Wie immer, wenn Kein- oder Halbwissen und Emotionen aufeinander treffen, geht es heiß her. Die Diskussionen werden sofort unsachlich, die Argumentationsketten fragwürdig. Dann hält auch schonmal eine seltsame Behauptung als »Argument« Einzug. Ein schönes Beispiel, das ich selbst bei einem mittlerweile nicht mehr existierenden Fachhändler erlebt habe, will ich Ihnen nicht vorenthalten: Wir hörten gemeinsam mehrere Verstärker und besprachen unsere Eindrücke. Ein spezielles, ihm am Herzen liegendes Röhrenmodell machte richtig Spaß. Die Darbietung war über die Maßen involvierend, emotional. Dass die Frequenzenden eher stiefmütterlich behandelt wurden, war im Grunde egal – auch mir. Und dann kam das »Urteil« des Händlers: »Hier gibt es am meisten Emotionen. Das geht nur, wenn wir viel von der Musik mitbekommen, also überträgt dieser Verstärker die meisten Details!«
 
Ich wagte ein paar Vorstöße in Richtung Hörpsychologie, versuchte zu argumentieren, dass eine gehörige Portion Klirr – und damit hatten wir es in reichlichem Maße zu tun – anmachen und genau diese emotionale Stimmung erzeugen könne, das eigentliche Signal allerdings durch die Beimischungen eindeutig verfremdet sei. Und bei jeder Verfremdung (in der Bildbearbeitung oder dem Audio-Mastering ist das nicht anders) fallen ein paar Details vom Tisch. Der Händler war schockiert und wollte nicht wahrhaben, dass sein Lieblingsverstärker etwas jenseits der glasklaren Übertragung »mache«. Messergebnisse wollte er nicht sehen (»Das hat mit der Musik nichts zu tun und ich weiß doch, was ich höre«), und so vermischten sich Scheinfakten, Vorlieben und subjektive Eindrücke zu individueller »Wahrheit«, gegen die ich auf argumentativem Wege nichts mehr ausrichten konnte.

Sicherlich haben Sie auch schon solche oder ähnliche Situationen erlebt. Unerfreulich ist es allemal, wenn Tatsachen und persönliche Geschmäcker nicht getrennt behandelt werden.

Warum sind Kabel Hauptdarsteller so vieler Märchen?

Während wir uns bei Verstärkern, CD-Playern oder Lautsprechern noch auf technisch sicherem Boden befinden, sprießen beim Thema Kabel die Argumentationsstilblüten wie frisch gedüngt. Natürlich sind die Zusammenhänge zwischen Kabelaufbau und dem daraus resultierenden Klang nur schwer nachzuvollziehen. Und je weniger Wissen im Spiel ist, umso spannender und haarsträubender werden die Erklärungen für die sagenumwobene Qualität eines neuen »Referenzkabels«.