Mit dem D3 präsentieren die Digital-Audio-Spezialisten von Lumin eine neue Version ihres erfolgreichen Streamers D2. Wieviel mehr Lumin-Qualität bietet das aufgefrischte Einstiegsmodell?

Was ist eigentlich High End? Der gemeine Musikkonsument würde sagen: High-End-Lautsprecher sind zwar schön gemachte, aber einfach überteuerte Schallwandler. Ja und nein. Es gibt High-End-Boxen, die mit einem Sammelsurium an technischen Details aufwarten, welche guten Klang erwarten lassen – und es gibt die, die gut klingen. Es ist eben nicht damit getan, Lautsprechern eine sündhaft teure Innenverdrahtung zu spendieren, Sechs-Dezibel-Filter zu implementieren, nur weil so weniger potentiell den Musikfluss störende Komponenten im Weg sind, oder überdimensionierte Bi-Wiring-Klemmen zu verwenden mit dem Hinweis, die anzuschließenden Kabel seien der Engpass in der Übertragung und dürften mithin gerne doppelt verlegt werden beziehungsweise auch gerne mal den Preis der Boxen selbst übersteigen.

Das ist der falsche Ansatz

Doch die Erfahrung zeigt: Erst wenn sich der Entwickler auf die klangentscheidenden Faktoren konzentriert, wird was daraus. Dazu gehören neutrale Tonalität, auch in der gesamthaft abgestrahlten Schallenergie, geringe Interferenzen außerhalb der Achse im gehörkritischen Präsenzbereich und sicherlich ein Mindestmaß an Pegelfestigkeit über den gesamten Übertragungsbereich. Werden Lautsprecher nach diesen Prämissen entwickelt, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Ob eine Box noch über 20 Kilohertz oder unter 40 Hertz Töne von sich geben kann, ist dabei zwar eine nette Dreingabe, aber eher sekundär. Zu welcher Kategorie High End nun die kleine Haydn Grand gehört, will i-fidelity.net mit diesem Test herausfinden.

Die Haydn Grand SE ist der einzige Mini-Monitor im Programm der Wiener Lautsprecher-Manufaktur Vienna Acoustics. Und das schon seit langem. Dabei hat die Haydn über die Jahre einigen Feinschliff erfahren – in Wien weiß man ob der prinzipiellen Nachteile von kleinen Zweiwege-Boxen. Umso mehr hat man sich natürlich dem Schmuckstück angenommen.

Die technische Basis bilden zwei Chassis, deren Konstruktion so einigen Gehirnschmalz birgt. Die Membran des 13 Zentimeter großen Tiefmitteltöners ist  – als Markenzeichen der 22 Jahre alten Wiener Boxenschmiede  – durchsichtig. Ein Materialmix basierend auf Polypropylen verleiht ihr in Verbindung mit rückseitigen Versteifungsrippen ein gutes Verhältnis aus Gewicht und Stabilität. Besonders gelungen ist auch die innere Dämpfung dieses Membranmaterials, das mit einer hochdämpfenden inversen Sicke dafür verantwortlich zeichnet, dass die Membran keine extremen sogenannten »Breakup Modes« offenbart. Das heißt, die mit zunehmender Frequenz nicht mehr als Ganzes schwingende, sondern in Partialschwingungen aufbrechende Membran weist keine auffälligen Schwankungen in ihrer Übertragungsfunktion auf, da die Teilschwingungen ordentlich bedämpft sind.

Damit lässt sich der Konus bis in den Präsenzbereich betreiben, um dem Hochtöner die Schwerstarbeit abzunehmen. Letzterer ist eine feine, per Hand dämpfend beschichtete Gewebekalotte mit einem Durchmesser von 25 Millimetern. Eine Ferrofluid-Kühlung sorgt für eine immer wohltemperierte Schwingspule und zudem für eine Bedämpfung der Resonanzfrequenz, was wiederum die Auslegung des Hochpassfilters vereinfacht. Der Übergang der beiden Treiber liegt bei etwa 3,5 Kilohertz. Die Frequenzweiche beherbergt Folienkondensatoren und Metallfilmwiderstände mit geringen Toleranzen sowie belastbare Luftspulen. Die Innenverdrahtung besteht aus verdrillten Kupferleitungen. Ein Bi-Wiring-Terminal findet man nicht, dafür aber ein Paar massive, griffige Schraubklemmen aus einer Gold-Silber-Legierung.

