Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Ein schneller Blick nach links, nur zur Sicherheit. Es ist eigentlich klar, dass dort niemand steht, bin ich doch alleine zum Hörraum von i-fidelity.net gefahren. Und doch ist es beruhigend, visuelle Gewissheit zu haben. Denn die Stimme, die eben noch zwischen der Rückwand und einem der Akustikelemente hinten links erklang, war so präsent, so echt und messerscharf lokalisierbar, dass ich mehr als einmal unsicher wurde.

Immer wieder schaue ich mich um und halte Ausschau – nach dem kaputt klingenden Radio hinten links, dem Hund rechts. Zudem unterstreichen mächtige subsonische Wellen die Glaubwürdigkeit. So wird Musik wird mit jeder Faser des Körpers erlebbar. Deshalb ist klar: Roger Waters' Album »Amused To Death« über die Burmester B 80 zu hören, ist nichts für schwache Gemüter. Denn schon nach diesen ersten Tönen haben mich die B 80 ihre wichtigste Lektion gelehrt, ihr Credo unmissverständlich formuliert. Sie wollen die tonkonservenbedingten Grenzen zwischen Musiker und Hörer einreißen und jede CD zu einem Abenteuer werden lassen. Musik soll den Menschen packen, ihn mitreißen. Wer hat schon so viel Zeit, dass er sie für lauwarme Unterhaltung vergeuden kann?

War das schon ein Fazit? Nun, so weit bin ich noch nicht. Zwar ist der erste, unvoreingenommen erlebte Eindruck meist auch ein bleibender und ein in seinem Kern sehr wahrer. Ein wenig mehr Beschäftigung mit dem Objekt und eine daraus resultierende Differenzierung in der Betrachtung dürfen Sie allerdings schon mit Fug und Recht erwarten. Also stoppe ich jetzt die CD, nähere mich der B 80 möglichst neutral und werde am Ende sehen, ob mein erster Eindruck den weiten Weg vom ersten Ton bis zum Fazit überlebt.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Ich drehe die Zeit also ein paar Stunden zurück und stehe vor zwei großen, Ehrfurcht gebietenden Kisten. Besagte Ehrfurcht steigert sich noch um ein Beträchtliches, wenn man keinen freundlichen und hilfsbereiten Händler für die Aufstellung verpflichten kann, sondern die schwere Dame eigenhändig von ihrem Reiseoutfit befreien muss. Eine solche Masse macht ohne praktische Griffe, Ecken oder Kanten keinen Spaß. Dies soll natürlich nicht Ihr Problem sein, und mein Leid bei der Aufstellung eines Lautsprechers interessiert Sie auch nicht. Und doch berichte ich davon, weil eine solche Mühsal vor dem ersten Ton im Testerhirn mehrere Gedankengänge in Bewegung bringt: Zum einen meint man schon ahnen zu können, welch stabile Klangbilder ein solcher Koloss entwerfen muss. Die andere und weit weniger freundliche Stimme flucht: »Wehe, die Plackerei hat sich nicht gelohnt – dann schreibe ich das Ding in Grund und Boden!«

Kein leichter Start also für die Burmester – und das schon vor dem ersten Ton. Steht dann die B 80 vor mir, beeindruckt sie wieder – diesmal allerdings ausschließlich positiv. Schon ihre Physis (140 Zentimeter sind für einen Lautsprecher schon ein Wort) lässt keine Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit aufkommen. Alles an ihr verströmt die luxuriöse Opulenz und Solidität einer satt ins Schloss fallenden Maybach-Tür. Beispielhaft möchte ich die »Gitter« über den seitlichen Tieftönern und Bassreflexöffnungen nennen: Hierbei handelt es sich um mittels einer Fräse geschlitztes Vollmaterial von bis zu 80 Millimeter Stärke.

Bei dieser ersten äußerlichen Inspektion fällt mir allerdings ein Punkt auf, den ich nur in Maßen nachvollziehen kann: Natürlich steigert es den ästhetischen Wert eines frei aufzustellenden Lautsprechers immens, wenn man das Anschlussterminal nicht sieht. Aus Anwendersicht kann ich den im Lautsprecherboden versenkten Buchsen jedoch nicht so viel abgewinnen. Zwar lassen sich Kabel mittels der vorbildlichen Klemmen bombensicher kontaktieren – Kabel mit Kästchen fallen allerdings wegen Platzmangels aus, und auch ein ohne fremde Hilfe vorgenommener Kabelwechsel gehört ins Reich der Träume. Schön? Unbedingt! Praktisch? Nun denn ...

