Erster Eindruck: Wow!

Der typische NAD-Effekt. Völlig unspektakulär und unangestrengt drang da eine sehr ausgewachsene Dynamik und Fülle in das Testkino. Die 60 Watt pro Kanal aus dem Datenblatt sind also wirklich »echt«, will heißen, sie stehen auch wirklich gleichzeitig an allen Kanälen dauerhaft zur Verfügung. Liest man zum Vergleich die Datenblätter manch asiatischer Wattmonster bis ins Kleingedruckte, dann gelten die fetten dreistelligen Werte für die Belastung eines, maximal von zwei Kanälen. Auf diese Weise macht Understatement wirklich Spaß. Ein weiteres Qualitätsmerkmal, das dem trainierten Testerohr nicht entging und ebenfalls für die überraschend imposante Dynamik mitverantwortlich zeichnete, war die offensichtlich straffe Kontrolle der Endstufen über die Lautsprecher. In der Tat ließen sich mit der NAD/Boston-Kombi verzerrungsfrei Lautstärken erreichen, die selbst die Nachbarn von Eigenheimbesitzern auf den Plan rufen könnten. Konzert- und Kinofeeling ist also garantiert.

Es dauerte eine Weile, bis denn auch ein Nachteil dieser Kraftentfesselung erkennbar wurde. Wird der T757 im Leerlauf und normalen Betrieb gut handwarm, droht beim Tutti schnell ein Hitzestau. Diesen verhindern drei kräftige Ventilatoren, die im Gehäuseboden integriert sind und die genau durch die Kühlrippen der Leistungstransistoren pusten. Im Normalfall hört man von ihnen nichts, weil sie eben nur bei drohender Überhitzung anspringen, wenn die Konvektion nicht mehr zur Kühlung ausreicht. Das erste Mal bemerkten die Tester dies beim längeren, sehr lauten Hören der genialen Live-DVD »Minimum Maximum« von Kraftwerk in Surround. Irgendwie schien ein Geräusch im Hintergrund zu sein, das da nicht hingehörte. Und tatsächlich, drückten die Tester auf Pause, war noch zu hören, wie die Ventilatoren drosselten. Schalteten sie die laute Musik wieder ein, föhnten die Windmaschinen sofort wieder los. Hält man die Hand über die Kühlrippen in der Mitte des Gehäuses, merkt man auch, warum: Dort strömt ein Schwall warmer Luft aus der schwer schuftenden Elektronik. Die Steuerung der Zwangsbeatmung haben die klangverliebten NAD-Ingenieure allerdings gut gelöst: Sobald die Musik wieder unter eine bestimmte Lautstärke fällt, egal ob man sie nun leiser gestellt hat oder sie leiser aufgenommen wurde, geht im selben Moment auch die Kühlung zurück, denn sie ist ja dann auch weniger vonnöten. Wer gerne laut hört, dem rät die Redaktion daher, den T757 nicht direkt neben den Hörplatz zu stellen, sondern eher ein paar Meter entfernt und auch so, dass er gut belüftet werden kann, damit die Zwangskühlung möglichst spät oder nie einsetzt.

Doch zurück zu den Klangeindrücken. Die tonale Balance des Systems gelang angenehm neutral, was es alleine schon ermöglicht, die unterschiedlichen Charaktere der verschiedenen Aufnahmen zu differenzieren. Allerfeinste Details sind nicht zu erlauschen, aber auch kaum zu erwarten im gegebenen Preissegment. Die Balance aus Grob- und Feindynamik, Raumdarstellung und Abbildung gelang jedoch ausgesprochen gut und wunderbar harmonisch. Das galt sowohl für zweikanalige Stereowiedergabe bei etwa Nik Bärtschs »Holon«, die von der verblüffenden Tiefe und Dynamik profitierte, und von beidem bietet die CD reichlich. Aber auch mit Dolby ProLogicII Music in Surround wiedergegebene Stereoaufnahmen, etwa »The Expert« von Yello, lösten sich wie magisch von den Lautsprechern und bildeten ein lückenloses 180-Grad-Panorama. Wo Effekte gemischt waren, bildete sich eine breite, stabile Bühne mit perfekt zentrierter Heidi Happy bei »Kiss In Blue«, und das quasi unabhängig vom Sitzplatz. Gerade bei diesen physikalisch sehr anspruchsvollen, weil im Bass sehr tiefreichenden Aufnahmen von Nik Bärtsch und Yello demonstrierte das Bassmanagement, wie übergangslos der Transfer der Bassanteile aller Kanäle an den Subwoofer gelang. Das ganze Set spielte wie aus einem Guss.

Mit mehrkanaligen und hochauflösenden Aufnahmen gewann die Qualität erwartungsgemäß noch einmal. Ob vom Blu-ray Player oder vom Streaming Client geliefert – die Feindynamik und die Raumabbildung legten jeweils noch ein wenig zu. Auch mit der Dynamik von Filmen kam der NAD erwartungsgemäß lässig klar, und selbst übersteuerungsgefährdete Soundtracks wie der von »Tron Legacy« stellten eher eine Herausforderung an den Subwoofer dar als an die Elektronik des Verstärkers.