, äußerst ansehnlicher Plattenspieler aus dem Hause Transrotor. Spielt er Schallplatten so elegant ab wie er aussieht?

Von Endstufen, Vorverstärkern, SACD-Spielern, Surround-Sound-Prozessoren bis hin zu D/A-Wandlern und Lautsprechern – es gibt kaum ein highendiges Wiedergabegerät, an das sich die amerikanische High-End-Manufaktur Krell nicht herangewagt hätte. Bereits 1980, also vor über 30 Jahren, präsentierten die Firmengründer Dan und Rondi D'Agostino ihre erste Stereo-Endstufe KSA 100. 1996 brachten sie mit dem KAV 300i ihren ersten Vollverstärker auf den Markt. Der S-300i, seit 2009 erhältlich und ein für Krell-Verhältnisse erstaunlich preiswerter Stereo-Vollverstärker (2.750 Euro), gilt als Vorbild für den jüngsten Zuwachs in der Vollverstärkerfamilie: den deutlich gewichtigeren und kräftigeren S-550i für 6.900 Euro. Ihn haben wir zum Test bestellt.

Mit einem symmetrischen Eingang und drei Cinch-Line-Eingängen ist der S-550i ähnlich ausgestattet wie sein kleiner Bruder. Auf eine Dockingstation für iPods oder iPhones wollte Krell ebenfalls nicht verzichten, diese zielt mit ihrer 30-poligen Buchse (die von Apple inzwischen durch einen schmäleren Standardanschluss namens »Lightning« abgelöst wurde) aber eher auf die Besitzer älterer iPods ab. Stecker neuerer Geräte passen nicht, für 29 Euro bietet Apple aber Adapter von der einen auf die andere Norm an.

Vom älteren Bruder erbte der S-550i auch den Lautstärke-geregelten Vorverstärkerausgang, mit dem der Krell gerne auch zusätzliche Endstufen ansteuert und beim Umstieg von Zwei- zu Mehrkanalwiedergabe behilflich ist. Apropos Lautstärkeregelung: Ein herkömmliches, motorbetriebenes Potentiometer war den Entwicklern suspekt, belastet es ihrer Meinung nach doch die nachfolgende Elektronik. Zudem könnten daraus Gleichlaufprobleme oder Pegelunterschiede zwischen den Stereo-Kanälen resultieren, befürchtet man bei den Amerikanern. Als sauberste Lösung erachtete Krell daher zwei mit 12 Bit digital angesteuerte Widerstandsteiler, die rein rechnerisch den Maximalpegel in 4.096 Stufen rastern.

Wenn schon digital, dann richtig. Maximal-Pegel- nebst Balanceeinstellungen lassen sich zu jedem Eingang speichern, das Display darf auf Wunsch gedimmt und den Eingängen Namen zugewiesen werden – um nur einige der zahlreichen Menü-Unterprogrammpunkte zu nennen.
Über (ebenfalls per Menü abschaltbare) 12-Volt-Trigger-Ein- und Ausgänge integriert sich der S-550i gerne auch in einen Systemverbund, beispielsweise aus Mehrkanal-Komponenten. Auf der einen Seite fortschrittlich, lässt sich der Krell über einen in der Verstärkertechnik unüblichen 10-Ampere-Sicherungsautomat auf der Rückseite komplett vom Netz trennen. Weil die elektronisch/mechanische Sicherung nur mit einer Auslöseverzögerung anspringt, bewahren im Störfall – beispielsweise bei einem Kurzschluss – zusätzliche, schnelle Schmelzsicherungen die Transistoren vor einem Hitzetod.

14 Richtige

Komplementäre, bipolare Transistoren der japanischen Halbleitermanufaktur Sanken bilden den Kern des Verstärkers – imponierende sieben Paare pro Kanal in herkömmlichem Gegentaktbetrieb. Unter dem Gehäusedeckel zeigen sich zwei sauber damit aufgebaute Mono-Verstärker. Die symmetrisch aufgebauten Vorverstärker – vor Störstrahlung geschützt unter einem Blechdeckelschirm – präsentieren sich als monaurale Inselchen auf einer gemeinsamen Eingangsplatine.

