Mit der Diamond-Serie bringt Vincent eine Sonderedition des erst im letzten Jahr überarbeiteten, klanglich exzellenten Premium-Vorverstärkers SA-T7MK auf den Markt. Warum machen die das?

Gegen Ende eines jeden Jahres bietet es sich an, über seine musikalischen Gewohnheiten nachzudenken. Einfach um zu prüfen, inwieweit Anspruch und Realität übereinstimmen. Dabei kommt dann vielleicht heraus, dass man doch zuviel Udo Lindenberg und zu wenig Keith Jarrett gehört hat, zu viel Beethoven und zu wenig Sibelius. Viel wichtiger ist allerdings, dass Musik auch im ausklingenden Jahr eine herausragende Rolle gespielt hat und dass die Qualität, in der sie angehört wurde, gestimmt hat.

Ohne Einschränkungen kann der Autor das für analog genossene Musik bestätigen – es war ein spannendes Jahr. Grund dafür waren unter anderem die wirklich exzellenten Phono-Vorverstärker wie der Lehmannaudio SilverCube und der Audionet PAM G2. Zur Krönung des Jahres steht nun auch noch der Burmester 100 Phono Preamp bereit, der nicht bloß ein Phono-Vorverstärker ist. Erhältlich ist die edle Komponente nämlich nicht nur als klassischer Phono-Pre, bestückt mit einem MC- und MM-Modul. Interessanter ist Ausführung zwei: Hier steht nicht nur ein zusätzlicher Eingang zur Verfügung, mit dem beispielsweise die Signale von einem zweiten Tonabnehmer direkt verarbeitet werden können, sondern es ist auch noch ein Analog-Digital-Konverter mit an Bord. Derart ausgestattet, kostet der Burmester 100 dann 12.900 Euro – kein Pappenstiel, aber unterm Strich zählt die Leistung. Damit die bei einem Phono-Vorverstärker erbracht werden kann, müssen dem Tonabnehmer die passenden Widerstände (MC) beziehungsweise Kapazitäten (MM) entgegengesetzt werden.

Profunde Adaption

Beim Preamp 100 stehen sechs Abschlusswiderstände zwischen 33 und 47.000 Ohm zur Verfügung. Dank vier weiterer Zwischenwerte sollten also die meisten praxisgängigen Tonabnehmer vernünftig abgeschlossen werden können. Aufgrund der hohen Servicebereitschaft des Berliner Unternehmens ist zudem davon auszugehen, dass auch Kunden mit exotischen Abtastern geholfen werden kann. Das gilt in gleichem Maße für den Bereich der Kapazitäten, die bei 68 pF beginnen und bei 400 pF enden. Zur Einstellung werden übrigens die präzisen Kippschalter benutzt, die typisch für Burmester sind. Alleine am 100er sind neun zur Bedienung davon im Einsatz.

Reicht der Ausgangspegel dem nachgeschalteten Vor- oder Vollverstärker nicht aus, kann am Burmester mit einer satten Zulage von plus sechs Dezibel gearbeitet werden. Treten Probleme mit Trittschall auf, lässt sich der Subsonic-Filter aktivieren. Wir haben es hier also mit einer klassischen Phono-Vorverstärker-Bestückung zu tun, die sich auf der linken Komponentenhälfte neben dem VU-Meter versammelt hat. Neben dem was?

Zeig' mir den Weg

Im Zentrum des Geräts sitzt ein klassisch schönes »Volume-Units«-Messinstrument – das VU-Meter –, und das zeigt den Eingangspegel des Plattenspielers an. Dessen Kontrolle wiederum ist wichtig für den Analog-Digital-Konverter, der aus den zarten Analogsignalen bei richtiger Aussteuerung verzerrungsfreie, digitale Daten herstellt, die auf einem Rechner oder direkt einem CD-Recorder gespeichert werden können. Es gibt Programme, die unter anderem die dabei störenden »Knackser« entfernen, »Pure Vinyl« des Herstellers Channel D gehört dazu.