Der Aufstieg erfolgte ohne Anlauf

Das Licht der HiFi-Welt erblickte die B 80 im Jahr 2004 und kann somit schon auf eine für die Elektronik-Welt ordentlich lange Karriere zurückblicken. Da bei Lautsprechern die Uhren allerdings langsamer ticken, kann man hier nicht von »altmodisch«, sondern nur von »Reife« sprechen. Zudem wurde die B 80, immerhin das zweitgrößte Mitglied der Berliner Lautsprecherfamilie, im Laufe der Jahre kontinuierlich gepflegt. Keiner der Schritte war so groß, dass sich die Einführung eines Mk2-Modells gelohnt hätte, und doch haben die vielen kleinen Änderungen an den Mitteltönern, der Verkabelung (mittlerweile Reinsilberkabel) und einigen Stellen der Gehäusekonstruktion den Klang der Box nachhaltig beeinflusst. Die B 80 in ihrer heutigen Form folgt in ihrer Grundstruktur also noch der ursprünglichen Entwicklung, und das kann angesichts der Zutaten nun wirklich kein Fehler sein.

Burmester heißt auch: »Beste Zutaten«

Für die feinsten Obertöne zeichnet ein magnetostatischer Bändchentreiber des amerikanischen Herstellers Bohlender & Graebener verantwortlich. Diese Konstruktionen verfügen aufgrund ihrer minimalen Masse über kürzeste Ansprechzeiten, andererseits erlaubt speziell dieses Modell für einen Hochtöner seiner Bauart ein verhältnismäßig tiefes Ankoppeln an die Mitteltöner. So unscheinbar dieser Hochtöner auch aussieht, so sehr wird er von Burmesters Lautsprecherentwickler Berndt Stark, der die B 80 von seinem Vorgänger geerbt hat, für seine dynamische Belastbarkeit und die äußerst geringen Verzerrungen geschätzt. Stark hat in den vergangenen Jahren immer wieder auch das Schwingungsverhalten von Lautsprechergehäusen vermessen und dabei festgestellt, dass gerade Hochtöner besonders gerne resonnieren und auch eine regelrechte Eigendynamik entwickeln, wenn die gesamte Box durch die Tieftöner angeregt wird. Daher war eine stabile Unterbringung des sensiblen Treibers Pflicht: Er residiert nun in einer massiven Aluminiumplatte.

Umrahmt wird dieser schnelle Treiber von zwei nicht minder edlen Mitteltönern, deren charakteristisch graue Magnesium-Membran die standesgemäße Herkunft verrät: Seas Excel. Warum gleich zwei davon, mag man sich fragen?! Die Antwort ist einfach: Da Tieftöner das Gehäuse am meisten zu Schwingungen anregen, wenn sie bis 400 oder 500 Hertz hinaufspielen, beschloss man bei Burmester, die Abtrennung bei der B 80 bei tiefen 200 Hertz zu beginnen. Da in diesem Bereich allerdings ein kleiner Mitteltöner noch keinen wirklichen Druck erzeugen kann und auch in seinen feindynamischen Fähigkeiten nur eingeschränkt agiert, arbeiten nun zwei dieser Treiber in einer D'Appolito-Anordnung.

Zudem muss ein Mitteltöner, der, wie in diesem Falle, zwischen 200 und 3.000 Hertz arbeitet, über 50 Prozent der gesamten dem Lautsprecher zugeführten Energie verarbeiten – eine enorme Belastung für nur ein Chassis, und so steigert dieses Teamwork deutlich die Lebensdauer.

Kommen wir zum Bass

Hier arbeiten pro Box zwei 21 Zentimeter durchmessende Chassis mit einer besonders schallundurchlässigen Glasfasermembran. Dies ist ein für Berndt Stark entscheidender und seiner Meinung nach allzu oft unterschätzter Punkt! Eine Membran sendet die Schallwellen nicht nur nach vorne, sondern natürlich auch nach hinten ab. Folglich treffen einige Anteile, nachdem sie im Innern des Gehäuses trotz aller Dämmung reflektiert wurden, wieder von hinten auf das Chassis. Können sie nun ungehindert passieren, »verschmieren« sie das Klangbild, da sie natürlich mit einem gewissen Zeitversatz beim Ohr eintreffen. Für Berndt Stark ist die Folge ein schwammiger Grundton. Und ich kann ihm in diesem Punkt auch folgen, klingen nach meinem Empfinden Lautsprecher mit einem stark dämpfenden Mitteltöner immer etwas griffiger und sprachverständlicher.