Den dominierenden Part des Krell bildet ein gigantischer Ringkerntransformator, der knapp zwei Kilowatt Strom umspannen kann. Siebkondensatoren mit einer Gesamtkapazität von imponierenden 68.000 Mikrofarad steuern – vergleichbar einer Batterie – bei Bedarf blitzschnell weitere Stromreserven bei. Wie effektiv das Elektrizitätswerk im Krell arbeitet, zeigt sich an den vom Hersteller angegebenen Leistungsangaben: 275 Watt pro Kanal an acht Ohm beziehungsweise 550 Watt pro Kanal an 4 Ohm (die von unserem Labor gemessenen Werte liegen sogar noch darüber, siehe Laborbericht). Im gleichen Maße, wie die Lautsprecherimpedanz sinkt, steigt also der Stromfluss. Was heißt, dass selbst Lautsprecher mit exotischsten Impedanzverläufen den S-550i völlig unbeeindruckt lassen. Beste Voraussetzungen also für den Hörtest an highendigen, leistungshungrigen Standboxen.

Der erste Eindruck

Der Amerikaner geht das angebotene Repertoire bedächtig und voluminös an. Das hört sich jetzt etwas langweilig an – aber weit gefehlt. Der Krell wirkt nie abgedroschen, geschweige denn basslastig. Seine unbändige Kraft fasziniert, durch seine eher sanfte Gangart wird er beileibe nicht zudringlich, wahrt Distanz und lädt zum stundenlangen Zuhören ein. Als Musikbeispiel eignet sich hier eine Aufnahme des amerikanischen Komponisten, Bandleaders und Saxophonisten Bob Mintzer: Auf seiner SACD »Big Band, Gently« (vom highendigen amerikanischen Label dmp, Vorreiter für reine Digitalaufnahmen) setzen die Bläser mit ungeheurer Wucht ein, sauber getrennt unterstreicht das Schlagzeug das Arrangement der Musiker. Der Raum wirkt geschlossen, der Krell sorgt für eine authentische, musikalisch dichte Atmosphäre und weist dem Hörer den akustisch günstigsten Platz zu.

Szenenwechsel zur argentinischen Sängerin Mercedes Sosa und der CD »Misa Criolla«, einer Messe des ebenfalls aus Argentinien stammenden Komponisten Ariel Ramirez mit zwei Solo-Tenören und gemischtem Chor. Flirrig-packend und griffig, umrandet von aussagekräftigem Raumhall setzen beim Stück »Gloria« die traditionellen Instrumente aus der Anden-Region ein. Der Krell arbeitet die einzigartige Stimme der Gesangslegende Mercedes Sosa heraus, umrahmt sie sichtbar und völlig schlackenfrei mit dem Chor. Eine der großen Stärken des Krell ist die frappierende Räumlichkeit, die völlig vergessen lässt, dass nur zwei Lautsprecher für den Klang sorgen. Bei »Sanctus« wird die Stimme fröhlicher, die Schlaginstrumente sind betonter. Und wieder umrankt der Chor wie eine Girlande die übrigen Musiker.