Auf der Rückseite stehen fünf digitale Ausgänge zur Verfügung, von denen einer auch als Eingang funktioniert (USB). Eine Konvertierung von USB auf den SPDIF- und den TosLink-Ausgang ist möglich, aber das Signal steht nicht an den analogen Ausgängen zur Verfügung. Der Burmester 100 ist also kein D/A-Wandler, sondern ein A/D-Wandler. Bei Vollbestückung strahlen den Nutzer vier symmetrische Eingangsbuchsen nebst zweier Groundklemmen an. Wer nunmehr fragend einen Cinchstecker am Ende des Tonarmkabels in Händen hält, darf auf die Kompetenz vorn Burmester vertrauen.

Der Kunde ist König

Zum einen befinden sich im Lieferumfang Adapter, mit denen Cinch auf XLR umgesetzt wird. Zum anderen – und das ist vorbildlich – liegen gleich zwei komplette Kabelsätze von fünfpoligem Tonarmstecker auf symmetrische Stecker bei. In diesem Fall tauscht man das vorhandene  Tonarmkabel gegen die  mitgelieferte Verbindung aus. Burmester stellt im Sinne des Kunden die Qualität sicher. Gut, werden Sie denken, Vollständigkeit sollte angesichts der Preisklasse auch so sein – das sehen aber beileibe nicht alle Anbieter im hochpreisigen Bereich.

Zum Transport der hochwertig verstärkten Signale steht dann sowohl ein Cinch- als auch ein XLR-Ausgang zur Verfügung. Per Schiebeschalter kann hier auch noch die Phase um 180 Grad gedreht werden. Damit sind wir mit dem schönen Rücken fast durch. Fehlen nur noch die RS232- und die USB-Schnittstelle, die dem Kommunikationssystem Burlink dienen. Komfort und Audiophilie müssen sich nicht ausschließen, zumindest nicht, wenn Burmester auf der Front steht.

Gähnende Leere …

… gibt es in den meisten Phono-Vorverstärkern normaler Baugröße zu bewundern – im 100er trifft einen der Schlag. Die Blicke fangen unter anderem Dutzende Elkos in sauberen Reihen aufgebaut, penibelst bestückte Platinen in zwei Stockwerken, den Ringkerntrafo und fünf Feinsicherungen ein. In der Mitte zwischen der digitalen und analogen Sektion ist eine massive Aluwand montiert, die Störungen unterbinden soll. Vor den Analogausgängen sitzen die bewährten X-Amp-2-Verstärkermodule, deren positiver Einfluss auf die Klangqualität bereits bekannt ist. Nur eines fehlt: Luft. Jeder Quadratzentimeter ist effektiv genutzt und spiegelt zudem den Anschaffungspreis wider.

Das feine Signal durchläuft vom Eingang zunächst die Stufe mit den wählbaren Eingangswiderständen beziehungsweise den Kapazitäten. Dann erfolgen die erste Verstärkung und die passive Entzerrung nach RIAA-Norm. Zum Schluss folgt der zuschaltbare Subsonic-Filter. Anschließend warten zwei große Überraschungen: »Auto Adjust« und »Volume Control«. Mit »Auto Adjust« findet der Burmester 100 nicht etwa die optimalen Eingangswerte für den Tonabnehmer, sondern in Verbindung mit einem von der beiliegenden Testschallplatte kommenden 1-Kilohertz-Ton bügelt die Elektronik Pegelunterschiede der Kanäle aus. Maximale Abweichungen von 6 dB liegen nach dem Ausgleich bei unter 0,2 dB. Da viele Vor- und Vollverstärker aus klanglichen Gründen über keinen oder nur einen auf geringem Regelniveau arbeitenden Balance-Regler verfügen, ist das die einzige Möglichkeit, seriös einzugreifen. Eine klasse Idee, die perfekt umgesetzt worden ist.

Das gilt auch für die zweite Option »Volume Control«. Mit einem dreifachen Tastengriff auf der Front lässt sich der Burmester 100 in einen Vorverstärker verwandeln. Über die beiliegende Fernbedienung kann dann neben »Load«, »Gain«, Eingangswahl, Display-Helligkeit usw. auch die Lautstärke geregelt werden. Im Grunde genommen dient dann eine Kette aus Plattenspieler, Burmester 100 und einer passenden Endstufe als vollwertiges System.