Die beiden Tieftöner arbeiten auf ein tief abgestimmtes Bassreflexsystem, woraus zum einen eine große Bandbreite und ein, sagen wir mal schlackenloser Grundton resultieren. Und genau dieser letzte Punkt eröffnet dem Besitzer einer B 80 eine für Lautsprecher dieser Größe ungewöhnliche Möglichkeit: Man kann die Burmesters relativ wandnah platzieren. So gute 50 bis 60 Zentimeter sollten es meiner Erfahrung nach schon sein, aber was ist das schon für eine Box dieses Ausmaßes?! Stehen die Lautsprecher weiter im Raum, darf man sich an einer durchaus sportlich straffen Spielweise erfreuen, und so ziehe ich als Genussmensch die grundtonale Unterfütterung durch die Rückwand vor.

Dass sich auch bei den heftigsten Bassattacken nichts verschiebt oder verschmiert, ist wohl auch zu einem guten Teil der rigiden Gehäusekonstruktion (ich jammerte doch zu Beginn über das Gewicht, jetzt freue ich mich) geschuldet. Materialstärken bis zu 37 Millimeter, zahlreiche Verstrebungen und dicke, schwere Filzmatten sorgen für eine angemessene Ruhigstellung der Konstruktion und somit für beste Arbeitsbedingungen der Chassis.

Manövrieren des Giganten B 80

Bei der Einwinkelung tut sich tonal relativ wenig, dafür kann man den Raumeindruck genau nach Geschmack gestalten. Stehen die Lautsprecher parallel, entwerfen sie eine enorm breite und opulente Bühne. Winkelt man sie ein, verringert sich die Breite minimal, dafür sind die B 80 nun zu einer wie schon eingangs beschriebenen, absolut unfassbaren Tiefenstaffelung in der Lage.

Nun bin ich also wieder zu Roger Waters' schrägem Werk »Amused To Death« zurückgekehrt. Ich höre mich noch ein paar Tracks weiter durch diese durchkonstruierte Musik, an deren Produktion die Tonmeister einen Heidenspaß gehabt haben müssen, weil sie so tief wie nie zuvor oder danach in die Trickkiste greifen durften. Und endlich weiß ich, was mich bis jetzt so sehr irritiert hat: Ich höre ein Panorama, wie ich es sonst nur von gut eingestellten Fünfkanal-Setups kenne, es laufen aber nur zwei Lautsprecher.

Sollte ich mich jetzt dahingehend versteigen, eine B 80 als Möglichkeit zum Geld- und Platzsparen anzupreisen? Nur zwei statt fünf Boxen, und ein zusätzlicher Subwoofer ist auch überflüssig? Nun gut, das ginge doch zu weit, ich weiß. Burmester ist und bleibt keine Sparpackung, allerdings vermute ich, dass man sein Geld bei so haltbaren und wertstabilen Geräten gut anlegt und letztlich, also auf viele, viele Jahre gerechnet, sehr gut fährt. Ich tappe gerade ein wenig auf dem Holzweg herum, denn es wird wohl niemand eine Burmester-Anlage kaufen, um Geld zu sparen. Viel eher aber, um Lust zu gewinnen.

Nach Roger Waters brauche auch ich etwas sanftere Kost. Bennie Wallaces »Live In Berlin« wandert in den Burmester 089, der sich seit seinem Test vor kurzem ob seiner musikalischen Qualitäten zum unverzichtbaren Arbeitsgerät in den i-fidelity.net-Räumen mausert. Auch hier wird jedes Instrument mühelos in einem immens weiten und tiefen Panorama platziert, die Becken gleißen, das Saxophon steht leibhaftig im Raum, und Herlin Riley treibt den Puls sanft, aber unbeirrbar voran. Wieder gelingt es den großen Lautsprechern, sich selbst aus dem Geschehen herauszuziehen und die komplette Band mit einer faszinierenden Direktheit unmittelbar und natürlich vor mir aufzubauen. Ich schließe die Augen und vergesse die Anlage, bin Zuhörer bei diesem wunderbaren Konzert auf dem Berliner Jazzfest 1999. Erst gute 50 Minuten später komme ich wieder in dieser Welt an und bin aufs Neue von der Fähigkeit der Burmester, eine hautnahe Live-Atmosphäre aufzubauen, begeistert.