Im Dienste der Musik

Der S-550i ist aber nicht nur in großem Orchester zu Hause. Genauso faszinierend intoniert er kleine Besetzungen wie etwa das Jacques Loussier Trio, das sich an die Brandenburgischen Konzerte von Bach heranwagte (Telarc: The Brandenburgs). Der Altmeister bedient ausdrucksstark und mit flinken Fingern die Tasten des Flügels, während Bass und Schlagzeug dezent den Rhythmus untermalen und sich nur bei gelegentlichen Soli einen Schritt mehr aufs Publikum zubewegen. Der Krell dichtet bei keiner Musik was an oder unterschlägt wichtige Nuancen. Er befolgt die Vorgaben des Tonlieferanten und unterstreicht dabei die Intentionen der Tonmeister – etwa bei der SACD des Stuttgarter Pianisten Michael Schlierf, »Clouds And Silver Linings« vom Label Stockfisch. Aufnahmen des Studios Pauler Acoustics zeichnen sich durch filigran umwobene Höhen, eine tendenziell eher sanfte Gangart und eine gut bemessene Räumlichkeit aus. Der Krell transportierte auch jetzt die Intention des Tonmeisters, grenzte die Interpreten sauber ab und lieferte eine frappierende Räumlichkeit. Der 550i strengte sich sogar gehörig an, um das blues- und rocklastige Repertoire vom iPod des Autoren schmackhaft zu machen. Dass die MP3-codierten Töne etwas blutleerer und ausgedünnter klangen, darf ebenfalls als dickes Kompliment an den Krell gewertet werden – übermittelt er doch getreu den (datenreduzierten) Vorlagen die Musik.

Chapeau – Hut ab vor dem amerikanischen Vollverstärker. Krell verlieh ihm nicht nur die pure Kraft, sondern erzog ihm auch musikalisches Feingefühl und nacherlebbare Räumlichkeit an.

Messwerte Vollverstärker Krell S-550i

Leistung:
Nennleistung @ 4 Ohm (1% THD):   568 W
Nennleistung @ 8 Ohm (1% THD):   318 W

Verzerrungen:
Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm):   0,029 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm):   0,15 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm):   0,039%
 
Störabstände:
Fremdspannung (- 20 kHz):   -79,0 dB
Geräuschspannung (A-bewertet):   -81,3 dB
 
Sonstige:
Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm):   135 kHz

Kanaldifferenz:   0,005 dB

Eingangswiderstand:   42 kOhm

DC-Ausgangs-Offset:   6,9 mV

Stromverbrauch:
Stand-by:   < 1 W
Leerlauf:   81 W

 

Hersteller:   Krell

Modell:   S-550i

Kategorie:   Transistor-Vollverstärker

Eingänge:   4 x Line-in, davon einmal symmetrisch; Dockingstation für iPod und Co., Trigger-Eingang, RC 5 für externe Fernbedienung

Ausgänge:   Pre-Out; Trigger-out

Fernbedienung:
   Eingangswahl, Lautstärke, Mute, Balance und Menü, steuert auch CD-, DVD-, und iPod-Player

Displayanzeige:   Eingang, Lautstärke, Balance, Display dimmbar

Abmessungen (B x H x T):  44 x 15 x 45 cm
Gewicht: 29 kg

Verkaufspreis:
  6.900 Euro
Garantie:   5 Jahre

 

Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg

Internet:   www.audio-reference.de
E-Mail:   info@audio-reference.de

Tel.:   0 40 / 53 32 03 59

Bei einem so hochpreisigen Vollverstärker würde man eine etwas großzügigere Ausstattung erwarten. Drei Line-Cinch-Eingänge sind etwas knapp bemessen, eine Tape-Schleife, geschweige denn einen Phono-Eingang sucht man vergeblich. Auch ein zweites Lautsprecherterminal (für Bi-Wiring) wäre wünschenswert. Klanglich hat Krell sein Versprechen aber gehalten: Der S-550i ersetzt mit seiner Power, der Laststabilität und seinem glaubwürdigen Klang mühelos separate Endstufen. Die geradezu verschwenderisch mit Programmier-Angeboten gespickte Vorverstärker-Sektion verschenkt klanglich nicht das Geringste vom hohen Niveau der Endstufen.     Hans-Ulrich Fessler

Krell S-550i
Preis: 6.900 Euro
Garantie: 5 Jahre
überragend
gut - sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Verstärker:
Krell S-550i
Autor:
Hans-Ulrich Fessler
Datum:
24.06.2013
Hersteller:
Krell