Ein auffälliges Detail

Der Hochtöner sitzt in der Bassreflexöffnung. Die Idee dahinter: Vienna Acoustics will die Aufstellungsmöglichkeiten nicht einschränken. Sitzt die Bassreflexöffnung nämlich auf der Rückseite, ist etwa eine wandnahe Positionierung der Lautspecher nicht zu empfehlen, da sie die Tieftonabstimmung verändert. Also wurde die Öffnung auf die Front gelegt und der Hochtöner kurzerhand in die Öffnung montiert. Damit sitzt er nahe genug am Tiefmitteltöner, so dass beide weitestgehend als eine akustische Einheit agieren. Natürlich mussten sich die Entwickler etwas einfallen lassen, um die Strömungsgeräusche niedrig zu halten. Dazu befindet sich hinter der Hochtonblende eine Art Keil, der den Schall links und rechts am Hochtöner vorbei nach außen leitet. Diese Hochtöner-Platzierung birgt aber auch ein potentielles Problem: Die von der Kalotte abgestrahlten Schallwellen breiten sich radialsymmetrisch über die Front der Haydn aus, treffen aber seitlich auf die harte Begrenzung der Hochton-Frontplatte. Interferenzen sind damit theoretisch vorprogrammiert. In diesem Fall erkennt man in der Übertragungsfunktion jedoch nur eine geringe Ausprägung, die dem Klang kaum etwas anhaben sollte.

Das Gehäuse der Haydn ist übrigens eine Augenweide. Es ist perfekt verarbeitet und in den Furnieren Kirsche, Ahorn und Rosenholz, in Piano-Lack Schwarz sowie auf Anfrage auch in Weiß erhältlich.

Vor dem Hörtest werfen wir mal einen Blick auf die Messungen. Die Mittenbetonung um ein Kilohertz ist zum Glück schmalbandig genug, um nicht nennenswert wahrnehmbar zu sein. Auch der Hochtöner zeigt eine Betonung ab acht Kilohertz, doch auch diese spielt sich nur selten in den Vordergrund. Hörbar ist eher die tonale Gesamtabstimmung: Der leicht zurückgenommene gesamte Präsenzbereich und der im Verhältnis dazu breitbandig um etwa drei Dezibel lauter spielende Mitteltonsektor verleihen der Haydn einen warmen, unangestrengten Klangcharakter.

Womit wir beim Thema sind

Das Wiener Duo wirkt von der ersten Sekunde an nicht aufdringlich oder gar nervig – wie sonst so viele Miniboxen mit eher präsenter Abstimmung–, sondern angenehm unauffällig, was zum Langzeithören verleitet. Das soll nicht heißen, dass sie langweilig tönt, nein, sie gibt dem Zuhörer die Muße, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Grundsätzlich ist die Präsenzabstimmung immer eine Gratwanderung. Bis zu einem gewissen Maß hilft der Präsenzbereich, um dem Klangbild Frische zu verleihen, Details herausschälen zu können und eine klare, offene Wiedergabe zu schaffen, doch nur ein halbes Dezibel zuviel lässt die wahrgenommene Ausgewogenheit kippen, der Klang wird aggressiv.

Die Vienna-Entwickler haben sich zugunsten eines nie lästigen Klangcharakters dafür entschieden, den Haydns lieber etwas weniger Präsenzwürze mitzugeben. So beeindruckt vor allem ihr weitläufig von den Schallquellen losgelöster Klang. Der eindrucksvolle Stimmenbereich und die fein aufgelösten, seidigen Höhen überzeugen jeden ernsthaften Musikhörer. In Sachen Übertragungsbandbreite lässt die kleine Wienerin keine Wünsche offen. Der Bass bei Diana Kralls »The Girl In The Other Room« intoniert sauber und tief genug, der Besen am Becken hat die nötige Strahlkraft, während die Sängerin klar und deutlich ihre Balladen zum Besten gibt. Auch bei Eva Cassidys »Ain't No Sunshine« überzeugt das Klang-Duo mit schöner klarer Stimme, die Gitarre hat Korpus, ohne aufgedickt zu klingen – besser geht's kaum. S-Laute besitzen vielleicht etwas viel Glanz, doch gerade Perkussion und das Obertonspektrum vieler Instrumente leben genau davon.

