KEF leistet mehr

Als die KEFs zum Test eintrafen und ich den Karton in den Hörraum wuchten musste, war ich mir sicher: Hier steckt ein Subwoofer drin. Der neutrale Umkarton gestattete keinen Hinweis auf den Inhalt. Doch nach dem Öffnen staunte ich nicht schlecht: Ein Paar Regallautsprecher erblickten das Licht des Hörraums, jede Box satte 12 Kilogramm schwer. Erhältlich in Walnuss- und Palisander-Furnier oder Hochglanz Schwarz lackiert, macht die R 300 in Verbindung mit den Chassiseinfassungen aus gebürstetem Aluminium einen sehr edlen Eindruck.

Nur eine kurze Einspielzeit verstrich, bis die R 300, auf Ständern platziert, ihr Können unter Beweis stellen musste. Der erste und erfahrungsgemäß entscheidende Eindruck: Unmittelbar, punktgenau und detailreich – das sind die Grundzüge ihrer Spielweise. Die konstante Bündelung des Uni-Q-Treibers macht sich ohrenscheinlich bezahlt: Die Ortbarkeit von Details ist Best Of Class. Stimmen wie die von die Sara K. sind wie festgenagelt zu fokussieren mit einer Plastizität, die ihresgleichen sucht. Dabei ist die Wiedergabe der R 300 ohne Artefakte, ohne aufgesetzte Glanzlichter oder vordergründige Präsenz. Bravo. Diese Briten sind Monitorlautsprecher im besten Sinne. Sie schälen Details aus einem Dickicht von Instrumenten, die sonst verborgen bleiben.

Bei »Curtain Call's« etwa transportiert die KEF das Geschehen weiter in Richtung Zuhörer. Sitzt man üblicherweise auf den mittleren Rängen, so darf man mit der R 300 in der ersten Reihe Platz nehmen. Bei »Dark Day« von der Blues Company ist jede Feinheit in der Artikulation des Sängers zu hören. Auch bei »Cold Rain«: Die Stimme ist nicht präsenter, nein, sie ist einfach deutlicher, klarer umrissen in der Abbildung als üblich. Und der gebotene Bassdruck lässt eher an stattliche Standboxen denken. Dass hier »nur« große Regalboxen für den satten, aber durchaus kontrollierten Bass sorgen, erstaunt denn auch den erfahrenen Tester. Am anderen Ende des Hörspektrums glänzen die Briten durch feine, nie überzogene Höhen. Beckenschläge klingen nicht zischelig, sondern einfach realistisch.

Faszinierende Feinauflösung ...

… darf man auch bei Patricia Barbers »Postmodern Blues« goutieren. Das Schnalzen der Basssaiten und das anschließende Nachschwingen sind erste Sahne. Man darf aber auch nicht verheimlichen, dass diese begeisternde Spielart eine korrekte Aufstellung erfordert. Wegen der leichten Bündelung der Uni-Qs sollten die Boxen möglichst auf Ohrhöhe zielen. Mit der Einwinkelung darf ein wenig gespielt werden: Sind die Lautsprecher direkt in Richtung Hörplatz ausgerichtet, ist der Fokus maximal gut, aber die Raumbreite nicht so weitläufig. Eine leichte Einwinkelung ist in jedem Fall von Vorteil, ansonsten wird das Timbre ein wenig dunkler.

Eines bleibt festzuhalten: Es gibt nicht viele Lautsprecher mit denen man eine Entdeckungsreise durch seine CD-Sammlung machen möchte – der R 300 ist so ein Lautsprecher.