Jene kleinteilige Präzision setzt sich in den angrenzenden Frequenzspektren überzeugend fort, sodass auch winzige Nuancen im partiell sehr impressionistischen, andererseits aber auch impulsiven Klavierspiel von Nils Frahm hörbar werden, aber eben auch die spezifische Drahtigkeit und körperhafte Präsenz des Instruments. Zu guter Letzt fällt die Fähigkeit der Opticon 5 zur dreidimensionalen Darstellung positiv ins Gewicht, man »sieht« förmlich, wie das riesige, an der Wand fixierte Klavier den großen Raum kraft seiner klanglichen Aura füllt. Hieran hat der den obersten Frequenzbereich abdeckende Bändchen-Magnetostat sicher seinen entscheidenden Anteil.

Als Kontrastprogramm läuft danach ein CD-Rip vom Debütalbum »Process« des englischen Sängers Sampha. Diese Produktion ist um Lichtjahre künstlicher, elektronischer, komprimierter als das Frahmsche Opus – und deswegen aus anderen Gründen für einen Speaker schwer zu verarbeiten. Doch die Fähigkeiten der Opticon 5 zum transparenten Darlegen kommen auch hier vorteilhaft zu Gehör: Die Einzelaspekte des vielschichtigen, kleinteiligen und dicht gedrängten Arrangements in der Mischung aus Naturton und Elektronik bleiben klar erkennbar. Gerade die von Sampha gerne eingesetzten flirrenden, Kora-ähnlichen Sounds profitieren sehr von dieser körperlosen Luftigkeit der Opticon-Hochtonwiedergabe. Parallel übermittelt die Dali den sehnsüchtigen, zerbrechlichen Charakter der Stimme von Sampha sehr sensitiv und eindeutig in deren Besonderheit. Selbst die für ein modernes, gewollt artifizielles Leftfield-Dance-Opus typischen, weil übertrieben kräftigen Bässe verarbeitet die Opticon 5 ohne hörbare Mühen, aber mit kräftigem Schub und Selbstbewusstsein. Dennoch sind ausgeprägte Pegelorgien, Heimkino-Tiefton-Gewitter und Loft-Beschallungen nicht das Kernmetier dieser Nummer 5 der Opticon-Reihe.

Ausgeprägte Räumlichkeit

Deutlich erdiger als bei Sampha geht es auf dem Reggae-fizierten Country von Jeb Loy Nichols her. Ein solches Genre dürfte wegen ideologischer und musikalischer Unvereinbarkeit eigentlich gar nicht existieren, aber Nichols setzt diesen Widerspruch auch auf seinem 2017er-Werk »Country Hustle« wieder einmal famos und stimmig in wunderbare Songs um. Die Opticon 5 gibt beim Opener »Come See Me« der Bassgitarre und den tiefen Trommeln des Drum-Computers den notwendigen festen Antritt und stellt somit den Track auf eine solide Basis. Im Bereich der Mitten vermittelt die Dali-Box den texanischen Charakter von Nichols' sonorer, leicht heiser-näselnder Stimme sehr typengerecht und präsentiert dessen »Southern Twang« so wunderbar authentisch. Manches produktionstechnische Highlight wird eindeutig identifizierbar – wie die weit außerhalb platzierten, kühl-drahtigen Einwürfe betagter Synthesizer (Oberheim OB8?), die der Standlautsprecher weit außerhalb seiner selbst positioniert, im fernen »Hinten, Oben, Rechts«. Hier punktet durch ihre ausgesprochene Räumlichkeit erneut die kombinierte Hochtoneinheit aus Kalotte und Bändchen, welche auch das im Song folgende, von minder begabten Lautsprechern schwer auseinanderzuhaltende Unisono-Spiel zwischen Keyboard und Gitarre klar offenbart. Das Auflösungsvermögen der Opticon 5 ist definitiv überdurchschnittlich, weswegen sie generell etwas heller timbriert wirkt. Deshalb ist ein wenig Obacht im begleitenden Umfeld zu beherzigen, insbesondere bei der Wahl des speisenden Verstärkers sowie verbindenden Kabels (nicht zu höhenbetont) und vorhandenen Raumes (nicht zu kahl). Wer hier geschickt kombiniert, genießt Musik auf wunderbare Art über einen Lautsprecher, der qualitativ weit über dem spielt, was in dieser Preisklasse handelsüblich ist.