Es ist kein neues Konzept: Man nehme einen guten Surround-Verstärker oder -Receiver, schmeiße die Endstufen und das dicke Netzteil heraus und ersetze sie mit ein paar diskreten Ausgangstreibern, womöglich mit symmetrischen XLR-Ausgängen. So kann man die aufwändig zu entwickelnden Digital-Sektionen und das in Sachen Lizenzierung komplexe und teure Videoboard mit der Großserienfertigung des Receivers amortisieren und sich auf die eher auf die analoge Seite für die Entwicklung der eigentlichen Vorstufe stürzen. Derartige Produkte dienen bis heute im i-fidelity.net-Testkino als Arbeitsgeräte und bewährten sich über die Jahre. Zuletzt war über lange Zeit ein Marantz AV7005 im Einsatz. Er bot die Funktionen eines großen Receivers mit samt der zugehörenden Zuverlässigkeit und den großzügigen Menüs. Die diskreten Ausgangstreiber boten die von kaum einem Receiver erreichte Spritzigkeit und Dynamik an JBL-Aktivlautsprechern.

Was also können die Japaner bei der AV8801 besser gemacht haben? Hier drehten die Ingenieure zunächst einmal die Reihenfolge um und entwickelten – mit den folgenden Receivern im Auge – zunächst die komplette Vorstufe, um dann nachfolgend Top-Receiver wie den SR7008 abzuleiten. Damit orientieren sie sich erstmals andersherum als üblich, genau wie die Automobilindustrie, die auch stets die Technik von den großen Modellen auf die kleinen überträgt.

Natürlich teilt sich die AV8801 die digitale Sektion und das Videoboard mit vielen Geschwistern aus der D&M-Familie, zu der auch Denon gehört. Doch insbesondere klanglich hängt die Klangqualität stets nur zu 50 Prozent von der digitalen Hardware ab. Der Rest ist eine Frage der Software, der eingesetzten Filter und der gesamten analogen Sektion. So konnte sich Marantz stets seinen eigenen Charakter bewahren. So geschehen auch beim AV8801, dessen klangliche Feinabstimmung wie gewohnt in den Händen von Ken Ishiwata lag. Im Gegensatz zu bisherigen Vorverstärkern machten die Entwickler, und das ist sicher eine der besten Ideen dieses Gerätes, nicht an einem zu erreichenden Preispunkts fest, es ging nur darum das beste aus der Großserientechnik im Kern heraus zu holen. Daher kostet der AV8801 etwas mehr als bisherige Marantz-Mehrkanal-Vorstufen, aber das hat sich gelohnt, wie die weitere Betrachtung zeigen wird.