Kursabweichungen sind nicht auszumachen

Dank Bennie Wallace entspannt und erfrischt, kann ich mich jetzt wieder schwererer Kost zuwenden, was dieses Mal allerdings ausdrücklich positiv gemeint ist. Die Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven sind echte Brocken, keine leichten Häppchen für nebenbei. Erst recht, wenn ein ständig Suchender wie András Schiff am Flügel sitzt. Bei der Hammerklaviersonate wird klar, wie sehr sich Beethoven in seinen späten Jahren mit Bach beschäftigte, seine Impulsivität immer weiter eindämmte, Ausschweifungen vermied und aus immer kleineren Zellen heraus komponierte. Diese kleinsten Musikatome verbindet er dafür umso fester miteinander, sodass eine starke und unverrückbare Struktur entsteht, die den musikalischen Gedanken erst die vollkommene Freiheit schenken kann. Schiff gräbt tief in diesen übermächtigen Werken und findet immer wieder neue Zusammenhänge, die er mit feinster Anschlagsdifferenzierung herausstellt, verbindet. So erstehen vor einem strengen Hintergrund ständig neue Formen, Figuren, Gedanken, Welten.

Warum ich das alles schreibe? Ganz einfach: Weil die B 80 all dies dank ihrer stupenden Fähigkeit zur dynamischen Differenzierung so klar vor mit entstehen lässt, als würde ich dem Pianisten auf die Finger sehen. Auch feinste Unterschiede zwischen zwei Tönen werden akribisch nachgezeichnet, sofort entstehen auf diesem Wege logische Linien, weil man mühelos nachvollziehen kann, ob Schiff gerade von einem Ton weg- oder zu einem nächsten hinspielt.

Während dieser Sonate erlebe ich noch eine weitere Seite der B 80: Sie liebt die musikalische Dramatik. Mit Verve stürzen sich die Boxen ins Geschehen, spüren jeden Funken Spannung auf und integrieren ihn ins Bild. So richtig merke ich das erst, als ich zum schnellen Vergleich einen anderen, durchaus hervorragenden Lautsprecher anschließe. Der Raum ist erwartungsgemäß kleiner, minimal präziser eingeteilt. Aber wohin ist die ganze Spiellust des Pianisten verschwunden? Er spielt die Sonate immer noch akribisch, ich bin aber nicht mehr in seiner Nähe – ich kann ihn nur noch hören, nicht mehr fühlen. Ich werde nun über jeden Lautstärke-Unterschied informiert, fiebere aber nicht mehr mit. Schnell zurück zur B 80!

Burmester B 80

Konstruktionsprinzip:   3-Wege-Bassreflex-Standbox
Bestückung:
   1 x isodynamischer Bändchenhochtöner, 2 x 13cm Mitteltöner mit Magnesium Membran, 2 x 21cm Tieftöner mit Glasfasermembran

Terminal:
   Bi-Wiring
Übergangsfrequenzen:    180 und 2.200 Hertz

Ausführungen:   Makassar, Elsbeere, silber
Abmessungen (B x H x T):   29 x 140 x 45 cm
Gewicht:   63 kg

Paarpreis:   28.900 Euro
Garantie:   3, in Deutschland erweiterbar auf 5 Jahre

Burmester Audiosysteme GmbH
Wilhelm-Kabus-Straße 47
10829 Berlin

Telefon:   +49 30 787 968 0
Fax:   +49 30 787 968 68

E-Mail:   mail(at)burmester.de
Internet:   www.burmester.de

Eigentlich sollte eine Burmester B 80 nicht hier, sondern in einem Abenteuermagazin vorgestellt werden, denn der Gattungsbegriff »Lautsprecher« beschreibt nur höchst unvollkommen, was die B 80 bewegen kann. Sie spielt nicht nur das ihr anvertraute Material ab, sie schafft überragende Erlebnisse. Ich kenne kaum einen Lautsprecher, der so weite und unglaublich tiefe Räume entwerfen kann, der zudem diese Welten mit so prallem Leben füllt. Sie ahnen es – das vorgezogene Fazit hat zweifelsohne immer noch Bestand. Wahre Größe überzeugt eben!   Stefan Gawlick

Burmester B 80
Paarpreis: 28.900 Euro
Garantie: bis zu 5 Jahre
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Burmester B 80
Autor:
Stefan Gawlick
Datum:
10.04.2011
Hersteller:
Burmester