Die Serafino demonstriert hierbei nicht nur beispielhafte Souveränität, sie widmet sich zudem auch in tiefsten Registern feinsten Schattierungen und lässt eine lebhafte Vorstellung davon entstehen, wie Bögen über die Saiten streichen. Angesichts eines »ausgewachsenen« Schallwandlers kann ich der Versuchung elektronischer Musik erst recht nicht widerstehen: »Deep Downstairs« aus der gleichnamigen EP von Cold Project ist ein Klassiker, dessen Name Programm ist. Er stellt mit seinen Bassläufen eine außerordentlich große Herausforderung dar, die manch anderer Lautsprecher nur bedingt meistern konnte. Die Serafino hingegen bleibt davon selbst bei sehr hoher Lautstärke völlig unbeeindruckt, legt ein mächtiges, felsenfestes Fundament und lässt die schnellen Beats dieses Tracks, ihrem holperigen Rhythmus behände folgend, kraftvoll einschlagen.

Wiederauferstehung der Musik

Währenddessen erweist sich die Energieentfaltung der Serafino als ausgezeichnet zu meinem Hörumfeld passend und verdeutlicht so auch, dass die Amati in Räumen mittlerer Größe tatsächlich des Guten ein wenig zu viel sein mag. Gleichgültig wo – von dem, was dann folgt, kann es keine Überdosierung geben: Mit dem hervorragend produzierten Album »The Very Thought Of You« von Emilie-Claire Barlow darf die Serafino der filigranen Seite ihrer Natur nachgeben und ihr sowohl feindynamisch als auch tonal exzellentes Auflösungsvermögen ausspielen, mit dem sie die Stimme dieser talentierten Sängerin aus der Konserve zum Leben erweckt. Ihre Abbildung gelingt hierbei derart plastisch und nuanciert, dass Emilie-Claire Barlow nicht bloß als entkoppelte Stimme, sondern samt des zugehörigen Körpers gegenwärtig wirkt. Bei »C'est Si Bon« stellt sie Trompeter William Sperandei absolut exakt fokussiert einen Schritt neben die Sängerin und hält Trompete und Stimme auch dann fein säuberlich auseinander, wenn Instrument und Gesang einen Dialog eingehen. Zugleich verleiht sie dem Blasinstrument den genau richtigen, rauchigen Charakter und kann die ansteckend beschwingte Atmosphäre dieses Songs dank einer völlig lockeren, flüssigen Spielweise unmittelbar auf den Hörer übertragen. In solchen Momenten zeigt die Serafino das anmutige Antlitz einer feinzeichnenden, homogenen Kompaktbox – die Geschlossenheit und Leichtigkeit ihrer Darbietung machen zwischenzeitlich vergessen, dass man vor einem Standlautsprecher sitzt. Solange, bis komplexe Instrumentierungen die Abbildung in einem größeren Maßstab und reichlich dynamische Substanz einfordern.

Hélène Grimaud spielt mit dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Andris Nelsons das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 in d-moll (op.15) von Brahms; die Serafino zeigt auch hier die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit und stürzt sich auf jede rhythmische Nuance. Wenn Hélène Grimaud in der Mitte des Maestoso erstmalig prominenter in Aktion tritt, bringt die Serafino eine prachtvolle Palette von Klangfarben ins Spiel und trifft mit schlafwandlerischer Sicherheit jeden Zwischenton, lässt Noten mal glasklar hervorsprudeln, mal holzig-warm strahlen oder wie einen kühlen Windhauch daherwehen – hinreißend!