Aus den Augen, aus dem Sinn – dieses Sprichwort bewahrheitete sich nicht in der langen Zeit seit meiner ersten Begegnung mit einem kleinen, unscheinbaren Verstärker namens A1. Als der im Jahr 1985 vorgestellt wurde, hatte ich mich gerade stolz von einem »Ghettoblaster« zu einem der damals beliebten Musik-Türme aufgeschwungen – mit Plattenspieler, Receiver und einem Fach für Schallplatten. Einige Jahre später war ich dann auf der Suche nach Einzelkomponenten, mit denen ich den ersten Schritt in die High Fidelity wagen wollte. Schließlich führte mir ein Händler jene mattschwarze, etwas schnöde wirkende Kiste von Musical Fidelity vor, an der ich schon so oft einfach vorbeigegangen war. Nun saß ich davor und traute meinen Ohren kaum: Es klang völlig anders als alles, was ich bis dahin an Verstärkern gehört hatte. Schon der große Unterschied allein gab mir zu denken, und zu differenzieren, wie sich das Klangbild von Bekanntem abhob, fiel zunächst etwas schwer. Aber ich merkte sofort, die Darbietung des A1 spricht mich sehr an. Trotz seiner warmen, atmosphärischen Spielweise hatte ich mich seinerzeit schlussendlich für einen anderen Verstärker entschieden, doch das Erlebnis mit dem A1 blieb mir lange Zeit im Kopf. Bis heute ist Musical Fidelity einer der Namen, die mir immer in den Sinn kommen, wenn meine Gedanken um Neutralität und Musikalität kreisen.

Die implizierte Gegensätzlichkeit dieser Begriffe, die in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren häufig propagiert wurde, lässt sich so nicht unterschreiben, aber sie hat sich in vielen Köpfen festgesetzt. Und de facto begegnen wir ihr auch immer wieder in Form mancher Geräte, bei denen eine Fokussierung auf eine der beiden Prioritäten mehr oder weniger stark zu Lasten der jeweils anderen geht. Dabei kann – wenn die Kalkulation einer Komponente nunmal bestimmte Kompromisse erfordert – ein verstärktes Augenmerk auf eine qualifizierte klangliche »Interpretation« großen Reiz ausüben, sofern Entwickler dabei mit Gespür ans Werk gehen und die Sache nicht übertreiben. Schließlich entscheidet für Audiophile letztlich die Glaubhaftigkeit des Gehörten darüber, ob ihnen die Performance zusagt, und diese Plausibilität entsteht nicht durch Neutralität allein. Deshalb vermag eine Prise der »richtigen Würze« manchmal die gelungenere Illusion zu schaffen und auf Dauer glücklicher zu machen. Dementsprechend fand der A1 seinerzeit eine große Zahl glühender Anhänger, ebenso wie die 2008 vorgestellte, überarbeitete Neuauflage. Vor dem Hintergrund der damaligen Erfahrungen und den Überlegungen, die sie bei mir angestoßen hatten, hätte ich auf den M3i nicht gespannter sein können. Wie hat sich die klangliche Abstimmung von Musical Fidelity entwickelt? Wirkt der M3i auf ähnliche Weise anregend?

Gestalterisch folgen die Briten jedenfalls ihrer Tradition einer eher dezenten Eleganz, die allerdings mit der damaligen, recht schlichten Erscheinung längst nichts mehr gemeinsam hat. Eine großflächige Anphasung im oberen und unteren Bereich der tadellos eloxierten Aluminium-Frontblende korrespondiert mit der geradlinigen Formensprache des M3i und setzt einen markanten Akzent. Wirklich prominent wirkt nur der üppig dimensionierte, aus dem Vollen gedrehte Lautstärkeregler, der sich von der schwarzen Gehäuseausführung mattsilbern abhebt. Der Standby-Schalter und die Tasten für die Quellenwahl sind ebenfalls in Mattsilber gehalten. Für sämtliche Funktionen steht auch eine übersichtlich aufgebaute Fernbedienung zur Verfügung, die sehr gut in der Hand liegt. Die Funktionsvielfalt des M3i hält sich indes in Grenzen, denn er hat kein Display und erübrigt daher unter anderem die Konfiguration von dessen Modus oder Helligkeit. Eine Pegelanpassung zwischen seinen Eingängen ermöglicht der M3i auch nicht – er ist ganz darauf ausgelegt, für seinen Preis mit dem Maximum an hochwertiger klangrelevanter Technik aufzuwarten. Mal ganz offen gesagt: Wozu benötigt man »zeitgemäße« Features wie die freie Benennung von Eingängen und warum sollte ein reiner Vollverstärker ohne DAC eine Anzeige haben? Selbst der durchaus zuweilen praktische Lautstärkeabgleich von Quellen ist keine essentielle Angelegenheit, sondern als sekundäres Komfortmerkmal lediglich ein Nice-To-Have.