mit Sintron-Audio-Vertriebsleiter
Werner Kempf

i-fidelity.net:   Herr Kempf, seit kurzem sind Sie für den Vertrieb von Vienna Acoustics in Deutschland verantwortlich. Warum haben Sie sich für diese Marke entschieden?
 
Werner Kempf:
   Die Frage ist wirklich gut. Tatsächlich hatten wir das Angebot, gleich fünf etablierte Lautsprecherhersteller in Deutschland vertreten zu dürfen. Unsere Wahl fiel auf Vienna Acoustics, weil wir das Gefühl haben, dass die Menschen hinter Vienna Acoustics eine sehr ähnliche Philosophie vertreten wie Sintron Audio. Darüber hinaus ist uns die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Lieferanten sehr wichtig. Vienna Acoustics ist im besten Sinne eine kleine und sehr feine Lautsprecher-Manufaktur. Aus meinen langjährigen Erfahrungen mit Dali und Focal kann ich dies sehr gut einschätzen, zudem bin ich begeistert von der Gehäusequalität und den klanglichen Fähigkeiten der Wiener Schallwandler.


i-fidelity.net:
   Nennen Sie uns doch bitte ein oder zwei Punkte, die Ihrer Meinung nach Vienna Acoustics auf dem großen Lautsprechermarkt einzigartig machen?

Werner Kempf:
   Wie schon gesagt bin ich fasziniert von der Gehäusequalität, die Vienna Acoustics anbietet. Vielleicht gibt es noch eine Handvoll anderer Anbieter, die dieses Niveau erreichen. Ich kenne aber keinen, der diese Qualität zu solch günstigen Preisen anbietet. Inhaber und Chefentwickler Peter Gansterer ist ganz bestimmt ein sehr eigenwilliger Ingenieur. Seine Statements auf der Website von Vienna Acoustics lebt und realisiert er auf fast schon pedantische Art und Weise. So kann die finale Abstimmung eines neuen Lautsprechers bei ihm fast länger dauern als die Basisentwicklung. Sein wichtigster Slogan ist, dass die Musikalität und nicht ein Bauteil oder Messwert entscheidet. Lassen Sie mich dies mit einer Begebenheit unterstreichen: Vor zwei Wochen war ich zu Besuch bei einem von mir sehr geschätzten Chefredakteur. Und der sagte zu mir: »Peter Gansterer ist für mich ein Phänomen. Von den physikalischen Eigenschaften her dürfte die Spidercone-Membran nicht funktionieren, sie tut es aber und spielt auf einem sensationell hohen Niveau.«


i-fidelity.net:
   Was ist nach Ihrer Erfahrung bei der Auswahl der ansteuernden Elektronik zu beachten?
 
Werner Kempf:
   Die Haydn ist ein musikalisches Kleinod: Ich denke, Peter Gansterer hat sie – im übertragenen Sinne – ihrem Namensgeber folgend entwickelt. Informiert man sich über Franz Joseph Haydn, so wird man zum Thema »Struktur der Musik« Folgendes lesen können: »Ein zentrales Charakteristikum von Haydns Musik ist die Entwicklung von größeren Strukturen aus sehr kleinen, einfachen musikalischen Motiven heraus.« So interpretiere ich auch die Vienna Acoustics Haydn: ein kleiner, einfach wirkender Regallautsprecher, der den Musikliebhaber mit einer nie für möglich gehaltenen musikalischen Größe verblüfft. Um Ihre eigentliche Frage aber zu beantworten, würde ich für die Haydn einen Hybrid-Verstärker empfehlen. Die Transistor-Ausgangsstufe liefert die notwendige Leistung, die Röhren-Eingangsstufe steuert ihren Charme bei, und dafür bedankt sich die Haydn mit ihrer wunderbaren Art der Musikwiedergabe.


i-fidelity.net: 
  Sie gelten als einer der besten Vorführer von hochwertigen Musikanlagen. Haben Sie noch einen Tipp für unsere Leser?
 