Wo man hinschaut …

… findet man clevere Lösungen. Das beiliegende, phasenmarkierte Netzkabel wird an die Kaltgerätebuchse angeschlossen. Drückt man den darüber liegenden zentralen Netzstecker, leuchtet die Betriebs-LED auf der Front kurz auf. Das ist die Zeit, die der Burmester braucht, um sich über die Netzspannung zu informieren. Sie lesen richtig, der 100er wird nicht mehr manuell zwischen 110 und 230 Volt Spannung umgeschaltet, er macht es automatisch. Dass der Stand-by-Verbrauch unter einem Watt liegt, versteht sich auch immer noch nicht von selber, ist aber bei dieser Komponente der Fall.

Bereit zum Start?

Das mächtige Clearaudio-Laufwerk Anniversary dreht den massiven Teller mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute, der Tonabnehmer Stradivari aus gleichem Hause ist gründlich gereinigt. Der Audionet-Vollverstärker SAM G2 ist warm und die KEF Reference 205/2 hungrig. Bei den Verbindungen setzen wir auf die für ihre Neutralität bekannten Produkte aus dem Hause HMS, unter anderem die Lautsprecherleitung Concertato und die Cinchkabel aus der Gran-Finale-Baureihe.

Dass Schauspieler hin und wieder Ausflüge in den Bereich der Musik machen, führt meistens zu einem gut gemeinten Versuch. Im Falle der aus dem Iran stammenden Jasmin Tabatabai, die bereits im Musikfilm »Bandits« eine gute Performance bot, hört es sich anders an. Ihr aktuelles Album »Eine Frau«, auf dem sie vom David Klein Orchester begleitet wird, ist eine musikalische Praline. Im Hörraum macht sich intime Clubatmosphäre breit, wenn Madame »Kann denn Liebe Sünde sein« ins Mikrofon haucht.

Bestechend ist dabei die lockere Gangart des Burmester 100, die durchaus an die Performance röhrenbestückter Phono-Vorverstärker erinnert, aber ohne den gleichzeitigen Einkauf von deren Nachteilen. Denn gibt es Impulse, dann ist der Berliner Analogmeister voll und ganz dabei. Nichts erinnert an die Bewegungsfaulheit manch anderer Kandidaten,  und dennoch fließt die Musik einfach aus den Lautsprechern. Wann haben Sie zum letzten Mal dieselbe Plattenseite zweimal hintereinander gespielt?

Zu Gast Herr van Veen

Von dieser faszinierenden Klangeigenschaft profitieren die LPs in unterschiedlichem Maße. Aber »Bis Hierher Und Weiter« von Herman Van Veen möchte ich nicht mehr anders erleben. Es ist nicht nur so, dass sich die Noten zu einer Perlenkette aufreihen, nein, die Titel in Summe werden zu einem übergeordneten Erlebnis. Dabei gibt es von der Wiedergabe gar nichts Spektakuläres zu berichten. Die Musiker sind fest platziert, Van Veens Stimme so, wie sie bei einem Konzert sein sollte, und dem gegenüber sitzt ein Redakteur, der still und leise denkt, dass die CD sicher nicht der Klangqualität letzter Schluss war. Denn obwohl der Vorgang des Plattenauflegens, -reinigens und Nach-der-Hälfte-Umdrehen-Müssens viel mehr Aufwand als das Einlegen einer CD bedeutet, ist die Belohnung einfach größer.

Legt man zur Einschätzung der dynamischen Potenz dann Trentemøllers »The Last Resort« auf, dämmert auch den Letzten, dass es einen guten Grund dafür gibt, dass in Diskotheken bis heute auch noch Plattenspieler im Einsatz sind. Diese Klangqualität besonders in den unteren und untersten Oktaven ist anscheinend nur auf Vinyl gespeichert. Ebenso wie die rhythmischen Strukturen zwischen den elektronischen Impulsen. Das zu genießen, hat kein Suchtpotential, denn wer es hört, steckt schon mitten drin. Als weiterer Indikator für Qualität sei hier auch der Faktor Zeit angeführt – warum ist die analoge Ausdauer in der Regel leichter und länger?

Die Antwort gibt uns die Sopranistin Anna Netrebko. Digital kann der Autor die Dame kaum anhören, was nicht unbedingt etwas mit der Klangqualität der Anlage zu tun haben muss. Es nervt einfach ziemlich schnell und der gefühlte Impuls ist, möglichst schnell wieder Ruhe vor dem Geschrei einkehren zu lassen. Kümmert sie sich aber in analoger Form um die Arien und Duette aus Verdis »La Traviata«, passt alles. Die Stimme wird in herausragender Klarheit abgebildet, und selbst wenn sie sich den höchsten Tönen nähert, kommt kein Gedanke an einen unverzüglich beim Zahnarzt zu arrangierenden Termin. Auch hier gilt, dass die per Burmester 100 verstärkte Musik in einer bisher unerhörten Art und Weise fließt.

 

Burmester 100 Phono-Vorverstärker

Vollausstattung


Lieferumfang:   1 x Burmester 100, Netzkabel, zwei Paar Eingangsadapter, 1 x Tonarmkabel fünfpolig auf XLR, 1 x Mess- und Testschallplatte, Fernbedienung, Bedienungsanleitung, Garantiekarte

Anschlüsse

Eingänge:   2 x MM/2 x MC, 1 x USB, 1 x Fernbedienung, 1 x RS232, 1 x USB (Burlink), 1 x Kaltgerätenetzbuchse

Ausgänge:   1 x XLR (symmetrisch), 1 x Cinch, 2 x SP/DIF, 2 x Toslink, 1 x USB, 1 x Fernbedienung

Wählbare Eingangswiderstände:   33, 75, 220, 390, 1.000 und 47.000 Ω
Wählbare Kapazitäten:   68, 120, 180, 220, 300, 400 pF

Sampling-Frequenzen A/D-Wandler:
   48 kHz, 96 kHz, 192 kHz

Besonderheiten

  • Variabler Vorverstärker-Ausgang
  • Auto Adjust zum Angleich von linkem und rechtem Kanal
  • Displayhelligkeit in Stufen regelbar
  • Automatische Erkennung der Netzspannung
  • Ausgangsverstärkung optional + 6 dB
  • Fernbedienung nahezu aller Funktionen


Abmessungen (B x H x T):   49 x 10 x 35 cm
Gewicht:   10 kg

Preise
Bestückt mit 2 Modulen (MC/MM), A/D Wandler und BurLink:   12.900 Euro
Bestückt mit 1 Modul (MC/MM), ohne A/D Wandler und BurLink:   9.800 Euro

Garantie:   3 Jahre

 

Burmester Audiosysteme GmbH
Wilhelm-Kabus-Straße 47
10829 Berlin

Telefon:   +49 30 787 968 0
Fax:   +49 30 787 968 68

E-Mail:   mail(at)burmester.de
Internet:   www.burmester.de

Der Burmester 100 ist ein, wenn nicht sogar der perfekte Phono-Vorverstärker. In zwei Ausstattungsvarianten zu bekommen, bietet die größere neben einem weiteren Eingang einen Analog-Digital-Konverter, mit dessen Hilfe LPs direkt auf einen CD-Recorder überspielt oder mit Unterstützung entsprechender Software auf Festplatte gebannt werden kann. Angesichts der überragenden Klangqualität des intelligent ausgestatteten und leicht zu bedienenden Burmester 100 ist dieser Part eine schöne Option. Denn den absoluten Spitzenplatz sichert er sich durch die Art seiner Wiedergabe – Weltklasse »Made In Germany«!   Olaf Sturm

Burmester 100
Preis mit 1 Modul (MC/MM): 9.800 Euro
Preis mit 2 Modulen (MC/MM): 12.900 Euro
Garantie: 3 Jahre
überragend
überragend
sehr gut
überragend

TEST

Verstärker:
Phonovorverstärker Burmester 100
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
17.12.2011
Hersteller:
Burmester