Werner Kempf:   Danke für das Kompliment! Der Aufbau einer gut klingenden Anlage erfordert Geduld und Erfahrung. Räumliche Gegebenheiten sind so unglaublich vielfältig, dass man keine Standard-Empfehlungen geben kann. Sollte ein Kunde hierzu aber Fragen haben, darf er sich per E-Mail oder Telefon gerne an mich wenden, ich gebe gerne Tipps aus meinem Erfahrungsschatz weiter. Das Zusammenstellen einer als Einheit gut klingenden Anlage sollte jedoch jeder Händler mit einigen Informationen des Kunden zufriedenstellend realisieren können.

Wenn Ihre Frage meinem musikalischen Repertoire galt, so empfehle ich, sich abends die Zeit zu nehmen und je nach favorisierten Genres Radiosender zu hören. Da finden sich immer wieder Schätze, welche dann für Vorführungen taugen und das i-Tüpfelchen einer guten Präsentation ausmachen. Beispiel gefällig? Eines meiner aktuellen Lieblingsvorführstücke ist der Titel »Swing Low Sweet Chariot«, gesungen von Toni Lorenzo. Jetzt könnte man meinen, ein Italiener mit schöner sanfter Stimme. Weit gefehlt, denn der in Anchorage/Alaska als Anthony Lorenzo Gordon geborene Afro-Amerikaner singt seinen Bass so abgrundtief, dass die meisten Menschen bei der Vorführung erst einmal kopfschüttelnd da sitzen und staunen. Toni Lorenzos Wurzeln liegen im Gospel, und auch als Solokünstler widmet er einen Großteil seines Schaffens dieser Musikrichtung. Seit dem Jahr 2005 ist Toni Lorenzo als Mitglied der als lebenden Legende geltenden Gruppe »Golden Gate Quartet« unterwegs.

Hersteller:   Vienna Acoustis
Modell:   Haydn Grand

Konstruktion:
   Zwei-Wege-Bassreflex
Bestückung:   1 x 13-cm-Tief-Mitteltöner, 1 x 25-mm-Hochtonkalotte

Impedanz:
   4 Ohm
Impedanzminimum:   4,8 Ohm

Ausführungen:   Ahorn, Kirsche, Rosenholz, Klavierlack schwarz, Klavierlack weiß

Besonderheiten:
   Front-Bassreflexöffnung, magnetisch geschirmt

Abmessungen (B x H x T):
   18 x 36 x 27 cm
Gewicht:   10 kg

Paarpreis:
   1.398 Euro
Garantie:   5 Jahre

 

Exklusiver Vienna Acoustics-Vertrieb
für Deutschland:


Sintron-Vertriebs GmbH

Electronic Import & Export
Südring 14
76473 Iffezheim
     
Telefon   0 72 29 / 18 29 98
Telefax   0 72 29 / 18 29 99

Internet:   www.sintron-audio.de
E-Mail:   info@sintron.de

Die Entwickler von Vienna Acoustics haben ganze und vor allem richtig gute Arbeit geleistet. Man merkt, dass hier Musikliebhaber am Werk waren, die nicht einfach nur teure Komponenten zusammengewürfelt haben, sondern mit viel Gefühl für Wohlklang eine Abstimmung gefunden haben, die Musikhören zu einem schönen Erlebnis werden lässt. Das ist High End, wie es sein sollte, zumal 1.400 Euro für die Haydn Grand SE kein Wucher, sondern mehr als angemessen sind – kleiner Lautsprecher, großes Highlight!   Michael Jansen

Vienna Acoustics Haydn Grand SE
Paarpreis: 1.398 Euro
Garantie: 5 Jahre
sehr gut
gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Vienna Acoustics Haydn Grand SE
Autor:
Michael Jansen
Datum:
29.05.2012
Hersteller:
Vienna Acoustics